TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/17 L501 2189756-1

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Veröffentlicht am 17.07.2019
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Entscheidungsdatum

17.07.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L501 2189756-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und den Richter Dr. Markus STEININGER sowie den fachkundigen Laienrichter Reg. Rat Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde bzw. den Antrag von Herrn XXXX , XXXX , vertreten durch XXXX , wegen dem Bescheid des Sozialministeriumservice vom 14.02.2018, OB XXXX , I. zu Recht erkannt bzw. II. beschlossen:

A)

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Grades der Behinderung (Ausstellung des Behindertenpasses) gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) und §§ 1 Abs. 2, 40 Abs. 1, 41 Abs. 1, 42, 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) sowie § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 idgF stattgegeben. Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen auf Grund des in Höhe von fünfzig (50) von Hundert (vH) festgestellten Grades der Behinderung (GdB) vor.

II. Der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zurückgewiesen.

B)

Die Revision gegen die Spruchpunkte I. und II. ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit am 24.07.2017 im Sozialministeriumservice (in der Folge belangte Behörde) eingelangten Schreiben beantragte die beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Ausstellung eines Behindertenpasses.

In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 22.12.2017 wird von einer namentlich genannten Allgemeinmedizinerin, basierend auf der persönlichen Untersuchung am 30.11.2017, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Kniegelenksschmerzen bei Zustand nach Umstellungsoperation - Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig

02.05.20

30

02

degenerative Wirbelsäulenveränderungen - Funktionseinschränkungen mittleren Grades unterer Rahmensatz, da ausreichend gute Alltagskompetenz

02.01.02

30

03

Schultergelenksarthrose rechts - Funktionseinschränkung mittleren Grades

02.06.03

20

04

Sprunggelenksarthrose rechts -mit Funktionseinschränkung mittleren Grades unterer Rahmensatz, da geringe funktionelle Beeinträchtigung

02.05.32

20

Gesamtgrad der Behinderung

40 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Der GdB N°1 wird durch N°2 um eine Stufe gesteigert wegen ungünstiger wechselseitiger Leidensbeenflussung. N°3 und 4 steigern den GdB nicht weiter, da keine wechselseitige Leidensbeeinflussung

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden der bP gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu binnen drei Wochen ab Zustellung zu äußern. Aufgrund der am 02.02.2018 eingelangten Äußerung wurde eine Stellungnahme der o. a. Gutachterin eingeholt, welche die monierte Abnutzung des rechten Knies mit einem GdB von 10 vH bewertete. Eine hierdurch bewirkte Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung konnte von ihr nicht festgestellt werden.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde festgestellt, dass mit einem Grad der Behinderung von 40 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen. Neben Zitierung der rechtlichen Grundlagen wurde ausgeführt, dass das dem Bescheid beiliegende und einen Teil der Begründung bildende Sachverständigengutachten als schlüssig erkannt und der Entscheidung zugrunde gelegt worden sei.

In ihrer Beschwerde vom 04.03.2018 moniert die bP das Vorliegen eines höheren Grades der Behinderung.

In dem hierauf seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten wird von einem namentlich bezeichneten Allgemeinmediziner und Facharzt für Orthopädie basierend auf der klinischen Untersuchung am 23.04.2019 im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Funktionsstörung des linken Kniegelenkes bei Zustand nach Umstellungsoperation mit chronischem Schmerzsyndrom. Es wird der Richtsatz von 40% gewährt

02.05.22

40

02

Funktionseinschränkung der rechten Schulter bei Einschränkung der Elevation. Es wird der Richtsatz von 20% gewährt

02.06.03

20

03

Multisegmentale degenerative Wirbelsäulen-veränderungen der HWS und LWS mit episodischen belastungsabhängigen ausstrahlenden Schmerzen ohne neurologisches Defizit mit nur geringen Therapiebedarf. Es wird der untere Rahmensatz von 30 % gewährt

02.01.02

30

04

Zustand nach Fersenbeinbruch rechts mit beginnender Arthrose des unteren Sprunggelenkes und nur geringer funktioneller Beeinträchtigung, weitgehend durch Schuhwerk kompensierbar. Es wird der untere Rahmensatz von 10 % gewährt.

