TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/1 W235 2205709-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.08.2019
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Entscheidungsdatum

01.08.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz 1
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W235 2205709-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2018, Zl. 1188747708-180395985, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 25.04.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Ein Abgleich im VIS System des Bundesministeriums für Inneres hat ergeben, dass der Beschwerdeführerin von der italienischen Botschaft in Moskau ein Schengen-Visum für 90 Tage im Zeitraum XXXX .07.2017 bis XXXX .07.2018 erteilt worden war (vgl. AS 25).

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde die Beschwerdeführerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zunächst angab, an keinen Krankheiten zu leiden und nicht schwanger zu sein. In Österreich lebe Herr XXXX (auch und in der Folge: XXXX ), geb. XXXX den sie in einer Moschee in Wien traditionell "geheiratet" habe. Sie sei im August 2017 mit ihrem eigenen Reisepass aus der russischen Föderation ausgereist und direkt nach Österreich geflogen. Seit XXXX .09.2017 habe sie sich in einem kleinen Dorf in der Nähe von Wien aufgehalten. Den Namen des Dorfes kenne sie nicht. Die Beschwerdeführerin habe ein Visum für die Europäische Union erhalten; welches Land dieses Visum ausgestellt habe, wisse sie nicht. In Italien sei sie niemals gewesen.

Weiters wurde der Beschwerdeführerin am 25.04.2018 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihr zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Italien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Verfahrensanordnung wurde der Beschwerdeführerin am selben Tag übergeben und von ihr unterfertigt (vgl. AS 3).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 30.04.2018 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Italien.

Nach Durchführung eines Konsultations- sowie Remonstrationsverfahrens stimmte die italienische Dublinbehörde mit Schreiben vom 06.08.2018 der Aufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12. Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu (vgl. AS 195).

Am 24.08.2018 wurde der Beschwerdeführerin eine Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG übergeben, mit welcher ihr mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§ 29 Abs. 3 Z 4 AsylG), da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Italien angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde von der Beschwerdeführerin unterfertigt (vgl. AS 225).

1.4. Am 29.08.2018 fand eine Einvernahme der Beschwerdeführerin nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in welcher die Beschwerdeführerin zunächst angab, dass sie sich körperlich und geistig in der Lage fühle, die Einvernahme durchzuführen. Sie sei gesund, nur etwas nervös. Ihr zweiter Mann wohne in Österreich. Weiters würden noch Angehörige (Mutter, Bruder) ihres verstorbenen, ersten Mannes hier leben. Mit den Angehörigen ihres verstorbenen Mannes stehe sie jedoch nicht in Kontakt. Ihren jetzigen Mann habe sie in einem Geschäft in Wien in diesem Jahr - das Monat wisse sie nicht - zum ersten Mal getroffen. Es sei richtig, dass sie bereits im September 2017 nach Österreich gekommen sei, den Antrag auf internationalen Schutz jedoch erst im April 2018 gestellt habe. Sie habe nämlich auf ihren Sohn, der hätte nachkommen sollen, gewartet. Ihr Sohn sei nicht nachgekommen und habe sie auch keinen Kontakt zu ihm. Die Freunde, die das Visum organisiert hätten, hätten ihr gesagt, dass ihr Sohn nicht hierher kommen könne. Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, sie nach Italien auszuweisen, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie nicht nach Italien wolle. Dort kenne sie niemanden. Hier habe sie einen Mann, den sie in einer Woche offiziell heiraten werde. Weil ihr Mann hier sei, wolle sie nicht nach Italien. Wenn, dann würde sie mit ihrem Mann zusammen fahren wollen. Aber nicht alleine. Das Länderinformationsblatt zu Italien wolle sie nicht haben, weil sie nichts wolle, was mit Italien zu tun habe.

Einem Aktenvermerk des Bundesamtes vom 29.08.2018 ist zu entnehmen, dass die zuständige Standesbeamtin auf Nachfrage telefonisch bekannt gegeben hat, dass aktuell kein Termin für die Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und XXXX festgesetzt sei, da die Übersetzung einiger Dokumente des Herrn XXXX mangelhaft gewesen seien und neuerlich eingebracht werden müssten (vgl. AS 251).

