Entscheidungsdatum
05.08.2019Norm
AsylG 2005 §57Spruch
W152 2140931-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Philippinen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.09.2016, Zl. 580554109-14604178, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben
und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
1. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Philippinen, stellte am 13.02.2012 einen Erstantrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsbewilligung besonderer Schutz" gemäß § 69a NAG. Zu diesem Antrag brachte sie zusammengefasst vor, sie sei von ihrer Schwester gefragt worden, ob sie im Haushalt einer in Österreich lebenden Diplomatin arbeiten wolle. Sie habe eingewilligt, als Haushaltshilfe nach Österreich zu kommen. Es seien ein monatliches Entgelt von EUR 839,10,- sowie zwei freie Tage pro Woche und Urlaub vereinbart worden. Die Arbeitgeberin habe die Reise organisiert und bezahlt und die Beschwerdeführerin sei im Oktober 2009 nach Österreich gekommen, um ihre Stelle anzutreten. Die Beschwerdeführerin habe in Österreich jeden Tag von 6 bis 23 Uhr arbeiten und in der Nacht ein Baby versorgen müssen. Sie habe keine Arbeitspausen gehabt, sei angeschrien und beschimpft worden und habe in den ersten vier Wochen das Haus überhaupt nicht verlassen dürfen. Auch in Folge habe sie einmal pro Monat wenige Stunden das Haus verlassen dürfen. Ihr seien auch nur EUR 300,- statt der vertraglich zugesicherten Summe bezahlt worden. Die Arbeitgeberin habe den von der Beschwerdeführerin geäußerten Wunsch, sie solle sie nach Hause schicken, ignoriert. Nach zwei Jahren habe ihr die Arbeitgeberin einen gleichlautenden Arbeitsvertrag vorgelegt, ihre Unterschrift verlangt und dazu gesagt, dass sich an den Arbeitsbedingungen aber nichts ändern würde. Daraufhin habe sich die Beschwerdeführerin zur Flucht entschieden und sich mit der Botschaft sowie einer privaten Interventionsstelle in Verbindung gesetzt, sie sei Opfer von Menschenhandel im Sinne des § 104a StGB.
In der begründeten Stellungnahme gemäß § 69a Abs. 2 NAG gab die Sicherheitsdirektion Wien am 26.03.2012 bekannt, dass keine fremdenpolizeilichen Bedenken gegen den Aufenthaltstitel bestehen würden.
Am 04.06.2012 wurde der Beschwerdeführerin durch die MA 35 die "Aufenthaltsbewilligung besonderer Schutz" gemäß § 69a Abs. 1 Z 2 NAG ausgefolgt.
1.2. Am 17.12.2012 beantragte die Beschwerdeführerin die Ausstellung eines Duplikats ihres Aufenthaltstitels und legte eine Diebstahlsanzeige der Landespolizeidirektion Wien vom 14.12.2012 vor. Das Duplikat wurde der Beschwerdeführerin am 31.12.2012 ausgehändigt.
1.3. Am 21.05.2013 stellte die Beschwerdeführerin einen Verlängerungsantrag ihrer "Aufenthaltsbewilligung besonderer Schutz" gemäß § 69a NAG. Begründend führte sie an, sie sei Opfer des Frauenhandels gemäß § 104a StGB und habe am 14.02.2012 beim Landeskriminalamt Wien Anzeige erstattet. Die Beschuldigte habe allerdings diplomatischen Status, weshalb die Staatsanwaltschaft St. Pölten das Verfahren vorerst abgebrochen habe. Eine Wiederaufnahme bei Aberkennung oder Ablaufen des diplomatischen Status sei jedoch möglich. Die Beschwerdeführerin stelle sich auch gerne weiteren gerichtlichen Ermittlungen als Zeugin zur Verfügung. Sie habe bereits große Schritte in Richtung Integration in Österreich gemacht und strebe eine Zweckänderung auf den Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte Plus" an.
Die "Aufenthaltsbewilligung besonderer Schutz" gemäß § 69 Abs. 1 Z 3 NAG wurde der Beschwerdeführerin am 01.07.2013 ausgefolgt.
1.4. Am 12.05.2014 stellte die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Verlängerungsauftrag ihres "Aufenthaltstitels besonderer Schutz" gemäß § 59 AsylG 2005. Begründend erneuerte sie im Wesentlichen ihr Vorbringen zu ihrem Verlängerungsantrag vom 21.05.2013. Außerdem brachte sie vor, sie strebe Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 an und erfülle die Bedingungen für eine "Rot-Weiß-Rot - Karte Plus".
