Entscheidungsdatum
19.09.2019Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W185 2193214-1/12E
W185 2193217-1/12E
W185 2193218-1/12E
W185 2193216-1/12E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX, 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX, geb. XXXX und 4.) XXXX , geb. XXXX, sämtliche StA Syrien, die minderjährigen Beschwerdeführer gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX, vertreten durch Mag. Christian Frank, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen die Bescheide des Österreichischen Generalkonsulats Istanbul vom 23.02.2018, ISTANBUL-GK/KONS/1448/2017, beschlossen:
A)
Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG stattgegeben, die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheiten zur Erlassung neuer Entscheidungen an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbis Viertbeschwerdeführer. Alle Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Syriens und stellten persönlich am 06.07.2017 beim Österreichischen Generalkonsulat in Istanbul (in der Folge: "ÖGK Istanbul") jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
Als Bezugsperson wurde der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der mj. BeschwerdeführerXXXX XXXX , StA. Syrien, angeführt, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: "Bundesamt") vom 10.06.2016, rechtskräftig seit 24.08.2016, der Status des Asylberechtigten in Österreich zuerkannt wurde.
Zusammen mit den Anträgen wurden Kopien der Reisepässe der Beschwerdeführer und der Bezugsperson, des Bescheids des Bundesamtes vom 10.06.2016 die Bezugsperson betreffend, eines Auszugs aus dem Zentralen Melderegister die Bezugsperson betreffend, eines Auszugs aus dem Familienregister des Zivilamtes für Syrische-Arabische Bürger, Zivilamt Aleppo, vom 05.08.2015 in beglaubigter Übersetzung, Geburtsurkunden aller Beschwerdeführer in beglaubigter Übersetzung, einer "Ehebestätigung durch Religiöses Gericht in XXXX " vom 23.06.2003 in beglaubigter Übersetzung, sowie einer Heiratsurkunde in beglaubigter Übersetzung, vorgelegt.
Am 10.07.2017 übermittelte das ÖGK Istanbul die vorgelegten Unterlagen an das Bundesamt zur Stellungnahme. In diesem Anschreiben wurde auch mitgeteilt, dass der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten bereits am 10.06.2016 zuerkannt worden sei "und somit die Frist verstrichen ist. Trotz dessen möchte die Familie beantragen".
In einer "ergänzenden Stellungnahme zum Einreiseantrag vom 21.08.2017", verfasst vom Generalsekretariat des ÖRK, wurde dargelegt, dass der Bezugsperson mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.06.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Die 3-monatige Frist zur Antragstellung gemäß § 35 Abs. 1 AsylG habe somit am 10.09.2016 geendet, die Beschwerdeführer die Einreiseanträge jedoch erst am 06.07.2017 eingebracht. In diesem Zusammenhang müsse jedoch einerseits berücksichtigt werden, dass das Versäumen der Frist nicht im Verschulden der Beschwerdeführer oder der Bezugsperson gelegen sei und andererseits hier der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zur Anwendung gelange und die Bezugsperson daher gegenständlich von der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 AsylG ausgenommen sei. Zur Fristversäumung sei anzumerken, dass sich die Beschwerdeführer seit der Flucht der Bezugsperson in XXXX (Gouvernement Aleppo) aufgehalten hätten; zahlreiche Versuche der Beschwerdeführer, in die Türkei zu gelangen, seien gescheitert, während sich die Sicherheitslage in XXXX weiter verschärft hätte. Erst Ende Mai 2017 sei der Familie dann die Flucht in die Türkei geglückt, wo sie seitdem unter schwierigsten Bedingungen in einer Kellerwohnung in Istanbul wohnen würde. Die Antragstellung im ÖGK Istanbul habe schließlich am 06.07.2017 erfolgen können. Da sich Herr XXXX jedoch über das