TE Bvwg Beschluss 2019/8/20 W235 2161492-1

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Veröffentlicht am 20.08.2019
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Entscheidungsdatum

20.08.2019

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W235 2161494-1/15E

W235 2161492-1/13E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Ankara vom 30.05.2017, Zl. Ankara-OB/KONS/0770/2017, aufgrund der Vorlageanträge von 1. XXXX , geb. XXXX und 2. mj. XXXX , geb. XXXX , diese gesetzlich vertreten durch: XXXX , beide StA. Syrien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Ankara vom 31.03.2017, Zl. Ankara-ÖB/KONS/0654/2017, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige von Syrien und stellten am 22.12.2016 unter Verwendung der vorgesehenen Befragungsformulare bei der Österreichischen Botschaft Ankara jeweils Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Diesbezüglich wurde vorgebracht, dass die Erstbeschwerdeführerin die Ehegattin und die Zweitbeschwerdeführerin die minderjährige Tochter des syrischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , seien, dem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .11.2016, Zl. XXXX , der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war (= Bezugsperson).

Diesen Anträgen wurden folgende verfahrensrelevante Unterlagen (in Kopie und jeweils mit deutscher Übersetzung) beigelegt:

* Auszüge aus den syrischen Reisepässen der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin;

* Auszug aus dem "Individuelle-Register für Arabische Bürger Syrien" betreffend die Erstbeschwerdeführerin vom XXXX .11.2016, dem der Familienstand "verheiratet" zu entnehmen ist;

* Auszug aus dem "Individuelle-Register für Arabische Bürger Syrien" betreffend die Zweitbeschwerdeführerin vom XXXX .02.2016, dem zu entnehmen ist, dass die Erstbeschwerdeführerin die Mutter und die Bezugsperson der Vater der Zweitbeschwerdeführerin ist;

* "Bescheinigung über den Nachweis der Eheschließung" zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson vom XXXX .08.2015, dem zu entnehmen ist, dass die Ehe am XXXX .01.2015 geschlossen wurde (= "Eheschließungsdatum"), wobei die Bezugsperson nicht persönlich anwesend war, sondern vertreten wurde, ausgestellt vom Innenministerium der syrischen arabischen Republik;

* Auszüge aus dem Personenstandsregister betreffend die Beschwerdeführerinnen und die Bezugsperson, ausgestellt am XXXX .10.2016 vom Innenministerium der syrischen arabischen Republik;

* Kopie der Aufenthaltsberechtigungskarte der Bezugsperson;

* Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX .08.2015 betreffend die Bezugsperson und

* Kopie der ersten Seites des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit welchem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war

1.2. Am 06.03.2016 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Mitteilungen gemäß § 35 Abs. 4 AsylG bekannt, dass in den gegenständlichen Fällen eine Gewährung des Status der Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe (vgl. Mitteilung betreffend die Erstbeschwerdeführerin). In einer die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Mitteilung wurde ausgeführt, dass die Zustimmung der Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Zweitbeschwerdeführerin nicht vorliege. Verwiesen wurde jeweils auf die beiliegenden Stellungnahmen.

In der Stellungnahme betreffend die Erstbeschwerdeführerin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .11.2016, Zl. XXXX , zuerkannt worden sei. Die Eigenschaft als Familienangehöriger nach § 35 Abs. 4 AsylG könne aufgrund gravierender Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses nicht festgestellt werden. Das behauptete Familienverhältnis müsse nicht nur glaubhaft gemacht, sondern als erwiesen anzusehen sein, womit der volle Beweis im Sinne des AVG zu erbringen sei. Aufgrund der nachträglichen Eintragung habe nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können, dass die Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson bereits im Herkunftsstaat bestanden habe und sei der Nachweis über die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens nicht erbracht worden. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da diese gegen den ordre public Grundsatz verstoße (Doppelehen, Zwangsehen, Kinderehen, Stellvertreter- bzw. Telefonehen), sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. Im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses hätten sich bei der Gegenüberstellung der Angaben im Rahmen des Antrages, der Zeugeneinvernahme und der Angaben im Akt der Bezugsperson gravierende Widersprüche zu den bestehenden Familienverhältnissen ergeben. Trotz Aufforderung seien keine relevanten und unbedenklichen Beweismittel vorgelegt worden und könne vom Nachweis im Sinne eines vollen Beweises des Familienverhältnisses nicht ausgegangen werden. Laut eigener Angabe sei die Bezugsperson am XXXX .07.2015 aus Syrien geflohen. Aus der vorgelegten Heiratsurkunde gehe hervor, dass die Ehe am XXXX .01.2015 geschlossen worden sei, jedoch seien keine Dokumente vorhanden, die dieses Datum belegen könnten. Laut Heiratsurkunde sei die Ehe am XXXX .08.2016 [wohl gemeint: XXXX .08.2015] eingetragen worden. Ferner sei die Ehe nicht vor dem Standesamt geschlossen, sondern nachträglich durch das Scharia-Gericht eingetragen worden, wobei der Ehemann durch einen Anwalt vertreten worden sei. Daher gelange die Behörde zu der Ansicht, dass die Ehe zum Zeitpunkt der Asylantragstellung nach österreichischem Recht nicht bestanden habe.