1.5. Im Verwaltungsakt finden sich - offenbar ohne bezughabendes Vorbringen vorgelegte, aber dem Verfahren zuordenbare - Unterlagen in Kopie:

* "Ehevertrag" des Islamischen Zentrum Wien vom XXXX .04.2018, abgeschlossen zwischen der Beschwerdeführerin und XXXX ;

* zwei Seiten eines Nutzungsvertrags für eine Wohnung, abgeschlossen von Herrn XXXX (ohne Datum);

* Meldebestätigung des Herrn XXXX vom XXXX .05.2006, der zu entnehmen ist, dass diesem am XXXX .06.2003 ein österreichischer Konventionspass ausgestellt wurde;

* medizinisches Sachverständigengutachten betreffend XXXX vom XXXX .04.2018, demzufolge dieser trotz Funktionsbeeinträchtigung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb nachgehen kann und keiner Begleitperson bedarf;

* Schreiben des Sozialministerium Service vom XXXX .04.2018, mit dem Herrn XXXX ein Behindertenpass übermittelt und mitgeteilt wurde, dass ein Grad der Behinderung von 80% festgestellt wurde;

* Schreiben des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom XXXX .04.2018, demzufolge ein Anspruch auf Wohnunterstützung für Herrn XXXX festgestellt wird;

* Kopie eines Auszugs aus dem (aktuellen) Konventionsreisepass von XXXX , ausgestellt am XXXX .07.2017;

* Heiratsurkunde zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn XXXX vom XXXX .05.1991 (sowohl in russischer Sprache als auch in deutscher Übersetzung vorgelegt) und

* Sterbeurkunde von XXXX , ausgestellt am XXXX .10.2000 mit dem Sterbedatum XXXX .09.2000 (sowohl in russischer Sprache als auch in deutscher Übersetzung vorgelegt)

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrags zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Italien zulässig ist.

