TE Vwgh Erkenntnis 2019/9/25 Ra 2018/09/0158

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2019
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GSpG 1989 §12a Abs2
GSpG 1989 §2 Abs3
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §44a Z3
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des Mag. Ing. M M in V, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 23. Jänner 2018, Zl. LVwG 30.9-1070/2017-12, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Murtal), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murtal vom 6. März 2017 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der XY GmbH der zwanzigfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) mit 20 näher bezeichneten "Eingriffsgegenständen" schuldig erkannt und über ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG Geldstrafen in der Höhe von je 5.000,-- Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 23. Jänner 2018 wurde die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde mit der Maßgabe abgewiesen, dass "der Tatzeitraum von 01.01.2016 bis 27.01.2016 und 06.04.2016 bis 15.04.2016 eingeschränkt" werde. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 857/2018-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der vom Revisionswerber dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

4 Gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 23. Jänner 2018 richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.

6 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Das Verwaltungsgericht ist - wie auch die belangte Behörde - von 20 Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit jeweils einem Eingriffsgegenstand ausgegangen und hat die Verhängung von 20 Strafen dem Grunde und der Höhe nach bestätigt. Dagegen wendet sich die vorliegende Revision, die in ihrem Zulässigkeitsvorbringen u.a. geltend macht, dass das Verwaltungsgericht sowohl die "Cash-Center" als auch Monitor, PC und Wettscheindrucker zu Unrecht als eigene Eingriffsgegenstände behandelt habe und seine Entscheidung damit im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff des Eingriffsgegenstandes stehe. Schon mit diesem Vorbringen erweist sich die Revision als zulässig und berechtigt.

8 Unbeschadet des Fehlens einer Legaldefinition ist unter "Eingriffsgegenstand" als Oberbegriff jedenfalls eine körperliche Sache zu verstehen, mit der in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, indem damit verbotene Ausspielungen veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich gemacht werden. Darunter fallen etwa Glücksspielautomaten (§ 2 Abs. 3 GSpG), Video Lotterie Terminals (VLT, § 12a Abs. 2 GSpG), Roulettetische, Glücksräder oder Kartenspiele (vgl. VwGH 15.2.2018, Ra 2017/17/0718).

9 Nicht unter den Begriff des "Eingriffsgegenstandes" fallen hingegen Sachen, die lediglich als Komponente einer (technischen) Vorrichtung Verwendung finden, mit der einem Kunden die Teilnahme an einem Glücksspiel ermöglicht wird, wie etwa Bildschirme, Stromkabel oder Grafikkarten. Diese Komponenten (Bestandteile, Zubehör, etc.) einer solchen Vorrichtung können nicht als selbstständige Eingriffsgegenstände einer Bestrafung nach § 52 Abs. 2 GSpG zugrunde gelegt werden. Vielmehr wird insoweit von einem einheitlichen Eingriffsgegenstand auszugehen sein. Am Unrechtsgehalt einer verbotenen Ausspielung vermag der Umstand, dass ein Eingriffsgegenstand allenfalls aus mehreren Komponenten besteht, nichts zu ändern (vgl. erneut VwGH 15.2.2018, Ra 2017/17/0718).

10 Im Revisionsfall wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der XY GmbH wegen der zwanzigfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit insgesamt 20 "Eingriffsgegenständen" bestraft. Aus dem Straferkenntnis ergibt sich aber kein Hinweis, wonach mit den sogenannten "Cash-Centern" (Übertretungen 9 bis 11) selbst Glücksspiele durchgeführt werden konnten. Vielmehr haben diese Geräte ausschließlich dazu gedient, Einsätze für Glücksspiele, die auf anderen Geräten durchgeführt wurden, entgegenzunehmen und allfällige Gewinne auszuzahlen. Da der bloße Betrieb dieser "Cash-Center" demnach noch keine Ausspielung darstellt, konnte damit allein auch nicht gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verstoßen werden. Auch hinsichtlich der dreifachen Bestrafung betreffend die jeweils als eigene "Eingriffsgegenstände" behandelten Komponenten PC-Rechner, Monitor und Wettscheindrucker (Übertretungen 12 bis 14) wird sich das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die zitierte Rechtsprechung auseinanderzusetzen haben (vgl. auch VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0159). Gleiches gilt für die Bestrafung betreffend die jeweils als eigene "Eingriffsgegenstände" behandelten Komponenten Kartenaufladegerät und "Zugangskuverts" (Übertretungen 19 bis 20).

11 Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht mit seiner Maßgabebestätigung auch hinsichtlich der Übertretungen 15 bis 20 den Tatzeitraum in der oben genannten Weise abgeändert, obwohl dem Revisionswerber im behördlichen Straferkenntnis angelastet worden war, diese Übertretungen (lediglich) am 22. April 2016 begangen zu haben. Damit hat das Verwaltungsgericht die Tat auf unzulässige Weise ausgewechselt.

12 Weiters ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Beschuldigte ein Recht darauf hat, dass im Spruch eines Straferkenntnisses ausschließlich die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist. Das Verwaltungsgericht hat daher, wenn der Spruch des behördlichen Strafbescheides - wie hier - unvollständig ist, diesen in seinem Abspruch zu ergänzen (vgl. VwGH 13.12.2018, Ra 2018/09/0184).

13 Im vorliegenden Fall ist bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 GSpG. Das Verwaltungsgericht hat diese Anführung der Strafsanktionsnorm trotz ihres Fehlens im behördlichen Straferkenntnis im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nicht nachgeholt.

14 Das angefochtene Erkenntnis war aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. September 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090158.L00

Im RIS seit

25.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten