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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1993 §17 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des (am 9. März 1956 geborenen) RE in Wien, vertreten durch Dr. Hans G. Schreiber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Canovagasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. Februar 1998, Zl. Fr 1317/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Baden hatte den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 18. September 1996 gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen. Die bestätigende Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 23. Oktober 1996 war vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, Zl. 97/21/0066, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG mit der Begründung aufgehoben worden, daß die Entscheidung nicht erkennen lasse, aus welchen konkreten - die spezielle Situation des Beschwerdeführers betreffenden - Gründen die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung im Sinn des § 17 Abs. 2 letzter Halbsatz Fremdengesetz idF BGBl. Nr. 436/1996 tatsächlich erforderlich gewesen wäre.
Mit Bescheid vom 20. Februar 1998 hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers im zweiten Rechtsgang neuerlich keine Folge gegeben und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden mit der Maßgabe bestätigt, daß er sich auf § 33 Abs. 1
Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, stütze. Dies begründete sie im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer am 3. September 1996 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt sei. Er sei weder im Besitz eines Reisedokumentes noch einer Aufenthaltsberechtigung gewesen. Sein Asylantrag vom 9. September 1996 sei mit Entscheidung der zweiten Instanz am 5. November 1996 rechtskräftig abgewiesen worden. Jedenfalls damit stehe ihm ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nicht mehr zu.
Der Beschwerdeführer habe sich - so die belangte Behörde weiter - bereits zum Zeitpunkt der Einreise über die den Aufenthalt regelnden Vorschriften - Paß- und Sichtvermerkspflicht - hinweggesetzt. Im Gegensatz zu seiner Auffassung messe die Rechtsordnung der Beachtung der fremdengesetzlichen Vorschriften ein solches Gewicht bei, daß selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen ein schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliege.
Unter dem Blickwinkel des § 37 Abs. 1 FrG sei zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten habe, sodaß seine Ausweisung keinen Eingriff in sein Familienleben darstelle. Des weiteren sei die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - trotz seiner allenfalls dagegen stehenden Privatinteressen dringend geboten, zumal der Beschwerdeführer keine Möglichkeit habe, seinen Aufenthalt einer für ihn "positiven Regelung" zuzuführen. Bei einer Ausweisung gemäß § 33 Abs. 1 FrG sei (schließlich) nicht zu prüfen, ob der Beschwerdeführer nunmehr im Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt sei oder nicht, weil sich die Ausweisung an der Rechtmäßigkeit seines bisherigen Aufenthaltes bzw. der Unrechtmäßigkeit seines derzeitigen Aufenthaltes orientiere.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde, die von der Erstattung einer Gegenschrift absah, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Ausweisung des Beschwerdeführers auf § 33 Abs. 1 FrG gestützt. Nach dieser Bestimmung können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Hauptstückes und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind (Z. 1) oder wenn sie auf Grund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene (§ 29) zum Aufenthalt berechtigt sind (Z. 2) oder wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufhaltstitels sind (Z. 3) oder solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt (Z. 4).
Über die Unrechtmäßigkeit des inländischen Aufenthaltes hinaus ist die Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG an kein weiteres Tatbestandsmerkmal geknüpft; sie steht lediglich ergänzend unter dem Vorbehalt des § 37 Abs. 1 leg. cit., wonach sie im Fall des mit ihr verbundenen Eingriffs in das Privat- oder Familienleben des Fremden nur zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Insbesondere ist es für eine Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG nicht Voraussetzung, daß die sofortige Ausreise des Fremden im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich ist. Wenn der Beschwerdeführer daher eingangs seiner Beschwerde darin einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides zu erblicken vermeint, daß in diesem nicht ausgeführt sei, "worin und wodurch die öffentliche Ordnung und Sicherheit konkret gestört sein sollte, käme es nicht zu einer sofortigen Ausreise des Beschwerdeführers", so verkennt er die Rechtslage. Daß der Verwaltungsgerichtshof mit dem eingangs genannten Erkenntnis vom 17. Dezember 1997 den Ausweisungsbescheid der belangten Behörde vom 23. Oktober 1996 mit eben dieser Begründung aufgehoben hat, steht dazu nicht in Widerspruch, weil der Bescheid vom 23. Oktober 1996 auf die - anders umschriebene - Bestimmung des § 17 Abs. 2 Fremdengesetz aus 1992 (jetzt § 33 Abs. 2 FrG) gestützt war. Es war der belangten Behörde aber auch unbenommen, nunmehr im zweiten Rechtsgang die Ausweisung auf § 33 Abs. 1 FrG zu gründen.
Gegen die Beurteilung, der Beschwerdeführer sei am 3. September 1996 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt, bringt dieser vor, daß von einer "Umgehung der Grenzkontrolle" nicht gesprochen werden könne, weil ihm in Subotica der Reisepaß abgenommen worden sei; wie dann eine Flucht in das sichere Österreich gesetzeskonform ablaufen könnte, sei unklar. Mit diesem Vorbringen wendet sich der Beschwerdeführer freilich nicht gegen die offenkundig hinter dieser Beurteilung stehende behördliche Annahme, er sei "über die grüne Grenze" (so seine eigenen Angaben im Asylverfahren) nach Österreich eingereist; vielmehr liegt es ihm erkennbar daran, diese Art der Einreise im Hinblick auf die Abnahme seines Reisepasses durch die jugoslawischen Behörden in Subotica einerseits und auf seine "Flüchtlingseigenschaft" andererseits nicht als "unter Umgehung der Grenzkontrolle" erfolgt verstanden zu wissen. Dieses eingeschränkte Verständnis findet im Gesetz allerdings keine Deckung, spricht es doch schlichtweg von der Umgehung der Grenzkontrolle, ohne zu unterscheiden, ob der so einreisende Fremde im Besitz eines Reisepasses ist (im übrigen gemäß § 2 iVm § 31 FrG weitere Voraussetzung für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland) oder nicht. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die Frage aufwirft, wie eine Flucht in das sichere Österreich gesetzeskonform ablaufen könnte, so ist ihm mit dem Verweis auf § 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 (bzw. nunmehr § 17 Asylgesetz 1997) zu antworten.
Während der Beschwerdeführer - wie eben gezeigt zu Unrecht - die behördliche Annahme bekämpft, er sei unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist, läßt er die Feststellung unbestritten, daß das ihn betreffende Asylverfahren bereits am 5. November 1996 rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Im Hinblick darauf ist es nicht nachvollziehbar, wenn in der Beschwerde der behördlichen Schlußfolgerung, es könne ihm schon deshalb keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommen, der Vorwurf der Aktenwidrigkeit entgegengehalten wird. Mit rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens erlischt nämlich sowohl nach alter (§ 7 Abs. 3 Asylgesetz 1991) als auch nach neuer Rechtslage (§ 19 Abs. 4 Asylgesetz 1997) eine allenfalls bestehende vorläufige Aufenthaltsberechtigung. Daß der Beschwerdeführer jedoch gegen den negativen zweitinstanzlichen Asylbescheid Beschwerde an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben habe - was bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eine (allenfalls) ursprünglich gegebene vorläufige Aufenthaltsberechtigung wieder aufleben lassen würde -, bringt er nicht vor; auch den Verwaltungsakten läßt sich kein diesbezüglicher Hinweis entnehmen.
Im Ergebnis hegt der Verwaltungsgerichtshof damit gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer halte sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, keine Bedenken. Er kann in Anbetracht der unbestrittenen persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers aber auch nicht finden, daß die Ausweisung im Hinblick auf § 37 Abs. 1 FrG unzulässig wäre (vgl. schon zur neuen Rechtslage das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zl. 98/21/0252) oder daß die belangte Behörde von ihrem Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen gehabt hätte. Das wird vom Beschwerdeführer im übrigen gar nicht behauptet.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Oktober 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998210249.X00Im RIS seit
20.11.2000