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass die Beschwerdeführerin an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide, die einer Außerlandesbringung nach Italien entgegenstünden. Festgestellt werde, dass ihr von der italienischen Vertretungsbehörde in der Russischen Föderation ein Visum für den Gültigkeitszeitraum XXXX .07.2017 bis XXXX .07.2018 ausgestellt worden sei. Festgestellt werde, dass sich Italien mit Schreiben vom 06.08.2018 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz zuständig erklärt und ihrer Übernahme ausdrücklich zugestimmt habe. Die Beschwerdeführerin führe eine Lebensgemeinschaft mit dem in Österreich aufhältigen anerkannten Flüchtling XXXX , geb. XXXX , den sie am XXXX .04.2018 nach islamischen Recht geheiratet habe. Es bestehe weder ein gemeinsamer Haushalt noch eine standesamtliche Ehe. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung der Person der Beschwerdeführerin in Österreich bestehe. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 8 bis 25 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme selbst bestätigt habe, gesund zu sein. Die Feststellung zur Ausstellung des italienischen Visums sei aufgrund des Ergebnisses ihrer erkennungsdienstlichen Behandlung getroffen worden. Aus der dargestellten Konstellation ergebe sich die Zuständigkeit Italiens gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung ihres Antrags auf internationalen Schutz. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Ferner seien die Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Angaben und der vorgelegten Unterlagen getroffen worden. Dass offenbar keine besondere Integrationsverfestigung ihrer Person in Österreich bestehe, ergebe sich schon aus der relativen Kürze ihres bisherigen Aufenthalts. Die Feststellungen zu Italien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass sie konkret Gefahr liefe, in Italien einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Zur Tatsache, dass sie mit einem anerkannten Flüchtling nach islamischem Recht verheiratet sei, werde angeführt, dass nach Art. 9 Dublin III-VO eine Ehe mit einem Schutzberechtigten nur dann zur Zuständigkeit des diesem Schutz gewährenden Staates führen könne, wenn dieser unter die Definition eines Familienangehörigen falle. Sie sei mit ihrem Lebensgefährten jedoch nicht standesamtlich verheiratet und werde eine lediglich nach islamischem Recht geschlossene Ehe in der österreichischen Rechtsordnung nicht anerkannt. Ihr Lebensgefährte gelte daher nicht als Familienangehöriger im Sinne des Art. 2 lit. g Dublin III-VO. Dass die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte eine standesamtliche Heirat beabsichtigen würden, sei ebenso unerheblich. Ausschlaggebend sei das Personalstatut zum Zeitpunkt der erstmaligen Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz. In Bezug auf ihren Lebensgefährten werde zwar nicht verkannt, dass eine tatsächliche Beziehung und eine emotionale Bindung bestünden, allerdings habe die Beschwerdeführerin ihren Lebensgefährten erst nach ihrer Einreise und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem sie sich der Unsicherheit ihres weiteren Aufenthalts in Österreich hätte bewusst sein müssen, kennen gelernt. Auch lebe die Beschwerdeführerin weiterhin in einer Betreuungsstelle des Bundes, hingegen lebe ihr Lebensgefährte in einer Mietwohnung in Graz. Dem Sachverständigengutachten betreffend den Gesundheitszustand ihres Lebensgefährten sei zudem zu entnehmen, dass dieser keiner Begleitperson bedürfe. Daher könne auch nicht erkannt werden, dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Lebensgefährten ein Abhängigkeitsverhältnis bestünde, das eine Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin als unzulässig erscheinen ließe. Es hätten sich im Verfahren auch keine Hinweise ergeben, dass durch eine Außerlandesbringung in unzulässiger Weise in ihr Recht auf Privatleben eingegriffen werde. Insbesondere vermöge die Dauer ihres Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer damals bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in Italien nie einen Asylantrag gestellt habe. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte hätten am XXXX .09.2018 geheiratet und habe die Beschwerdeführerin die Absicht einer offiziellen Eheschließung bereits im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt geäußert. Es sei nicht ersichtlich, wieso das Bundesamt diese nicht abgewartet habe. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann hätten sich nach Ankunft der Beschwerdeführerin regelmäßig getroffen und in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt. Der Ehemann der Beschwerdeführerin lebe seit ca. 16 Jahren in Österreich und sei anerkannter Flüchtling. Es habe sich durch die Heirat am XXXX .09.2018 eine wesentliche Änderung des Sachverhalts ergeben. Im Rahmen dieser Beschwerde werde von der Beschwerdeführerin der Wunsch geäußert, dass Österreich seine Zuständigkeit für die Prüfung [des Asylverfahrens] anerkenne. Es ergebe sich nunmehr der Anwendungsbereich von Art. 9 Dublin III-VO. Auch hätten die italienischen Behörden die Übernahme der Beschwerdeführerin unter Verweis auf Art. 9 Dublin III-VO zunächst abgelehnt. Trotz der aktuell bestehenden Zuständigkeit Italiens könne das Verfahren in Österreich zu führen sein, wenn die Außerlandesbringung einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht nach Art. 8 EMRK darstellen würde. Darüber hinaus könne sich eine Zuständigkeit Österreichs auch aufgrund des Vorliegens einer Abhängigkeit nach Art. 16 Dublin III-VO oder humanitärer Gründe nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO ergeben. Hiermit habe sich die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht befasst. Ferner seien die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in Italien unvollständig und teilweise einseitig.

Der Beschwerde beigelegt war die Heiratsurkunde vom XXXX .09.2018 zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn XXXX , ausgestellt vom Standesamt XXXX (vgl. AS 331).

4. Mit Schreiben vom 10.10.2018 gab die Landespolizeidirektion Niederösterreich bekannt, dass die Beschwerdeführerin am selben Tag auf dem Luftweg nach Italien überstellt worden war.

5. Am 21.01.2019 langte ein E-Mail der damals bevollmächtigten Vertretung der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welchem mitgeteilt wurde, dass sich die Beschwerdeführerin in einer "Nervenanstalt" in XXXX (Italien) befinde und wurde um Wiedervereinigung mit ihrem Ehegatten ersucht.

6.1. Mit E-Mail vom 27.02.2019 teilte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass die Beschwerdeführerin seit dem selben Tag wieder in Österreich aufhältig sei und bei ihrem Ehemann Unterkunft nehme.

6.2. Am 19.03.2019 richtete das Bundesamt im Rahmen eines neuerlichen Konsultationsverfahrens ein Wiederaufnahmegesuch an die italienische Dublinbehörde, welchem diese durch Verfristung zustimmte, was ihr vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Schreiben vom 04.04.2019 mitgeteilt wurde.

