TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/5 W165 2197567-1

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Veröffentlicht am 05.07.2019
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Entscheidungsdatum

05.07.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W165 2197567-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.05.2018, Zl. 1184754410-180271556, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte nach irregulärer Einreise am 19.03.2018 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein.

Zur Person des BF liegen EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "1" zur Schweiz vom 03.07.2017 und zu Deutschland vom 11.09.2017 vor.

In seiner polizeilichen Erstbefragung am 20.03.2018 gab der BF an, dass er keine an der Einvernahme hindernden oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigende Beschwerden oder Krankheiten habe. Er könne dieser Einvernahme ohne Probleme folgen. Er sei an Hepatitis A, B und C erkrankt und deshalb schon seit Jahren in Behandlung. Auch derzeit benötige er ärztliche Behandlung. Im Moment gehe es ihm gut und er fühle sich in der Lage, die Vernehmung ohne Probleme durchzuführen. Bei seiner Ankunft im Erstaufnahmezentrum habe er einen falschen Namen angegeben, da er verschleiern habe wollen, dass er bereits in den Jahren 2003-2005 in Österreich gewesen und damals auch im Gefängnis gesessen sei. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Er habe seinen Herkunftsstaat am 25.11.2016 von Tiflis mit einem Flugzeug nach Deutschland verlassen. Er habe einen georgischen Reisepass gehabt, den er in Deutschland zerrissen habe. Zu seiner Reiseroute gab der BF im Einzelnen an, dass er sich in den Jahren 2003-2005 in Österreich aufgehalten und hier auch einen Asylantrag gestellt habe. Er sei wegen einiger strafrechtlicher Delikte auch einige Zeit im Gefängnis gesessen. Danach sei er in die Schweiz gereist, wo er ebenfalls einen Asylantrag gestellt und sich acht bis neun Monate aufgehalten habe. Nach einem etwa eineinhalbmonatigen Frankreichaufenthalt (ohne Asylantrag) sei er Anfang 2008 freiwillig nach Georgien zurückgekehrt. Dann habe er sich von Anfang 2008 bis zum 25.11.2016 durchgehend in Georgien aufgehalten und sei in dieser Zeit auch etwa sieben Jahre im Gefängnis gewesen. Am 25.11.2016 sei er von Tiflis mit einem Schengenvisum nach Deutschland geflogen, wo er sich bis etwa Mai 2017 aufgehalten habe. Hier habe er zunächst keinen Asylantrag gestellt. Etwa im Mai 2017 sei er in die Schweiz gereist, wo er einen Asylantrag gestellt habe, der jedoch abgelehnt worden sei. Deshalb sei er im September 2017 wieder nach Deutschland gereist, wo er ebenfalls einen Asylantrag gestellt habe. Die deutschen Behörden hätten ihm gesagt, dass die Schweiz für seinen Asylantrag zuständig sei und sei er deshalb freiwillig in die Schweiz zurückgereist. In der Schweiz sei sein Antrag abgelehnt worden und hätte er dort die Aufforderung bekommen, das Land zu verlassen. Deshalb sei er nach Österreich gekommen. Er wolle nicht in diese Länder zurückkehren. Er wolle in Österreich bleiben. Bei Verlassen seines Herkunftsstaates sei Österreich sein Reiseziel gewesen; dies aufgrund seiner Erkrankung und da die Menschen in Österreich gut seien.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 23.03.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Deutschland.

Mit Schreiben vom 04.04.2018 lehnt die deutsche Dublin-Behörde das Wiederaufnahmeersuchen mit der Begründung ab, dass die Schweiz einem deutschen Übernahmeersuchen vom 19.09.2017 am 22.09.2017 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO zugestimmt habe. Es werde empfohlen, ein Übernahmeersuchen an die Schweiz zu richten.

Am 10.04.2018 richtete das BFA unter Anschluss des die Wiederaufnahme des BF ablehnenden Schreibens Deutschlands vom 04.04.2018 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO an die Schweiz.

Mit Schreiben vom 11.04.2018, beim BFA per E-Mail eingelangt am 12.04.2018, stimmte die Schweiz dem Wiederaufnahmeersuchen unter Bekanntgabe mehrerer (weiterer) Alias-Identitäten des BF auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Am 14.05.2018 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt. Der BF bejahte, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Auf Frage, ob er an einer Erkrankung leide oder in ärztlicher Behandlung stehe, gab der BF an, dass er Hepatitis A, B und C habe. Er sei bereits 2004 in Österreich gewesen. Damals seien alle drei Hepatitistypen diagnostiziert worden. Als er nunmehr nach Österreich eingereist sei, hätten die Ärzte angenommen, dass er Tuberkulose habe. Er habe aber lediglich eine Vergiftung gehabt. Er sei in einem Krankenhaus gewesen, dort habe man ihm eine Überweisung bezüglich seiner Hepatitis C - Erkrankung gegeben. Seine medizinische Behandlung würde am heutigen Tag beginnen. Er nehme keine Medikamente ein. Zu seinem gesundheitlichen Zustand ergänzte der BF, dass er Probleme mit seinen Bandscheiben habe. In der Schweiz habe man ihm gesagt, dass die notwendigen Operationen in England durchgeführt würden, jedoch nicht in der Schweiz. Er benötige eine Operation. Diese Rückenprobleme habe er seit 20 Jahren. Seitens des Befragungsorgans wurde der BF wiederholt dazu aufgefordert, bereits vorhandene und künftige ärztliche Befunde vorzulegen. Er habe In Österreich weder Eltern oder Kinder noch sonstige Verwandte. Er lebe in keiner Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er wolle keinesfalls in die Schweiz zurückkehren. Die medizinische Versorgung sei dort nicht vorhanden gewesen. Er habe dauernd Lebensmittelvergiftungen gehabt. Er habe das Essen nicht zu sich nehmen wollen, sie seien jedoch kontrolliert worden. In Deutschland sei es ihm wesentlich besser gegangen. Als er schließlich wieder in der Schweiz gewesen sei, sei es ihm wieder schlechter gegangen. Es seien also Vergiftungen gewesen. Er nehme außerdem an, dass man in der Schweiz absichtlich schlechtes Essen ausgebe. Er wisse ganz sicher, dass man ihn in der Schweiz vergiftet habe. Die Mitarbeiter der administrativen Abteilung seien gelegentlich in die Küche gegangen und hätten dafür gesorgt, dass sein Essen vergiftet gewesen sei. Der Käse auf den Nudeln sei vergiftet gewesen. Er sei dauernd krank gewesen, da eine Frau als Aufsichtsperson darauf geschaut habe, dass er alles essen müsse. Mit jener Frau habe er während seines ersten Schweiz-Aufenthaltes ein Verhältnis gehabt. Als er zurückgekehrt sei, sei sie wütend auf ihn gewesen und habe ihn deshalb vergiften wollen. Sie habe mehrmals nachgefragt, ob er alles aufgegessen habe. Sie habe Zugang zur Küche gehabt und nur bei ihm nachgefragt. Er sei von dieser Frau nicht gezwungen worden, aufzuessen und könne auch nicht hundertprozentig davon ausgehen, dass sie ihn vergiften habe wollen. Er gehe jedoch davon aus. Er sei vom 18.01.2018-19.03.2018 in der Schweiz gewesen. Er habe nicht versucht, sich über die Vergiftung zu beschweren. Er habe keine Möglichkeit dazu gehabt. Er habe lediglich einen Schlafplatz von acht Uhr Abend bis acht Uhr Früh gehabt. Die anderen Zeiten seien zur Drogenbehandlung benutzt worden. Er habe gedacht, dass er Bauchkrämpfe hätte, aber anscheinend habe man ihn vergiftet. Auf Frage, ob er eine Anzeige erstattet habe, gab der BF an, dass er damals noch nicht gewusst habe, dass er vergiftet worden sei. Dies habe er erst in Österreich erfahren. Man habe ihn in Österreich zum Arzt gebracht. Die Ärzte hätten ihm gesagt, dass es eine Vergiftung gewesen sei. In der Schweiz könnte er sterben. Auf Frage, ob er glaube, dass er von der von ihm erwähnten Frau vergiftet worden sei, gab der BF zu Protokoll, dass er diese Frau nicht beschuldigen könne, sie sei in einem ganz anderen Bereich tätig gewesen. Vielleicht seien es auch andere Personen, das könne er nicht genau angeben. In der Schweiz habe er eine negative Entscheidung enthalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates für die Prüfung des Antrages zuständig sei (I.) sowie gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Schweiz zulässig sei

