TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/19 W264 2167085-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.07.2019
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Entscheidungsdatum

19.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W264 2167085-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert Bitsche, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.7.2017, 1094729702/151771440, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste im November 2015 unrechtsmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.11.2015 (einen Tag nach seinem 18. Geburtstag) einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstbefragung des BF wurde unter Beiziehung eines Dolmetsch für die Sprache Dari durchgeführt. Als sein Geburtsdatum gab der BF 1.1.1999 an. Die später durchgeführte Altersbestimmung ergab "Schmeling 4, GP 31" und das Gutachten über die Forensische Altersschätzung vom 10.3.2016 ein "Mindestalter von 18 Jahren" im Zeitpunkt der Untersuchung am XXXX 2016.

2. Am 29.3.2017 erfolgte die Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Es war ein Dolmetsch für die Sprache Dari anwesend. Der BF wurde zu seinen Fluchtgründen und Generalien befragt. Er gab auf Befragen an, bisher die Wahrheit gesagt zu haben und sei alles richtig protokolliert worden.

3. Der BF legte dem BFA folgende Dokumente vor:

* Bestätigung über freiwillige Arbeit in der Gemeinde XXXX

* Bestätigung der Caritas-Unterbringung

* Schulbesuchsbestätigung der XXXX

* Deutschkursbestätigungen

* Empfehlungsschreiben des XXXX

* Unterstützungserklärung der Logopädin XXXX

* Spielerpass des ÖFB

4. Mit dem nunmehr bekämpften oben im Spruch näher bezeichneten Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

5. Hiergegen brachte der BF mit Schriftsatz vom 31.7.2017 das Rechtsmittel der Beschwerde ein und wird auf den Inhalt dieser verwiesen.

6. Die belangte Behörde legte den bezughabenden Fremdakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und langte dieser am 9.8.2017 ein.

7. Am 30.8.2018 fand die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher der BF und seine Rechtsvertreterin teilnahmen und welcher ein Dolmetsch für die Sprache Dari beigezogen wurde.

Der BF wurde eingangs über seine Mitwirkungspflicht und sein Aussageverweigerungsrecht sowie darüber, dass es nur um Fluchtgründe geht, welche ausschließlichen Bezug auf Afghanistan haben, belehrt und dazu befragt.

(Auszug aus dem Verhandlungsprotokoll):

"R: Sie machen eine Schule für Sozialbetreuungsberufe?

BF (dt o Ü): Ja, aber Pflegeassistent heißt das auch. Ich mache eine Ausbildung als Pflegeassistent oder Sozialfachbetreuer.

Vorgelegt wird eine Stellungnahme vom 27.08.2018, diese wird als Beilage ./C zur Verhandlungsschrift genommen, sowie eine Liste über Anschläge in Kabul seit Jänner 2017, diese wird als Beilage ./D zur Verhandlungsschrift genommen.

BF wird aufgefordert den Namen, die Volksgruppenzugehörigkeit, das Religionsbekenntnis und die Heimatprovinz auf ein Blatt Papier zu schreiben und wird dies als Beilage ./B zur Verhandlungsschrift genommen.

R: In welchem Land und in welcher Provinz leben Ihre Eltern und wie heißen die?

BF (dt o Ü): Sie leben im Iran.

R: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu diesen und über welches Medium?

BF: Vor zwei Wochen über Whatsapp. Sie leben seit 9 Monaten im Iran, sie haben unser Haus in Afghanistan verkauft und sie leben von diesem Geld noch im Iran. Sie leben illegal im Iran und es geht ihnen nicht gut. Sie sind nach mir ausgereist.

Die R fordert BF auf, nun in Ruhe in freier Erzählung nochmals die Gründe, warum das Herkunftsland verlassen und ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß zu erzählen. Lassen Sie nichts weg! Nehmen Sie sich Zeit und erzählen Sie ganz konkret und mit Details. Falsche Angaben beeinträchtigen die Glaubwürdigkeit Ihres Fluchtberichts.

Sie haben nun die Möglichkeit von sich aus alles zu erzählen, ohne auf Fragen von mir warten zu müssen.