6.3. Am 08.05.2019 wurde die Beschwerdeführerin erneut auf dem Luftweg nach Italien überstellt (vgl. OZ 11).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit. Sie hat die Russische Föderation im August 2017 verlassen und ist in Besitz eines von XXXX .07.2017 bis XXXX .07.2018 gültigen italienischen Schengen-Visums nach Österreich geflogen, wo sie sich ab XXXX .09.2017 in der Nähe von Wien aufgehalten hat. Am 25.04.2018 stellte sie den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Festgestellt wird sohin, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich im Besitz eines gültigen italienischen Schengen-Visums war.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 30.04.2018 ein Aufnahmegesuch an Italien, welches von der italienischen Dublinbehörde nach Remonstration am 06.08.2018 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO erteilt wurde.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Italien Gefahr läuft, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.

Nach ihrer Einreise in Österreich lernte die Beschwerdeführerin den in Österreich asylberechtigten russischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , kennen und schloss mit ihm am XXXX .04.2018 eine traditionelle islamische "Ehe". Am XXXX .09.2018 heiratete die Beschwerdeführerin ihren Lebensgefährten auch standesamtlich. Ein gemeinsamer Haushalt bestand zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten lediglich zwischen XXXX .02.2019 und XXXX .05.2019. Das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses wird nicht festgestellt. Darüber hinaus bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet.

Am 10.10.2018 wurde die Beschwerdeführerin auf dem Luftweg nach Italien überstellt. Nachdem sie nach Italien überstellt worden war, reiste die Beschwerdeführerin am 27.02.2019 wieder in das österreichische Bundesgebiet ein. Einem Wiederaufnahmegesuch betreffend die Beschwerdeführerin stimmte die italienische Dublinbehörde durch Verfristung zu, was ihr mit Schreiben vom 04.04.2019 vom Bundesamt mitgeteilt wurde. Am 08.05.2019 wurde die Beschwerdeführerin erneut auf dem Luftweg ohne besondere Vorkommnisse nach Italien überstellt.

1.2. Zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien:

Zum italienischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien wurden auf den Seiten 8 bis 25 des angefochtenen Bescheides umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines:

Laut offizieller italiensicher Statistik wurden 2018 bis zum 22. Juni 32.558 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren

24.519 Anträge negativ erledigt, 3.105 erhielten Flüchtlingsstatus,

1.896 erhielten subsidiären Schutz, 13.050 erhielten humanitären Schutz. 3.415 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (Mdl. 22.6.2018).

Mit Stand 31.5.2018 waren 167.739 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht (VB 26.6.2018).

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017).

[...]

Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 3.3.2017).

[...]

b). Dublin-Rückkehrer:

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).

3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).

5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde (AIDA 2.2017).

6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017).

c). Unterbringung:

Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatisch aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Gemäß der Praxis in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Tatsächlich ist diese Problematik durch die Erweiterung der SPRAR-Kapazitäten und Einführung der temporären Unterbringungsstrukturen (CAS) nur für Personen relevant, die ihren Antrag im Land stellen, nicht für auf See geretteten Asylwerber (AIDA 2.2017).

[...]

Dublin-Rückkehrer die noch nicht in Italien offiziell untergebracht waren, haben Zugang zu Unterbringung. Eine allgemeine Aussage, wie lange es dauert bis tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Aufgrund von Informationsmangel, Fragmentierung des Systems und Platzknappheit, dauert es tendenziell länger. In den letzten Jahren wurden daher temporäre Aufnahmestrukturen für die Rückkehrer geschaffen, in denen vulnerable Fälle verbleiben bis eine alternative Unterbringung gefunden ist, bzw. in denen nicht-vulnerable Fälle bleiben, bis ihr rechtlicher Status geklärt ist. Berichten zufolge kommt es aber vor, dass Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden und sich daher selbst um ihre Unterbringung - mitunter in Behelfssiedlungen - kümmern müssen (AIDA 2.2017).

Wenn Rückkehrer in Italien bereits einmal offiziell untergebracht waren und diese Unterbringung einfach verlassen haben, kann dies zu Problemen führen. Wenn diese Personen nach Rückkehr einen Antrag auf Unterbringung stellen, kann dieser von der zuständigen Präfektur abgelehnt werden. Ebenso haben Rückkehrer mit einem Schutzstatus in Italien Probleme beim Zugang zu Unterbringung (AIDA 2.2017).