In der die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Stellungnahme wurde angemerkt, dass der Einreiseantrag der Erstbeschwerdeführerin negativ prognostiziert worden sei. Die Erstbeschwerdeführerin sei die Obsorgeberechtigte der Zweitbeschwerdeführerin, wobei im Einreiseantrag der Zweitbeschwerdeführerin keine Zustimmung der Erstbeschwerdeführerin für eine alleinige Ausreise vorliege. Die allgemeinen Voraussetzungen würden nicht vorliegen, weshalb beide Einreiseanträge negativ zu prognostizieren seien.

Dies teilte die Österreichische Botschaft Ankara den Beschwerdeführerinnen mit Schreiben vom 08.03.2017 mit und forderte sie zur Abgabe einer Stellungnahme auf.

1.3. Am 22.03.2017 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführerinnen durch ihre ausgewiesene Vertreterin ein, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Erstbeschwerdeführerin die Bezugsperson bereits am XXXX .01.2015 traditionell geheiratet habe. Die Eheschließung sei am XXXX .08.2015 rückwirkend von einem Scharia-Gericht bewilligt worden und würde dies das Bestehen der Ehe von Anfang an bestätigen. Die vorgelegte Bewilligung des Scharia-Gerichts sei aktenkundig und sei deren Echtheit bislang von der Behörde nicht bezweifelt worden. Die Behörde habe die Ansicht vertreten, dass die Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsland bestanden habe, da dies aus der Bescheinigung des Scharia-Gerichts vom XXXX .08.2015 nicht hervorgehe und, dass die Bezugsperson bei der nachträglichen Registrierung anwaltlich vertreten worden sei. Hierzu wurde ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin und die Bezugsperson am XXXX .01.2015 in Syrien traditionell geheiratet und ein Familienleben begründet hätten. Dafür spreche der Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin schwanger geworden sei und die Zweitbeschwerdeführerin am XXXX zur Welt gebracht habe. Demnach habe zweifelsfrei ein Familienleben vor der Ausreise der Bezugsperson im Herkunftsstaat bestanden. Die Bezugsperson sei im Zuge der Eheschließung - wie gesetzlich gefordert - anwesend gewesen; jedoch sei die Registrierung im Beisein der Erstbeschwerdeführerin und der anwaltlichen Vertretung der Bezugsperson durchgeführt worden, weshalb weder eine Stellvertreterehe noch eine "Ferntrauung" stattgefunden habe. Zudem werde auf die beiliegende ACCORD-Anfragebeantwortung vom 10.11.2015 verwiesen, aus der hervorgehe, dass eine nachträgliche gerichtliche Bewilligung der Ehe auch unter Beiziehung eines Vertreters zulässig und die Ehe als bestanden anzusehen sei. Wenn die Eheschließung bezweifelt werde, werde angeregt, die Bezugsperson und die Erstbeschwerdeführerin einzuvernehmen. Zudem wurde auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, B 369/2013, vom 06.06.2014 hingewiesen und angemerkt, dass die Behörde im Lichte des Art 8 EMRK sowie im Sinne des Art 3 (Vorrangigkeit des Kindeswohls) und Art 9 (Beziehung zu beiden Elternteilen) der UN-Kinderrechtskonvention zu begründen habe, weshalb die "verspätete" Eheschließung im August 2015 das Unterbleiben der Gewährung eines Einreistitels gemäß § 35 AsylG rechtfertige.