BF führt aus wie folgt: Ich habe in Afghanistan eine Schule besucht, die 9. Klasse, vergleichbar mit österreichischen Schulen, den Pflichtschulabschluss. Vormittag habe ich eine Schule besucht und spät am Nachmittag habe ich gemeinsam mit meinem Bruder gearbeitet. Er hat am Anfang ein Taxi gehabt, wir haben dann einen Kleinbus gekauft (Anmerkung D: In Afghanistan nennt man das Tones). Ich habe ihm geholfen und wir haben gemeinsam gearbeitet. Am 28.09.2015 haben wir ein paar Beamte von der Uni nach Makrorjan gebracht. Dann waren wir unterwegs nach Hause. Ca. 200 Meter vor unserem zu Hause wurden wir von zwei Männern gestoppt. Einer hat uns die Hand gezeigt, dass wir stoppen sollen. Er ist direkt zu meinem Bruder gekommen und hat gesagt, dass er alles raunehmen soll, was er hat, Geld und Handy. Mein Bruder wollte zuerst nichts hergeben. Er hat meinen Bruder festgehalten und ihn rausgezogen und ihm gesagt, dass er alles rausgeben solle. Die Tones-Busse haben zwei Türen vorne und eine hinten. Ich war hinten und bin ausgestiegen und bin zu meinem Bruder gegangen, ich wollte ihm helfen. Ich habe geschrien und bin laut geworden. Zu diesem Zeitpunkt hat einer von diesen zwei Männern, eine Pistole rausgenommen. Als ich diese gesehen habe, wurde ich leise und einer von diesen zwei Männern hat mich festgehalten. Mein Bruder wollte kein Geld hergeben, darum wurde er mit der Pistole im Kopfbereich geschlagen, er wollte auch kein Handy hergeben und kein Geld. Ich habe gesehen, dass mein Bruder im Kopfbereich blutet. Ich war so schockiert und in Panik, dass ich ihm nicht einmal sagen konnte, dass er blutet. Die beiden Männer haben Geld und Handy genommen und sind geflüchtet. Ich habe ein Tuch bei mir gehabt und habe die Windschutzscheibe damit geputzt, ich hatte nur das mit und gab es meinem Bruder, damit er es auf seinen Kopf geben kann.

R: Wie konnten die Männer an Geld und Handy kommen, wo war das verstaut?

BF: Das Geld war insgesamt 14.000 Afghani. Wir haben das Geld für den Transport von den Studenten immer am Ende des Monats bekommen. 12.000 hatte mein Bruder in der Tasche gehabt. Die 2000, die wir an dem Tag erarbeitet hatten, hatte auch mein Bruder in der Tasche. R:

Wie konnten die das wegnehmen? Bitte beschreiben Sie mir den Vorgang.

BF: Sie wollten das Geld von meinem Bruder nehmen, aber er war anfangs nicht bereit, es herzugeben. Als mein Bruder geschlagen wurde mit dem Griff der Pistole, hat er keine andere Wahl gehabt, als ihnen das Geld zu geben.

R: Wann hat er das Geld dann wirklich gegeben, haben Sie das selbst gesehen?

BF: Ja, ich habe das selbst gesehen.

R: Und wann hat er das Geld hergegeben?

BF: Als er geschlagen wurde mit der Pistole und blutete und selbst sah, dass er blutete, hat er ihnen das Geld selbst gegeben und auch das Handy. Ich war so schockiert und in Panik, ich konnte ihm nicht sagen, dass er blutet.

R: Sind die Männer dann weggegangen?

BF: Ja, sie haben das genommen und sind gegangen. Das Auto ist dort geblieben. Wir haben das Auto zugesperrt und sind nach Hause gegangen.

R: Warum haben Sie das Auto zurückgelassen?

BF: Mein Bruder war verletzt und konnte nicht mehr fahren. Ich konnte mangels Führerschein nicht fahren.

R: Als Sie dann zu Hause waren, sind Sie dann gleich nach Hause gegangen mit Ihrem Bruder?

BF: Ja.

R: Was war dann?

BF: Mein älterer Bruder namens XXXX (Anm: Schreibweise auch " XXXX " üblich) ist hingegangen und hat das Auto geholt. Mein Bruder XXXX hat einen Freund namens XXXX angerufen, dieser kam und XXXX und mein verletzter Bruder XXXX (Anm: Schreibweise auch " XXXX " üblich) sind dann zu einem Spital gegangen.

BF (dt): XXXX ist jetzt in Österreich.

R: Warum sind Sie jetzt in Österreich? Was hat das, was Sie jetzt erzählt haben, mit Ihnen zu tun gehabt?

BF: Die sind zu einem Spital gegangen und zurückgekommen. Ich war so schockiert und hatte so viel Angst, dass ich in der Nacht überhaupt nicht schlafen konnte. Am nächsten Tag bin ich zur Schule gegangen und mein verletzter Bruder sagte, dass er zur Polizei gehen möchte. Er ist zur Polizei gegangen, um eine Anzeige zu erstatten. Die Polizei hat eine Zusammenarbeit von meinem Bruder verlangt, dass er mitarbeiten soll und der Polizei zeigen soll, wo die Männer sich befinden. Ich bin von der Schule nach Hause gegangen und mein Bruder hat mich informiert, dass die beiden Männer von der Polizei erwischt wurden und bei der Polizei inhaftiert sind. Ich bin dann weiter in die Schule gegangen. Am nächsten Tag, als ich von der Schule kam, war mein Bruder frühzeitig zu Hause und informierte mich, dass er die beiden Männer vor der Uni gesehen hat und dass diese nicht mehr in Haft sind. Von dem Tag an waren wir beide nur noch zu Hause, wir sind nicht mehr hinausgegangen, bis wir Afghanistan verlassen haben.