(II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in der Schweiz wurden im angefochtenen Bescheid wie folgt wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Die für das erstinstanzliche Asylverfahren in der Schweiz verantwortliche Behörde ist das Staatssekretariat für Migration (SEM). Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:

Bild kann nicht dargestellt werden

(AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

2. Dublin-Rückkehrer

Die Dublin III Verordnung wird seit 1 Jänner 2014 umgesetzt. Es konnten keine Zugangshindernisse für Dublin-Rückkehrer in der Schweiz festgestellt werden (AIDA 2.2017).

Bei Übernahme einer Person im Rahmen des Dublin-Verfahrens wird diese zu einer Aufnahmeeinrichtung geschickt, wo dann die Verfahrensschritte für eine Prüfung des Asylantrags eingeleitet werden. Sofern bereits zuvor ein Verfahren in der Schweiz anhängig war, wird dieses fortgesetzt. In den meisten Fällen kann ein Verfahren unabhängig von seinem früheren Status (vorherige Ablehnung, Rücknahme oder Entlassung) entweder von den Behörden oder durch einen Antrag auf erneute Überprüfung wieder aufgenommen oder fortgesetzt werden (EASO 24.10.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

3. Non-Refoulement

Die Verfassung verbietet die Abschiebung von Flüchtlingen, die in ihren Herkunftsländern Verfolgung ausgesetzt sind und stellt auch fest, dass niemand in ein Land geschickt werden darf, in dem ihm Folter oder andere entwürdigende und grausame Behandlung drohen. Die Regierung zwingt generell keine Asylwerber zur Rückkehr in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sein könnten. Seit Juli 2016 werden - abhängig von Einzelfallbewertungen - Abschiebungen in alle Teile Sri Lankas zugelassen. Diese Praxis wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe als voreilig kritisiert, da der Norden Sri Lankas für Regierungsdissidenten immer noch unsicher sei (USDOS 3.3.2017).

Am 1. Oktober 2016 traten Änderungen des Ausländergesetzes und des Strafgesetzbuchs in Kraft, wonach Ausländer, die Straftaten begehen (nicht nur schwere Straftaten, sondern beispielsweise auch Sozialhilfebetrug) leichter ausgewiesen werden können. Im Falle von Flüchtlingen oder Personen, die nach Artikel 3 EMRK behandelt werden, wird der Grundsatz des Nichtzurückweisens allerdings weiterhin eingehalten (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/466976_en.html, Zugriff 10.11.2017