1.4. Nach Übermittlung der von den Beschwerdeführerinnen abgegebenen Stellungnahme erstattete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 31.03.2017 eine neuerliche Rückmeldung, in welcher abschließend festgehalten wird, dass die negativen Wahrscheinlichkeitsprognosen des Bundesamtes aufrecht bleiben.

2. Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Ankara vom 31.03.2017, Zl. Ankara-ÖB/KONS/0654/2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerinnen auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin wurde darauf hingewiesen, dass die Zustimmung der Obsorgeberechtigten zur Ausreise nicht vorliege.

3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin am 13.04.2017 fristgerecht Beschwerde wegen formeller und inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Im Wesentlichen wurde der Inhalt der Stellungnahme vom 22.03.2017 wiedergegeben und erneut darauf verwiesen, dass die Ehe bereits im Herkunftsstaat bestanden habe und das Familienleben im Rahmen des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sei. Die Behörde habe es verabsäumt, auf die inhaltliche Stellungnahme der Beschwerdeführerinnen einzugehen und liege ein Begründungsmangel vor. Hinzu komme, dass das Führen einer Lebensgemeinschaft mit Kindern ohne eine Eheschließung in Syrien nicht möglich sei, da außerehelicher Geschlechtsverkehr einen Straftatbestand darstelle und die Existenz eines gemeinsamen Kindes ein hinreichend starkes Indiz dafür sei, dass tatsächlich eine Eheschließung in Syrien stattgefunden habe. Die Eheschließung sei lediglich nachträglich durch ein Scharia-Gericht bewilligt worden. Weiters wurde begründend neuerlich auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 06.06.2014, B 369/2013, sowie auf jene vom 25.02.2013, U2241/12, verwiesen und ausgeführt, dass der gegenständliche Fall inhaltlich weitestgehend identisch sei. Zudem seien humanitäre Gründe gegeben, da die Zweitbeschwerdeführerin im Zuge eines Bombardements durch Fassbomben am XXXX .07.2016 verletzt worden sei und dringend medizinische Hilfe auf hohem Niveau benötige. Auch die Bezugsperson habe im Rahmen ihres Asylverfahrens diesbezügliche Angaben getätigt. Die Zweitbeschwerdeführerin benötige eine Operation, die laut ärztlicher Angaben aufgrund des raschen Wachstums vor dem zweiten Geburtstag des Kindes stattfinden solle.

Neben der der ausgewiesenen Vertreterin erteilten Vollmacht und den bereits mit Antragstellung vorgelegten Urkunden wurden folgenden Unterlagen (jeweils in Kopie samt deutscher Übersetzung) beigelegt:

* "Zivilbevölkerung Registrierungsdokument" betreffend die Registrierung der Beschwerdeführerinnen, dem entnommen werden kann, dass die Erstbeschwerdeführerin verheiratet ist, ausgestellt am XXXX 11.2016 vom syrischen Innenministerium;

* undatierter Auszug aus dem Familienbuch, ausgestellt vom syrischen Innenministerium mit dem Datum der Eheschließung " XXXX .03.2015" und dem Datum der Eintragung der Eheschließung " XXXX .11.2015";

* "Erklärung Geburtsort" betreffend die Zweitbeschwerdeführerin, der zu entnehmen ist, dass die Zweitbeschwerdeführerin die Tochter der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson ist, ausgestellt am XXXX .12.2016 vom syrischen Innenministerium;

* Fotos der Beschwerdeführerinnen und

* Schriftsatz aus dem Asylverfahren der Bezugsperson vom XXXX .08.2016, dem zu entnehmen ist, dass die Bezugsperson die Erstbeschwerdeführerin im Frühjahr 2015 traditionell geheiratet habe

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 30.05.2017, Zl. Ankara-OB/KONS/0770/2017, wies die Österreichische Botschaft Ankara die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG nach Wiederholung des Verfahrensganges im Wesentlichen mit Verweis auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als unbegründet ab. Das Bundesamt habe die negative Wahrscheinlichkeitsprognose mit dem Umstand, dass die Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, begründet. Im Fall der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin wurde darauf hingewiesen, dass keine Zustimmung der Obsorgeberechtigten zur Ausreise vorliege.

5. Folglich stellten die Beschwerdeführerinnen durch ihre ausgewiesenen Vertreterin gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag und wiederholten zusammengefasst den bisherigen Verfahrensgang.