R: Ab dem Zeitpunkt, wo Sie nicht mehr aus dem Haus gegangen sind, sind da noch Männer nach Hause gekommen?

BF: Nein, sie haben nicht gewusst, wo wir wohnen.

R: Wer hat Ihnen die Flucht organisiert?

BF: Wir haben etwas eigenes gespartes Geld gehabt. Wir haben unseren Bus verkauft. Am

01.10.2015 um 02:00 Uhr in der Nacht haben wir unsere Ortschaft, unser Haus verlassen.

R: Hatten Sie irgendeinen Führerschein für irgendein Fahrzeug?

BF: Nein.

R: Sie haben gesagt, Sie haben die Wahrheit gesagt beim BFA. Das BFA hat protokolliert, dass Sie auch Taxifahrer waren, was sagen Sie dazu?

BF: Das stimmt nicht. Ich war damals 17 Jahre alt, ich durfte nicht fahren.

R: Ab wann darf man in Afghanistan so einen Bus lenken?

BF: (dt o Ü): Ab 18 kann man diesen Führerschein erwerben.

R: Sie mussten ja auch zu einer Altersüberprüfung.

BF: Ja.

R: Welches Alter haben Sie ursprünglich angegeben?

BF: 16. Ich habe 16 gesagt und einen Monat danach bin ich 17 geworden. Danach wurde ich zur Altersfeststellung geschickt und mir wurde gesagt, dass ich in ein paar Monaten 18 Jahre alt bin.

R: Sie haben gesagt, dass Ihre Eltern im Iran leben. Warum sind Sie mit Ihrem Bruder nach Europa und nicht beispielsweise in den Iran?

BF: Damals waren meine Eltern noch in Afghanistan. Ich und mein Bruder Mehajuddin haben Afghanistan verlassen und die Afghanen werden im Iran sehr schlecht behandelt und die Iraner mögen Afghanen nicht.

R: Woher wissen Sie das mit dem Iran?

BF: Wir mussten in einem PKW flüchten...

R wiederholt die Frage

BF: Wir haben immer gesehen, dass die Afghanen erwischt und abgeschoben wurden und geschlagen wurden.

R: Warum sind Ihre Eltern dann in den Iran?

BF: Sie haben keine andere Lösung/Wahl gehabt.

R: Aber die Eltern haben doch mehr Geld erlöst mit dem Haus, als Sie mit dem Taxi und sie hätten somit mehr Geld zur Verfügung gehabt.

BF: Sie haben keine andere Wahl gehabt, als in ein anderes Land als den Iran zu flüchten.

R: In welchen Ländern warn Sie in Europa, bevor Sie nach Österreich gekommen sind?

BF (dt o Ü): Griechenland. Und die anderen Ländern, in denen wir unterwegs waren, weiß ich nicht.

R: Hat man Ihnen irgendwo Fingerabdrücke abgenommen?

BF: Nein.

R: Gibt es noch irgendetwas, von dem Sie sagen, auch das war ein Fluchtgrund und ich habe es aber noch nicht gesagt?

BF: Nein.

R: Wie viele Geschwister haben Sie und wo leben diese?

BF (dt o Ü): Ich habe 3 Brüder und 4 Schwestern. Meine Brüder leben mit meinen Eltern im Iran. Von meinen Schwestern lebt eine in Belgien und eine in der Türkei.

R: Haben Sie Kontakt mit der Schwester in Belgien?

BF (dt o Ü): Nicht immer, ich habe nicht immer Zeit. Ich bin auch in einem Fußballverein, ich habe nicht immer Zeit zu telefonieren. XXXX ist der älteste Bruder, er lebt im Iran.

R: Warum sind Ihre Eltern und XXXX und die anderen Geschwister in den Iran geflüchtet, wissen Sie das?

BF: Am Anfang wurde meine Familie nicht bedroht, dann aber schon. Eine von diesen zwei Männern sind zu einem Geschäft gegangen in der Nähe unseres Hauses. Der Verkäufer ist ein Freund von XXXX . Der Mann, der in diesem Geschäft war, hat den Verkäufer gefragt, wo wir leben, aber der Verkäufer hat ihm keine Information gegeben. Der Verkäufer hat meinem Bruder XXXX informiert, dass jemand da war, der gefragt hat, wo wir leben. Der zweite Grund, warum meine Familie Afghanistan verlassen hat ist, dass die Sicherheitslage sich in Kabul zuletzt sehr verschlechtert hat. Wöchentlich kommen sehr viele Leute ums Leben. Das war der zweite Grund, warum meine Familie Afghanistan verlassen hat.

