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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1435;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des Dr. P.P. in S., vertreten durch Dr. Karl Katary, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Hütteldorferstraße 124, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 15. April 1998, Zl. 82/98, betreffend Rückforderung von Beiträgen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich im wesentlichen folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer beantragte am 10. Oktober 1997 bei der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich die Rückerstattung eines Betrages in Höhe von S 599.706,00. Begründet wurde dieses Begehren damit, daß der Beschwerdeführer, der am 27. Oktober 1976 in die Liste der Rechtsanwälte der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und das Burgenland eingetragen worden sei, mit Beschluß des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 17. Mai 1990 aufgrund rechtskräftiger Eröffnung eines Konkursverfahrens aus der Liste der Rechtsanwälte gelöscht worden sei; er bzw. seien Angehörigen würden daher keine Kammerpension erhalten. Der Beschwerdeführer fordere daher unter Berufung auf § 1435 ABGB die Rückerstattung aller Beiträge, die er für die Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich infolge von ihm erbrachter Leistungen erhalten habe. Der Beschwerdeführer erachte (unter Vorlage von Kostenverzeichnissen) für seine Leistungen als Verfahrenshilfeanwalt Honorare von insgesamt S 699.609,00 für angemessen, wovon er 75 % (sohin S 524.706,00) begehre. Für erbrachte Barzahlungen bestünde seiner Ansicht nach ein Rückersatzanspruch in der Höhe von S 75.000,00.
Mit Antrag vom 2. Jänner 1998 dehnte der Beschwerdeführer sein Begehren um 4 % Zinsen aus S 599.706,00 seit 17. Mai 1990 aus.
Mit Bescheid der Abteilung II/2 des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 21. Jänner 1998 wurde der Antrag abgewiesen.
Der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich keine Folge gegeben. Nach der Begründung bestünde in der Rechtsanwaltskammer eine Versorgungseinrichtung gemäß §§ 49 ff RAO, welche die gesetzlich festgelegten Mindestanforderungen erfülle. Die vorgeschriebenen Kammerbeiträge, Umlagen und Sterbegelder seien in der jeweils geltenden Beitrags- und Umlagenordnung festgelegt. Die Verpflichtung zur Leistung der Kammerbeiträge und der Umlagen ende mit der Beendigung der Rechtsanwaltschaft. Der Beschwerdeführer sei daher während der Zeit seiner Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte verpflichtet gewesen, die Beiträge aufgrund der jeweils geltenden Satzung der Versorgungseinrichtung sowie die Kammerbeiträge nach der Beitragsordnung zu leisten. Mit Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom 24. Jänner 1990 sei über das Vermögen des Beschwerdeführers rechtskräftig das Konkursverfahren eröffnet worden, sodaß seine Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 Abs. 1 lit. a RAO erloschen sei. Mit Beschluß des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer vom 17. Mai 1990 sei daher seine Löschung von der Liste der Rechtsanwälte der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich verfügt worden. Für die Rückzahlung der von einem Rechtsanwalt während der Ausübung seiner Tätigkeit und während der Zeit, in der er in die Liste der Rechtsanwaltskammer eingetragen gewesen sei, geleisteten Beiträge nach den Bestimmungen der RAO und der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer bestünde keine gesetzliche Grundlage.
Die in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte seien verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Verfahrenshilfe Leistungen zu erbringen, für welche der Bund dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag eine angemessene Pauschalvergütung zu bezahlen habe. Diese sei ausschließlich für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der Rechtsanwälte zu verwenden. Der einzelne Rechtsanwalt habe seine Leistung im Rahmen der Verfahrenshilfe grundsätzlich ohne Entgeltsanspruch zu erbringen.
Für das diesbezügliche Begehren des Beschwerdeführers auf Auszahlung eines Anteiles der Pauschalvergütung bestünde ebenfalls keine gesetzliche Grundlage. Im übrigen sei darauf hinzuweisen, daß ein Anspruch nach § 1435 ABGB nicht gegeben sei, weil sowohl der Rückforderungsanspruch bezüglich der geleisteten Kammerbeiträge als auch die Forderung auf Bezahlung eines Anteiles der vom Bund für die Leistungen der nach § 45 RAO bestellten Rechtsanwälte bezahlten Pauschalvergütungen öffentlich -rechtlicher Natur sei, so daß darüber im Verwaltungsverfahren zu entscheiden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zum Begehren des Beschwerdeführers auf Rückerstattung der von ihm geleisteten Beiträge ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem vergleichbaren Fall nach der Satzung der Wohlfahrtseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Steiermark zu verweisen, wonach es diesbezüglich an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehlt (vgl. das Erkenntnis vom 9. September 1993, Zl. 92/01/1085).
Was die begehrten "Honorare für Verfahrenshilfeleistungen" angeht, verkennt auch die Beschwerde nicht, daß die betreffende Forderung im gesetzten Recht (auch in der Vorschrift des § 1435 ABGB) keine Grundlage findet.
Soweit in den Beschwerdeausführungen das Begehren mit einer analogen Anwendung des § 1435 ABGB begründet wird, ist darauf zu erwidern, daß Analogie nur im Falle einer echten (planwidrigen) Lücke zulässig wäre. Eine Lücke im Rechtsinn ist dann gegeben, wenn die Regelung eines Sachbereiches keine Bestimmung für eine Frage enthält, die im Zusammenhang mit dieser Regelung an sich geregelt werden müßte. Eine Lücke ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Die bloße Meinung des Rechtsanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt also die Annahme einer Gesetzeslücke noch nicht (vgl. z.B. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I10, S. 24). Hinsichtlich des Rückforderungsbegehrens des Beschwerdeführers liegen allerdings keine Anhaltspunkte für eine solche allenfalls im Wege der Analogie zu schließenden Lücke vor.
Aufgrund dieser Erwägungen war die vorliegende Beschwerde daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 1998
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998100328.X00Im RIS seit
04.02.2002