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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Stmk 1995 §13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des D, des K und der I, alle in A und alle vertreten durch D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. November 1996, Zl. 03-12.10 A 17-96/12, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. B Ges.m.b.H., vertreten durch D und R, Rechtsanwälte in G, und 2. Marktgemeinde Aflenz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei hinsichtlich der Äußerung zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist auf das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1997, Zl. 96/06/0176, zu verweisen, mit welchem eine Beschwerde der Beschwerdeführer gegen die Abweisung der Erteilung einer Benützungsbewilligung für den Zubau zum sog. "Kellerstöckl", der auch im vorliegenden Verfahren beschwerdegegenständlich ist, gemäß § 119 Abs. 7 Steiermärkisches Baugesetz 1995 abgewiesen wurde.
Mit Antrag vom 2. April 1996 suchten die Beschwerdeführer um die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für den bereits errichteten Zubau auf dem Grundstück .61/1, KG A, an. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 15. Juli 1996 wurde das Ansuchen abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, dass der gegenständliche Zubau zum sog. "Kellerstöckl" den Mindestabstand zur Nachbargrundgrenze nicht einhalte. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 3. Oktober 1996 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Kellerzubau bilde einen oberirdischen überdeckten Raum, die Gebäudefront zur Grundstücksgrenze sei zu mehr als 50 % und im Mittel mindestens 1,5 m hoch über dem natürlichen Gelände gelegen und unterschreite den Mindestabstand zur Nachbargrundgrenze.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde diese Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend wird in diesem Bescheid insbesondere ausgeführt, dass gemäß § 4 Z 28 Stmk BauG ein Gebäude eine bauliche Anlage sei, die mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bilde, der an den Seitenflächen allseits oder überwiegend geschlossen sei. Demgegenüber definiere § 4 Z 38 Stmk BauG Keller als eine bauliche Anlage, die ganz oder überwiegend unter dem angrenzenden Geländeniveau liege. Der steiermärkische Landesgesetzgeber beziehe den Gesetzesbegriff auf oberirdische bauliche Anlagen, die insbesondere in der Abstandsbestimmung den hauptsächlichen Regelungsgegenstand bildeten. Ein Keller sei sohin nach der Begriffsdefinition für sich allein kein Gebäude. Den eingereichten Bauplänen könne entnommen werden, dass das Gelände im maßgeblichen Bereich ein West-Ost-Gefälle aufweise. Die südliche Front, die zum Nachbargrund grenze, sei überwiegend über Niveau gelegen. Desgleichen sei die ostseitige Front, die an das Kellerstöckl angebaut sei, nahezu zur Gänze über Niveau gelegen. Lediglich die Westfront und Teile der Nordfront befänden sich unter dem Niveau des umgebenden Geländes. Insgesamt betrachtet sei daher davon auszugehen, dass dem gegenständlichen Zubau sehr wohl Gebäudequalität zukomme und daher § 13 Stmk BauG anzuwenden sei.
Gemäß § 13 Abs. 4 Stmk BauG seien als Geschoße in der jeweiligen Gebäudefront jene anzurechnen, die voll ausgebaut oder zu Aufenthaltsräumen ausbaufähig seien und deren Außenwandfläche zu mehr als 50 % und im Mittel mindestens 1,5 m hoch über dem natürlichen Gelände liege. Es werde somit auf die jeweilige Gebäudefront sowie auf deren Außenwandfläche abgestellt, sodass insbesondere in Hanglagen nicht hinsichtlich sämtlicher Gebäudefronten ein anzurechnendes Geschoß vorliegen müsse. Bei der Beurteilung, ob eine Verletzung des Nachbarrechtes nach § 26 Abs. 1 Z 2 Stmk BauG vorliege, komme es nur auf jene Gebäudefront an, die dem Nachbarn zugewandt sei. In diesem Sinne habe die Gemeindebehörde zutreffend lediglich die der Nachbarin zugewandte Gebäudefront daraufhin überprüft, inwieweit sie über dem natürlichen Gelände liege. Die sonstigen Außenwandflächen seien entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht zu berücksichtigen. Laut Bauplan liege die südseitige Außenwandfläche zu mehr als 50 % und im Mittel mehr als 1,5 m hoch über dem natürlichen Gelände.
