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L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §42 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des J in F, vertreten durch D, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 15. Juli 1998, Zl. II-4151.0004/98, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. J in F, 2. Stadt Feldkirch, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Beschwerdevorbringen in Verbindung mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Über das Ansuchen des Erstmitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf den Liegenschaften mit den Grundstücksnummern .168 und .170, KG T, wurde für den 8. Jänner 1998 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. In dieser sprach sich der Beschwerdeführer als Nachbar gegen das Bauvorhaben aus. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 12. Jänner 1998 wurde dem Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers hat die Berufungskommission der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 12. Mai 1998 keine Folge gegeben, die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. Juli 1998 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Hinsicht beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A).
Die Rechte des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach dem Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972, in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 72/1997, werden in § 30 Abs. 1 und 2 leg. cit. wie folgt festgesetzt:
"(1) Über Einwendungen der Nachbarn, die sich auf Rechte stützen, die durch folgende Vorschriften begründet werden, ist in der Erledigung über den Bauantrag abzusprechen:
a) § 4, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;
b) § 6, insoweit er den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm betrifft;
c) § 9 Abs. 1 hinsichtlich von Einfriedungen an der Grenze eines Nachbargrundstückes;
d) § 12 Abs. 1, insoweit es sich auf Einrichtungen auf Nachbargrundstücken bezieht, die eines besonderen Schutzes gegen Lärm und sonstige Belästigungen bedürfen;
e) § 17, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;
f) § 37 Abs. 4, soweit er dem Schutz der Nachbarn dient;
(2) Einwendungen der Parteien, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind als unzulässig zurückzuweisen, Einwendungen, die sich auf das Privatrecht stützen, sind auf den Rechtsweg zu verweisen".
Die Aufzählung der Nachbarrechte im § 30 Abs. 1 BauG ist - wie sich aus Abs. 2 dieser Bestimmung ergibt -, taxativ (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 6. Juli 1981, Slg. Nr. 10.514/A, u.v.a.).
Der Beschwerdeführer bekämpft die erteilte Baubewilligung zunächst insofern, als die erforderliche rechtlich gesicherte Verbindung der Baugrundstücke mit einer öffentlichen Verkehrsfläche nicht gegeben sei.
Gemäß § 4 Abs. 2 des Vorarlberger Baugesetzes muß jedes Baugrundstück eine rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche haben, wobei diese Verbindung und die öffentliche Verkehrsfläche der beabsichtigten Verwendung des Gebäudes entsprechen müssen, das auf dem Grundstück errichtet werden soll. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, begründet die Vorschrift des § 4 des Vorarlberger Baugesetzes kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nur insoweit subjektiv-öffentliche Rechte, als mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist. Derartige Auswirkungen hat der Verwaltungsgerichtshof bei behaupteter mangelhafter Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche nicht angenommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 93/06/0155, und die dort angeführte Vorjudikatur). Im angeführten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch klar ausgesprochen, daß aus § 30 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 4 des Vorarlberger Baugesetzes kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht hinsichtlich der Frage der gesicherten Zufahrt zum Baugrundstück abzuleiten ist. Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung zur Abkehr von dieser Rechtsansicht.
Zur Beschwerderüge, das Bauvorhaben widerspreche der Flächenwidmung "Grünland-Landwirtschaft", ist festzuhalten, daß das Vorarlberger Baugesetz weder hinsichtlich der Einhaltung des Flächenwidmungsplanes, noch hinsichtlich eines allgemeinen Schutzes vor Immissionen ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht einräumt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1994, Zl. 93/06/0096), wohl aber - fallbezogen - gemäß § 30 Abs. l lit. b Baugesetz hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des § 6 leg. cit. über die Abstandsflächen. Soweit in den Vorschriften über die Abstandsflächen auch an jene über die Flächenwidmung bzw. an die in diesem Zusammenhang jeweils zulässigen Immissionen angeknüpft wird, sind diese auch im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Nachbarrechten im Sinne des § 6 BauG von Bedeutung. Daß die erforderlichen Abstände nicht eingehalten würden, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. § 18 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes - RPG, LGBl. Nr. 39/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 33/1997, sieht für Freiflächen keinen Immissionsschutz vor. In bezug auf die Einhaltung der Flächenwidmung "Freiflächen" kommt somit dem Nachbarn im Geltungsbereich des Vorarlberger Baugesetzes kein Mitspracherecht zu. Es erübrigt sich demnach ein Eingehen auf die Frage der erforderlichen Umwidmung und der Raumordnungsziele, wobei noch darauf hinzuweisen ist, daß ein Einfamilienhaus weniger Emissionen verursacht als ein landwirtschaftlicher Betrieb.
Zur Verfahrensrüge ist festzuhalten, daß die verfahrensrechtlichen Ansprüche eines Nachbarn nicht weiter gehen als seine materiellen Rechte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. November 1976, Zl. 1574/74, 1615 bis 1622/76, Slg. Nr. 9170/A u. v.a.).
Schließlich wird in der Beschwerde noch ausgeführt, der Bürgermeister der Stadt Feldkirch habe den Baubewilligungsbescheid vom 12. Jänner 1998 erlassen, er habe aber auch den Bescheid vom 12. Mai 1998 (Berufungsbescheid) erlassen und unterschrieben. Der Berufungsbescheid sei auf dem Papier des Amtes der Stadt Feldkirch geschrieben und sei vom Bürgermeister eigenhändig (ohne Zusatz für die Berufungskommission) unterschrieben worden. Es heiße im Berufungsbescheid: "Aufgrund der Verordnung der Stadtvertretung vom 22. Mai 1990 ... und des Beschlusses der Berufungskommission vom 2. April 1998 ergeht im Namen der Stadtvertretung folgender Spruch:
...".
Gemäß § 66 Abs. 1 lit. d des Vorarlberger Gemeindegesetzes obliegt dem Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich die Durchführung der durch Kollegialorgane der Gemeinde (u.a. Berufungskommission, Gemeindevertretung, Gemeindevorstand) gefaßten Beschlüsse. Somit hat der Bürgermeister für die Ausfertigung des Berufungsbescheides der Berufungskommission zu sorgen. Aus dem Beschwerdevorbringen geht hervor, daß über die Berufung der Beschluß der (zuständigen) Berufungskommission gefaßt wurde, die Unterfertigung des Bescheides durch den Bürgermeisters entspricht der o.a. Bestimmung des Vorarlberger Gemeindegesetzes. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, daß die Ausfertigung der Beschlüsse der Berufungsbehörde durch den Bürgermeister als Erlassung eines sogenannten Intimationsbescheides rechtlich als unbedenklich anzusehen ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. März 1984, Zl. 83/05/0179, BauSlg. 206, vom 3. Juli 1986, Zl. 85/06/0201, BauSlg. 731). Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.
Da sich bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und ohne daß dem Beschwerdeführer weitere Kosten entstünden, in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am 15. Oktober 1998
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1 Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998060154.X00Im RIS seit
03.05.2001