Entscheidungsdatum
07.08.2019Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G314 2221609-1/2Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des rumänischen Staatsangehörigen XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung
(Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (BF), der Rumänisch spricht und sich seit März 2018 im österreichischen Bundesgebiet aufhält, war hier zwischen 28.05.2018 und 03.12.2018 mit Unterbrechungen (insgesamt ca. drei Monate lang) als Arbeiter vollversichert erwerbstätig. Am 27.11.2018 wurde ihm eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer ausgestellt. Zwischen 07.12.2018 und 06.06.2019 bezog er Krankengeld. Aktuell geht er keiner Erwerbstätigkeit nach und ist auch nicht mehr krankenversichert. Er ist ledig und kinderlos. Ab 12.03.2018 war er an einer Adresse in XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet, ist jedoch seinem angeblichen Unterkunftgeber dort, der von einer Fälschung des Meldezettels ausgeht, unbekannt.
Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2019, XXXX, wurde der BF wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er am 01.11.2018 seinem Opfer eine Glasflasche mit dem Boden voran ins Gesicht rammte, wodurch dieses einen Bruch von drei Schneidezähnen erlitt. Besondere Milderungs- oder Erschwerungsgründe lagen nicht vor, ebensowenig die Voraussetzungen für eine diversionelle Erledigung.
Der BF ist in Österreich wegen Angstzuständen und Depressionen in fachärztlicher Behandlung und erhält in eine Psychopharmakatherapie.
Mit Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.05.2019 wurde der BF aufgefordert, sich zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu äußern. Er erstattete keine Stellungnahme.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA gegen den BF ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Letzteres wurde damit begründet, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei, weil er während seines Inlandsaufenthalts ab März 2018 nur ca. drei Monate lang einer Beschäftigung nachgegangen sei und bereits Anfang November 2018 ein Verbrechen begangen habe. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete aufgrund seines Verhaltens, welches das Grundinteresse der Gesellschaft an Ruhe, Ordnung und Sicherheit berühre, hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.
Mit seiner Beschwerde strebt der BF die Behebung des angefochtenen Bescheids, allenfalls die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots, an. Hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Außerdem beantragt er, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und allenfalls die Revision zuzulassen. Er bringt vor, dass die Behörde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht nachvollziehbar begründet habe. Durch die Unterlassung seiner Einvernahme sei sein Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Das BFA habe seine sozialen Bindungen im Bundesgebiet nicht berücksichtigt. Er sei 2018 mit seiner Lebensgefährtin nach Österreich gekommen. Auch sein Bruder und seine Schwester würden seit 2018 mit ihren Familien hier leben und einer Beschäftigung nachgehen. Er sei als Unionsbürger zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Er sei erstmals straffällig geworden, werde hier wegen Depressionen und Angstzuständen medizinisch behandelt und habe eine Einstellungszusage von dem Personalvermittlungsunternehmen, für das er bereits früher tätig gewesen sei. Aufgrund seines persönlichen Verhaltens und seines verlässlichen sozialen Netzes in Österreich gehe von ihm keine Gefährdung aus.
Das BFA legte die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor, wo sie am 23.07.2019 einlangte.
Bislang geht der BF in Österreich nach wie vor keiner Erwerbstätigkeit nach und ist auch nicht krankenversichert.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der für die Frage der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere aus den Angaben im Strafurteil sowie aus dem Beschwerdevorbringen, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister, dem Versicherungsdatenauszug und dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR).
Es gibt keine Anhaltspunkte für eine aktuell vom BF ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine anderweitige Krankenversicherung. Dies lässt sich insbesondere dem Versicherungsdatenauszug nicht entnehmen.
Die Feststellung, dass der BF an seiner Meldeadresse unbekannt ist, basiert auf der Sachverhaltsdarstellung der Polizeiinspektion XXXX vom 26.06.2019 und den darin enthaltenen Angaben des angeblichen Unterkunftgebers des BF.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.
Zu Spruchteil B):
Die Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, hat das BVwG diese gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG vom Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des oder der Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, Art 3 oder Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn oder sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Solche konkreten Gründe wurden hier nicht vorgebracht. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Rumänien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG. Aufgrund der massiven Gewaltdelinquenz des BF sind die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt, zumal er seit geraumer Zeit keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und keinen Krankenversicherungsschutz hat. Er hält sich erst seit März 2018 in Österreich auf und war hier zwischen Mai und Dezember 2018 mit Unterbrechungen jeweils nur ganz kurz erwerbstätig. Die hier begonnene Psychopharmakatherapie kann auch in Rumänien fortgesetzt werden.
Auch das Vorbringen des BF zu seinem sozialen Netz und seinem Familienleben im Inland führt nicht dazu, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung wegen der Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK zuzuerkennen ist, weil aufgrund der Straffälligkeit ein sehr großes öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung besteht. Außerdem ist der BF aktuell weder erwerbstätig noch krankenversichert und seinem angeblichen Unterkunftgeber unbekannt, sodass nicht von einer gesicherten Unterkunft ausgegangen werden kann. Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines längeren Zeitraums des Wohlverhaltens in Freiheit, zumal sich seine Gefährlichkeit in der schwerwiegenden Verletzungshandlung (Stoß mit dem Boden einer Glasflasche, die zum Bruch von drei Zähnen des Opfers führte) besonders nachdrücklich manifestiert hat (siehe VwGH 10.09.2018, Ra 2018/19/0169).
Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist knapp, aber im Hinblick auf die Gewaltkriminalität des BF und das Fehlen einer Erwerbstätigkeit oder Krankenversicherung als ausreichend anzusehen.
Im Ergebnis ist daher die sofortige Ausreise des BF aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA in diesem Zusammenhang vorgenommene Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Es ist dem BF, der sich erst seit kurzem im Bundesgebiet aufhält, zumutbar, den Verfahrensausgang in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.
Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.
Zu Spruchteil C):
Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - EntfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2221609.1.00Zuletzt aktualisiert am
23.10.2019