Ende der Frist zur Antragstellung mit 10.09.2016 bewusst gewesen sei, habe dieser bereits unmittelbar nach der Statuszuerkennung einen Termin für seine Familie am ÖGK Istanbul für den 01.09.2016 vereinbart gehabt; dies in der Hoffnung, dass der Familie die Flucht in die Türkei bis dahin gelingen würde. Dies sei aus den oben geschilderten Gründen jedoch nicht möglich gewesen. Das Versäumen der Frist sei gegenständlich somit nicht im Verschulden der Beschwerdeführer oder der Bezugsperson gelegen, sondern sei den Kriegszuständen in der Heimat geschuldet. Abgesehen davon müsse die vorhergehende rechtzeitige Terminvereinbarung bereits als fristwahrende Antragstellung gewertet werden. Sollte die Behörde trotz obiger Schilderungen von einer Versäumung der Frist ausgehen, müsse fallgegenständlich berücksichtigt werden, dass von den Voraussetzungen gemäß § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG abgesehen werden könne, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dringend geboten sei. Dabei sei auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte abzustellen; die Materialien würden hier als wesentliche Kriterien die Frage, ob die Trennung aus den Asylgründen bedingt sei und ob das Familienleben auch in einem anderen Staat fortgeführt werden könnte, nennen. Im vorliegenden Fall würde die Voraussetzung eines Einkommensnachweises gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG nicht erfüllt, da die Bezugsperson momentan Mindestsicherung beziehe. Die Bezugsperson sei bemüht, sich schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren um baldmöglichst ein ausreichendes Einkommen nachweisen zu können. Voraussetzung einer erfolgreichen Arbeitssuche sei der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse, welche sich die Bezugsperson momentan versuche anzueignen. Dennoch sei vom Bundesamt bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose abzugeben, da hier der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zur Anwendung komme. Die Trennung der Familie sei ein Resultat der Fluchtgründe der Bezugsperson, welche aufgrund der in Syrien herrschenden Bedingen gezwungen gewesen sei, die Heimat zu verlassen. Die Trennung habe keineswegs freiwillig stattgefunden, sondern sei "zwangsweise" erfolgt. Österreich sei gegenständlich der einzige Staat, in dem das gemeinsame Familienleben fortgesetzt werden könnte. Der Herkunftsstaat komme aufgrund der Asylgewährung an die Bezugsperson für die Fortführung des Familienlebens nicht in Betracht. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Bezugsperson von der Erfüllung der genannten Erteilungsvoraussetzungen ausgenommen sei, da hier der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zur Anwendung komme und die Fristversäumung zudem nicht im Verschulden der Beschwerdeführer gelegen sei. In Vorlage gebracht wurden unter einem eine Terminbestätigung beim ÖGK Istanbul für die Beschwerdeführer für den 01.09.2016, der Mindestsicherungsbescheid die Bezugsperson betreffend vom 06.07.2017, aus dem sich eine Leistung in Höhe von monatlich € 837,76 ergibt, sowie Teilnahmebestätigungen hinsichtlich des Besuchs eines Alphabetisierungskurses im Zeitraum vom 03.10.2016 bis 27.01.2017 bzw. eines Deutschkurses Niveau A1 im Zeitraum 13.02.2017 bis 19.05.2017 im Ausmaß von 15 Wochenstunden.
Mit E-Mail des ÖGK Istanbul an das ÖRK vom 28.08.2017 wurde mitgeteilt, dass die Anträge der Familie an das Bundesamt weitergeleitet worden seien; da dieses noch keine Mitteilung erstattet habe, könne die ergänzende Stellungnahme nicht übermittelt werden. Mit Antwort-Mail vom selben Tag wurde das ÖGK ersucht, die ergänzende Stellungnahme an das Bundesamt weiterzuleiten, bevor dieses eine (negative) Mitteilung erstatte, da sich daraus die Umstände der Antragstellung und der Gründe für die Versäumung der Frist ergeben würden.
