TE OGH 2019/9/24 8Ob84/19i

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Veröffentlicht am 24.09.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, die Hofrätin Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Leitner, Univ.-Prof. Dr. Max Leitner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen 12.096 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. September 2018, GZ 1 R 217/18k-18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 18. Mai 2018, GZ 7 C 392/17y-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.303,92 EUR (darin 217,32 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.367,72 EUR (darin 156,12 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin, die das Gewerbe der Personalvermittlung betreibt, kontaktierte im September 2016 die Beklagte, die per Inserat für ihre Rechtsanwaltskanzlei eine Kanzleikraft mit Bilanzbuchhalteraufgaben suchte. Eine Mitarbeiterin der Klägerin sandte der Beklagten ein Angebot zur Vermittlung geeigneter Kandidaten samt Honorarvereinbarung mit dem auszugsweisen Inhalt:

Unser Honorar beläuft sich auf 18 % des Jahresbruttogehalts (…) Als Garantie gewähren wir vier Monate. Sollte eine von uns besetzte Kandidatin aus welchem Grund auch immer in den ersten vier Monaten ausscheiden, besetzen wir einmalig, kostenlos und unverzüglich nach (...)“ Die Geschäftsführerin der Beklagten kannte das Angebot und ersuchte um dringliche Erledigung.

Die Klägerin vermittelte in der Folge eine Bewerberin mit langjähriger Buchhaltungserfahrung, mit der im Beisein der Geschäftsführerin der Beklagten am 15. 10. 2016 ein zweistündiges Vorstellungsgespräch geführt wurde. Bei diesem Gespräch wurde auch thematisiert, dass die Kandidatin noch keine Erfahrung im Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei und im Umgang mit dem bei der Beklagten verwendeten Buchhaltungsprogramm hatte. Die Bewerberin wurde von der Beklagten dessen ungeachtet per 18. 10. 2016 unter Vereinbarung eines Probemonats eingestellt. Dieses Dienstverhältnis wurde in der Folge von der Angestellten nach zwei Wochen aus persönlichen Gründen beendet.

Die Beklagte lehnte die im Rahmen ihrer Garantie angebotene unentgeltliche Vermittlung einer Ersatzkraft rundweg ab. Die übermittelte Rechnung der Klägerin, deren Zahlung in drei Raten vereinbart gewesen war, wurde nicht bezahlt.

Die Klägerin begehrt die Zahlung des vereinbarten Vermittlungshonorars. Die Beklagte wandte ein, es habe kein Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen bestanden. Die von der Klägerin präsentierte Angestellte habe nicht die zugesagten Kenntnisse und Fähigkeiten aufgewiesen, sodass der Dienstvertrag beendet worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es beurteilte das Vertragsverhältnis der Streitteile als Werkvertrag, der von der Klägerin erfüllt worden sei. Soweit die rasche Beendigung des vermittelten Dienstverhältnisses als Mangel anzusehen sei, wäre es der Beklagten oblegen, den angebotenen und zumutbaren Verbesserungsversuch durch Vermittlung einer Ersatzkraft zuzulassen, um im Fall des Scheiterns die Wandlung geltend machen zu können.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Der Vermittlungsvertrag der Streitteile sei nicht als Werkvertrag, sondern nach den Regeln des Maklervertrags als dem sachlich am nächsten liegenden Vertragstyp zu beurteilen. Nach § 7 Abs 2 MaklerG entfalle der entstandene Honoraranspruch, wenn der vermittelte Vertrag zwar abgeschlossen, jedoch nicht durchgeführt wurde. Die Auflösung des vermittelten Dienstverhältnisses nach nur zwei Wochen sei als unterbliebene Durchführung zu werten, sodass die Beklagte die Honorarzahlung zu Recht verweigere.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision gegen seine Entscheidung über Antrag der Klägerin nachträglich gemäß § 508 ZPO für zulässig, weil die Frage der Anwendung des § 7 Abs 2 MaklerG auf bereits ins Erfüllungsstadium getretene Dauerschuldverhältnisse eine über die Umstände des Einzelfalls hinaus erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten beantwortete Revision der klagenden Partei ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen, die eine rechtliche Klarstellung erfordern, zulässig. Die Revision ist auch berechtigt.

1. Gemäß § 7 Abs 1 MaklerG entsteht der Anspruch auf Provision mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts. Nach Abs 2 entfällt der Anspruch auf Provision, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird.

Das Berufungsgericht hat unter analoger Heranziehung der Judikatur zum Provisionsanspruch des Immobilienmaklers die Rechtsansicht vertreten, dass die Beendigung des vermittelten Dienstvertrags zwei Wochen nach dem Dienstantritt einem Unterbleiben der Ausführung im Sinn des § 7 Abs 2 MaklerG gleichzuhalten sei.

2. Die Revision stellt die Anwendbarkeit der Regeln des Maklervertrags auf die Tätigkeit eines Personalvermittlers grundsätzlich nicht in Frage. Sie führt gegen das Ergebnis des Berufungsgerichts aber ins Treffen, dass es nicht zwischen der Vermittlung eines Zielschuldverhältnisses und der eines Dauerschuldverhältnisses differenziert habe.

Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.

3. Beim Maklervertrag entfällt nach § 7 Abs 2 MaklerG der Anspruch auf die nach Abs 1 leg cit bereits entstandene Provision, wenn und soweit feststeht, dass der
– rechtswirksam abgeschlossene – Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird. Um sich von seiner Provisionspflicht zu befreien, muss der Auftraggeber nachweisen, dass die Ausführung des vermittelten Geschäfts ohne sein Verschulden unmöglich oder unzumutbar wurde (RIS-Justiz RS0062994).