Zu § 13 Abs. 4 Stmk BauG wird ausgeführt, dass die Voraussetzung, dass als Geschoße nur jene anzurechnen seien, die "voll ausgebaut" seien, nur jene Bedeutung beigemessen werden könne, dass es sich hiebei nur um einen Ausbau im Sinne des jeweiligen Verwendungszweckes und unter Einhaltung der diesbezüglichen bautechnischen Vorschriften handeln müsse. Der gegenständliche Kellerzubau solle (bzw. werde als solcher verwendet) als Lagerraum Verwendung finden. Als Lagerraum sei dieser Raum als voll ausgebaut anzusehen. Eine nähere Prüfung, ob dieser Raum auch als Aufenthaltsraum ausbaufähig sei, wäre daher nicht erforderlich. Bemerkt werde in diesem Zusammenhang aber lediglich, dass gemäß § 69 Stmk BauG im Gegensatz zur alten Rechtslage auch in Kellergeschoßen Wohnungen und selbstverständlich auch Aufenthaltsräume unter gewissen Voraussetzungen zulässig seien.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführer hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 13 Abs. 8 Stmk BauG wird ausgeführt, dass auf diese Bestimmung erstmals in der Vorstellung hingewiesen worden sei. Im Verfahren vor den Gemeindebehörden hätten die Beschwerdeführer diesbezüglich nichts vorgebracht und hätten die Baubehörden diese Bestimmung bei ihrer Entscheidung (daher) auch nicht berücksichtigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Aus Anlass des Beschwerdefalles entstanden beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen § 13 Abs. 4 Stmk Baugesetz. Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher unter der Zl. A 94/97 gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, er wolle § 13 Abs. 4 und 6 Stmk Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995, als verfassungswidrig aufheben.
Mit Erkenntnis vom 4. März 1998, G 330/97 und G 331/97, gab der Verfassungsgerichtshof dem Antrag keine Folge.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Aufgrund der genannten Abweisung des Antrages des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung des § 13 Abs. 4 und des § 13 Abs. 6 Stmk Baugesetz 1995 ist im Beschwerdefall die Prüfung des angefochtenen Bescheides aufgrund der damit unverändert gebliebenen Rechtslage nach dem Stmk Baugesetz 1995 vorzunehmen.
2. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde hat seine Entscheidung insbesondere darauf gestützt, dass die vorliegende bauliche Anlage, die als Keller bezeichnet wird, aufgrund des Umstandes, dass sie zu mehr als 50 % und im Mittel mindestens 1,5 m hoch über dem natürlichen Gelände liege, ein Gebäude darstelle und als Geschoß im Sinne des § 13 Abs. 4 Stmk Baugesetz 1995 anzusehen sei.
Unter Anwendung des § 13 Abs. 1 Stmk Baugesetz 1995 ist der Gemeinderat zum Ergebnis gekommen, dass der Seitenabstand zur Grundgrenze der mitbeteiligten Partei 3 m zu betragen habe.
Die belangte Behörde ist dieser Beurteilung gefolgt.