4. Versorgung

Die materielle Versorgung der Asylwerber besteht aus Unterbringung und Verpflegung, medizinischer Versorgung und finanzieller Unterstützung, sofern der Antragsteller bedürftig ist und Anspruch auf Sozialhilfe hat. Die Unterbringung in einem Zentrum steht aus organisatorischen Gründen hingegen allen Asylwerbern, unabhängig von ihren finanziellen Ressourcen, offen. Es ist zu beachten, dass soziale Unterstützungsleistungen sowie u.a. auch Kosten des Berufungsverfahrens zu einem späteren Zeitpunkt bei Vorhandensein entsprechender finanzieller Mittel zu refundieren sind. Im Rahmen der Erstaufnahme auf Bundesebene ist die Versorgung überall gleich. Diese dauert in der Regel bis zu 90 Tage. Das Recht auf Versorgung - schließlich auf kantonaler Ebene - besteht insgesamt bis zum Ende des Verfahrens, d.h. bis zum Ende der Beschwerdefrist gegen erstinstanzliche Entscheidung bzw. bis zu einer negativen Entscheidung der Beschwerdeinstanz. Momentan findet in Zürich ein Testlauf bezüglich einer Beschleunigung des Verfahrens statt. Auch wenn die Versorgung dort etwas anders geregelt ist, besteht in jedem Fall ein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversorgung und Bildung für Kinder unter 16 Jahren. Asylwerber dieser Testphase sind nicht berechtigt zu arbeiten (AIDA 2.2017).

Die Kantone sind für die Gewährleistung der Sozialhilfe an Asylwerber zuständig. Jeder Kanton erhält hierbei pro Asylwerber einen Pauschalbetrag, mit dem dann die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die obligatorische Krankenversicherung und allfällige weitere medizinische Versorgung finanziert werden. Die Unterstützungsleistungen erfolgen durch die Kantone oder Gemeinden selbst bzw. durch beauftragte Dritte. Für Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Personen ist die Unterstützung nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen auszurichten. Die Höhe der Sozialhilfe liegt unter dem Ansatz für die einheimische Bevölkerung. Anerkannte Flüchtlinge sind der einheimischen Bevölkerung vollkommen gleichgestellt (SEM 21.4.2017).

Mitte 2016 betrug die monatliche Zuwendung durchschnittlich CHF

1.119 / € 1.041, abhängig von der Bedürftigkeit des Empfängers. In den föderalen Zentren, wo die meiste Unterstützung in Sachleistungen geschieht, liegt die übrige Unterstützung bei lediglich 3 CHF täglich. Die Höhe der Zuwendungen richtet sich nach dem Grad der Bedürftigkeit. Mitte 2015 erhielten 94,3% aller Asylwerber in der Schweiz Sozialhilfe, wovon wiederum 94% keine weitere Einkommensquelle hatten. Dieser hohe Prozentsatz spiegelt das Arbeitsverbot während der ersten drei (auf föderaler Ebene) bis sechs Monate (je nach Kanton) des Asylverfahrens wider. Zum Teil sind aber auch arbeitende Personen aufgrund des zu geringen Verdienstes weiterhin auf Sozialhilfe angewiesen. Wenn ein Asylwerber das Land verlassen muss, kann er keine herkömmliche Versorgung mehr erhalten, sondern nur noch Unterstützung im Rahmen des Notfallschemas. Dieses umfasst kantonale Leistungen für Personen, die sich andernfalls nicht erhalten könnten und wird daher auch von den Kantonen festgelegt, ist also Schwankungen unterworfen. In manchen Kantonen ist diese Aufgabe an Gemeinden oder Hilfsorganisationen ausgelagert. Die Nothilfe besteht wann immer möglich aus Sachleistungen, inklusive Unterbringung in Notfallzentren, die für ihre eher unbequemen, minimalistischen Bedingungen bekannt sind. Die Finanzierung der Nothilfe ist pro Person mit ca. CHF 8 pro Tag festgesetzt, womit die Kosten für Essen, Transport, Haushaltsgegenstände und andere Bedürfnisse abgedeckt werden müssen. Dieser Betrag ist im Vergleich zu den hohen Lebenshaltungskosten in der Schweiz sehr niedrig und wird zudem in Sachleistungen bzw. Gutscheinen ausgegeben, die nur in bestimmten Supermärkten angenommen werden. Nothilfe muss immer gewährt werden, sie kann folglich auch nicht aberkannt werden (AIDA 2.2017).

