TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/22 G313 2178741-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.05.2019
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Entscheidungsdatum

22.05.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2

Spruch

G313 2178741-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Deutschland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.11.2017 Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.09.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG auf 10 Monate herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den BF gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.)

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass der BF im Bundesgebiet weder über familiäre noch über private Anknüpfungspunkte verfüge. Er ging nur kurze Zeit erlaubten Erwerbstätigkeit nach und könne die Mittel für einen geregelten Unterhalt nicht nachweisen. Er habe durch sein persönliches Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Er habe durch wiederholte Begehungen von gerichtlich strafbaren Vergehenstatbeständen klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt sei, sich der österreichischen Rechts- und Werteordnung zu unterwerfen. Er habe durch Begehung von, Körperverletzungen und Widerstand gegen die Staatsgewalt und Verstoß gegen das WaffG drei Verurteilungen aufscheinend. Er habe durch sein persönlich vorwerfbares und beharrlich fortgesetzt massiv strafbares Verhalten gezeigt, dass er gewillt sei bzw. zumindest in Kauf nehme, durch sein Verhalten eine tatsächliche und erhebliche Gefahr darzustellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Es sei davon ausgehen, dass er auch weiterhin diese Delikte setzen werde. Sein weiterer Aufenthalt würde weiterhin eine Gefahr für das Rechtsgut der körperlichen Sicherheit darstellen.

4. Mit Schreiben vom 4.12.2017, beim BFA am selbigen Tag eingelangt, brachte der BF gegen den oben angeführten Bescheid die Beschwerde ein. Begründend brachte der BF vor, dass er sich seit 2001 im Bundesgebiet aufhalte, den Taxi Führerschein besitze und die vor 2017 gesetzten Straftaten schon weiter zurücklegen, außerdem sei die letzte Straftat (von 2,5 pro ml Alkohol ) unter massiven Alkoholeinfluss verübt worden und er deshalb auch als zurechnungsunfähig eingestuft worden wäre. Ein Leben in Deutschland könne sich der BF nicht mehr vorstellen.

Der gegenständliche Beschwerdeakt wurde vom BFA am 6.12.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Am 25.9.2018 wurde eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF vor dem BVwG durchgeführt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF ist deutscher Staatsangehöriger und wurde am 19.4.1983 in Deutschland geboren. Der BF ist somit EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 8 FPG idgF.

Der BF weist im Bundesgebiet folgende drei Verurteilungen auf

1. LG für Strafsachen XXXX, XXXX vom XXXX.2008 wegen

* Vorsätzlicher Körperverletzung gegenüber seiner Lebensgefährtin XXXX, indem er ihr einen Faustschlag gegen den Kopf versetzte,

* wegen Sachbeschädigung, weil er mit Gewalt in das Haus eindrang und eine Verglasung einschlug sowie die Wohnungstür der XXXX mit Gewalt aufdrückte sodass der Türrahmen herausgerissen wurde und dadurch Hausfriedensbruch beging,

* sowie den Freund der XXXX gefährlich mit den Worten bedrohte "Ich stech dich ab".

Dazu wurde der BF zu einer bedingten Haftstrafe von fünf Jahren auf drei Jahre Bewährung verurteilt.

2. Urteil: BG XXXX XXXX vom XXXX.2012 wegen Verstoß gegen § 50 Abs 3 WaFFG zu einer Geldstrafe von € 400,--

3. Urteil: LG f. Strafsachen XXXX XXXX vom XXXX.2017.

Der Verurteilung lag folgendes zugrunde:

Der BF hat am 22.4.2017 in Wien durch den Genuss von Alkohol in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand Beamte mit Gewalt an der Ausübung seiner Festnahme zu hindern versucht in dem er einem Beamten einen -Fußtritt gegen den Oberkörper versetzte und durch den Fußtritt dieser dadurch rücklings gegen die Theke stürzte, sowie einen weiteren Beamten durch einen Fußtritt an der Amtshandlung zu hindern versuchte und eine Verletzung des Beamten dadurch ausblieb dass dieser eine Schutzweste trug.

Der BF wurde deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Erschwerend wurden die einschlägige Vorstrafe und die Verwirklichung zweier Tatbilder im Rausch angenommen, mildernd das Bewusstsein der Problemlage.

Dem Urteil lag ein psychiatriches Gutachten zugrunde indem ua, festgestellt wurde, dass der BF seit seinem 15 Lebensjahr regelmäßig Alkohol konsumiert habe, ab dem 24.Lebensjahr alkoholabhängig zu sein. Er habe bereits zu dieser Zeit sich einer psychiatrischen -Behandlung unterzogen und wäre 2017 stationär im XXXXSpital aufhältig gewesen. Danach wäre e aber zu Alkoholrückfällen gekommen so auch vor dem 22.4.2017 (Tatum der Tat) und am 22.4.2017 selbst.

Festgestellt wurde, dass der BF bis zum Begutachtungszeitpunkt am 19.6.2017 bereits 12 Alkoholentziehungen hinter sich hatte. Schuldeinsichtigkeit hinsichtlich des Alkoholgenusses sei gegeben, jedoch nur teilweise hinsichtlich des gegenständlichen Delikts.