In der Beschwerde wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass § 13 Stmk Baugesetz nur für Gebäude gelte. Gemäß § 4 Z 28 Stmk Baugesetz stelle ein Gebäude eine bauliche Anlage dar, die mindestens einen oberirdisch überdeckten Raum bilde, der an den Seitenflächen allseits und überwiegend geschlossen sei. Im Gegensatz zu einem Gebäude sei auf Grund § 4 Z 38 des Baugesetzes die bauliche Anlage, die ganz oder überwiegend unter dem angrenzenden Geländeniveau liege, als Keller definiert. Keller seien demgemäß den Regelungen des § 13 Baugesetz nicht unterworfen. Zu Unrecht vermeine die belangte Behörde, dass nicht nur die südliche Front, die zur Nachbargrundgrenze weise, überwiegend über Niveau gelegen sei, sondern auch die ostseitige Front, weil sie an das Kellerstöckl angebaut und daher nahezu zur Gänze über Niveau gelegen sei. Die Westfront hingegen und Teile der Nordfront befänden sich nach Auffassung der belangten Behörde unter dem Niveau des umgebenden Geländes. Hiezu sei von den Beschwerdeführern als Verfahrensmangel geltend gemacht worden, dass im erstinstanzlichen Verfahren diesbezüglich keine Feststellungen getroffen worden seien und auch die Berufungsbehörde eine Verfahrensergänzung unterlassen habe.
Nach dem bisherigen Verfahrensstand habe es die Baubehörde als nicht erwiesen angenommen, dass der Bereich des Kellers früher durch ein anderes Bauwerk belegt gewesen sei, sondern dass das Kellerstöckl an den gewachsenen Grund angeschlossen habe. Das Baubewilligungsverfahren sei ein Projektsverfahren, sodass auch bei Antrag auf nachträgliche Baubewilligung für die Beurteilung eines Kellerzubaus die Geländeausbildung vor Verwirklichung der antragsgegenständlichen baulichen Anlage (gemeint offenbar: maßgeblich) sei. Daher habe die Vorstellungsbehörde davon auszugehen, dass das Kellerstöckl westseitig an das gewachsene Gelände etwa in Höhe der Kelleroberdecke angebunden gewesen sei. Werde nun ein Teil des Geländes westlich des Kellerstöckls durch eine bauliche Anlage ersetzt, werde diese dadurch, dass sie an den unterirdischen Teil eines Bauwerkes anschließe, nicht zu einer oberirdischen baulichen Anlage. Zu Unrecht werde daher die Ostfront als zur Gänze über Niveau beurteilt, nur weil sie an den seinerzeit unterirdischen Teil des Kellerstöckls angebaut werde.
Die für die Beurteilung des Normteiles "überwiegend" in § 4 Z 38 Baugesetz erforderlichen Feststellungen seien weder von der Behörde erster Instanz noch von der Berufungsbehörde getroffen worden. Die Vorstellungsbehörde hätte daher von dem mangelhaften Sachverhalt nicht abweichen dürfen. "Aus den ebenfalls Sachverhalt darstellenden Plänen" hätte die belangte Behörde aus den "oben erwähnten Umständen" die Ostfront des Kellers "anbindend an den unterirdischen Westteil des Kellerstöckls" nicht als "überirdisch" beurteilen dürfen. Demgemäß sei die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, dass der gegenständliche Keller dem Begriff Gebäude im Sinn des § 13 und des § 4 Z 28 Baugesetz zu unterstellen sei.
Hiezu ist folgendes auszuführen:
Die Baubehörde erster Instanz hat in ihrem Bescheid die Lage und Größe des beschwerdegegenständlichen Kellers (der zum Zeitpunkt der Durchführung des Bauverfahrens bereits errichtet war) festgestellt. Die Behörde erster Instanz hat auch festgestellt, dass der gegenständliche Anbau an das bestehende Wohnhaus (Kellerstöckl) direkt angebaut worden sei. Unter Hinweis auf die bezüglich des gegenständlichen Grundstückes geführten Bauverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Behörde erster Instanz insbesondere den gegenständlichen Kellerzubau als Gebäude im Sinne des § 4 Z 28 Stmk Baugesetz qualifiziert. Die belangte Behörde hat - wozu sie als Vorstellungsbehörde nach der hg. Rechtsprechung berechtigt und verpflichtet ist - in ihrem Bescheid aufgrund der eingereichten Baupläne entsprechende Feststellungen über die Lage des gegenständlichen Zubaus getroffen. Es ist daher insofern nicht entscheidungserheblich, ob die Feststellungen, die die rechtliche Beurteilung der Gemeindebehörden trugen, auch ausreichend deutlich und explizit in den Gemeindebescheiden festgehalten waren (oder ob insoferne ein Feststellungs- oder Begründungsmangel auf Gemeindeebene unterlaufen wäre).