1.5. Seitens der gewillkürten Vertretung der Beschwerdeführerin wurde am 20.08.2014 und am 05.11.2014 um Mitteilung des Verfahrensstandes ersucht.
1.6. Am 17.11.2014 ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, die gewillkürte Vertretung der Beschwerdeführerin um Mitteilung, ob ein Verfahren vor dem Zivilgericht anhängig sei.
Am selben Tag gab die Beschwerdeführerin durch ihre gewillkürte Vertretung bekannt, dass kein Verfahren vor einem Zivilgericht anhängig sei. Es werde jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass ein abgebrochenes Strafverfahren anhängig sei, in dem die Beschwerdeführerin Opfer und Zeugin sei. Ein abgebrochenes Verfahren gelte als offenes Verfahren.
1.7. Seitens der gewillkürten Vertretung der Beschwerdeführerin wurde am 01.06.2015 und am 02.07.2015 um Erledigung des Verfahrens gebeten.
Am 29.12.2015 wurde bekannt gegeben, dass die Beschwerdeführerin die Deutschprüfung für das Niveau A2 bestanden habe und damit die Bedingungen für eine "Rot-Weiß-Rot - Karte Plus" erfülle.
Am 24.09.2015 wurde seitens der gewillkürten Vertretung der Beschwerdeführerin ersucht, mitzuteilen, wann mit einer Erledigung des Verfahrens zu rechnen sei. Am 26.01.2016 wurde erneut die Erledigung des Verfahrens urgiert.
1.8. Am 26.01.2016 ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zwecks Beurteilung des Sachverhalts zur Entscheidungsfindung die Landespolizeidirektion Wien um Abgabe einer Stellungnahme.
1.9. Am 18.03.2016 gab die Landespolizeidirektion Wien bekannt, dass keine fremdenpolizeilichen Bedenken gegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels bestehen würden. Das eingeleitete Strafverfahren sei weiterhin gemäß § 197 Abs. 2a StPO abgebrochen, zumal die diplomatische Immunität der Verdächtigen laut Auskunft des BMEIA bis vorläufig 21.09.2017 aufrecht sei. Da das eingeleitete Strafverfahren weiterhin nicht abgeschlossen sei, würden die Voraussetzungen zur weiteren Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz zur weiteren Gewährleistung der Strafverfolgung bzw. zur Durchsetzung von allfälligen zivilrechtlichen Ansprüchen vorliegen.
1.10. Mit Schreiben vom 17.06.2016 wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von der Beweisaufnahme verständigt und zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert, insbesondere dazu, aus welchem Grund sie der Meinung sei, die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zu erfüllen und ob möglicherweise inzwischen ein Verfahren zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen anhängig sei.
1.11. In der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 28.06.2016 wurde zusammengefasst vorgebracht, das abgebrochene Strafverfahren sei rechtlich als offen zu werten. Verwiesen wurde auf die Erläuterungen der Regierungsvorlage zu § 57 AsylG 2005. Darüber hinaus erfülle die Beschwerdeführerin mittlerweile auch die Kriterien für die Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte Plus" und sei dies auch mehrfach mitgeteilt worden. Es sei eine Mitteilung an die örtlich zuständige Behörde nach dem NAG - die MA 35 - zu machen. Die Beschwerdeführerin beantwortete darüber hinaus noch Fragen zu ihren persönlichen Verhältnissen und gab an, kein zivilrechtliches Verfahren gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin eröffnet zu haben.
1.12. Mit Schreiben vom 19.07.2016 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen 14 Tagen ab Erhalt des Schreibens ein Original ihres aktuell gültigen Reisepasses, sowie einer aktuellen vollständigen Kopie dieses Reisepasses und ein von der österreichischen Botschaft in Manila beglaubigtes Original ihrer Geburtsurkunde, sowie die aktuelle vollständige Kopie dieser beglaubigten Geburtsurkunde vorzulegen.
Am 27.07.2016 bat die Beschwerdeführerin durch ihre gewillkürte Vertretung um Fristverlängerung hinsichtlich der Nachreichung der Überbeglaubigung ihrer Urkunde, welche schließlich am 29.08.2016 vorgelegt wurde.