02.05.32

10

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Die führende Funktionsstörung wird durch die laufende Nummer 2 wegen fehlender negativer wechselseitiger Beeinflussung nicht gesteigert. Die laufende Nummer 3 steigert wegen einer wechselseitigen negativen Beeinflussung um 1 Stufe. Die laufende Nummer 4 steigert wegen Geringfügigkeit nicht.

Stellungnahme zu Gutachten 1. Instanz: Das linke Kniegelenk wurde im Vergleich zu den Gutachten vom 30.11.2017 und 10.02.2018 mit der Position 02.05.22 beurteilt, da einerseits eine schlechte Beugefunktion (Schmerzhemmung) von ca. 90 Grad besteht, in Verbindung mit chronischen belastungsabhängigen Schmerzen beim Gehen und Stufen steigen. An der rechten Schulter folgte ebenso eine Beurteilung mit der Position 02.06.03 entsprechend einer Bewegungs-einschränkung der rechten Schulter ab 90 Grad Abduktion. Die Wirbelsäulenbeschwerden wurden gleich beurteilt. Die Beschwerden der rechten Ferse und des rechten unteren Sprunggelenkes sind weitgehend durch eine gute Schuhversorgung kompensierbar weshalb die Position Nr. 02.05.32 mit dem unteren Rahmensatz gewählt wurde.

Stellungnahme zu Beschwerdevorbringen sowie vorgelegten Befunden:

Bezüglich der vorgelegten Befunde und dem Vorbringen der klagenden Partei werden die Beschwerden des Kniegelenkes links nicht nur im Sinne der Bewegungseinschränkung, sondern auch bezüglich der chronischen Belastungsschmerzen gewürdigt. Bezüglich des Vorbringens einer eingeschränkten Gehstrecke ist es dem Kläger möglich den Anmarschweg unter Zuhilfenahme einer Unterarmstützkrücke oder eines Gehstockes auf der rechten Seite zu bewältigen, die Verwendung von 2 Stützkrücken ist aus orthopädischer Sicht nicht notwendig. Die Beweglichkeit der Hüft- und Kniegelenke ist zur Überwindung von einigen wenigen Stufen oder das Überwinden von kleinen Hindernissen ausreichend. Anhalten ist nicht eingeschränkt, eine Stange kann sicher umfasst werden. Auch das sichere Sitzen ist gewährleistet.

Nachuntersuchung in 3 Jahren, Begründung: Bei Fortschreiten der Kniegelenksbeschwerden und Steigerung des Leidensdruckes ist eventuell mit der Versorgung durch einen Knietotalendoprothese zu rechnen. Dadurch würde es zu einer klinischen Verbesserung kommen.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden der bP sowie der belangten Behörde mit Schreiben vom 13.05.2019 gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Es langte keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Die bP erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Sie ist österreichische Staatsangehörige und hat ihren Wohnsitz im Inland.

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Funktionsstörung des linken Kniegelenkes bei Zustand nach Umstellungsoperation mit chronischem Schmerzsyndrom. Es wird der Richtsatz von 40% gewährt

02.05.22

40

02

Funktionseinschränkung der rechten Schulter bei Einschränkung der Elevation. Es wird der Richtsatz von 20% gewährt

02.06.03

20

03

Multisegmentale degenerative Wirbelsäulen-veränderungen der HWS und LWS mit episodischen belastungsabhängigen ausstrahlenden Schmerzen ohne neurologisches Defizit mit nur geringen Therapiebedarf. Es wird der untere Rahmensatz von 30 % gewährt

02.01.02

30

04

Zustand nach Fersenbeinbruch rechts mit beginnender Arthrose des unteren Sprunggelenkes und nur geringer funktioneller Beeinträchtigung, weitgehend durch Schuhwerk kompensierbar. Es wird der untere Rahmensatz von 10 % gewährt.