[...]

d). Medizinische Versorgung:

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Das Recht auf medizinische Versorgung erfolgt im Moment der Registrierung eines Asylantrags, der wiederum von der Zuweisung eines "codice fiscale" (Steuer-Codes) abhängt, der von den Quästuren im Zuge der Formalisierung des Asylantrags vergeben wird. Das kann Wochen oder sogar Monate dauern, zumal 2016 ein eigenes Steuercode-System für Asylwerber eingeführt wurde. Bis dahin haben Asylsuchende nur Zugang zu medizinischen Basisleistungen wie etwa einer Notfallversorgung, wie sie gemäß Artikel 35 des Einwanderungsgesetzes (TUI) auch illegalen Migranten zusteht. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen:

freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern (AIDA 2.2017).

Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. Die Praxis ist aber nicht im ganzen Land einheitlich. Auch bezüglich der Verlängerung der Befreiung gibt es regional unterschiedliche Regelungen. Die Sprachbarriere ist das größte Zugangshindernis zu medizinischer Versorgung. Asylwerber und Schutzberechtigte mit psychischen Problemen (z.B. Folteropfer) haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. Seit April 2016 existiert in Rom ein NGO-Projekt zur Indentifizierung und Rehabilitation von Folteropfern (AIDA 2.2017).

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung wird in der Praxis dadurch beeinträchtigt, dass viele Asylwerber und Schutzberechtigte nicht über ihre Rechte und das administrative Verfahren zum Erhalt einer Gesundheitskarte informiert sind. Dies gilt insbesondere, wenn sie sich in einer prekären Wohnsituation befinden (SFH 8.2016).

Auch illegal aufhältige Personen können von medizinischen Notdiensten usw. Gebrauch machen. Die Gesetze verbieten es dem medizinischen und Verwaltungspersonal, die Polizei bezüglich illegaler Migranten zu informieren (UNHRC 21.7.2014).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen - darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO - samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Italien den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit), zur Ausreise aus der Russischen Föderation, zu ihrer direkten Weiterreise nach Österreich sowie zu ihrem Aufenthalt ab XXXX .09.2017 in der Nähe von Wien und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesamt sowie aus dem Akteninhalt.

Dass die Beschwerdeführerin in Besitz eines von XXXX .07.2017 bis XXXX .07.2018 gültigen italienischen Visums nach Österreich geflogen ist und sohin zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich am XXXX .09.2017 in Besitz eines gültigen italienischen Schengen-Visums war, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere aus dem Abgleich im VIS-System des Bundesministeriums für Inneres und wurde darüber hinaus von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten, sondern in der Erstbefragung eingeräumt, dass sie ein Visum für die Europäische Union erhalten habe.

Die Feststellungen zum Aufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführerin durch Italien am 06.08.2018 ergeben sich aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden.

Eine die Beschwerdeführerin konkret treffende Bedrohungssituation in Italien wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien entgegenstehen könnten bzw. entgegengestanden sind, ergibt sich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab sie dezidiert an, an keinen Krankheiten zu leiden bzw. gesund zu sein (vgl. AS 7 bzw. AS 242). Zum Vorbringen der vormaligen Vertretung im E-Mail vom 21.01.2019, die Beschwerdeführerin befinde sich in Italien in einer "Nervenanstalt" ist zunächst anzumerken, dass dieses Vorbringen lediglich unsubstanziiert in den Raum gestellt wurde. Es wurden weder Nachweise (im Sinne von Aufenthaltsbestätigungen oder sonstige medizinische Unterlagen) vorgelegt noch wurde in weiterer Folge des Verfahrens - die Beschwerdeführerin befand sich zwischen XXXX .02.2019 und XXXX .05.2019 erneut im Bundesgebiet - dieses Vorbringen aufrechterhalten bzw. ergänzt. Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin nach dem behaupteten Aufenthalt in der "Nervenanstalt" in der Lage war, selbständig zurück nach Österreich zu reisen, hier etwas mehr als zwei Monate aufhältig war ohne medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen und letztlich ohne besondere Vorkommnisse nach Italien überstellt werden konnte, sodass - insgesamt betrachtet - die Feststellung zu treffen war, dass die Beschwerdeführerin weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die ein Überstellungshindernis gewesen wäre.