1.13. Am 13.09.2016 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, niederschriftlich einvernommen. Sie gab dabei laut im Akt befindlichem Einvernahmeprotokoll zusammengefasst an, sie sei im Oktober 2009 in Österreich eingereist. Ihr Ehegatte und ihre Kinder würden auf den Philippinen leben, sie hätten zwei Töchter und einen Sohn. Ein Diplomat habe sie direkt von den Philippinen nach Österreich geholt, damit sie hier als Haushälterin arbeite. Sie sei über zwei Jahre in der für sie unerträglichen Situation geblieben, weil sie niemanden gekannt und nicht gewusst habe, wohin sie gehen sollte. Sie sei verpflichtet gewesen, zwei Jahre dort zu bleiben, weil sie einen Vertrag unterschrieben habe. An ihre Schwester habe sie sich nicht gewandt, weil diese den wahren Charakter ihres Arbeitgebers nicht gekannt habe. Auf die Frage, ob zwischenzeitlich ein zivilrechtliches Verfahren eingeleitet wurde, gab die Beschwerdeführerin an, sie sei mit dem Chauffeur ihres Chefs bei einer privaten Interventionsstelle, nunmehr ihre gewillkürte Vertretung, gewesen, wo man ihr eine Telefonkarte gegeben habe. Sie habe kein zivilrechtliches Verfahren angestrebt, nur erzählt, was passiert sei. Auf die erneute Frage, warum sie kein zivilrechtliches Verfahren angestrebt habe, gab sie an, sie habe einfach weggehen wollen, weil ihr Chef sie wieder einen neuen Vertrag unterschreiben habe lassen wollen. Auf Wiederholung der Frage antwortete sie, sie kenne sich mit den Gesetzen nicht aus, sie habe von diesem Diplomaten einfach nur weg und ihre Ruhe haben wollen. Auf Vorhalt, warum sie dann ein strafrechtliches Verfahren angestrebt habe, meinte die Beschwerdeführerin, sie wisse es nicht, sie sei nur zu der privaten Interventionsstelle gegangen, weil sie Hilfe gebraucht habe. Gefragt, was sie an der zwischenzeitlichen Ausreise hindere, sagte sie, sie wolle eigentlich nicht in die Heimat gehen, sie habe hier eine Arbeit bekommen, sie wolle hierbleiben und arbeiten gehen. Ihre Familie auf den Philippinen lebe auch von dem Gehalt, dass sie hier beziehe. Die Familie habe sie zuletzt im Oktober 2009 gesehen. Sie vermisse sie, aber sie hätten telefonisch Kontakt. Auf Vorhalt, sie wolle hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen in Österreich bleiben und nicht wegen des Verfahrens gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber, gab die Beschwerdeführerin an, sie wolle nur aus wirtschaftlichen Gründen in Österreich bleiben. Von der privaten Interventionsstelle sei ihr versprochen worden, dass sie nicht mehr zurück auf die Philippinen müsse. Sie wisse aber nicht, was jetzt auf sie zukomme. Auf die Frage der Beschwerdeführerin, ob es eine Möglichkeit gebe, unabhängig von dem strafrechtlichen Verfahren in Österreich zu bleiben, wurde ihr mitgeteilt, sie könne sich über die Einwanderungsbestimmungen erkundigen und daran halten.
Eine Befragung der Beschwerdeführerin zu ihren persönlichen Lebensverhältnissen in Österreich erfolgte nicht.
Das Einvernahmeprotokoll wurde durch die Leiterin der Amtshandlung und die Dolmetscherin unterschrieben. Die Beschwerdeführerin verweigerte ihre Unterschrift.
In einem Aktenvermerk vom 13.09.2016 hielt die Leiterin der Amtshandlung fest, die Beschwerdeführerin habe die Unterschrift auf der niederschriftlichen Einvernahme verweigert, mit der Begründung, ihr sei von ihrer gewillkürten Vertretung gesagt worden, sie solle nichts unterschreiben.
1.14. Mit dem gegenständlichen Bescheid vom 15.09.2016 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß §§ 59 Abs. 4 Z 1 und 57 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin "nach der Republik Philippinen" gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
Festgestellt wurden die Identität der Beschwerdeführerin und der Umstand, dass sie im Oktober 2009 legal mit einem Visum in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Weiters wurde festgestellt, die Beschwerdeführerin sei strafrechtlich unbescholten. Sie verfüge über ein Sprachzertifikat Deutsch auf dem Level A2, gehe einer legalen Erwerbstätigkeit nach und verfüge über eine Arbeitsbewilligung des AMS bis zum 02.12.2016. Sie habe eine strafrechtliche Anzeige wegen Menschenhandels erstattet, das Verfahren sei jedoch abgebrochen worden, weil infolge diplomatischer Immunität der Beschuldigten keine weiteren Verfahrensschritte gesetzt werden hätten können. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis mit der Beschuldigten gestanden sei. Sie habe eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft über den Verfahrensabbruch vorgelegt mit dem Hinweis, dass sie bei einer allfälligen Fortsetzung des Verfahrens schriftlich verständigt werde. Ein zivilrechtliches Verfahren werde von ihr nicht angestrebt und habe sie auch diesbezüglich keine Absicht bekundet. Sie habe den gegenständlichen Antrag aus wirtschaftlichen Gründen gestellt.
