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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des S M in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neubaugasse 12-14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Mai 1995, Zl. 353.205/2-III/16/95, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages i.A. Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 17. Mai 1995 wurde der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 18. November 1994 betreffend die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, gemäß § 73 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Mit Schreiben vom 16. November 1993 habe der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 54 FrG einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach "Restjugoslawien" eingebracht. Darüber habe die genannte Behörde nicht entschieden, weshalb der Beschwerdeführer am 17. Mai 1994 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien einen zulässigen Devolutionsantrag gestellt habe. Die Sicherheitsdirektion habe den Beschwerdeführer - infolge einer von der Bundespolizeidirektion Wien erhaltenen Mitteilung, daß der Beschwerdeführer bosnischer Staatsangehöriger wäre und einen im Dezember 1993 von der Republik Bosnien-Herzegowina ausgestellten Reisepaß besitzen würde - mit Schreiben vom 2. September 1994 davon informiert, daß sie den besagten Feststellungsantrag betreffend "Restjugoslawien" als gegenstandslos geworden ansehe, weil eine Abschiebung des Beschwerdeführers dorthin nicht beabsichtigt wäre. In seiner Stellungnahme vom 7. September 1994 habe der Beschwerdeführer die nicht beabsichtigte Abschiebung nach "Restjugoslawien" zur Kenntnis genommen, seinen Feststellungsantrag jedoch insofern aufrecht erhalten, als er die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Republik Bosnien-Herzegowina begehrt hätte.
Mit Schreiben vom 18. November 1994 habe der Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag hinsichtlich des gemäß § 54 FrG eingebrachten Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach "Restjugoslawien" eingebracht.
Dieser Antrag erweise sich als nicht zulässig. Da der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. September 1994 zur Kenntnis genommen habe, daß seine Abschiebung nach "Restjugoslawien" überhaupt nicht beabsichtigt wäre, habe die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien seinen am 16. November 1993 gemäß § 54 FrG betreffend diesen Staat gestellten Antrag zu Recht als nicht mehr bestehend angesehen und somit "als gegenstandslos bzw. als rechtswirksam zurückgezogen betrachtet". Der in seinem Schreiben vom 7. September 1994 insofern aufrecht- erhaltene Antrag des Beschwerdeführers betreffend die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Republik Bosnien-Herzegowina könne nur so verstanden werden, daß an die Stelle des Begehrens auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses bezüglich "Restjugoslawien" das Begehren auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses bezüglich Bosnien-Herzegowina getreten sei, über den die Fremdenpolizeibehörde erster Instanz zu entscheiden hätte. Demzufolge sei dieser Antrag als neuer, eigenständiger Antrag zu qualifizieren gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er in seinem Schreiben vom 7. September 1994 ("Stellungnahme") an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien zur Kenntnis genommen habe, daß seine Abschiebung nach "Restjugoslawien" nicht (mehr) beabsichtigt sei. Er rügt indes, daß die belangte Behörde aus diesem Schreiben abgeleitet habe, er hielte seinen Feststellungsantrag betreffend diesen Staat nicht mehr aufrecht.
Diese Rüge ist nicht berechtigt. Nach Ausweis des Verwaltungsaktes hat der Beschwerdeführer in dem besagten Schreiben nämlich - neben dem angesprochenen Zur-kenntnis-nehmen - ausgeführt, daß er mittlerweile bosnischer Staatsangehöriger sei und daß der von ihm seinerzeit gestellte Antrag "insoferne aufrecht erhalten" werde, "daß die Feststellung begehrt wird, daß eine Abschiebung des Devolutionswerbers in die Republik Bosnien-Herzegowina unzulässig ist" (Aktenblatt 107). Wenn die belangte Behörde angesichts dessen die Auffassung vertreten hat, daß der Beschwerdeführer damit ein von seinem im Jahr 1993 eingebrachten Antrag verschiedenes, neues Feststellungsbegehren gestellt habe, das an die Stelle im Jahr 1993 eingebrachten Antrages getreten sei, kann ihr dies nicht zum Vorwurf gemacht werden, wird diese Ansicht doch durch die Verwendung des Wortes "insoferne" und die ausdrückliche Nennung der Republik Bosnien-Herzegowina in dem besagten Schreiben hinreichend gestützt. Ob dem Beschwerdeführer bei Verwendung der wiedergegebenen Ausdrucksweise ein Irrtum unterlaufen ist (in diese Richtung weist sein an die Bundespolizeidirektion Wien gerichtetes Schreiben vom 8. November 1994, Aktenblatt 115 f), ist für die Frage der Rechtswirksamkeit der mit seinem Schreiben vom 7. September 1994 vorgenommenen Prozeßhandlung ohne Bedeutung, weil nach der hg. Rechtsprechung in einem Fall wie dem vorliegenden für die Rechtswirksamkeit einer Prozeßhandlung nur die Erklärung des Willens maßgebend ist und Parteienerklärungen im Verfahren ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen sind (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/03/0310, mwH).
Entgegen der Beschwerde handelt es sich bei der besagten Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 7. September 1994 um ein Anbringen im Sinn des § 13 Abs. 1 AVG, enthält doch diese nicht - wie in der Beschwerde dargestellt - lediglich eine "Zurkenntnisnahme", sondern auch die Modifikation eines Feststellungsbegehrens.
Da - wie dargestellt - der mit der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 7. September 1994 gestellte Feststellungsantrag (bezogen auf Bosnien-Herzegowina) an die Stelle seines ursprünglichen Antrages vom 16. November 1993 (bezogen auf "Restjugoslawien") trat, wurde der meritorischen Erledigung des dem Devolutionsantrag zugrunde liegenden Sachantrages vom 16. November 1993 die Basis entzogen. So gesehen ist der Beschwerdeführer durch die Zurückweisung des Devolutionsantrages in keinem Recht verletzt worden.
2. Vor diesem Hintergrund kann auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe aktenwidrigerweise angenommen, der Beschwerdeführer sei schon zum Zeitpunkt der Antragstellung am 16. November 1993 - und nicht erst im Zeitpunkt der Ausstellung seines bosnisch-herzegowinischen Reisepasses am 16. Dezember 1993 - bosnischer Staatsangehöriger gewesen, nicht zielführend sein.
3. Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Oktober 1998
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Parteistellung ParteienantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995181067.X00Im RIS seit
11.07.2001