Die Ausführung des Geschäfts umfasst die von den Vertragspartnern zur Durchführung des Vertrags erforderlichen Handlungen (Fromherz, Kommentar zum MaklerG § 7 Rz 109; Gartner/Karandi, MaklerG3 § 7 Rz 11). Ein Anwendungsfall des § 7 Abs 2 MaklerG liegt aber auch vor, wenn das Geschäft zwar bereits ausgeführt, im Nachhinein aber wegen eines Mangels einvernehmlich, durch Rücktritt oder Wandlung wieder aufgehoben und rückabgewickelt wird (2 Ob 202/11m mwN).

4. Das Berufungsgericht ist im Sinne der herrschenden Lehre und Rechtsprechung davon ausgegangen, dass das vermittelte Rechtsgeschäft, nämlich der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses, zustande gekommen ist und nicht ex tunc aufgehoben wurde. Das Probearbeitsverhältnis ist ein Arbeitsverhältnis, bei dem lediglich beidseitig eine erleichterte Auflösung möglich ist (RS0028444).

5. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass es dennoch zu keiner Ausführung des wirksam abgeschlossenen Arbeitsvertrags gekommen sei, weil er bereits nach zwei Wochen wieder aufgelöst wurde, gründet sich auf einen Vergleich mit vom Obersten Gerichtshof entschiedenen Rechtsstreitigkeiten in Zusammenhang mit der Vermittlung von Immobilienkäufen. Gegenstand der vom Berufungsgericht dazu zitierten Entscheidung 2 Ob 202/11m war die vier Jahre nach einem Liegenschaftskauf vereinbarte Wandlung aufgrund gravierender Sach- und Rechtsmängel des Kaufobjekts. Der Oberste Gerichtshof hat dem Begehren des Käufers auf Rückzahlung der Maklerprovision unter Berufung auf § 7 Abs 2 MaklerG stattgegeben, weil ein objektiv wichtiger Grund für die Vertragsaufhebung vorlag, der in die Sphäre des Verkäufers fiel. Weil nach dieser Entscheidung selbst ein Zeitraum von vier Jahren, in dem das vermittelte Geschäft aufrecht war, den nachträglichen Entfall des Provisionsanspruchs nicht hinderte, kam das Berufungsgericht in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass auch bei einem Geschäft, das nur 14 Tage aufrecht war, keine Maklerprovision gebühre.

6. Diese Schlussfolgerung berücksichtigt nicht, dass der Kaufvertrag in der zitierten Entscheidung wegen nachgewiesener Mängel aufgehoben und rückabgewickelt wurde und das Ziel des Geschäfts, dem Käufer dauerhaft Eigentum an der Immobilie zu verschaffen, damit verfehlt wurde.

Im hier vorliegenden Fall wurde kein Ziel-, sondern ein Dauerschuldverhältnis vermittelt. Das Dienstverhältnis wurde angetreten und erfüllt, bis es in einer im Vertrag ausdrücklich vereinbarten Form von der Arbeitnehmerin aufgelöst wurde. Die Möglichkeit einer Beendigung gehört zum Wesen des Dauerschuldverhältnisses. Die Inanspruchnahme eines vertraglichen oder gesetzlichen Auflösungsrechts stellt daher grundsätzlich weder eine Leistungsstörung noch einen Mangel dar, der den Bestand des Geschäfts berührt. Nimmt der Dienstnehmer diese Möglichkeit in Anspruch, ist er nicht mit der vertraglichen Leistung im Verzug, sondern bedient er sich eines Rechts, das ihm der Arbeitgeber bewusst eingeräumt hat.

7. Daran ändert es nichts, dass der vermittelte Dienstvertrag aus Sicht der Beklagten wegen der vorzeitigen Beendigung letztlich nicht den erwarteten wirtschaftlichen Wert hatte. Die Beklagte hat der Dienstnehmerin dieses Recht eingeräumt. Die Parteien haben diese Gefahr bei Vertragsabschluss auch ausdrücklich bedacht und für diesen Fall die „Garantie“ der unentgeltlichen Vermittlung einer Ersatzkraft vorgesehen.

Die genannte „Garantie“ kann aber nur als Klarstellung verstanden werden, dass auch eine kurzfristige Auflösung des bereits angetretenen Dienstverhältnisses den Bestand des bereits erworbenen Provisionsanspruchs nicht berührt. Bei anderem Verständnis hätte sich die Beklagte nämlich im Ergebnis zur völlig unentgeltlichen Vermittlung beider Arbeitskräfte verpflichtet, was lebensfremd anmutet und in den Feststellungen keinen Anhaltspunkt findet.

8. Nach § 7 Abs 2 MaklerG entfällt der Anspruch auf Provision zudem dann nicht, wenn das Geschäft aus vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird. Bei Leistungsverzug des Dritten hat der Auftraggeber nachzuweisen, dass er alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um den Dritten zur Leistung zu veranlassen (RS0062829).

Die Vereinbarung einer Probezeit, in der beiderseits eine fristlose Auflösung des Dienstvertrags ohne Grund zulässig ist, liegt in der Ingerenz des Arbeitgebers,
der im Regelfall – eine Abweichung wurde hier nicht vorgebracht – den Inhalt des Dienstvertrags vorgibt.

Die Rechtsfolgen einer von ihm bewusst getroffenen Vertragsgestaltung gehören aber zur Sphäre des Auftraggebers. Sie sind von ihm, soweit nichts Abweichendes vereinbart ist, auch im Verhältnis zum Makler zu vertreten.

9. Der Revision war daher Folge zu geben und das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Für die Berufungsbeantwortung gebührt nur der dreifache Einheitssatz (§ 23 Abs 9 RATG).

Textnummer

E126389

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00084.19I.0924.000

Im RIS seit

23.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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