6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2017 wurde die Beschwerde gemäß § 35 AsylG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Verfahren nachvollziehbar divergierende Angaben hinsichtlich des Zeitpunkts der Eheschließung sowie hinsichtlich des Datums der Registrierung der zuvor traditionell geschlossenen Ehe getätigt worden seien. Folglich sei der volle Beweis des Bestehens einer Ehe bzw. eines Familienlebens nicht erbracht worden. Ungeachtet dessen werde der Argumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gefolgt, wonach die behauptete Eheschließung nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, da aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich sei, dass die Bezugsperson zum Zeitpunkt der Registrierung bereits in Österreich aufhältig gewesen sei und sich bei der nachträglichen Registrierung sohin vertreten lassen habe. Ferner sei eine Zustimmung der Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Zweitbeschwerdeführerin trotz mehrmaligem Hinweis von Seiten der Botschaft bzw. des Bundesamtes im gesamten Verlauf des Verfahrens nicht erteilt worden.

7. Der dagegen erhobenen Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25.10.2018, Ra 2017/20/0513, 0514, stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2017 wurde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behoben.

In den Erwägungen dieses Erkenntnisses vom 25.10.2018 wurde insbesondere ausgeführt:

"Das BVwG legt nicht dar, weswegen die Zweitrevisionswerberin nicht als Familienangehörige des in Österreich lebenden asylberechtigten Vaters qualifiziert wird, sondern verweist auf ein nicht bestehendes Eheverhältnis bzw. Familienleben ihres Vaters mit ihrer erstrevisionswerbenden Mutter. Gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ist jedoch auch Familienangehöriger, wer zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist. [...]

Die weiteren Ausführungen des BVwG, wonach keine Zustimmung der obsorgeberechtigten Mutter zur Ausreise der Zweitrevisionswerberin vorliegt, sind nicht nachvollziehbar, weil die Erstrevisionswerberin als gesetzliche Vertreterin den Antrag gemäß § 35 AsylG 2005 für ihr Kind selbst gestellt hat. Auf eine Zustimmung der Erstrevisionswerberin kann es folglich - auch unabhängig von der Beurteilung betreffend das Bestehen einer Ehe im Herkunftsland zwischen der Erstrevisionswerberin und der Bezugsperson - nicht ankommen. [... ]

Das BVwG hat sich mit dem Vorbringen der Erstrevisionswerberin, wonach die am XXXX .01.2015 geschlossene Ehe "rückwirkend entsprechend dem syrischen Gesetz durch das Scharia-Gericht bewilligt" (vgl. die Stellungnahme vom 22.03.2017) worden sei, nicht auseinandergesetzt und keine Feststellungen zur diesbezüglichen syrischen Rechtslage getroffen. Insbesondere wäre das BVwG angehalten gewesen, Feststellungen dazu zu treffen, ob die Ehe der Erstrevisionswerberin nicht sämtliche im staatlichen syrischen Recht geregelten Formvorschriften erfüllt und ob die staatliche Anerkennung der Ehe mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung nicht bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung wirkt."

8. Mit Stellungnahme vom 19.12.2018 brachten die Beschwerdeführerinnen im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin erneut vor, dass die Bezugsperson und die Erstbeschwerdeführerin im Jahr 2015 in Syrien traditionell-religiös geheiratet hätten und die Ehe am XXXX .08.2015 durch das Scharia-Gericht rückwirkend bewilligt worden sei. Die entsprechenden Nachweise seien bereits vorgelegt worden. Es werde ergänzend auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.09.2018, Ra 2018/18/0094, verwiesen, wonach nachregistrierte Ehen im Einklang mit dem syrischen Recht als von Anfang an gültig zu betrachten und daher anzuerkennen seien. Zur zeitlichen Abfolge der Familiengründung werde daher festgehalten, dass die Ehe in Abwesenheit der Bezugsperson rechtskonform nachregistriert worden sei.