Der Bescheid wurde der Vertetung der Beschwerdeführerin nachweislich am 10.11.2016 zugestellt.
1.15. In einer Stellungnahme vom 30.09.2016 zur niederschriftlichen Einvernahme am 13.09.2016 brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe in der Einvernahme einige Fragen anders verstanden und seien auch einige Antworten von ihr in der Niederschrift falsch und/oder grob verkürzt wiedergegeben worden. Es handle sich bei der im Strafverfahren beschuldigten Person (ihre ehemalige Arbeitgeberin) um eine Frau und nicht um einen Mann. Außerdem habe die Beschwerdeführerin bei der Frage nach dem Zivilverfahren eine andere Frage übersetzt bekommen habe. Auch die folgenden Antworten auf Fragen nach einem Zivilverfahren seien teilweise noch von der ursprünglich falsch oder missverständlich übersetzten Frage beeinflusst. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht geantwortet, dass sie nur aus wirtschaftlichen Gründen in Österreich bleiben wolle. Sie habe mit dem Begriff "wirtschaftliche Gründe" nichts anzufangen gewusst. Auch hier scheine es sich um eine verkürzte Wiedergabe ihrer Antworten zu handeln. Die Beschwerdeführerin bestreite auch, die letzte Antwort, ihr sei versprochen worden, dass sie nicht auf die Philippinen zurückkehren müsse, gegeben zu haben. Die Beschwerdeführerin habe auch das Protokoll nicht unterschrieben, weil sie in Bezug auf die Verständigung unsicher gewesen sei.
1.16. Gegen den Bescheid vom 15.09.2016, zugestellt am 10.11.2016, erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23.11.2016 Beschwerde, in welcher sie im Wesentlichen vorbrachte, dass die Abbrechung eines Strafverfahrens anders als die Einstellung keine förmliche Beendigung des Strafverfahrens darstelle, sondern eine Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens jederzeit möglich sei. Der Vorwurf der missbräuchlichen Beantragung der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz und der Erschleichung des gesamten bisherigen Aufenthaltes als Opfer und Zeugin von Menschenhandel durch die Beschwerdeführerin werde zur Gänze zurückgewiesen. Weiters wurde die Stellungnahme vom 30.09.2016 zum Beschwerdeinhalt erhoben.
1.17. Die Beschwerdeführerin legte im gegenständlichen Verfahren folgende Dokumente/Unterlagen vor:
* Arbeitsbestätigung der Wirtschaftskammer Wien vom 04.04.2014 (AS 18);
* Bescheid des AMS vom 21.11.2013 (AS 19 ff);
* Mietvertrag vom 30.03.2013 (AS 22 ff) und vom 12.09.2018 (hg. OZ 4);
* Abrechnungsbelege für den Zeitraum Februar bis April 2014 (AS 28 ff);
* Wohnungsuntermietvertrag vom 05.03.2015 (AS 98 ff);
* Zeugnis des Internationalen Kulturinstituts Deutsch A2 (AS 101);
* Abrechnungsbelege für den Zeitraum April bis Juni 2016 (AS 92 ff);
* Bescheid des AMS vom 10.11.2015 (AS 95 ff);
* Kopie der Heiratsurkunde und der Geburtsurkunden der Kinder der Beschwerdeführerin (AS 88 ff);
* Kopie des Reisepasses der Beschwerdeführerin, ausgestellt am 12.03.2014 (AS 106 ff);
* Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin samt Beglaubigungsschreiben (AS 130 ff).
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Entscheidungsgrundlage ist die gegenständliche Aktenlage.
2.2. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 33/2013 idgF (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt A)
2.3. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 leg.cit. sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 VwGVG sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Obwohl gemäß § 17 iVm § 58 VwGVG seit 01.01.2014 der § 66 Abs. 2 AVG in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr anzuwenden ist und gemäß § 58 VwGVG stattdessen § 28 Abs. 3 VwGVG mit genanntem Datum in Kraft trat, womit das Erfordernis des § 66 Abs. 2 leg.cit, wonach die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, weggefallen ist, und sich die Regelungsgehalte beider Normen somit nicht gänzlich decken, findet die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur zu § 66 Abs. 2 AVG grundsätzlich weiterhin Anwendung.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm. 11).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet, welche er seitdem in ständiger Rechtsprechung bestätigte (vgl. VwGH 12.11.2014, Ra 2014/20/0019; 06.07.2016, Ra 2015/01/0123):
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststehe. Dies werde jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergebe.
Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen sei.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlange das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck finde, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werde. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen komme daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen habe, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt habe. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen würden, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen habe, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist. Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründungen hinwegsetzen (vgl. VwGH 10.04.2013, 2011/08/0169).
Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, zuletzt in seinem Erkenntnis vom 7.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).
2.3.1. Im Sinne einer Vorbemerkung ist im gegenständlichen Fall zunächst Folgendes festzuhalten:
Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 lautet:
"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"
"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
§ 59 AsylG 2005 regelt das Verlängerungsverfahren des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" und lautet:
"(1) Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, beim Bundesamt einzubringen. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmung nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Drittstaatsangehörigen auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.
(2) Die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels beginnt mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.
(3) Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn
1. der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, und
2. der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird; § 71 Abs. 5 AVG gilt.
Der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages, der die Voraussetzungen der Z 1 und 2 erfüllt, gilt nach Maßgabe des bisher innegehabten Aufenthaltstitels als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt.
(4) Das Bundesamt hat der örtlich zuständigen Behörde nach dem NAG unverzüglich mitzuteilen, dass
1. die Voraussetzung des § 57 weiterhin vorliegen,
2. der Antragsteller das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat, und
3. die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 4 erfüllt sind.
Liegen die Voraussetzungen der Z 2 oder Z 3 nicht vor, hat das Bundesamt den Aufenthaltstitel gemäß § 57 zu erteilen. Die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels nach Abs. 1 ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 4 Monaten ab Einbringung des Antrages zu treffen.
(5) Im Falle einer Mitteilung gemäß Abs. 4 ist der Ablauf der Frist gemäß Abs. 4 letzter Satz gehemmt. Das Bundesamt hat den Antragsteller von der Mitteilung in Kenntnis zu setzen. Mit Ausfolgung des Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 3 NAG ist das Verlängerungsverfahren formlos einzustellen."
Die Beschwerdeführerin stellte am 12.05.2014 den gegenständlichen Verlängerungsantrag ihrer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 59 AsylG 2005, nachdem ihr bereits am 04.06.2012 eine solche Aufenthaltsberechtigung nach dem damaligen § 69a Abs. 2 NAG ausgefolgt wurde und die Verlängerung am 01.07.2013 ausgefolgt wurde.
Das Bundesamt hatte daher gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 zu beurteilen, ob die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 weiterhin vorliegen, also ob die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" weiterhin zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlichen strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel, weiterhin erforderlich ist.
Die Landespolizeidirektion Wien gab in ihrer Stellungnahme vom 18.03.2016 bekannt, dass keine fremdenpolizeilichen Bedenken gegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels bestehen würden. Das eingeleitete Strafverfahren sei weiterhin gemäß § 197 Abs. 2a StPO abgebrochen, zumal die diplomatische Immunität der Verdächtigen laut Auskunft des BMEIA bis vorläufig 21.09.2017 aufrecht sei. Da das eingeleitete Strafverfahren weiterhin nicht abgeschlossen sei, würden die Voraussetzungen zur weiteren Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz zur weiteren Gewährleistung der Strafverfolgung bzw. zur Durchsetzung von allfälligen zivilrechtlichen Ansprüchen vorliegen.
Der mit "Abbrechung des Ermittlungsverfahrens gegen Abwesende und unbekannte Täter" betitelte § 197 StPO lautet:
"(1) Wenn der Beschuldigte flüchtig oder unbekannten Aufenthalts ist, ist das Ermittlungsverfahren soweit fortzuführen, als dies zur Sicherung von Spuren und Beweisen erforderlich ist. Ermittlungshandlungen und Beweisaufnahmen, bei denen der Beschuldigte das Recht hat, sich zu beteiligen (§§ 150, 165), können in diesem Fall auch in seiner Abwesenheit durchgeführt werden. Der Beschuldigte kann zur Ermittlung seines Aufenthalts oder zur Festnahme ausgeschrieben werden. Danach hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren abzubrechen und nach Ausforschung des Beschuldigten fortzusetzen.
(2) In Verfahren gegen unbekannte Täter ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(2a) Das Verfahren gegen eine Person, gegen die nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann, ist abzubrechen und nach Wegfall des Hinderungsgrundes fortzusetzen. Maßnahmen zur Sicherung und Aufnahme von Beweisen dürfen nur vorgenommen werden, soweit dies nach den das Verfolgungshindernis betreffenden Bestimmungen zulässig ist.
(2b) Wenn eine Vernehmung des Beschuldigten (§§ 164, 165 StPO) wegen dessen schwerwiegender Erkrankung nicht in absehbarer Zeit durchgeführt werden kann, ist sinngemäß nach Abs. 2a erster Satz vorzugehen.