Am 22.12.2017 wurde die Bezugsperson als Zeuge im Einreiseverfahren der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt einvernommen und gab diese zusammengefasst an, sich physisch und psychisch in der Lage zu fühlen, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Über Befragen zu seinem Mietvertrag erklärte die Bezugsperson, keinen Mietvertrag zu haben, da sei bei einem Bekannten wohne. Wenn die Beschwerdeführer nach Österreich kommen würden, dann werde er eine Wohnung haben. Über Vorhalt, dass die Beschwerdeführer erst dann nach Österreich kommen dürften, wenn die Bezugsperson eine "ausreichende Wohnung" hätte, erklärte der Zeuge, mit seinem Mitbewohner vereinbart zu haben, dass dieser ausziehen werde, wenn die Familie der Bezugsperson nach Österreich kommen würde; in diesem Fall würde die Bezugsperson die genannte Wohnung "übernehmen". Insgesamt würden drei Personen an der genannten Adresse leben; der Hauptmieter, ein Verwandter von diesem und die Bezugsperson. Über Vorhalt, dass laut Melderegister an dieser Adresse 9 Personen gemeldet seien, erklärte die Bezugsperson, dass es sich hiebei um die Vormieter handeln würde; sie selbst seien erst zwei Monate in dieser Wohnung. Die Frage, ob die Bezugsperson Arbeit habe, verneinte diese und gab an, die Schule zu besuchen. In der Folge wurde der Bezugsperson mitgeteilt, dass eine Einreise der Beschwerdeführer nur möglich sei, wenn die Bezugsperson Arbeit und eine eigene ordentliche Wohnung hätte. Daraufhin gab die Bezugsperson an, nicht arbeiten zu können, da er die Schule besuche; er würde jedoch gerne arbeiten. Schon morgen könne er einen Mietvertrag vorlegen. Der Einvernahmeleiter erklärte der Bezugsperson, dass die Familie nur nachkommen könne, wenn die Bezugsperson eine Arbeit habe. Der Bezugsperson wurde eine Frist von 5 Wochen zur Vorlage einer Arbeitsbestätigung und eines Mietvertrages eingeräumt.
Am 23.01.2018 übermittelte das Bundesamt seine Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG und die Stellungnahme an das ÖGK Istanbul. Aus der Mitteilung ergibt sich, dass nach Prüfung der Sachlage die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten bzw. Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründet wurde dies mit dem Fehlen eines Nachweises eines Rechtsanspruchs der Bezugsperson auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen werde (§ 60 Abs. 2 Z 1 AsylG) sowie damit, dass der Aufenthalt (der Beschwerdeführer) zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte (§ 60 Abs. 2 Z 3 AsylG). Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes. Es werde ersucht, diese Mitteilung sowie die Stellungnahme der Partei weiterzuleiten.
In der genannten Stellungnahme wurde ausgeführt, dass der (volljährigen) Bezugsperson mit Bescheid vom 10.06.2016, rechtskräftig seit 24.08.2016, der Asylstatus zuerkannt wurde. Ein Aberkennungsverfahren sei nicht anhängig. Antragstellerin sei die Ehegattin der Bezugsperson. Der Antrag erstrecke sich auch auf die minderjährigen Kinder des Ehepaares. Entsprechende Dokumente seien vorgelegt worden. Die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würden gegenständlich vorliegen, da die Eigenschaft als Kernfamilie gegeben sei. Jedoch seien die Erteilungsvoraussetzungen aufgrund einer Antragstellung von mehr als 3 Monaten nach der Asylgewährung nicht gegeben. Gegenständlich sei § 60 AsylG anzuwenden. Zum Zeitpunkt der Antragstellung hätte die Bezugsperson weder ein eigenes Einkommen jenseits der sozialen Unterstützung durch Bund, Land und Gemeinde noch eine für seine Familie ortsübliche Unterkunft gehabt. Die Bezugsperson habe sich eine Wohnung mit zusätzlich 8 Bewohnern geteilt. Nach der Zeugeneinvernahme vor dem Bundesamt habe die Bezugsperson dann einen Mietvertrag über eine Wohnung von 34m² (befristet auf 3 Jahre) vorgelegt. Als ortsübliche Unterkunft werde bei einer fünfköpfigen Kernfamilie (Eltern und drei Teenagerkinder) folgender Maßstab angewandt: Drei Zimmer plus Nebenräume oder 45m² für 2 Personen und weitere 15m² für jede weitere Person. Als Richtlinie des Roten Kreuzes wird von 7m² bis 10m² pro