Beim BF bestünden psychische Verhaltensstörungen durch Alkohol mit Abhängigkeit F 10.20

Im Bundesgebiet hat der BF keine privaten Anknüpfungspunkte, seine Familie lebt in Deutschland. Der BF weist in Österreich laut seinen Angaben über einen Freundeskreis auf.

Der BF weist, mit Unterbrechungen, Nebenwohnsitzmeldungen in Österreich von 27.12.2001 bis 30.01.2002 in Sölden auf, übereinstimmend mit seinen Angaben zu seiner Saisonarbeitstätigkeit in Österreich, sodann von 04.06.2003 bis 18.05.2004 in XXXX. Hauptwohnsitzmeldungen von 23.06.2005 bis 09.09.2008 in XXXX und mit einer Meldeunterbrechung von knapp einem Jahr ab 30.12.2009 bis 15.9.2011 in XXXX.

Ab 15.9.2011 ist der BF durchgehend gemeldet.

Der BF ist seit 29.4.2010 im Besitz einer Anmeldebescheinigung für EWR Bürger.

Der BF war in Österreich bei verschiedenen Dienstgebern tageweise und meist geringfügig beschäftigt, er bezog zwischendurch Leistungen aus der ALV und bezog auch bedarfsorientierte Mindestsicherung. Zuletzt war der BF von 9.10.2017 bis 10.9.2018 daher kurz vor der mündlichen Verhandlung wieder arbeitslos und gab an nunmehr auf Erfolgshonorarbasis zu arbeiten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgerichtes vorliegenden Gerichtsakts.

2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort), Staatsangehörigkeit, des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.

Die Feststellungen hinsichtlich der strafrechtlichen Verurteilungen des BF stützen sich auf die genannte Urteile im Akt einliegend sowie auf den aktuellen Strafregisterauszug.

Die Feststellung, über die Wohnsitzmeldungen, ergibt sich aus dem diesbezüglich unstrittigen Akteninhalt sowie dem Auszug aus dem zentralen Melderegister.

Die Feststellung, dass die Eltern des BF, in Deutschland leben und der BF über keine Lebensgefährtin verfügt ergibt sich aus seinen eigenen Angaben.

Die Feststellung, dass der BF einer Erwerbstätigkeit lediglich bei Abschluss von Verträgen dh auf Erfolgshonorarbasis nachgeht, ergibt sich aus seinen Angaben und den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u. a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8.Hauptstück des FPG. (Z. 3).

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 2013/10 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 2013/33 i. d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28. Abs. 1 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis.

Im Abs. 2 wird angeführt, dass das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Zu Spruchteil A)

3.1. Anzuwendendes Recht:

§ 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen."

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Der mit Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub gemäß § 70 FPG lautet:

(1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.

Der BF hat im Bundesgebiet keinerlei familiäre Bindungen, konnte daher kein Vorliegen eines aufrechten Familienlebens iSd Art. 8 EMRK dartun. Der BF hatte mit seiner damaligen Lebensgefährtin bereits Schwierigkeiten aufgrund seines Alkoholkonsums und kam es auch unter Einfluss von Alkohol zu seiner ersten Straftat gegenüber der damaligen Lebensgefährtin XXXX. Auch die Art der Tathandlung wie zB Eintreten der Tür und Beschimpfung bzw Bedrohung des Freundes der XXXXk lässt sich als ein dem BF typisches Auftreten unter Einfluss von Alkohol verfolgen. Auch die jüngste begangene Tat, dh dass er nicht davor zurückschreckte Polizisten durch Fußtritte zu attackieren zeigen diese Persönlichkeitsstruktur.

Wie auch dem psychiatrischen Gutachten zu entnehmen ist, legt der BF ein läpisches Verhalten gegenüber Personen an den Tag die sich sein aggressives Verhalten zb die Angestellte in der Tankstelle die schlussendlich die Polizei rief nicht gefallen lassen wollen bzw gegenüber den Beamten selbst und schreckt auch vor Gewaltanwendung gegenüber diesen nicht zurück. Seien Angaben in der Beschwerdeverhandlung, dass dies nur passiert wäre weil er zu Boden gedrückt wurde kann diesbezüglich nicht geglaubt werden bzw wurde der Sachverhalt in der zugrunde liegenden Verurteilung genau beschrieben.

Auch der Umstand dass der BF seit seinem 15 Lebensjahr Alkohol konsumiert und laut Feststellung des Gutachters unter Alkoholabhängigkeit leidet kann nicht zu seinen Gunsten ausgelegt werden. Der BF hat seither unzählige erfolglose Entziehungen hinter sich und auch der Umstand "Tabletten für den Fall des Falles" dh bei psychischen Ausnahmezuständen die der BF selbst vorher erkennen muss mitzuhaben die er dann einnehmen könne ist zur Hintanhaltung weiterer Taten als äußerst unwahrscheinlich einzustufen, zumal der BF in der mündlichen Verhandlung selbst zur Frage ob er dzt betreffend seiner psychischen Problemhandlungen unter Alkohol angab er halte psychologische Sitzungen nicht für zielführend weil er "das schon alles kenne und umsetze..." Dazu stellt sich die Frage weshalb de BF der bereits etliche Entziehungen (12) und auch unter psychologischer Betreuung dazu wiederrum rückfällig wurde, wenn er das schon kennt und umsetzt.

