Index
10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; Zurückweisung derBeschwerde als verspätetSpruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit dem am 24. April 1996 zur Post gegebenen Schriftsatz begehrt der beschwerdeführende Rechtsanwalt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen den ihm am 22. September 1995 trotz Angabe der Zustellandresse mit 1080 Wien, ..., an seine Privatadresse zugestellten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. September 1995.
Mit demselben Schriftsatz wurde die versäumte Beschwerde eingebracht.
2. Den Wiedereinsetzungsantrag begründet der Einschreiter im wesentlichen damit, daß er auf seinem Briefpapier die Zustelladresse 1080 Wien, ..., angegeben habe, weil die Tür seines Postfaches an seiner Privatadresse immer wieder aufgebogen oder aufgebrochen werde und immer wieder Poststücke verloren gingen. Dies sei auch in der zweiten Septemberhälfte 1995 der Fall gewesen, weshalb er ohne sein Verschulden von der Zustellung des angefochtenen Bescheides keine Kenntnis habe nehmen können. Zur Bescheinigung hat der Beschwerdeführer eine eidesstättige Erklärung vorgelegt, in der er angibt, daß im September 1995 die Tür seines Postfaches an seiner Privatadresse aufgebogen wurde.
3. Der Verfassungsgerichtshof stellt aus den vorgelegten Verwaltungsakten zunächst fest, daß der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. September 1995 die Abweisung eines Einspruches betrifft, den der Einschreiter in eigener Sache gegen die Ablehnung seines Begehrens auf Erstattung von Beiträgen zur Sozialversicherung betraf. Die Zustellung dieser Erledigung erfolgte durch Hinterlegung am 22. September 1995 an der
Privatadresse 1040 Wien, ... . Am Einspruch, der am 8. Juni 1995
vom Beschwerdeführer an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gerichtet wurde, findet sich wohl im Kopf die Adresse des Einschreiters als Rechtsanwalt mit 1080 Wien, ..., in dem Einspruch wird aber vom Einschreiter als Antragsteller seine Adresse ausdrücklich mit "Dr. H S, Rechtsanwalt, ..., 1040 Wien" angegeben.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:
4.1. Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden.
Da das VerfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte.
Nach §149 Abs1 ZPO hat die Partei, welche die Wiedereinsetzung beantragt, im bezüglichen Schriftsatz (insbesondere) die Mittel zur Glaubhaftmachung aller den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Umstände anzugeben.
4.2. Die Zustellung durch Hinterlegung erfolgte - rechtmäßig - an der durch den Wiedereinsetzungswerber selbst angegebenen Adresse. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nicht vor. Die begehrte Wiedereinsetzung ist bereits deshalb nicht zu bewilligen, weil der Einschreiter gar nicht geltend macht, daß die Fristversäumnis zur Beschwerdeerhebung auf Grund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses erfolgte.
Der Wiedereinsetzungswerber hat in seiner eidesstättigen Erklärung lediglich behauptet, daß die Türe des Postfaches seiner Privatadresse wiederholt aufgebogen wurde, was "zuletzt im September 1995 der Fall" gewesen sei; es sei schon "in der Vergangenheit vorgekommen, daß an ihn adressierte Poststücke verschwanden". Der Einschreiter bringt damit selbst vor, daß es hiebei um ein Ereignis ging, das in der Vergangenheit bereits mehrfach vorkam, sodaß es schon deshalb nicht als unvorhergesehenes Ereignis gewertet werden kann. Da er die Möglichkeit gehabt hätte, die Zustellung an seine Kanzleiadresse zu begehren, kann auch nicht davon gesprochen werden, daß dem Nichterhalt des Schriftstückes ein unabwendbares Ereignis zugrundegelegen sei. Dazu kommt, daß der Wiedereinsetzungswerber nicht näher den Zeitpunkt des behaupteten Vorfalles darlegt. Mit dem Vorbringen, daß zu irgendeinem Zeitpunkt im September 1995 Poststücke aus seinem aufgebogenen Postfach verschwanden, wird das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes somit nicht dargetan; ist es doch aufgrund dieser Ausführungen nicht einmal wahrscheinlich, geschweige denn aufgezeigt, daß das Postfach gerade am Tage der Zustellung des bekämpften Bescheides - er wurde laut Verwaltungsakt am 22. September 1995 durch Hinterlegung zugestellt - aufgebogen wurde. Gemäß §149 Abs1 ZPO obliegt es dem Wiedereinsetzungswerber aber, durch Vorlage entsprechender Nachweise zumindest glaubhaft zu machen, daß die Aufbiegung des Postfaches am Tage der Zustellung des angefochtenen Bescheides erfolgt ist. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.
4.3. Die unter einem eingebrachte Beschwerde nach Art144 B-VG war wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VerfGG) zurückzuweisen.
4.4. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung der Beschwerde in Betracht kommt.
4.5. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz bzw. §19 Abs3 Z2 litb VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B1392.1996Zuletzt aktualisiert am
05.04.2012