R: Hat Sie jemals jemand in Afghanistan persönlich mit dem Umbringen bedroht?

BF: Vor diesem Vorfall nicht. Dieser Vorfall ist passiert und nachher ist jemand zu diesem Geschäft gegangen. Während des Vorfalls schon.

R: Warum haben Sie das vorher nicht gesagt?

BF: Den Vorfall habe ich vorher aber schon erzählt.

R: Hat Sie jemals jemand in Afghanistan persönlich mit dem Umbringen bedroht?

BF: Während dieses Vorfalls hat er zu mir gesagt, dass ich schweigen solle, ansonsten bringt er mich um. Er hat mit der Pistole auf mich gezielt. Ich habe diesen Vorfall heute geschildert.

R: Welche Berufe haben Ihre Brüder ausgeübt in Afghanistan?

BF: Alle Brüder meinen Sie?

R: Ja.

BF: Der älteste Bruder XXXX war Automechaniker und danach Taxifahrer, Mehajuddin war Schuhmacher und dann Taxifahrer. Ich habe noch einen Bruder namens Mohammad Yasin, er war auch Taxifahrer. Zuerst nicht, aber auch später.

R: In der Zeit, wo Sie noch in Afghanistan waren, wer war da alles von Ihren Brüdern Taxifahrer?

BF: Alle drei.

R: Schreiben Sie mir bitte das Alter Ihrer Brüder auf.

BF (dt o Ü): Ich kann aufschreiben, wer als erstes geboren ist, aber das Alter weiß ich nicht.

R: Zuerst kommt XXXX , dann Mehajuddin, dann Mohammad Yasin und dann Sie?

BF: Ja, ich bin der jüngste, das habe ich ja schon vorher gesagt.

R: Wenn wir von Taxi sprechen, meinen Sie diesen Tones-Bus?

BF: Ja, nur die Marke.

R: Sind die Brüder mit diesem Tones-Bus gefahren?

BF: Jeder hat ein eigenes gehabt. Der eine hat einen Corolla (Saracha) gehabt, der andere so einen Tones-Bus, der andere auch einen Corolla.

R: Haben Sie nun alle Ihre Fluchtgründe vorgebracht oder gibt es noch etwas von dem Sie sagen: Das war auch ein Grund, warum ich Afghanistan verlassen musste?

BF: Es gibt noch welche. Die zwei, die uns gestoppt haben, die gehören zu einer Gruppe.

Diese Gruppe hat keinen bestimmten Namen. Der Führer dieser Gruppe ist der "Neffe von XXXX ", XXXX ist eine mächtige Person in Afghanistan. Der kann machen, was er will.

[Anm: XXXX ist phonetisch wahrgenommen; im Nachfolgenden auch als " XXXX " bezeichnet]

Bei der Einvernahme in der Verhandlung vor dem BVwG meines Bruders steht, dass es der Cousin vom XXXX ist.

Die RV bringt vor, dass es auch einen Wikipedia-Artikel über XXXX gibt.

BF: Es ist nicht der Cousin, sondern der Neffe. Die Gruppe hat keinen bestimmten Namen, aber sie ist bekannt unter dem Namen "Neffe von XXXX ".

R: Gibt es noch Fluchtgründe?

BF: Ja. Ein Sohn von unserem Nachbar wurde auch von denen umgebracht. Der Vater von diesem Ermordeten war ein Fleischhacker.

R: Was hat das mit Ihnen zu tun?

BF: Ich erzähle.

Die Tötung des Sohnes unseres Nachbarn ist passiert, bevor sie uns gestoppt haben. Zuerst wurde der Fleischhacker-Sohn - der selbst auch Fleischhacker war - getötet, dann ist dieser Vorfall mit uns passiert und dann haben wir das Land verlassen und sind geflüchtet.

R: Was hat die Tötung des Sohnes des Nachbarn mit Ihnen zu tun?

BF: Wenn sie den Sohn des Nachbarn getötet haben, können sie uns dann nicht auch töten?

R: Sie haben vorhin gesagt, dass die Männer nicht gewusst hätten, wo Sie wohnen. Wie erklären Sie sich das mit Ihrem Vorbringen jetzt zum Schluss?

BF: Was hat das damit zu tun? Unser Vorfall mit denen ist um 21.00 Uhr passiert und was macht man um diese Uhrzeit auf der Straße? Die gehen davon aus, dass wir dort irgendwo leben. Am Anfang habe ich gedacht, dass sie nicht genau wissen, wo wir leben. BF zur Richterin: Sie haben mich gefragt, ob die Leute zu mir nach Hause gekommen sind und geklopft haben?

R: Das habe ich nicht gefragt.

R an RV: Habe ich den BF das gefragt?

RV: Nein.