02.05.32

10

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Die führende Funktionsstörung wird durch die laufende Nummer 2 wegen fehlender negativer wechselseitiger Beeinflussung nicht gesteigert. Die laufende Nummer 3 steigert wegen einer wechselseitigen negativen Beeinflussung um 1 Stufe. Die laufende Nummer 4 steigert wegen Geringfügigkeit nicht.

Kein Dauerzustand, da bei Fortschreiten der Kniegelenksbeschwerden und einer damit einhergehenden Steigerung des Leidensdruckes eventuell mit der Versorgung durch einen Knietotalendoprothese zu rechnen ist, wodurch es zu einer klinischen Verbesserung käme.

II.2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes.

Das seitens des Verwaltungsgerichts eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin und Orthopädie ist ausführlich begründet, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen der klinischen Untersuchung erhobenen Befund, ist ausführlich begründet und bezieht die vorgelegten Beweismittel mit ein. Die im Vergleich zu den von der belangten Behörde eingeholten Gutachten geänderte Einschätzung wurde vom Sachverständigen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, wobei zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen unter Punkt I. wiedergegebenen sachverständigen Ausführungen verwiesen wird. Die in der Beschwerde vorgebrachte psychische Beeinträchtigung wurde durch keinen fachärztlichen Befund belegt, es wurde lediglich ein Schreiben des Psychosozialen Dienstes des Landes Salzburg vorgelegt, in der die Wahrnehmung eines Termins bestätigt wird. Die im vorgelegte Schreiben des Hausarztes angeführte Vergesslichkeit bzw. die Gedächtnisstörung wird ausdrücklich als Angabe der bP beschrieben, der Empfehlung einer psychischen Betreuung aufgrund des Leidensdruck wurde von der bP aber bislang nicht nachgekommen. Entsprechende Nachweise wurden hierfür nicht vorgelegt, auch wurde eine psychische Beeinträchtigung im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung am 23.04.2019 nicht mehr vorgebracht.

Der Pflicht der Behörde zur amtswegigen Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes ist jedoch die Mitwirkungspflicht der Partei gegenübergestellt, der insbesondere dort Gewicht zukommt, wo ihr eine bessere Kenntnis der Sachlage zuzumuten ist (vgl. VwGH vom25.05.2005, 2004/09/0030). Die bP ist dieser Mitwirkungsverpflichtung insbesondere hinsichtlich der vorgebrachten psychischen Problematik nicht nachgekommen.

Die gutachterlichen Ausführungen wurden von der bP weder bestritten noch wurden Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgezeigt, die eine Beeinspruchung auch ohne einem Entgegentreten auf gleichem fachlichen Niveau ermöglicht hätten (vgl. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).

Da das Sachverständigengutachten auch mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch steht, wird es in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen. (§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Spruchpunkt I.:

Da im Hinblick auf den - wie gezeigt unbedenklichen - Inhalt des Sachverständigengutachtens ein Grad der Behinderung von fünfzig (50) von Hundert (vH) festzustellen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Spruchpunkt II.:

Gemäß Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die zur "Sache des Berufungsverfahrens" ergangene Rechtsprechung auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu übertragen. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist sohin - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des "Spruchs" der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. B 17.12.2014, Ra 2014/03/0049). Der Antrag auf Eintragung des begehrten Zusatzeintrags ist nicht von dem verfahrensgegenständlichen Bescheid mitumfasst. Das Bundesverwaltungsgericht war aufgrund dieser Beschränkung nicht befugt, den von der bP beantragten Zusatzvermerk zum Gegenstand seiner Entscheidung zu machen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie unter Punkt II. 2. ausgeführt, wurde das hierzu eingeholte - auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin und Orthopädie als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Auch wurden die im Rahmen des gewährten Parteiengehörs zur Kenntnis gebrachten Ausführungen des Sachverständigen von den Parteien nicht beeinsprucht. Dies lässt die Einschätzung zu, dass von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten,
Verfahrensgegenstand, Zurückweisung, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L501.2189756.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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