Entscheidungserheblich ist vielmehr, ob das Beschwerdevorbringen geeignet ist, insofern einen Verfahrensmangel des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, als die ausdrücklichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid betreffend die Situierung des verfahrensgegenständlichen Zubaus nicht aufgrund eines ordnungsgemäßen Verfahrens zustande gekommen wären. Die Wiederholung des Vorwurfes eines Verfahrensmangels auf Gemeindeebene kann für sich allein noch nicht einen Mangel der Feststellungen der belangten Behörde begründen.
Wenn die Beschwerdeführer in ihrer Berufung bzw. Vorstellung und nunmehr in ihrer Beschwerde die rechtliche Beurteilung dahingehend bekämpfen, dass der von ihnen als Keller bezeichnete Zubau ganz oder überwiegend unter dem angrenzenden Geländeniveau liege und somit einen Keller im Sinne des § 4 Z 38 Baugesetz darstelle, vermögen sie keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Insbesondere ist die Beurteilung, dass die als begehbare Terrasse ausgebildete "Kellerdecke" niveaugleich mit dem anliegenden Gelände liege, jedenfalls für das südlich anschließende Gelände aktenwidrig und widerspricht auch der Stellungnahme des Beschwerdevertreters im erstinstanzlichen Verfahren. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, daß der verfahrensgegenständliche Zubau an das sogenannte Kellerstöckl anschliesst. Sie vertreten aber die Auffassung, dass "auch bei Antrag auf nachträgliche Baubewilligung für die Beurteilung eines Kellerzubaus die Geländeausbildung vor Verwirklichung der antragsgegenständlichen baulichen Anlage" maßgeblich sei. Es sei daher davon auszugehen, "dass das Kellerstöckl westseitig an das gewachsene Gelände etwa in Höhe der Kelleroberdecke angebunden gewesen sei". Dieses Vorbringen stellt jedoch eine Neuerung gegenüber dem Verwaltungsverfahren dar, in welchem die Beschwerdeführer (die im Verwaltungsverfahren ausgeführt haben, daß die Bauführung - konsenslos - 1978 vollendet gewesen sei) kein Vorbringen dahingehend erstattet haben, dass das - auch nach ihren Einreichunterlagen - gegenüber der Südseite oberirdisch in Erscheinung tretende "Kellerstöckl" in jenem Teil, der sich (auch in ihrem Einreichplan so bezeichnet!) als Erdgeschoß darstellt, eigentlich "unter dem ursprünglichen Geländeniveau" gelegen wäre. Es ist daher im Beschwerdefall auch nicht näher auf die Frage einzugehen, von welchem Niveau in Fällen wie dem vorliegenden auszugehen ist, in dem es 20 Jahre nach der Errichtung des Gebäudes zur Bewilligung kommt und dabei die Frage von Bedeutung ist, ob ein Gebäude vorliegt, weil die bauliche Anlage überwiegend oberirdisch gelegen ist.