BF: Haben Sie doch, oder nicht? Dann habe ich das falsch verstanden. Es war ein Missverständnis.

R: Daher habe ich Ihnen gesagt, dass Sie in Ihrer Muttersprache sprechen sollen.

Der D bringt vor: Der BF hat auch vorhin in Dari von Beamten gesprochen, welche das Geld für die Fuhr am Ende des Monats gezahlt hätten. Später sagte er "Studenten" und das ist verwirrend.

Die R hält dazu dem BF vor wie vorhin befragt und von ihm beantwortet wurde:

"R: Ab dem Zeitpunkt, wo Sie nicht mehr aus dem Haus gegangen sind, sind da noch Männer nach Hause gekommen?

BF: Nein, sie haben nicht gewusst, wo wir wohnen."

BF antwortet darauf: damit war gemeint, dass die nicht genau wissen wo wir gelebt haben. Da wir um 21 Uhr auf dieser Straße waren, könnten diese Männer davon ausgehen, dass sie uns dort irgendwo finden können. Und deswegen waren die beiden in einem Geschäft und das Geschäft ist auch in der Nähe von uns.

Ich habe auf Deutsch gesprochen, um zu zeigen, dass ich die deutsche Sprache beherrsche.

R: Sie sprechen sehr gut Deutsch und haben auch mehrere Zeugnisse über Deutschprüfungen. Ich möchte, dass Sie eine Sprache verwenden, in der Sie sich wohlfühlen, daher ist der D da.

R: Haben Sie sonst noch Fluchtgründe, die Sie vorbringen möchten, aber noch nicht vorgebracht haben?

BF: Nein. Wie Sie wissen ist die Sicherheitslage in Afghanistan sehr schlecht. Täglich kommen mehrere Unschuldige ums Leben. Sogar viele Leute sind beim Eidfest auch umgebracht worden.

R: Waren das Schiiten oder Sunniten?

BF: Das weiß ich nicht genau. Wie kann man in Afghanistan leben. Überall üben die Selbstmordattentate in Schulen und Moscheen aus.

R: Gibt es sonst noch Fluchtgründe oder haben Sie alle vorgebracht?

BF: Das war es.

R: Wurden Sie in Afghanistan aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit jemals bedroht oder verfolgt?

BF: Nein.

R: Wurden Sie in Afghanistan aufgrund Ihrer Religionszugehörigkeit jemals bedroht oder verfolgt?

BF: Nein.

R: Waren Sie in Afghanistan einmal Mitglied einer Partei oder sonst politisch tätig? BF: Nein.

R: Waren Sie in Afghanistan jemals in Haft?

BF: Nein.

R: Sind Sie in Afghanistan vorbestraft oder werden Sie mit einer staatlichen Fahndungsmaßnahme wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief gesucht? BF: Nein.

R: Hatten Sie in Afghanistan jemals Probleme mit Behörden, der Polizei oder einem Gericht? BF: Nein.

R: Hatten Sie in Österreich jemals Probleme mit Behörden, der Polizei oder einem Gericht? BF dtoÜ: nein. Ich habe schon eine Bestätigung, da können Sie auch schauen. Die habe ich von der Gemeinde bekommen. Ich brauche das für die Schule.

R: Nahmen Sie in Afghanistan an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil?

BF: Nein.

R: Wurden Sie in Afghanistan jemals von irgendjemandem bedroht oder verfolgt wegen Blutfehde, Racheakte oder dergleichen?

BF: Nein.

R: Was befürchten Sie für Ihr Leben, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten? BF: Die Leute dieser Gruppe von der ich heute erzählt habe sind sehr mächtig. Sie können mich sofort am Flughafen schnappen. Die meisten Überfallsorte dieser Leute kenne ich nicht genau, aber ich weiß, dass die Überfälle dieser Gruppe in unserem Stadtteil von Kabul passiert sind. Aber mehr genau weiß ich nicht. Ich habe große Angst vor Selbstmordattentaten die fast täglich in Afghanistan passieren."

8. Vorgelegt wurden folgende Unterlagen:

* Bestätigung über Teilnahme an Ausbildung zum Pflegeassistenten

* Bestätigung über Vorstellungstermin bei Kolping

* Praktikumszusage der Filiale von DM in XXXX betreffend den BF

* Bestätgiung über Vorstellungstermin bei Kolping, Einrichtung für Menschen mit Behinderung für ein Praktikum

* Fotos über den praktischen Unterricht in der Schule für Sozialsbetreuungsberufe

