TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/19 98/10/0314

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Veröffentlicht am 19.10.1998
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Index

L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;
L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art140;
NatSchG Bgld 1961;
NatSchG Bgld 1990 §9 Abs1;
RPG Bgld 1969 §20 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers

Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der M. T. in Unterach, vertreten durch Dr. Gerhard Ochsenhofer, Rechtsanwalt in Oberwart, Schulgasse 11, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 11. Februar 197, Zl. IV-B-136/12-1997, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Änderung des Verwendungszweckes eines Kellergebäudes) wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Februar 1997 wurde unter Berufung auf § 9 Abs. 1 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes 1990, LGBl. Nr. 27/1991 (NG 1990), das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Änderung des Verwendungszweckes des mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 1989 bewilligten Altbestandes eines Kellergebäudes auf dem Grundstück Nr. 3180, KG Hannersdorf, zurückgewiesen (Spruchabschnitt 1).

Unter Spruchabschnitt 2 wurde gemäß § 9 Abs. 1 NG 1990 das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Änderung des Verwendungszweckes des mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Mai 1995 bewilligten Zubaues zum bereits bestehenden Kellergebäude auf dem Grundstück Nr. 3180 der KG Hannersdorf abgewiesen.

In der Begründung heißt es, mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 1989 sei die naturschutzbehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Weinkellers auf dem Grundstück Nr. 3180 der KG Hannersdorf erteilt worden.

Die naturschutzbehördliche Bewilligung für den Zubau zu diesem Weinkeller sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Mai 1995 erteilt worden.

Mit Eingabe vom 20. Dezember 1995 sei um die Erteilung der Bewilligung zum Bewohnen des Kellergebäudes samt Zubau angesucht worden.

Was den Altbestand des Kellergebäudes betreffe, so sei für dieses Gebäude die naturschutzbehördliche Errichtungsbewilligung mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 1989 auf Grund des burgenländischen Naturschutzgesetzes 1961, das heute nicht mehr gelte, erteilt worden. Nach den heute in Geltung stehenden gesetzlichen Regelungen (§ 9 Abs. 1 NG 1990) könne "eine Änderung des Verwendungszweckes nach dieser Bestimmung nicht beurteilt werden, weil ausdrücklich auf 'bewilligungspflichtige Anlagen im Sinne dieses Gesetzes', (nämlich des NG 1990) 'oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen' abgestellt" werde. Auf Grund der Tatsache, daß diesbezüglich keine Übergangsbestimmung bestehe, könne ein Bewilligungsverfahren bezüglich Änderung des Verwendungszweckes für den Altbestand des Kellergebäudes - nämlich dessen Nutzung als Wohngebäude - nicht durchgeführt werden. Der diesbezügliche Antrag der Beschwerdeführerin sei daher zurückzuweisen gewesen. Art. II des Gesetzes vom 10. November 1993, mit dem das burgenländische Raumplanungsgesetz geändert wird, LGBl. Nr. 12/1994, enthalte keinen Tatbestand für eine Änderung des Verwendungszweckes naturschutzbehördlich bewilligter Anlagen.

Eine Änderung des Verwendungszweckes des mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Mai 1995 bewilligten Zubaues könne deshalb nicht bewilligt werden, weil ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan vorliege. Das Grundstück Nr. 3180 sei im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Hannersdorf als "Grünfläche Kellerzone" ausgewiesen. Nach § 13 Abs. 2 des Entwicklungsprogrammes "Unteres Pinka- und Stremtal" seien als "Kellerzone" solche Flächen auszuweisen, auf denen zwischen bereits bestehenden Weinkellern nur neue Kellergebäude als landwirtschaftliche Betriebsgebäude errichtet werden dürften. Die derzeitige Nutzung des Zubaues als Keller entspreche der Flächenwidmung; die Änderung des Verwendungszweckes, nämlich die Nutzung als Wohnhaus, stelle einen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan dar und sei daher nicht zulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides "wegen Rechtswidrigkeit" begehrt wird. Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber jegliche Veränderung bei bestehenden Bauten habe ausschließen wollen. Wenn die belangte Behörde die Verweigerung der beantragten Bewilligung mit einem Widerspruch zum Flächenwidmungsplan begründe, dann sei darauf hinzuweisen, daß der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. September 1996 die Wortfolge "... oder den rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde..." im § 50 Abs. 6 NG 1990 als verfassungswidrig festgestellt habe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 9 Abs. 1 NG 1990 bedarf einer Bewilligung der Behörde auch jede Änderung des Verwendungszweckes von bewilligungspflichtigen Anlagen im Sinne dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen.