Person gesprochen, wobei bei Teenagern verschiedenen Geschlechts von getrennten Zimmern ausgegangen werde. Insofern sei eine Wohnung von 34m² mit einem großen Wohn-/ Schlafzimmer für die Bezugsperson, deren Ehegattin sowie einen 14-jährigen Sohn und zwei 12 bzw. 9 Jahre alten Töchter nicht ortsüblich und somit als nicht ausreichend anzusehen. Da zur Heranziehung der selbständigen Erhaltung der Familie das Einkommen der letzten 6 Monate und eine Prognose für die kommenden 12 Monate heranzuziehen sei, sei die Vorlage einer eben erst angetretenen Arbeit nur von bedingter Beweiskraft. Es sei daraus nicht ableitbar, dass die Bezugsperson über die Gewährung der Einreise hinaus die Arbeit fortführen werde, da die Bezugsperson schon bisher dem Grunde nach fähig gewesen wäre, eine derartige Arbeit anzunehmen und dies scheinbar jetzt nur getan habe, um die Familienangehörigen nachkommen lassen zu können. Aus den dargelegten Gründen sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSdf § 35 Abs. 4 AsylG nicht wahrscheinlich.
Mit Schreiben des ÖGK Istanbul vom 29.01.2018 wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Es wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt nach Prüfung die Stellungnahme abgegeben habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die beiliegenden Stellungnahmen des Bundesamtes vom 23.01.2018 verwiesen wurde. Es wurde den Beschwerdeführern Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
Mit E-Mail vom 02.02.2018 wurde die Frist zur Einbringung einer Stellungnahme wie beantragt bis zum 12.02.2018 verlängert.
Mit Stellungnahme vom 09.02.2018 wurde nach erneuter Darlegung des zugrundeliegenden Sachverhalts und des Verweises auf die Stellungnahme vom 21.08.2017 darauf hingewiesen, dass die Versäumung der 3-Monats-Frist nicht im Verschulden der Beschwerdeführer gelegen sei und die (rechtzeitige) vorhergehende Terminvereinbarung als fristwahrende Antragstellung gewertet werden müsse. Die Anträge sollten somit als fristgerecht eingebracht gelten und die Bezugsperson somit von der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen ausgenommen werden. Selbst für den Fall, dass die Behörde von der Versäumung der Frist ausgehen sollte, könne von den Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG abgesehen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dringend geboten sei. Die Bezugsperson beziehe momentan Mindestsicherung. Im Jänner 2018 hätte sie eine befristete Arbeitsstelle gehabt, welche diese aufgrund der Befristung jedoch nicht habe weiterführen können. Die Bezugsperson wäre, entgegen den Ausführungen der Behörde, jederzeit bereit, eine Arbeit anzunehmen, wenn die Möglichkeit hiezu bestünde. Aufgrund ihrer bisher erworbenen Deutschkenntnisse verlaufe die Arbeitssuche jedoch äußerst schwierig. Die Bezugsperson sei bemüht, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und warte momentan auf einen Platz in einem A2-Deutschkurs. Die Bezugsperson wohne momentan alleine in einer eigenen 34m² großen Wohnung. Eine größere Wohnung würden die begrenzten finanziellen Mittel derzeit nicht zulassen. Sobald die Bezugsperson jedoch ein höheres Einkommen vorweisen könne, wäre sie auch in der Lage, eine größere - für eine 5-köpfige Familie ortsübliche Wohnung - zu mieten. Dennoch sei eine Mitteilung über die wahrscheinliche Asylgewährung bereits zum jetzigen Zeitpunkt zu erteilen, da gegenständlich der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zur Anwendung gelange. In der Türkei, wo sich die Beschwerdeführer seit nunmehr mehr als 8 Monaten befinden würden, hätten diese weder einen gesicherten Aufenthaltsstatus noch ein regelmäßiges Einkommen, mit dem sie ihr Leben dauerhaft bestreiten könnten. Die Erstbeschwerdeführerin hätte keine Arbeitserlaubnis, die mj Beschwerdeführer könnten nicht die Schule besuchen. Vorgelegt wurden neben den bereits bekannten Dokumenten eine Lohnbestätigung vom Jänner 2018 (Auszahlungsbetrag € 967,49) sowie ein Mietvertrag befristet auf 3 Jahre über die 34m² große Wohnung in Wien zu einem Bruttomietzins von € 400,00 (abgeschlossen am 15.01.2018).