Das Gesetz verbietet es Asylsuchenden, in den ersten drei Monaten nach ihrer Ankunft in dem Land zu arbeiten, und die Behörden können dieses Verbot um weitere drei Monate verlängern, wenn das SEM den Asylantrag innerhalb der ersten drei Monate ablehnt. Nach drei Monaten können Asylsuchende eine Beschäftigung in Branchen mit Arbeitskräftemangel suchen, etwa im Gastgewerbe, im Baugewerbe, im Gesundheitswesen oder in der Landwirtschaft (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (21.4.2017): Subventionen des Bundes,

https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfesubventionen/bundessubventionen.html, Zugriff 15.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

4.1. Unterbringung

In den Zentren auf föderaler Ebene sind die Bedingungen für Familien, Frauen und Kinder eher hart. Es wird versucht, für diese Personen möglichst rasch eine geeignete kantonale Unterbringung zu finden, wo Familien nach Möglichkeit individuell untergebracht werden. Insbesondere die Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen wird in den jeweiligen Kantonen unterschiedlich gehandhabt. Nicht alle verfügen über spezialisierte Zentren, was auf Kritik von NGOs stößt. Kinder werden oft in Pflegefamilien oder Kinderheimen untergebracht. Da die Umsetzung der Bundesbestimmungen weitgehend den Kantonen obliegt, können sich die Bedingungen deutlich unterscheiden (AIDA 2.2017).

Während der Bearbeitungsphase übernehmen die Kantone die Hauptverantwortung für die Bereitstellung von Wohnraum sowie die allgemeine Unterstützung und Betreuung der Asylbewerber. Diese haben das Recht auf medizinische Grundversorgung, deren Kinder Anspruch auf Schulbesuch bis zur neunten Klasse und somit bis zum Ende der Pflichtschulzeit. NGOs und Freiwillige führten im Allgemeinen Sprachkurse für Asylsuchende durch. Der Mangel an ausreichenden und angemessenen Unterkünften bleibt ein Problem; häufig werden Asylwerber in entlegenen ländlichen Gebieten oder ehemaligen - vielfach unterirdisch angelegten - Militäreinrichtungen untergebracht (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

4.2. Medizinische Versorgung

Asylwerber haben ein Recht auf medizinische Basisversorgung (USDOS 3.3.2017). Sie werden bei Ankunft einer medizinischen Untersuchung unterzogen und erhalten dann während des gesamten Verfahrens und bei negativer Entscheidung auch im Rahmen des Notfallschemas Zugang zu medizinischer Versorgung. Außerdem sind Asylwerber bei der nationalen Krankenversicherung versichert, die auch die Behandlung mentaler Probleme durch einen Psychiater abdeckt. Während des Aufenthalts in föderaler Unterbringung ist die medizinische Versorgung föderale Angelegenheit, danach geht sie auf den jeweiligen Kanton über. Spezialbehandlungen für Opfer von Folter und traumatisierte Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen werden zwar angeboten, spezialisierte Psychiater und geeignete Dolmetscher sind allerdings oftmals nicht im erforderlichen Ausmaß verfügbar (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

5. Schutzberechtigte

Erhält ein Asylwerber einen Schutztitel, wird er im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Sozialhilfe unterstützt (AIDA 2.2017).