Dass die Beschwerdeführerin einen in Österreich asylberechtigten russischen Staatsangehörigen nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet kennengelernt hat, gründet im Wesentlichen auf ihren eigenen Angaben. Wenn in der Beschwerde diesbezüglich ausgeführt wird, dass sich die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte nach der Ankunft der Beschwerdeführerin regelmäßig getroffen und in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt hätten, widerspricht dieses Vorbringen den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 29.08.2018, sie habe ihren späteren Ehegatten dieses Jahr (sohin 2018) in einem Geschäft in Wien das erste Mal getroffen (vgl. AS 242), sodass die Beschwerde offensichtlich versucht, hier eine schon im Herkunftsstaat bzw. schon länger bestehende Beziehung zu konstruieren. Die Feststellung, dass Herr XXXX tatsächlich Konventionsflüchtling ist, ergibt sich aus der vorgelegten Kopie seines aktuellen Konventionsreisepasses (ausgestellt am XXXX .07.2017) sowie aus seiner Meldebestätigung vom XXXX .05.2006. Die Feststellung zur islamischen "Eheschließung" basiert auf dem vorgelegten "Ehevertrag" des Islamischen Zentrum Wien vom XXXX .04.2018, jene zur standesamtlichen Eheschließung auf der Heiratsurkunde vom XXXX .09.2018. Dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten lediglich zwischen XXXX .02.2019 und XXXX .05.2019 ein gemeinsamer Haushalt bestand, ist aus dem Zentralen Melderegister ersichtlich (vgl. hierzu den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug vom 24.07.2019). Die Feststellung zum Nichtvorliegen eines (finanziellen oder sonstigen) Abhängigkeitsverhältnis gründet zum einen darauf, dass ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet wurde und die Beschwerdeführerin als Asylwerberin darüber hinaus Anspruch auf Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung hatte, welche sie im Übrigen auch bezogen hat. Auch aus den im Verfahren - ohne erkennbar bezughabendes Vorbringen - vorgelegten Unterlagen betreffend den Gesundheitszustand des Ehegattens der Beschwerdeführerin lässt sich keine Abhängigkeit des Ehegattens von der Beschwerdeführerin aufgrund einer Pflegebedürftigkeit entnehmen. Zusammengefasst ist diesen Unterlagen zu entnehmen, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin trotz Funktionsbeeinträchtigung eingeschränkt erwerbsfähig ist und keiner Begleitperson bedarf (vgl. medizinisches Sachverständigengutachten vom XXXX .04.2018).

Die Feststellung zur ersten Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 10.10.2018. Dass die Beschwerdeführer am 27.02.2019 erneut in das Bundesgebiet eingereist ist, ist aus einem E-Mail des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ersichtlich. Auch die Feststellung zum zweiten Konsultationsverfahren mit Italien gründet auf einer Auskunft des Bundesamtes. Letztlich ergibt sich die Feststellung zur zweiten Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien am 08.05.2019 aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich.

2.2. Die Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Italien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und - jedenfalls zum ersten Überstellungszeitpunkt - aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Italien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Die Beschwerdeführerin selbst wollte zu diesen Länderfeststellungen keine Stellungnahme abgeben (vgl. AS 243). Aber auch die Beschwerde ist diesen Länderfeststellungen nicht substanziiert entgegengetreten. In der Beschwerde wurde lediglich in den Raum gestellt, dass die Länderfeststellungen der Behörde unvollständig und teilweise einseitig seien. Welche Teile als einseitig betrachtet werden bzw. wodurch die Länderfeststellungen ergänzt hätten werden sollen, gibt die Beschwerde nicht an, sodass dem Vorbringen ein substanziiertes Bestreiten nicht zu entnehmen ist, zumal keine alternativen Berichte in das Verfahren eingeführt wurden. Mangels konkretem Vorbringen sind die Beschwerdeausführungen daher nicht geeignet, die durch tatsächlich aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid zu entkräften.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 9 Familienangehörige, die Begünstigte internationalen Schutzes sind

Hat der Antragsteller einen Familienangehörigen - ungeachtet der Frage, ob die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat -, der in seiner Eigenschaft als Begünstigter internationalen Schutzes in einem Mitgliedstaat aufenthaltsberechtigt ist, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundtun.

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaates im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

[...]

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entschei

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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