* Bestätigung über die Bewerbung als geringfügig beschäftigter Regalbetreuer

* Empfehlungsschreiben des XXXX

* Empfehlungsschreiben des XXXX

* Spielerstatistik des BF beim XXXX in der Reservemannschaft

* Fotos des Fußballclubs, von Geburtstagsfeiern, von der Schulgemeinschaft

9. Mit Email vom 13.7.2018 wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

* ÖSD-Zertifikate A1 bis B2

* Deutschkursbestätigungen

* Bestätigungen über Pflichtschulabschlusskurs

* Sozialberichte der Caritas

* Empfehlungsschreiben

* Fotographien

* Bestätigungen über gemeinnützige Tätigkeiten

10. Die Rechtsvertretung gab in der Verhandlung des Bruders am 30.8.2018 eine schriftliche Stellungnahme vom 27.8.2018 ab, worin zur Blutrache ausgeführt wird, zur allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage, ein Fehlen sozialer / familiärer Anknüpfungspunkte vorgebracht wird, auf das Gutachten Stahlmann vom 28.3.2018 eingegangen wird und ein Kalenderblatt mit Anschlägen in Kabul mitgesendet wird. Darin wird handschriftlich nach der Einvernahme des XXXX von der Rechtsvertreterin anstelle "Regierungstätigkeit des Neffen von XXXX " "Regierungstätigkeit von Abdul Raol XXXX , dessen Neffe Anführer der Gruppe ist" ersetzt und durch handschriftliche Ergänzung im Schriftsatz behauptet, der BF wäre Blutrache ausgesetzt bzw gehöre der "Sozialen Gruppe der Personen, welche durch die Gruppierung des Neffen von XXXX verfolgt werden", an. Handschriftlich wurde auch im Satz auf Seite 5 des Schriftsatzes "... dass auch bereits ein Nachbar der Beschwerdeführer durch die Gruppierung getötet wurde" ersetzt, sodass der Satz nun lautet: "... dass auch bereits der Sohn eines Nachbarn der Beschwerdeführer durch die Gruppierung getötet wurde".

Ebenso wurde das ärztliche Attest Dirs. XXXX über die nötige gesundheitliche Eignung des BF zur Ausübung des angestrebten Berufes übergeben.

11. Mit Email vom 12.9.2018 langten Unterlagen des BF ein, nämlich:

* Schulbesuchsbestätigung der Schule für XXXX

12. Mit Email vom 22.11.2018 langten Unterlagen des BF ein, nämlich:

* Zeugnis über die Abschlusssprüfung aus Berufsorientierung vom 19.9.2018

* Fotos über die Ausbildung und Alltagsgestaltung

13. Mit Email vom 17.1.2019 langten weitere Unterlagen des BF ein, nämlich:

* Bestätigung der VHS über Pflichtschulabschluss

* Foto der Weihnachtsfeier in der Schule für Pflegeassistenz und XXXX

* Bestätigung der Lehrerin der Schule für XXXX

14. Mit Email vom 7.6.2019 langten weitere Unterlagen des BF ein, nämlich:

* Semesterzeugnis der Schule für Pflegeassistenz und XXXX

* Praktikumsbeurteilung

15. Mit Email vom 7.6.2019 langten weitere Unterlagen des BF ein, nämlich:

* Empfehlungsschreiben der XXXX

* ZMR-Auszüge

* Sozialversicherungsauszug

* Praktikumsbeurteilung - Pflegeassistenz des Hilfswerk

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Auf Grundlage des eingebrachten Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung sowie Einvernahme des BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im gesamten Verfahren vorgelegten Dokumente, aufgrund der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht betreffend den BF am 30.8.2018 und betreffend den Bruder des BF am 1.8.2018, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakte der belangten Behörde, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, in das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und dieser Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Die Identität steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

1.1. Feststellungen zum BF und zu den Fluchtgründen:

1.1.1. Der BF ist afghanischer Staatangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung. Der BF stammt aus Kabul in Afghanistan. Er ist am XXXX geboren.

1.1.2. Der BF ist ledig und ohne Sorgepflichten. Die Eltern und zwei Schwestern des BF leben im Iran. Der BF verfügt über einen Bruder und eine Cousine in Österreich.

1.1.3. Seine Muttersprache ist Dari und er hat in Afghanistan Schulbildung im Umfang unbekannten Ausmaßes erreicht. In Afghanistan konnte der BF Berufserfahrung als Taxifahrer erlangen. Der BF ist in Österreich gemeinnützig tätig, besucht die Schule für Pflegeassistenz und XXXX und hat sich bereits um diverse Praktikaplätze und als geringfügig Beschäftiger beworben.

1.1.4. Er reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte im November 2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.5. Der BF leidet an keinen Krankheiten.

1.1.6. Der BF spricht deutsch.

1.1.7. Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten.

1.1.8. Dass dem BF eine asylrelevante Verfolgung nach der Genfer Flüchtlingskonvention in seinem Herkunftsstaat Afghanistan gedroht hat bzw nach seiner Rückkehr droht, kann nicht festgestellt werden.

