Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §64 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des D, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. Juli 1998, Zl. 03-12.05 G 118-98/1, betreffend Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 28. November 1993 wurde der Beschwerdeführer als Eigentümer der näher angeführten Liegenschaft bzw. der darauf befindlichen Bauwerke verpflichtet, diese mit einer Hauskanalanlage zu versehen und sie an die öffentliche Kanalanlage anzuschließen. Weiters wurde verfügt, daß bis längstens drei Monate ab Rechtskraft des Bescheides um die diesbezügliche baubehördliche Bewilligung beim Magistrat Graz-Kanalbauamt planbelegt anzusuchen sei. Da trotz Genehmigung einer Fristerstreckung nicht um eine Genehmigung des Bauentwurfes planbelegt angesucht wurde, hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz mit Schreiben vom 6. Februar 1995 die Verhängung einer Zwangsstrafe in der Höhe von S 2.000,-- angedroht und für die Erfüllung der Verpflichtung nochmals eine Frist von zwei Monaten eingeräumt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 18. Mai 1998 wurde die angedrohte Zwangsstrafe verhängt.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen Bestimmungen des VVG im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer mit seinem ins Treffen geführten Wiederaufnahmeantrag vom 9. Februar 1998 ausdrücklich nur die Wiederaufnahme des näher bezeichneten Abgabenverfahrens sowie des Fristverlängerungsverfahrens begehrt habe. Schon aus diesem Grund könne eine Unzulässigkeit der Vollstreckung des Kanalanschlußverpflichtungsbescheides nicht gegeben sein. Aber selbst wenn der Beschwerdeführer tatsächlich die Wiederaufnahme des Kanalanschlußverpflichtungsverfahrens begehrt hätte, könne den Ausführungen des Beschwerdeführers zur Frage der formellen Rechtskraft des Kanalanschlußverpflichtungsbescheides aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden: Die formelle Rechtskraft bedeute die Unanfechtbarkeit eines Bescheides. Ein solcher Bescheid könne von den Parteien durch ordentliche Rechtsmittel nicht mehr bekämpft werden. Die Unanfechtbarkeit beginne mit der Erlassung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden (letztinstanzlichen) Bescheides an die Partei nach ungenütztem Ablauf der der Partei zur Verfügung stehenden Frist zur Einbringung einer Berufung, mit der Rechtswirksamkeit des Verzichtes auf das Rechtsmittel der Berufung oder mit der Rechtswirksamkeit der Zurückziehung einer eingebrachten Berufung. Die eingetretene Unanfechtbarkeit eines Bescheides ende notwendigerweise mit dessen Änderung. Im Falle der Einbringung eines Wiederaufnahmeantrages oder der amtswegigen Einleitung eines Wiederaufnahmeverfahrens könne die Unanfechtbarkeit eines Bescheides erst mit der Bewilligung (über Antrag) oder Verfügung (von Amts wegen) der Wiederaufnahme enden. Da die Titelbehörde den Wiederaufnahmeantrag wieder zurückgewiesen habe und diese Entscheidung auch von der Berufungsbehörde bestätigt worden sei, sei zum Zeitpunkt der Verhängung der Zwangsstrafe mit Bescheid vom 18. Mai 1998 die mit Schreiben vom 6. Februar 1998 eingeräumte nochmalige Erfüllungsfrist bereits abgelaufen und die Verhängung der Zwangsstrafe zulässig.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird. Die Vollstreckung hat gemäß § 5 Abs. 2 VVG mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil über den am 9. Februar 1998 bei der Behörde eingelangten Antrag, die Frage der Errichtung des Anschlusses des Hauskanales bis zur Rechtskraft über die beantragte Wiederaufnahme aufzuschieben, nicht entschieden worden sei. Im Zeitpunkt der Erlassung der Zwangsstrafe in erster Instanz sei auch noch nicht der abweisende Bescheid betreffend den Antrag auf Wiederaufnahme vom 18. Mai 1998 erlassen gewesen.
Die Erlassung einer Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG setzt einen rechtskräftigen Titelbescheid, die Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles und ein Zuwiderhandeln oder den fruchtlosen Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist voraus. Wenn nun im Zusammenhang mit dem rechtskräftigen Titelbescheid eine Wiederaufnahme beantragt wird und dieser Antrag mit einem weiteren Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung des Titelbescheides verbunden wird, ergibt sich aus dem VVG auch in Verbindung mit dem AVG keine Verpflichtung, über den Wiederaufnahmeantrag bzw. Aufschiebungsantrag vor Entscheidung über die Verhängung der Zwangsstrafe zu entscheiden. Es liegt somit in dieser Hinsicht keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor.
Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in der vorliegenden Beschwerde die Behauptung aufstellt, der Titelbescheid vom 28. November 1993 sei ihm - da an der falschen Adresse zugestellt - nicht rechtswirksam zugestellt worden, so ist dem Beschwerdeführer, der Rechtsanwalt ist, entgegenzuhalten, daß er in dem bisherigen Verwaltungsverfahren betreffend das Kanalanschlußverpflichtungsverfahren und den daraus folgenden Verfahren nie bestritten hat, daß ihm der Bescheid vom 28. November 1993 betreffend die Kanalanschlußpflicht wirksam zugestellt worden sei. So stellte der Beschwerdeführer den Antrag vom 1. September 1995, die sich aus dem Anschlußbescheid vom 28. November 1993 ergebende Frist zur Einreichung eines Kanalplanes bis zum 31. März 1996 zu verlängern. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 18. September 1995 Folge gegeben, nach dem bis längstens ein Jahr ab Rechtskraft des Fristverlängerungsbescheides um die diesbezügliche baubehördliche Bewilligung beim Magistrat Graz anzusuchen und die Hauskanalanlage innerhalb von 18 Monaten ab Rechtskraft des Fristverlängerungsbescheides an die öffentliche Kanalanlage anzuschließen ist. Auch in dem Verfahren auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Kanalanschlußpflicht, das Gegenstand des Beschwerdeverfahrens zu Zl. 98/06/0086 war, ging der Beschwerdeführer von der rechtswirksamen Zustellung des Anschlußpflichtbescheides aus dem Jahre 1993 aus, da eine Wiederaufnahme nur in bezug auf rechtskräftige Bescheide in Betracht kommt. Auch in der Beschwerde zu Zl. 98/06/0086 stellte der Beschwerdeführer die rechtswirksame Zustellung des Bescheides vom 28. November 1993 nicht in Frage. Der Beschwerdeführer behauptet insbesondere nicht, daß ihm der Bescheid vom 28. November 1993 nicht gemäß § 7 ZustellG tatsächlich zugekommen ist, wodurch Mängel der Zustellung geheilt werden. Im Beschwerdeverfahren zu Zl. 98/06/0086 wurde dieser Bescheid auf Ersuchen vom Beschwerdeführer vorgelegt. Es ist somit von der rechtswirksamen Zustellung des Titelbescheides vom 28. November 1993 auszugehen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Es erübrigte sich daher eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 15. Oktober 1998
Schlagworte
Rechtskraft Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998060151.X00Im RIS seit
20.11.2000