Die Kantone sind auch bei anerkannten Flüchtlingen für die Gewährung der Sozialhilfe zuständig. Für die Ausrichtung und Bemessung der Sozialhilfeleistungen gilt kantonales Recht. Aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention sind Flüchtlinge bei der Sozialhilfe Schweizer Staatsbürgern gleichgestellt. Das Bundesrecht hält zudem fest, dass der besonderen Lage von Flüchtlingen bei der Unterstützung Rechnung zu tragen ist; namentlich soll die berufliche und soziale Integration erleichtert werden. Die Hälfte der Kantone hat Hilfswerke mit der Führung der Sozialdienste für die anerkannten Flüchtlinge beauftragt. In den anderen Kantonen sind die Sozialdienste der Gemeinden zuständig oder es wurden spezielle kantonale Sozialdienste für Flüchtlinge geschaffen. Der Bund erstattet den Kantonen die Kosten der Sozialhilfe für anerkannte Flüchtlinge. Pro Flüchtling, der von der Sozialhilfe unterstützt werden muss, erhält der Kanton einen Pauschalbetrag, mit dem die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die Gesundheitsversorgung und für allfällig weitere besondere Bedürfnisse einzelner Flüchtlinge finanziert werden. Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Kantone für die Integration der anerkannten Flüchtlinge (SFH o.D.b; vgl. SEM 2015; SEM 21.4.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 15.11.2017

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (21.4.2017): Subventionen des Bundes,

https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfesubventionen/bundessubventionen.html, Zugriff 15.11.2017

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (2015): Kurzinformationen Anerkannte Flüchtlinge et.al,

https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/publiservice/publikationen/info-flue-va/info-flue-va-de.pdf, Zugriff 15.11.2017

-

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (o.D.b): Anerkannte Flüchtlinge,

https://www.fluechtlingshilfe.ch/asylrecht/rechtlicher-status/anerkannte-fluechtlinge-asylgewaehrung.html, Zugriff 16.11.2017)

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Identität des BF nicht feststehe. Anhand des vorgelegten ärztlichen Entlassungsbriefs vom 28.03.2018, welcher derzeit der einzig vorhandene Befund sei, könne im Falle einer Außerlandesbringung keine Verletzung der nach Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte erkannt werden. Der BF würde über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Österreich verfügen. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich sei nicht festzustellen. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF in der Schweiz systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen wäre oder solche dort zu erwarten hätte bzw. dass ihm in der Schweiz behördlicher Schutz vorenthalten würde. Ein im besonderen Maße substantiiertes glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. des Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen würde, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe zu und habe sich kein zwingender Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts ergeben.

Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 01.06.2018, worin vorgebracht wird, dass eine Überstellung des BF in die Schweiz eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK bedeuten würde. Der BF sei an Hepatitis C, an einem Harnwegsinfekt und einer Lungenentzündung erkrankt. Er gebe zudem an, dass er in der Schweiz durch eine Mitarbeiterin einer medizinischen Einrichtung vergiftet worden sei, da sie davor ein Verhältnis gehabt hätten. Bei vollständiger Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes hätte die Behörde zu dem Schluss kommen müssen, dass Österreich bei einer Art. 3 EMRK-konformen Auslegung der Bestimmungen der Dublin III-VO die Zuständigkeit für das Asylverfahren des BF übernehmen hätte müssen.

Am 04.07.2018 wurde der BF in die Schweiz überstellt.

Im Akt liegen eine Aufenthaltsbestätigung eines Landesklinikums, Pulmologie, vom 29.03.2018 über einen stationären Aufenthalts des BF vom 21.03.2018 bis 29.03.2018 samt zugehörigem ärztlichem Entlassungsbrief ein: Aufnahmegrund: Infiltrative Veränderungen rechts; Diagnosen bei Entlassung: Bronchopneumonie rechts J15.9, Aktivitätsbeurteilung durchgeführt, derzeit eine Tuberkulose ausgeschlossen, Harnwegsinfekt mit E. coli, Enterococcus fecalis, E. coli, ESBL Hepatitis C, Genotyp 1, PCR 581 000U/ml; Durchgeführte

Maßnahmen: Antibiotische Behandlung, Bronchoskopie; empfohlene

Medikation: Clavamox 1g 1-0-1 bis incl. 02.04.2018; weitere empfohlene Maßnahmen: Wir empfehlen eine Vorstellung an einer Hepatitis-Ambulanz; Zusammenfassung des Aufenthaltes:...Nach Stabilisierung des Allgemeinzustandes sowie Ausschluss einer aktiven Tuberkuloseerkrankung und Behandlung der Pneumonie konnte der Patient in die Flüchtlingsbetreuungsstelle rücktransferiert werden.