1.1.9. Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret dem BF als Angehöriger seiner Volksgruppe sowie als sunnitischer Moslem bzw dass jeder Angehörige der Volksgruppe des BF sowie der Glaubensrichtung des BF in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

1.1.10. Es kann weder festgestellt werden, dass konkret der BF aufgrund der Tatsache, dass sich zuletzt in Europa aufgehalten hat, noch, dass jeder afghanische Staatsangehörige, welcher aus Europa nach Afghanistan zurückkehrt, in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

1.1.11. Dem BF droht im Falle der Rückkehr nicht eine Verfolgung aufgrund der Rückkehr aus dem westlichen Ausland.

1.2. Feststellungen zur Rückkehrmöglichkeit des BF:

1.2.1. Der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit vom Konflikt sowie dessen Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Die Herkunftsprovinz des BF ist Kabul. In Anbetracht der UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018 ist die Hauptstadt Kabul als Ort für die Wiederansiedelung außer Acht zu lassen. Aus den letzten KI (Kurzinformationen) zur Aktualisierung des Länderberichts vom 4.6.2019 und 26.3.2019 kommt hervor: Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b).

Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019).

Im Falle der Rückkehr dorthin droht dem BF ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.

1.2.2. Der BF kann sich in Afghanistan in Balkh in Mazar-e Sharif ansiedeln.

Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri, sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Laut Länderbericht wurden im Dezember 2017 verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017). Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017). Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz bloß 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen und ist daher eine gefahrlose Rückkehr von Österreich über den Luftweg möglich.

1.2.3. Der BF kann sich bei der Rückkehr in den Herkunftsstaat auch in der innerstaatlichen Fluchtalternative Herat ansiedeln.

Laut Länderbericht ist Herat eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat. Herat verfügt über einen internationalen Flughafen, sodass der BF Herat von Österreich aus gefahrlos über den Fluchtweg erreichen kann.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsort Kabul oder in die Fluchtalternativen Herat oder Mazar-e Sharif Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose beziehungsweise existenzbedrohende Situation zu geraten. Eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder eine für ihn als Zivilperson ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Fall einer Rückkehr kann damit nicht festgestellt werden.

1.3. Feststellungen zum Herkunftsstaat:

(basierend auf dem Länderbericht der Staatendokumentation sowie auf den

untenstehend angeführten weiteren Quellen):

Aus dem Länderbericht der Staatendokumentation vom 29.06.2018 Fassung der Aktualisierung idF 4.6.2019:

Der Inhalt dieser Kurzinformation wurde mit 4.6.2019 in das LIB Afghanistan übernommen (Relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage).

KI vom 4.6.2019, politische Ereignisse, zivile Opfer, Anschläge in Kabul, IOM

Politische Ereignisse: Friedensgespräche, Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl

Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung, Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban, Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi, die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen. Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments, Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete, die Taliban hätten kein Interesse daran, Teil der aktuellen Regierung zu sein, und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).

Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil, was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen, das für Mitte April 2019 in Katar geplant war, zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).

Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quelle zufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).

Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der 34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).

Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).

Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).

Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).

Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).

Anschläge in Kabul-Stadt

Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b).

Des Weiteren wurden im Laufe der letzten zwei Maiwochen vier Kontrollpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte durch unbekannte bewaffnete Männer angegriffen (Tolonews 31.5.2019b).

Am 30.5.2019 wurden in Folge eines Selbstmordangriffes nahe der Militärakademie Marshal Fahim im Stadtteil Char Rahi Qambar (PD5) sechs Personen getötet und 16 Personen, darunter vier Zivilisten, verletzt. Die Explosion erfolgte, während die Kadetten die Universität verließen (1 TV NEWS 30.5.2019). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag (AJ 30.5.2019).

Am 31.5.2019 wurden sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet und fünf Personen, darunter vier Mitglieder der US-Sicherheitskräfte, verletzt, nachdem ein mit Sprengstoff beladenes Auto in Qala-e Wazir (PD9) detonierte. Quellen zufolge war das ursprüngliche Ziel des Angriffs ein Konvoi ausländischer Sicherheitskräfte (Tolonews 31.5.2019c).

Am 2.6.2019 kam nach der Detonation von mehreren Bomben eine Person ums Leben und 17 weitere wurden verletzt. Die Angriffe fanden im Westen der Stadt statt, und einer davon wurde von einer Klebebombe, die an einem Bus befestigt war, verursacht. Einer Quelle zufolge transportierte der Bus Studenten der Kabul Polytechnic University (TW 2.6.2019). Der IS bekannte sich zu den Anschlägen und beanspruchte den Tod von "mehr als 30 Schiiten und Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte" für sich. Die Operation erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurde ein Bus, der 25 Schiiten transportierte, angegriffen, und darauf folgend detonierten zwei weitere Bomben, als sich "Sicherheitselemente" um den Bus herum versammelten. Vertreter des IS haben u.a. in Afghanistan bewusst und wiederholt schiitische Zivilisten ins Visier genommen und sie als "Polytheisten" bezeichnet. (LWJ 2.6.2019).