(3) Von der Abbrechung des Verfahrens gegen einen bekannten Täter und von der Fortsetzung oder Einleitung des Verfahrens sind die Kriminalpolizei und das Opfer zu verständigen.
(4) Einem abwesenden oder flüchtigen Beschuldigten, der freiwillig erklärt, sich dem Verfahren stellen zu wollen, kann sicheres Geleit vom Bundesministerium für Justiz nach Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft, in deren Sprengel die zuständige Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat, allenfalls gegen Sicherheitsleistung sowie gegen Ablegung der im § 173 Abs. 5 Z 1 und 2 erwähnten Gelöbnisse mit der Wirkung erteilt werden, dass der Beschuldigte wegen der Straftat, für die das sichere Geleit erteilt wurde, bis zur Urteilsfällung in erster Instanz von der Haft befreit bleiben soll. Für die Sicherheitsleistung, ihren Verfall und den Verlust der Wirkung des sicheren Geleits gilt § 180 sinngemäß."
Im Gegensatz dazu lautet der mit "Einstellung des Ermittlungsverfahrens" betitelte § 190 StPO:
"Die Staatsanwaltschaft hat von der Verfolgung einer Straftat abzusehen und das Ermittlungsverfahren insoweit einzustellen, als
1. die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung des Beschuldigten aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre oder
2. kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung des Beschuldigten besteht."
In den Gesetzesmaterialien heißt es zu dieser Bestimmung: "Im Fall des § 190 [StPO] handelt es sich um die prozessuale Entscheidung über das Anklagerecht, die ausschließlich der Staatsanwaltschaft zusteht und die - abgesehen von der Möglichkeit der Fortführung des Verfahrens nach § 193 [StPO] - Sperrwirkung im Sinne des "ne bis in idem- Prinzips" entfaltet." (ErläutRV zu BGBl I 2004/19: 25 BlgNR 22. GP 229 f)
"Unter den Voraussetzungen des § 190 [StPO] ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, das Ermittlungsverfahren aus rechtlichen (Z 1) oder tatsächlichen Gründen (Z 2) einzustellen. Unausgesprochen setzt diese Entscheidung einen geklärten Sachverhalt oder aber das Fehlen erfolgversprechender Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen voraus. [...] Nach § 190 Z 1 [StPO] ist das Ermittlungsverfahren einzustellen, wenn aufgrund der Anzeige oder aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse feststeht, dass die dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung des Beschuldigten aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre. [...] Soweit die Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens einen Schuldspruch nicht wahrscheinlicher erscheinen lassen als einen Freispruch, ist mit Einstellung nach § 190 Z 2 [StPO] vorzugehen, die Ausschöpfung sämtlicher erfolgversprechender Beweisquellen vorausgesetzt. [...]
Nach Rechtswirksamkeit der Verfahrensbeendigung (§ 17 Abs 1 [StPO]) entfaltet die Einstellung eine Sperrwirkung im Sinne des Prinzips "ne bis in idem". Formelle und materielle Rechtskraft treten - zumal ein Antrag nach § 195 kein ordentliches Rechtsmittel darstellt - unmittelbar nach der Einstellungsentscheidung ein. Mit Übergabe der Erledigung an die Geschäftsabteilung ist dem Staatsanwalt daher die Abänderung seiner Entscheidung nicht mehr möglich, soweit nicht die Voraussetzungen nach § 193 Abs 2 [StPO] vorliegen." (Tauschmann in Schmölzer/Mühlbacher, Strafprozessordnung: Kommentar, Schmölzer/Mühlbacher, zu § 190, 1000 ff).
Im gegenständlichen Fall haben die österreichischen Strafverfolgungsbehörden nach einer Anzeige der Beschwerdeführerin Ermittlungen auf Grund des Verdachts von gerichtlich strafbaren Handlungen nach § 104a StGB (Menschenhandel) eingeleitet und wurde das gegen die ehemalige Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin anhängige Verfahren gemäß § 197 Abs. 2a StPO wegen diplomatischer Immunität abgebrochen, nicht jedoch eingestellt. Aufgrund obiger Ausführungen ergibt sich, dass ein Abbruch des Verfahrens nicht mit einer Einstellung gleichzusetzen ist. Eine Einstellung des Verfahrens hat gemäß § 190 StPO zu erfolgen, wenn nicht einmal der Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung gegeben ist oder die Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens einen Schuldspruch nicht wahrscheinlicher erscheinen lassen als einen Freispruch. Aus der Tatsache, dass gegen die ehemalige Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde und dieses nicht gemäß § 190 StPO eingestellt wurde, ist jedenfalls zu schließen, dass zumindest ein Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung vorliegt. Anders als die Einstellung eines Strafverfahrens stellt die Abbrechung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 197 StPO keine förmliche Beendigung des Strafverfahrens dar und ist nach dem Wortlaut der Bestimmung eine Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens jederzeit möglich.