Die von der Gemeindebehörde und der belangten Behörde getroffene Feststellung, dass die in Rede stehende bauliche Anlage an der Grundgrenze gegenüber dem Grundstück der mitbeteiligten Partei oberirdisch in Erscheinung tritt, wird insbesondere durch die Stellungnahme des Beschwerdevertreters in der mündlichen Verhandlung am 2. Juli 1996, die auch im Bescheid der Behörde erster Instanz wiedergegeben ist, bestätigt, derzufolge die bauliche Anlage auf Grund der an dieser Stelle bestehenden Niveaudifferenz einen "Schutzbau zugunsten des Nachbarn" darstelle. Aufgrund des von der Gemeindebehörde festgestellten West-Ost-Gefälles, von welchem auch die belangte Behörde ausgegangen ist und welches von den Beschwerdeführern nicht bestritten wird, mag sich die bauliche Anlage von Westen betrachtet als unterirdisch darstellen. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Vorschriften der Bauordnungen über den Seitenabstand jeweils dahingehend auszulegen sind, dass die der betroffenen Grundstücksgrenze zugekehrte Fassade maßgeblich ist, ist gegebenenfalls auch im Falle einer Unklarheit, wie der unbestimmte Gesetzesbegriff des "überwiegend" oberirdisch-Liegens in Fällen wie dem vorliegenden verstanden werden muß, davon auszugehen, dass jedenfalls gegen Süden zu der Zubau als oberirdisch zu qualifizieren ist. Wenn bei Geländegestaltungen wie im Beschwerdefall für die Beurteilung, ob ein Gebäude überwiegend oberirdisch oder unterirdisch gelegen ist, je nach Betrachtung von verschiedenen Seiten ein unterschiedliches Ergebnis möglich erschiene, so muß im Lichte des Sinnes von Abstandsbestimmungen davon ausgegangen werden, dass der Umstand, dass eine bauliche Anlage (wie im Beschwerdefall) einer Seite gegenüber (hier: gegenüber der westlichen Grundgrenze) als unterirdisch anzusehen wäre, bei der Beurteilung, ob es sich um eine ganz oder überwiegend unter dem angrenzenden Geländeniveau liegende bauliche Anlage handelt, jedenfalls bei der Beurteilung des Abstandes gegenüber dem südlich gelegenen Grundstück nicht von Bedeutung sein kann.
Den Gemeindebehörden und der belangten Behörde ist somit weder ein Feststellungsmangel noch ein Mangel in der rechtlichen Beurteilung unterlaufen.
In der Beschwerde wird weiters vorgebracht, dass der in Rede stehende Gebäudeteil nicht als voll ausgebaut im Sinne des § 13 Abs. 4 Baugesetz qualifiziert werden könnte. Die belangte Behörde hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass der Bauteil als Lagerraum voll ausgebaut sei.
Auch in diesem Zusammenhang kann die rechtliche Qualifikation der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem oben erwähnten Erkenntnis ausgesprochen hat, hat sich der Gesetzgeber mit dem Ausdruck "voll ausgebaut" eines unbestimmten Gesetzesbegriffes bedient. Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Begriff nicht ausreichend bestimmt sei bzw. dass aufgrund des Umstandes, dass ein Bauführer durch die Planung eines nicht voll ausgebauten Geschoßes im Hinblick auf den einzuhaltenden Seitenabstand günstiger zu behandeln wäre als Bauherren, die nur voll ausgebaute Geschoße einplanen, hat der Verfassungsgerichtshof nicht geteilt. Die Vorschrift ist nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes dahingehend zu verstehen, dass die Wendung voll ausgebaut im Sinne von "für einen bestimmten Verwendungszweck ausgebaut" zu verstehen ist. In diesem Sinne ist der vorliegende Gebäudeteil jedenfalls als "voll ausgebaut" im Sinne des § 13 Abs. 4 Stmk Baugesetz zu verstehen.
Da somit die Beschwerde nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei bezüglich des Schriftsatzaufwandes für die Stellungnahme zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war abzuweisen, da § 48 Abs. 3 VwGG für die mitbeteiligte Partei nur den Ersatz des Schriftsatzaufwandes für eine schriftliche Äußerung zur Beschwerde vorsieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. September 1984, Zl. 83/03/0316, und vom 28. September 1995, Zl. 95/06/0032).
Wien, am 15. Oktober 1998
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998060172.X00Im RIS seit
03.05.2001