Am 3.6.2019 kamen nach einer Explosion auf der Darul Aman Road in der Nähe der American University of Afghanistan fünf Menschen ums Leben und zehn weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen einen Bus mit Mitarbeitern der Independent Administrative Reform and Civil Service Commission (Tolonews 3.6.2019)

US-Angaben zufolge ist die Zahl der IS-Anhänger in Afghanistan auf ca. 5.000 gestiegen, fünfmal so viel wie vor einem Jahr. Gemäß einer Quelle profitiert die Gruppierung vom "zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan und von aus Syrien geflohenen Kämpfern". Des Weiteren schließen sich enttäuschte Mitglieder der Taliban sowie junge Menschen ohne Zukunftsperspektive dem IS an, der in Kabul, Nangarhar und Kunar über Zellen verfügt (BAMF 3.6.2019). US-Angaben zufolge ist es "sehr wahrscheinlich", dass kleinere IS-Zellen auch in Teilen Afghanistans operieren, die unter der Kontrolle der Regierung oder der Taliban stehen (VOA 21.5.2019). Eine russische Quelle berichtet wiederum, dass ca. 5.000 IS-Kämpfer entlang der Nordgrenze tätig sind und die Nachbarländer bedrohen. Der Quelle zufolge handelt es sich dabei um Staatsbürger der ehemaligen sowjetischen Republiken, die mit dem IS in Syrien gekämpft haben (Newsweek 21.5.2019).

[...]

Rückkehr

Die International Organization for Migration (IOM) gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr. Diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten. Gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM (BAMF 20.5.2019).

KI vom 26.3.2019, Anschläge in Kabul, Überflutungen und Dürre, Friedensgespräche, Präsidentschaftswahl

Anschläge in Kabul-Stadt

Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat - Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019).

Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).

Überflutungen und Dürre

Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.3.2019).

Friedensgespräche

Kurz nach der Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und Vertretern der USA in Katar Ende Jänner 2019 fand Anfang Februar in Moskau ein Treffen zwischen Taliban und bekannten afghanischen Politikern der Opposition, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehrere "Warlords", statt (Qantara 12.2.201). Quellen zufolge wurde das Treffen von der afghanischen Diaspora in Russland organisiert. Taliban-Verhandlungsführer Sher Muhammad Abbas Stanaksai wiederholte während des Treffens schon bekannte Positionen wie die Verteidigung des "Dschihad" gegen die "US-Besatzer" und die gleichzeitige Weiterführung der Gespräche mit den USA. Des Weiteren verkündete er, dass die Taliban die Schaffung eines "islamischen Regierungssystems mit allen Afghanen" wollten, obwohl sie dennoch keine "exklusive Herrschaft" anstrebten. Auch bezeichnete er die bestehende afghanische Verfassung als "Haupthindernis für den Frieden", da sie "vom Westen aufgezwungen wurde"; Weiters forderten die Taliban die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Führer und die Freilassung ihrer gefangenen Kämpfer und bekannten sich zur Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten. Diesbezüglich aber nur zu jenen, "die im Islam vorgesehen seien" (z.B. lernen, studieren und sich den Ehemann selbst auswählen). In dieser Hinsicht kritisierten sie dennoch, dass "im Namen der Frauenrechte Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden" (Taz 6.2.2019).

Ende Februar 2019 fand eine weitere Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und USVertretern in Katar statt, bei denen die Taliban erneut den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan forderten und betonten, die Planung von internationalen Angriffen auf afghanischem Territorium verhindern zu wollen. Letzterer Punkt führte jedoch zu Meinungsverschiedenheiten: Während die USA betonten, die Nutzung des afghanischen Territoriums durch "terroristische Gruppen" vermeiden zu wollen und in dieser Hinsicht eine Garantie der Taliban forderten, behaupteten die Taliban, es gebe keine universelle Definition von Terrorismus und weigerten sich gegen solch eine Spezifizierung. Sowohl die Taliban- als auch die US-Vertreter hielten sich gegenüber den Medien relativ bedeckt und betonten ausschließlich, dass die Friedensverhandlungen weiterhin stattfänden. Während es zu Beginn der Friedensgesprächsrunde noch Hoffnungen gab, wurde mit Voranschreiten der Verhandlungen immer klarer, dass sich eine Lösung des Konflikts als "frustrierend langsam" erweisen würde (NYT 7.3.2019).

Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (Reuters 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019). Beispielsweise erklärte US-Unterstaatssekretär David Hale am 18.3.2019 die Beendigung der Kontakte zwischen US-Vertretern und dem afghanischen nationalen Sicherheitsberater Hamdullah Mohib, nachdem dieser US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen öffentlich kritisiert hatte (Reuters 18.3.2019).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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