Diese Stellungnahme wurde seitens des ÖGK Istanbul am 16.02.2018 an das Bundesamt übermittelt.
Mit E-Mail vom 20.02.2018 teilte das Bundesamt dem ÖGK Istanbul mit, dass durch die Stellungnahme der Beschwerdeführer (Anm: vom 09.02.2018) die Ausführungen des Bundesamtes nicht hätten entkräftet werden können. Es werde auf die erste in dieser Angelegenheit ergangene Entscheidung des Bundesamtes verwiesen.
Mit den angefochtenen Bescheiden vom 23.02.2018 wies das ÖGK Istanbul die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab. Verwiesen wurde auf die (negativen) Stellungahmen des Bundesamtes zur Antragstellung der Beschwerdeführer (keine ortsübliche Unterkunft; finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft).
Am 19.03.2018 wurde gegen den Bescheid des ÖGK Istanbul vom 23.02.2018 Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass es unstrittig sei, dass die Antragstellung nach Ablauf der Frist des § 35 Abs. 1 AsylG stattgefunden habe. Da die Bezugsperson momentan bemüht sei, eine Arbeit zu finden, könne diese die notwendigen Einkommensvoraussetzungen sowie eine adäquate Unterkunft für die Familie derzeit noch nicht nachweisen. Das Verschulden an der Fristversäumung sei weder im Verschulden der Beschwerdeführer noch der Bezugsperson gelegen. Auch wenn kein Nachweis über eine passende Unterkunft und die erforderlichen Einkünfte erbracht werden könne, sei den Beschwerdeführern die Einreise zu gewähren, da gegenständlich der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zur Anwendung komme und die Bezugsperson somit von der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 AsylG ausgenommen sei. Es werde in diesem Zusammenhang auf den Inhalt der Stellungnahmen vom 21.08.2017 und vom 09.02.2018 verwiesen. Zur Wahrung des Parteiengehörs sei auch eine Auseinandersetzung der Behörde mit den von der Partei gelieferten Argumenten erforderlich. Eine solche sei gegenständlich nicht erkennbar. Darin sei jedoch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften zu erblicken, welche den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belaste. Der Beschwerde angeschlossen waren sämtliche im Verfahren bereits vorgelegte Urkunden und Schriftstücke.
Einer E-Mail des BM für Inneres an das ÖGK Istanbul vom 11.04.2018 ist zu entnehmen, dass gegenständlich von einer Berufungsvorentscheidung Abstand genommen werde. Am 19.04.2018 wurden die Beschwerden und die Verfahrensakten seitens des BMI an das Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.09.2018 wurden die Beschwerden gemäß § 35 AsylG als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Asylgesetz 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (vormals Bundesasylamt) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung eines Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden sei. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung durch die Botschaft komme nicht in Betracht (VwGH 2007/21/0423 vom 19.06.2008, VwGH 2013/21/0152 vom 17.10.2013).