§ 9 Abs. 1 NG zielt zwar auf die Änderung des Verwendungszweckes bewilligter Anlagen ab, knüpft die Bewilligungspflicht einer solchen Verwendungsänderung aber nicht an das Vorliegen einer bewilligten Anlage. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um die Änderung des Verwendungszweckes von "bewilligungspflichtigen Anlagen im Sinne dieses Gesetzes" handelt. Der Begriff der "bewilligungspflichtigen Anlage im Sinne dieses Gesetzes" bezeichnet in dem Zusammenhang, in welchem er in § 9 Abs. 1 verwendet wird, Anlagen, welche die Merkmale einer bewilligungspflichtigen Anlage im Sinne des NG 1990 aufweisen, ohne daß es darauf ankommt, ob für die betreffende Anlage bereits eine Bewilligung - sei es nach dem NG 1990, sei es nach dem Naturschutzgesetz 1961 - vorliegt.

Aus den vorstehenden Darlegungen folgt, daß die Änderung des Verwendungszweckes einer Anlage immer dann bewilligungspflichtig ist, wenn diese Anlage alle Tatbestandselemente einer nach dem NG 1990 bewilligungspflichtigen Anlage erfüllt. Ob eine Bewilligung bereits vorliegt oder nicht, ist ohne Belang.

Die Auffassung der belangten Behörde, der "Altbestand" des Kellergebäudes der Beschwerdeführerin auf dem Grundstück Nr. 3180 der KG H. falle nicht unter § 9 Abs. 1 NG 1990, weil für diesen Altbestand eine Bewilligung nach dem Naturschutzgesetz 1961, nicht aber nach dem NG 1990 erteilt worden sei, erweist sich somit als unzutreffend. Die belangte Behörde durfte daher auch nicht den Antrag der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückweisen. Wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides deutlich hervorgeht, handelt es sich bei der Zurückweisung des Antrages nicht etwa um ein Vergreifen im Ausdruck. Die belangte Behörde war vielmehr der Ansicht, daß die Durchführung eines Verfahrens über den Antrag der Beschwerdeführerin unzulässig sei, dies ist aber unzutreffend. Der Antrag der Beschwerdeführerin wäre, da für den "Altbestand" offensichtlich die selben Voraussetzungen gelten wie für den Zubau, ab-, aber nicht zurückzuweisen gewesen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich seines Spruchpunktes 1 als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargelegt, daß eine Verwendung des nach dem NG 1990 bewilligten Zubaues auf dem Grundstück Nr. 3180 als Wohnhaus dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan widerspräche. Dies wird von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Diese beruft sich aber darauf, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. September 1996, G 59/96, u.a., ausgesprochen hat, daß die Wortfolge "oder dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde" in § 50 Abs. 6 NG 1990 verfassungswidrig war.

Die belangte Behörde hat sich bei der Abweisung des Verwendungsänderungsantrages der Beschwerdeführerin nicht auf § 50 Abs. 6 NG 1990 gestützt. Für diese Abweisung gibt es eine Rechtsgrundlage im § 20 Abs. 1 des burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969. Nach dieser Bestimmung hat der genehmigte Flächenwidmungsplan neben der Wirkung auf den Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) auch die Folge, daß Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nach der Bgld. Bauordnung sowie Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen. Daß diese Bestimmung nicht verfassungswidrig ist, hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 1998, G 32/98, u.a., ausgesprochen.

Die Verwendung des Zubaues auf dem Grundstück Nr. 3180 widerspricht dem Flächenwidmungsplan. Sie durfte daher nicht bewilligt werden.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 2 des angefochtenen Bescheides richtet, als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Da nur eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides vorzulegen war, konnte auch nur für eine Ausfertigung Stempelgebührenersatz zuerkannt werden. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren war abzuweisen.

Wien, am 19. Oktober 1998

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998100314.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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