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64/03 LandeslehrerNorm
B-VG Art138 Abs1 Z2Leitsatz
Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen dem Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht und dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich; Feststellung der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nichtberücksichtigung der Bewerbung betreffend die Aufnahme in den Landesdienst als VertragslehrerRechtssatz
Das Klagebegehren an das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht (LG Linz) entspricht zwar nicht wörtlich den an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) gerichteten Anträgen. In beiden Fällen begehrte der unvertretene Antragsteller im Wege selbst verfasster Schriftsätze jedoch inhaltlich eine Entscheidung darüber, ob die von ihm als "Berufsverbot" bezeichnete Ablehnung im Aufnahmeverfahren als Vertragslehrer rechtmäßig erfolgte, wobei es sich im Verfahren vor dem LG Linz um einen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe handelte, durch dessen Abweisung zwar keine Ablehnung der Zuständigkeit in förmlicher Hinsicht getroffen wurde, doch es insoweit ausreichend ist, dass eine Behörde aus dem vermeintlichen Mangel ihrer Zuständigkeit die Erlassung eines Bescheides ablehnt.
Maßgeblich dafür, ob die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Auswahlverfahrens zur Aufnahme als Vertragslehrer der ordentlichen Gerichte oder des LVwG festgestellt wird, ist die Frage, ob das dem privatrechtlichen Vertragsabschluss vorausgehende Auswahlverfahren einen selbständigen hoheitlichen Akt darstellt, der vom Abschluss des Arbeitsvertrages unabhängig zu beurteilen ist und über den mit gesondertem Bescheid abzusprechen ist (Handeln mit "imperium" also unter Einsatz spezifischer staatlicher Befehls- und Zwangsgewalt).
Das Vorliegen von hoheitlichem Handeln ist auf Grund der näheren gesetzlichen Ausgestaltung sowie der gesetzten Akte zu beurteilen. Den für Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren zur Besetzung einer freien Planstelle relevanten Regelungen sind keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass vor dem privatrechtlichen Vertragsabschluss ein hoheitliches Verfahren durchzuführen wäre, das getrennt von diesem Vertragsabschluss zu beurteilen wäre. Gesetzliche Vorgaben, die die Einholung von Ernennungsvorschlägen des Kollegiums vorsehen (wie etwa §6 iVm §1 Abs2 Oö LDHG 1986 idF LGBl 64/2018), vermögen daran ebenso wenig etwas zu ändern wie - der Objektivierung oder der Verfahrensvereinfachung und -strukturierung dienende - Regelungen, wie sie die §§4a f LDG 1984 enthalten, oder sonstige Vorgaben, aus denen zusätzliche Kriterien für zu erstattende Ernennungs- bzw Auswahlvorschläge folgen (vgl auch VfSlg 20164/2017, in dem der VfGH auch in Bezug auf das für Universitätsprofessoren geltende Berufungsverfahren nach §98 UG keinen Zweifel an dessen privatrechtlicher Natur hegte; s in diesem Zusammenhang bereits zB VfSlg 6806/1972, 7843/1976, wonach auch auf die Ernennung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis keine subjektiven Rechte bestehen).
Wie der VfGH in den Entscheidungen VfSlg 19670/2012 und E v 09.06.2017, E1476/2017, betreffend Fälle von Besetzungsverfahren von Leiterstellen, festgestellt hat, hat ein vom privatrechtlichen Vertragsabschluss (bzw von der Ernennung) zu unterscheidendes und mit Bescheid abzuschließendes Verfahren stattzufinden, an dem auch Vertragsbedienstete ab deren Aufnahme in den verbindlichen Besetzungsvorschlag teilnehmen. Dies ergab sich aus dem Umstand, dass die jeweils anzuwendenden Bestimmungen des Vertragsbedienstetenrechts das - zuvor nur im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Personen offenstehende - Auswahl- und Besetzungsverfahren mit der Maßgabe für anwendbar erklärten, dass Bewerbungen von Vertragslehrpersonen zulässig sind. Damit nahmen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung auch in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehende Vertragslehrpersonen an dem - ursprünglich nur Beamten offenstehenden - öffentlich-rechtlichen Verfahren gleich öffentlich-rechtlichen Bediensteten teil. Dies würde ansonsten insofern zu unsachlichen Ergebnissen führen, als die Parteistellung eines im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden, in einen verbindlichen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerbers von der (öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen) Rechtsnatur des Dienstverhältnisses desjenigen Mitbewerbers abhinge, der die Leitungsfunktion erhält, worin eine dem Gesetz nicht unterstellbare, sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung zu erkennen wäre.
Nach den relevanten gesetzlichen Vorgaben für die Aufnahme in den Schuldienst des Landes als Vertragslehrer (ohne Leitungsfunktion) ist dagegen keine Teilnahme an einem ursprünglich auf die Ernennung von Beamten ausgerichteten und durch Bescheid abzuschließenden Verfahren vorgesehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das im vorliegenden Zusammenhang anzuwendende Vertragsbedienstetenrecht in §26 Abs2 litj LVG auf die Regelungen zum Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes verweist, weil dadurch lediglich die (sinngemäße) Anwendung der das Auswahlverfahren betreffenden Regelungen angeordnet wird.
Bei dem nach §26 Abs2 litj LVG iVm §4a und 4b LDG 1984 zu führenden Auswahlprozess zur Aufnahme in den Schuldienst des Landes Oberösterreich als Vertragslehrperson handelt es sich somit nicht um ein selbständig zu führendes hoheitliches Verfahren, sondern um ein dem privatrechtlichen Vertragsabschluss zwar vorangehendes, aber von diesem nicht getrennt zu bewertendes Auswahlprozedere, das der Vereinheitlichung, Erleichterung und Strukturierung der Auswahlentscheidung sowie insbesondere deren Nachvollziehbarkeit im Sinne des Objektivierungsgedankens dient.
Aufhebung des entgegenstehenden Beschlusses des LG Linz.
Schlagworte
VfGH / Kompetenzkonflikt, Dienstrecht, Lehrer, Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, Arbeits- u Sozialgerichtsbarkeit, Privatwirtschaftsverwaltung, Behördenzuständigkeit, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:KI8.2019Zuletzt aktualisiert am
12.01.2021