Im vorliegenden Fall sei ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der angebliche Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer genannt worden. Die Antragstellung sei mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigen an die Bezugsperson gestellt worden und seien somit die in § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 normierten Voraussetzungen zu erfüllen. Die Beschwerdeführer würden diese Fristversäumung auch gar nicht bestreiten, sondern hiezu einerseits vorbringen, dass diese nicht auf einem Verschulden ihrerseits bzw. seitens der Bezugsperson beruhe, sondern den Kriegswirren im Herkunftsstaat geschuldet seien bzw. andererseits, dass die erfolgte Terminvereinbarung mit dem ÖGK Istanbul fristwahrend gewesen wäre. Dazu sei auszuführen, dass sich der Bestimmung des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht entnehmen lasse, dass es auf die Gründe für die Versäumung der Frist und auf ein allfälliges Verschulden daran ankommen würde. Aus der genannten Bestimmung würden sich keinerlei Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass der Gesetzgeber etwa beabsichtigt habe, die Folgen der Versäumung der Frist (dann) nicht eintreten zu lassen, wenn es dem Beschwerdeführer (oder der Bezugsperson) aus von diesen nicht zu vertretenden Gründen nicht gelungen sei, den Einreiseantrag innerhalb der 3-Monats-Frist einzubringen. Der klare Wortlaut der Bestimmung lasse keinen Spielraum für eine (wie von den Beschwerdeführern offenbar angedachte) Interpretation, wonach es auf ein Verschulden an der Versäumung der Frist ankommen würde. Auf die Umstände, die zur Fristversäumung geführt hätten, sei er Gesetzgeber mit keinem Wort eingegangen, weshalb allein auf das tatsächliche Versäumen der Frist abzustellen sei. Auch der Ansicht der Beschwerdeführer, wonach die Vereinbarung eines Termins für die Stellung eines Einreiseantrages bei der Vertretungsbehörde "fristwahrend" sei (und die Einreiseanträge der Beschwerdeführer sohin als fristgerecht eingebracht anzusehen wären), könne man sich nicht anzuschließen, da man sonst die Bestimmung des § 35 Abs 1 letzter Satz AsylG umgehen könnte. Der Gesetzgeber habe unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass im Falle einer Fristversäumung weitergehende Einreisevoraussetzungen zu erfüllen seien. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach gegenständlich der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs 4 Z 3 AsylG zur Anwendung gelangen würde sei festzuhalten, dass das Bundesamt im Rahmen der Einzelfallprüfung offensichtlich zu der Ansicht gelangt sei, dass dies unzutreffend sei. Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK stehe unter Gesetzesvorbehalt. Nach der Rspr des EGMR würden die Regeln des Einwanderungsrechts eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art Abs 2 EMRK dar. Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibe auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr komme im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) würden in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige darstellen, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Die Behörde habe über den vorliegenden Antrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt und sei aufgrund der Mitteilung des Bundesamtes, dass die Zuerkennung internationalen Schutzes nicht wahrscheinlich sei, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen würden, da die Erteilungsvorrausetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht erfüllt seien.