Bemerkenswert ist, dass sich das Bundesamt in der rechtlichen Begründung des gegenständlichen Bescheides auf die Definitionen des Duden zu den Begriffen "abgebrochen" und "unterbrochen" bezog, anstatt sich mit dem konkreten Wesensgehalt der Bestimmungen der §§ 190, 197 StPO (etwa anhand der Gesetzesmaterialien) auseinanderzusetzen.
Nach den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu § 57 AsylG 2005 ist bei einem Antrag gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 lediglich die Tatsache entscheidend, dass ein Strafverfahren begonnen wurde. Gemäß § 1 Abs. 2 StPO beginnt das Strafverfahren, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat gegen eine bekannte oder unbekannte Person ermitteln oder Zwang gegen eine verdächtige Person ausüben. Der Ausgang des Verfahrens kann in diesem Zusammenhang nicht beachtlich sein. Damit wird die Zulässigkeitsvoraussetzung bewusst niederschwellig angesetzt, um schutzbedürftige Fremde nicht in unsachgerechter Weise vom Verfahren auszuschließen. Weder aus Abs. 1 Z 2 noch aus Abs. 3 ist die Kooperation des Fremden mit den Behörden als zwingende Voraussetzung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels abzuleiten (ErläutRV 1803 BlgNR 24. GP).
Im gegenständlichen Fall ist, in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Landespolizeidirektion, davon auszugehen, dass die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung "besonderer Schutz" zur weiteren Gewährleistung der Strafverfolgung, wenn diese auch nunmehr abgebrochen ist, erforderlich ist.
Somit gehen auch die vom Bundesamt getätigten Ermittlungsschritte dahingehend, dass die Beschwerdeführerin kein zivilrechtliches Verfahren anstrebe oder den Verlängerungsantrag "missbräuchlich" aus rein wirtschaftlichen Gründen stelle, ins Leere.
Es entspricht auch nicht der angestrebten Niederschwelligkeit bei Schaffung des § 57 AsylG 2005, wenn die Beschwerdeführerin darauf verwiesen wird, dass es ihr im Falle einer allfälligen Fortsetzung des Verfahrens möglich und zumutbar sei, bei der österreichischen Botschaft in Manila ein Einreisevisum zu erlangen und nach ihrer Einreise einen neuerlichen Antrag auf eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu stellen.
2.3.2. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden und erweist sich der angefochtene Bescheid in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt als mangelhaft, dies aufgrund folgender Erwägungen:
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat zwar ansatzweise Ermittlungen getätigt, indem es die Beschwerdeführerin am 17.06.2016 von der Beweisaufnahme verständigt und ihr Parteiengehör eingeräumt sowie sie am 13.09.2016 niederschriftlich einvernommen hat. Jedoch unterließ es das Bundesamt vor allem in der niederschriftlichen Einvernahme vom 13.09.2016, die Beschwerdeführerin zu ihren privaten Lebensumständen in Österreich zu befragen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 28.06.2016, sie habe in Österreich Freunde, besuche regelmäßig die Kirche und habe ihren Lebensmittelpunkt in Österreich, wurde in der niederschriftlichen Einvernahme nicht aufgegriffen und wurde die Beschwerdeführerin dazu nicht näher befragt. Festgestellt wurde im gegenständlichen Bescheid - anhand der vorgelegten Unterlagen -, dass die Beschwerdeführerin über ein Sprachzertifikat Deutsch auf dem Level A2 sowie eine Arbeitsbewilligung des AMS bis 02.12.2016 verfüge, einer legalen Erwerbstätigkeit nachgehe und strafgerichtlich unbescholten sei. Weitere Feststellungen zu ihrem Privatleben in Österreich wurden nicht getroffen. Dennoch würdigte die belangte Behörde ein vermeintlich nicht existentes Privatleben in der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt II.
Die vom Bundesamt geführte Einvernahme erweist sich insgesamt als mangelhaft. Es ist aus dem Protokoll - wie von der Beschwerdeführerin in ihrer zum Beschwerdeinhalt erhobenen Stellungnahme zutreffend moniert - eine "Frage-Antwort-Schere" in dem Sinne, dass die gestellten Fragen mit den protokollierten Antworten zum Teil nicht zusammenpassen, ersichtlich. Wie aus dem Protokoll und dem zugehörigen Aktenvermerk hervorgeht, weigerte sich die Beschwerdeführerin auch, dieses zu unterzeichnen. Eine weitere Einvernahme erfolgte nicht und ging die belangte Behörde auf diesen Umstand im Bescheid nicht ein.