Eine Abhängigkeit des BF wurde im psychiatrischen Gutachten sehr wohl entgegen der Ausführungen des RV mit der Einschätzung:

Psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol mit Abhängigkeit F

10.20.

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

der Grad der Integration,

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.1. Da vom BF, der aufgrund seiner ungarischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzung eines Aufenthalts im Bundesgebiet seit zehn Jahren nicht erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG und nicht § 67 Abs. 1 Satz 4 FPG für Unionsbürger zu Anwendung.

Gegen den BF als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Zu den strafrechtlichen Verurteilungen zeigt sich die Bereitschaft des BF zur körperlichen Gewaltausübung gegenüber seiner einstmaligen Lebensgefährtin indem er ihr einen Faustschlag versetzte und die Beamten die eine Amtshandlung an ihm durchzuführen versuchten und vom BF mit Fußtritten attackiert wurden und auch dass er versucht mit roher Gewalt ( Eintritt einer Tür ) sich Zugang zu "seinem Recht" zu verschaffen.

Auch der Verstoß gegen das Waffenverbots G spricht nicht zu seinen Gunsten. In der mündlichen Beschwerdevehandlung konnte der Bf nicht glaubhaft einen Gesinnungswandel vermitteln, sondern wurde nicht er als der Schuldige an den Straftaten angegeben, sondern zB die ex Lebensgefährtin die ihn "gebissen hätte" und die Polizei die "überzogen" gehandelt habe usw.

Dass der BF zuletzt ALG und Notstandshilfe bezog, zumeist kurzfristige Beschäftigungen ausübte und daher oft nur geringfügig entlohnt wurde trug sicher nicht zu einem besonderen Fußfassen für ihn bei und auch jetzt er sich nun auf Basis Erfolgshonorar ein Einkommen erwirtschaften muss, was zu einem sehr unregelmäßigen Einkommen führen wird und die Gefahr der Belastung einer Gebietskörperschaft in Zukunft nicht ausschließt.

Im Fall des BF besteht daher, wie oben zu seiner Persönlichkeitsstruktur gemachten Ausführungen, die erhebliche Gefahr, dass er auf Grund des bereits gesetzten Verhaltens auch weiterhin eine Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit sowie das Eigentum darstellt, und auch aufgrund seiner festgestellten Abhängigkeit davon auszugehen ist, dass der BF auch in Zukunft Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung begehen wird. Der BF befindet sich aktuell noch in der Bewährungszeit sodass auch zur Zeit noch nicht abschließend von einem zukünftigen Wohlverhalten ausgegangen werden kann.

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6. Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Die persönlichen Interessen des BF am Verbleib im Bundesgebiet werden gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erlassung der fremdenpolizeilichen Maßnahme zusätzlich dadurch geschmälert, dass er in Österreich bis zum heutigen Zeitpunkt keine privaten Bindungen im Bundesgebiet aufweist, eine Abwägung daher zu Gunsten der öffentlichen Interessen auch in diesem Punkt erfolgt.

Die Begehung dieser Taten unter Alkohlabhängigkeit und auch, dass sich dieses Verhalten gegen Organe und Einrichtungen der öffentlichen Sicherheit gerichtet haben. Hinzu kommt, dass der BF zuvor bereits zuvor schon einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, womit der BF seinen nachhaltigen Unwillen der Beachtung der österreichischen Gesetze eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.

Dadurch hat der BF durch dessen- die österreichischen Rechtsnormen negierendem Verhalten eindrucksvoll seinen Unwillen die Grundinteressen der österreichischen Gesellschaft zu achten und wahren aufgezeigt, weshalb in Zusammenschau des Verhaltens des BF sowie dessen vermögensrechtlichen und wirtschaftlichen Stellung von einer für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehenden Gefährdung durch diesen auszugehen und eine Rückfälligkeit in strafrechtliches Verhalten seitens des BF nicht ausgeschlossen werden kann.

Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes erfolgt seitens der belangten Behörde dem Grund nach daher zu Recht.

Was die Bemessung des Aufenthaltsverbotes mit einer Dauer von 2 Jahren anbelangt erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass das persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, als etwas in Anbetracht der Verurteilung und des nun begonnenen Bemühens als etwas zu hoch auch wenn der BF bereits einschlägige Vorstrafen aufzuweisen hat .Für das erkennende Gericht ist daher mit der Herabsetzung auf ein 10 Monate das Auslangen zu finden und wird der BF in dieser Zeit zeigen können ob ein Gesinnungswandel für die Zukunft eintritt.

Nach Abwägung aller sich widerstreitenden Interessen ist jenem der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Vorzug vor jenen des BF zu geben, und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G313.2178741.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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