Die Beschwerdeführer erhoben in der Folge außerordentliche Revision. Im Schriftsatz vom 27.12.2018 wurde dann im Wesentlichen ausgeführt, dass keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehe, ob bei der in § 35 Abs. 1 AsylG 2005 vorgesehenen dreimonatigen Frist ein Nichtverschulden der Beschwerdeführer berücksichtigt werden müsse. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe bereits ausgesprochen, dass eine unterschiedliche Behandlung von Anträgen vor und nach Ablauf der dreimonatigen Frist zulässig sei, wenn die nach drei Monaten erfolgte Antragstellung ohne triftigen Grund verspätet erfolgt ist. Anders verhalte es sich allerdings, wenn die verspätete Stellung eines Antrags aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar sei (Hinweis auf EuGH 7.11.2018, KB, C-380/17). Zudem gehe das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Ausnahmebestimmung des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 nicht zum Tragen komme, da ein Eingriff in das Privat- und Familienleben durch ein Abstellen auf die prognostizierte fehlende wirtschaftliche Erhaltungsfähigkeit gerechtfertigt werden könne. Im Ergebnis unterstelle das Bundesverwaltungsgericht damit aber, dass Art. 8 EMRK nur dann eine Ausnahme von den Bedingungen des § 60 Abs. 2 AsylG 2005 begründe, wenn die Antragsteller den Tatbestand dieser Bestimmung erfüllen würden. Es könne dem Gesetzgeber aber nicht zugesonnen werden, eine Ausnahmebestimmung geschaffen zu haben, die nie zur Anwendung kommen könne, weil die dafür zu erfüllenden Voraussetzungen identisch mit jenen Bedingungen seien, von denen die revisionswerbenden Parteien ausgenommen werden sollten. Letztlich weiche das Bundesverwaltungsgericht von näher zitierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach ein Unterlassen näherer Feststellungen zu einem konkreten Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien - in diesem Fall, dass ein Familienleben in der Türkei nicht stattfinden könne - das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belaste. Das Bundesverwaltungsgericht habe das Vorbringen weder gewürdigt noch entsprechende Ermittlungsschritte gesetzt.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.06.2019, Ra 2018/19/0568 bis 0571-12, wurde die angefochtenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.09.2018 wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass sich die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als unzutreffend erweise, wonach es fallbezogen bei der Versäumung der Dreimonatsfrist zur Stellung von Anträgen gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 unter keinen Umständen auf die Gründe für diese Versäumung ankommen könne. Bei der Beurteilung der Versäumung der dreimonatigen Frist sei daher auf - von den Parteien im Verfahren vor der Vertretungsbehörde vorgebrachte - besondere Umstände Bedacht zu nehmen, aufgrund derer die Versäumung durch die revisionswerbenden Parteien objektiv entschuldbar gewesen sein könnte. Da eine Berücksichtigung solcher Umstände im vorliegenden Fall nicht erfolgt sei, habe das Bundesverwaltungsgericht sein Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Im fortgesetzten Verfahren werde demnach zu prüfen sein, ob die verspätete Antragstellung durch die revisionswerbenden Parteien im Sinne ihres Vorbringens aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar gewesen sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Behebung der Bescheide und Zurückverweisung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:
Familienverfahren im Inland
"§ 34.
(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
2. aufgehoben
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. aufgehoben
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
"§ 35.
(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 24/2016 lautet:
(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs 1 Z 15, 3 Abs 4 bis 4b, 7 Abs 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs 6 und 35 Abs 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 gestellt wurde.
§ 22 Abs 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.
Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 06.07.2017, und somit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG 2005 war daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden.
§ 11, § 11a und § 26 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
"§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen."
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Die Regelung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Falle, dass die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Mit Erkenntnis vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Im Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, hält der Verwaltungsgerichtshof zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.
Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, sofern in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel:
"Verwaltungsverfahren Band I2", E 84 zu § 39 AVG).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Auch wenn es sich bei der Mitteilung des Bundesamtes um keinen Bescheid handelt, der vom Antragsteller (selbständig) angefochten werden kann (VwGH 06. 10.2010, 2008/19/0527), setzt die Möglichkeit einer Überprüfung der Richtigkeit dieser Prognose durch das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls voraus, dass dieser Mitteilung des Bundesamtes in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen ist, aus welchen Gründen das Bundesamt die Zuerkennung des beantragten Schutzstatus für nicht wahrscheinlich hält.
Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor:
Im vorliegenden Fall wurde der Bezugsperson mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.06.2016, rechtskräftig seit 24.08.2016, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Die Antragstellung der Beschwerdeführer erfolgte am 06.07.2017, somit mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson und sind somit grundsätzlich die in § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AslyG normierten Voraussetzungen zu erbringen.
Wie von der belangten Behörde unter Verweis auf die Ausführungen des Bundesamtes umfänglich begründet - und auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten - sind im gegenständlichen Fall die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht erfüllt.