2.3.3. Die dargestellten Mängel des Ermittlungsverfahrens erweisen sich im vorliegenden Fall in zweifacher Hinsicht als ausschlaggebend:
Mit dem gegenständlichen Bescheid wurde der Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 59 AsylG 2005 abgewiesen und gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung erlassen. Wie bereits ausgeführt, wurden nur unzulänglich Erhebungen zum Privatleben der Beschwerdeführerin durchgeführt. Es wäre jedoch hinsichtlich der Beurteilung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung eine Einvernahme zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin, insbesondere zu ihrem Vorbringen, in Österreich über einen Freundeskreis zu verfügen und sich hier ihren Lebensmittelpunkt geschaffen zu haben, unerlässlich gewesen, zumal eine umfassende Beurteilung, insbesondere eine Interessensabwägung gemäß Art. 8 EMRK, sonst nicht erfolgen kann.
Auch für den Fall, dass dem Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin stattzugeben ist, sind Erhebungen zu ihren Lebensumständen in Österreich erforderlich.
Gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 hat das Bundesamt der örtlich zuständigen Behörde nach dem NAG unverzüglich mitzuteilen, dass die Voraussetzungen des § 57 weiterhin vorliegen (Z 1), der Antragsteller das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat (Z 2), und dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 4 erfüllt sind (Z 3).
Gemäß der Bestimmung des § 60 Abs. 2 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
"1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden."
Aus dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung ("Das Bundesamt hat ... unverzüglich mitzuteilen, ...") geht hervor, dass dem Bundesamt kein Ermessen eingeräumt ist, ob es eine solche Mitteilung macht oder nicht; der Antragsteller hat vielmehr ein Recht darauf, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 vorgegangen wird, zumal es in seinem Interesse liegt, dass ihm eine "Rot-Weiß-Rot - Karte Plus" ausgestellt wird (vgl. VwGH 12.12.2017, Ra 2017/22/0045).
Die Beschwerdeführerin hat im Laufe des Verfahrens das Vorliegen der Voraussetzungen des § 59 Abs. 4 AsylG 2005 wiederholt behauptet und vorgebracht, sie strebe einen Wechsel in das Regime des NAG an. Im Falle einer Stattgebung wären daher ebenfalls Ermittlungen zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin in Österreich zu führen gewesen.
2.3.4. Zusammengefasst ist festzustellen, dass das Bundesamt in Bezug auf die Ermittlung der Sachlage in Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", sowie in Hinblick auf das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin in Österreich (und somit auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Mitteilung gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 oder für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung), nicht mit der ihm gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorgegangen ist und die Sachlage nicht ausreichend erhoben bzw. sich in der Bescheidbegründung nur mangelhaft mit den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat. Aufgrund des mangelnden Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde jedenfalls die gebotene ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen.
2.4. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher - unter der Prämisse, dass im Falle eines weiterhin bloß abgebrochenen Verfahrens dem Verlängerungsantrag stattzugeben sein wird - Ermittlungen zu den persönlichen Umständen der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet, insbesondere hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 59 Abs. 4 AsylG 2005 zu tätigen haben. Im Falle des Vorliegens dieser Voraussetzungen hat das Bundesamt der zuständigen Behörde nach dem NAG Meldung zu erstatten.
Sollte dem Antrag aufgrund einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens nicht stattzugeben sein, wird das Bundesamt insbesondere hinsichtlich der vorzunehmenden Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK ebenfalls Ermittlungen zum Privatleben der Beschwerdeführerin in Österreich zu tätigen haben.
2.5. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Es kann nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes als letzte Tatsacheninstanz sein, das Ermittlungsverfahren hinsichtlich des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführerin in Österreich - insbesondere hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen einer Meldung gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 oder der Zulässigerklärung einer Rückkehrentscheidung neu zu beginnen, wobei in einem solchen Fall der Beschwerdeführerin auch der Instanzenzug abgeschnitten würde. Insbesondere kann es nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes sein, das Fehlen jeglicher Ermittlungen nachzuholen, an Stelle des Bundesamtes Einvernahmen durchzuführen und so unvollständige Einvernahmen im Verfahren im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu sanieren.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit erheblicher Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbunden erhöhten Aufwandes - auch nicht ersichtlich. Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.
2.6. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der bekämpfte Bescheid zu beheben war, konnte von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung Abstand genommen werden.
Zu Spruchpunkt B)
2.7. Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W152.2140931.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.10.2019