Im Akt liegt eine an das BFA ergangene Verständigung eines Landesgerichtes vom 18.04.2018 von einer Hauptverhandlung in einer Strafsache gegen den angeklagten BF wegen § 83 Abs. 2, § 269 Abs. 1 erster Fall, § 15 StGB ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der unter I. dargelegte Verfahrensgang.

Der BF reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 19.03.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Zum BF liegen EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "1" zur Schweiz vom 03.07.2017 und zu Deutschland vom 11.09.2017 vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Schweiz an.

Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung in die Schweiz Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der BF leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Beim BF besteht seit vielen Jahren eine Hepatitiserkrankung, die laut BF im Zuge seines ersten Österreichaufenthaltes im Jahr 2004 diagnostiziert worden sein soll. Der BF gab an, dass er seit 20 Jahren an Bandscheibenprobleme leiden würde, für die er eine Operation benötigen würde. Die behaupteten Rückenprobleme wurden nicht belegt. Laut einem ärztlichem Entlassungsbrief über einen stationären Aufenthalt des BF in einem Landesklinikum, Pulmologie, vom 21.03.2018-29.03.2018 wurde der BF wegen eines Harnwegsinfektes und einer Lungenentzündung behandelt. Hinsichtlich der Hepatitis-Erkrankung wurde die Vorstellung an einer Hepatitis-Ambulanz empfohlen. Nach Stabilisierung seines Allgemeinzustandes und des Ausschlusses einer aktiven Tuberkuloseerkrankung und Behandlung der Pneumonie konnte der BF in die Flüchtlingsbetreuungsstelle rücktransferiert werden. Von besagtem ärztlichen Entlassungsbrief abgesehen wurden keinerlei medizinische Unterlagen in Vorlage gebracht.

Der BF ist weder besonders schutz- noch pflegebedürftig.

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige noch sonstige Verwandte des BF.

Ebenso befinden sich in Österreich keine Personen, zu denen ein besonderes finanzielles oder sonstiges Abhängigkeits- bzw. Naheverhältnis des BF bestünde.

Am 04.07.2018 wurde der BF in die Schweiz überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg des BF ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen im Zusammenhang mit der vorliegenden Aktenlage, insbesondere der EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "1" zur Schweiz vom 03.07.2017 in Verbindung mit der ausdrücklichen Zustimmungserklärung der Schweizer Behörden zur Wiederaufnahme des BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO.

Die Feststellung der Zustimmung zur Wiederaufnahme des BF seitens der Schweiz gründet sich auf das durchgeführte Konsulationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein - zwischen der österreichischen und der Schweizer Dublin-Behörde ab.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seinen Entscheidungen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Schweiz auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO), samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichende konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der BF nicht dargetan. Eine den BF konkret treffende Bedrohungssituation in der Schweiz wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF beruhen auf dessen Angaben und dem vorgelegten ärztlichen Entlassungsbrief zu einem einwöchigen stationären Aufenthalt in einem Landesklinikum.

Die Feststellung des Nichtvorliegens besonderer privater, familiärer oder sonstiger Bindungen des BF in Österreich fußt auf dessen eigenen Angaben bzw. der Aktenlage.

Die Feststellung der am 04.07.2018 erfolgten Überstellung des BF in die Schweiz gründet sich auf die Mitteilung des BFA mit E-Mail vom 12.03.2019 bzw. auf das ZMR.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idgF).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG idgF bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

...

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

...

§ 9 Abs.1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-,

Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt

entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus

bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den

Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

21 Abs. 5 BFA-VG idgF lautet:

§ 21 (5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:

Artikel 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Artikel 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und6 genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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