Die Beschwerdeführer bestreiten eine Versäumung der dreimonatigen Frist auch gar nicht, sondern brachten in diesem Zusammenhang (siehe auch die ergänzende Stellungnahme vom 21.08.2017) einerseits vor, dass diese nicht auf einem Verschulden ihrerseits bzw. seitens der Bezugsperson beruhe, sondern den Kriegswirren im Herkunftsstaat geschuldet sei. Andererseits sei nach Ansicht der Beschwerdeführer davon auszugehen, dass die erfolgte Terminvereinbarung für die Stellung eines Einreiseantrages bei der Vertretungsbehörde (Anm: fallgegenständlich für den 01.09.2016) "fristwahrende" Wirkung habe und die Einreiseanträge der Beschwerdeführer sohin als fristgerecht eingebracht anzusehen seien.
Mit Entscheidung vom 25.06.2019, Ra 2018/19/0568 bis 0571-12, hat der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.09.2018 behoben und klargestellt, dass bei der Beurteilung der Fristversäumung - entgegen der Ansicht des BVwG - sehr wohl auf die besonderen Umstände Bedacht zu nehmen und zu prüfen ist, ob diese objektiv entschuldbar gewesen sein könnte; dies unter Zugrundelegung des entsprechenden Vorbringens der Beschwerdeführer.
Keine expliziten Aussagen traf der VwGH hingegen zum Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach eine rechtzeitige Terminvereinbarung bei der Vertretungsbehörde (zur Stellung eines Einreiseantrages) als fristwahrende zu werten sei. Der Verwaltungsgerichtshof hielt fest, dass im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein werde, ob "die verspätete Antragstellung" aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar gewesen ist. Aufgrund dieser Wortwahl (Anm.: "verspätete Antragstellung") ist davon auszugehen, dass eine rechtzeitige Terminvereinbarung nicht als fristwahrende Antragstellung zu qualifizieren sein wird.
Die Behörde hat sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer zu den Gründen der Fristversäumung nicht erkennbar auseinandergesetzt, hiezu offenkundig keine Ermittlungen angestellt und auch keinerlei Feststellungen getroffen.
Aufgrund der Klarstellungen in der oben angeführten Entscheidung des VwGH wird die Behörde im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die verspätete Antragstellung in Hinblick auf das entsprechende Vorbringen der Beschwerdeführer hiezu "aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar" war. Die Frage der objektiven Entschuldbarkeit der Fristversäumung ist sohin als von zentraler Bedeutung für die Beurteilung des gegenständlichen Falles anzusehen; der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht noch nicht fest.
Erst nach Durchführung entsprechender Ermittlungen zu den Ursachen der verspäteten Antragstellung und entsprechender Feststellungen zu einer möglicherweise anzunehmenden objektiven Entschuldbarkeit der Verspätung, wird abschließend beurteilt werden können, ob die Erteilungserfordernisse gem. § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 AsylG zu erfüllen sein werden oder nicht. In diesem Zusammenhang ist noch festzuhalten, dass das Bundesamt im vorliegenden Fall offenkundig vom Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren ausgegangen, da die Eigenschaft als Kernfamilie gegeben sei. In der Mitteilung des Bundesamtes vom 21.01.2018 wird diesbezüglich nämlich ausdrücklich festgehalten, dass die Erstbeschwerdeführerin die Ehegattin der Bezugsperson sei und sich der Antrag auch auf die minderjährigen Kinder des Ehepaares erstrecke. Entsprechende Dokumente seien vorgelegt worden. Die Behörde hegte somit grundsätzlich keine Zweifel an der Familienangehörigeneigenschaft der Beschwerdeführer.
Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) im gegenständlichen Beschwerdeverfahren hin, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können. Es war somit mit der ersatzlosen Behebung des gegenständlichen Bescheides bzw. einer Zurückverweisung zur Vornahme der erforderlichen Informationen vorzugehen.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W185.2193214.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.10.2019