9. Mit Schriftsatz vom 29.04.2019 wurde von den Beschwerdeführerinnen im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin vorgebracht, die Einschätzung des Bundesamtes beruhe ausschließlich darauf, dass aufgrund der nachträglichen Registrierung der Ehe diese vor der Einreise der Bezugsperson nicht bestanden habe. Seit Ergehen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes am 25.10.2018 stehe jedoch fest, dass diese Ansicht unrichtig sei. Es sei beantragt worden, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und sohin eine "negative" Sachentscheidung zu treffen. Dies setze voraus, dass über den vorliegenden Antrag nicht (neuerlich) entschieden werden dürfe. Da die belangte Behörde zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Beschwerdeführerinnen keine Familienangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG bzw. § 35 AsylG seien, hätte der Bescheid über die Verweigerung der Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG nicht ergehen dürfen. Eine neuerliche Entscheidung der belangten Behörde über den Verfahrensgegenstand sei daher ausgeschlossen. Verwiesen wurde insbesondere auf die Zurückweisung einer Amtsrevision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.02.2019, Ra 2018/18/0491-0492-9. In diesem Fall habe das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde der Mitbeteiligten stattgegeben, den verwaltungsbehördlichen Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG aufgehoben und ausgeführt, dass die Behörde verpflichtet sei, den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Der Verwaltungsgerichtshof habe hierzu festgehalten, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die revisionswerbende Botschaft nunmehr die beantragten Visa auszustellen habe. Es werde daher ersucht, der österreichischen Botschaft Ankara aufzutragen, den Beschwerdeführerinnen die beantragten Visa ohne weiteres auszustellen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

2. Zu A)

2.1. Gesetzliche Grundlagen:

2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

2.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-VG lauten:

§ 13. Mitwirkung eines Fremden

(1) Der Fremde hat am Verfahren vor dem Bundesamt, insbesondere an einer erkennungsdienstlichen Behandlung mitzuwirken.

[...]

(4) Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält.

(5) Im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Fremden ist auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen.

[...]

2.1.4. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG lauten:

§ 75 Abs. 24 Übergangsbestimmungen

§ 75 Abs. 24 Übergangsbestimmungen

[...]§§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. [...]

Da die Antragstellungen in den gegenständlichen Verfahren am 22.12.2016 erfolgten und diese sohin vor dem 01.06.2016 nicht anhängig waren, ist § 35 AsylG in der aktuellen Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden.

§ 35 Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018)

(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

2.2. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

2.2.1. Wie aus dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.10.2018 hervorgeht, hegte die belangte Behörde keine Zweifel daran, dass es sich bei der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin um die leibliche Tochter der Bezugsperson handelt. Sie legte sohin nicht dar, weswegen die Zweitbeschwerdeführerin nicht als Familienangehörige des in Österreich lebenden, asylberechtigten Vaters qualifiziert wurde. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes liegt auch die Zustimmung der Erstbeschwerdeführerin zur Ausreise der Zweitbeschwerdeführerin vor. Bei weiterem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung einer Einreisebewilligung gemäß § 35 AsylG wird die Behörde sohin der Zweitbeschwerdeführerin ein Visum auszustellen haben.

Ferner wird sich die belangte Behörde nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs mit dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, wonach die am XXXX .01.2015 geschlossene Ehe "rückwirkend entsprechend dem syrischen Gesetz durch das Scharia-Gericht bewilligt" worden sei, auseinanderzusetzen und Feststellungen zur diesbezüglichen syrischen Rechtslage zu treffen haben. Besonderes Augenmerk wird auf die Frage zu legen sein, ob sämtliche im staatlichen syrischen Recht geregelten Formvorschriften erfüllt worden sind und, ob die staatliche Anerkennung der Ehe mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung wirkt.

Selbst wenn die Behörde zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Eheschließung nach syrischem Eherecht nicht rechtswirksam geschlossen worden ist, wird zu berücksichtigen sein, dass die Erstbeschwerdeführerin die leibliche Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin ist.

Im Hinblick auf die Familieneigenschaft zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt gefordert hat, in Visa-Verfahren nach § 35 AsylG auch die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen und sicherzustellen (vgl. VfGH vom 06.06.2014, B 369/2013 und vom 23.11.2015, E 1510-1511/2015-15). In seiner Entscheidung vom 11.06.2018, E 3362-3364/2017-19, erwog der Verfassungsgerichtshof im Fall einer Beschwerdeführerin, deren minderjährigen ledigen Kindern eine Einreiseerlaubnis zu erteilen war, dass auch zu prüfen gewesen wäre, ob - ungeachtet des eventuellen Nichtvorliegens einer Ehe zwischen der [dortigen] Bezugsperson und der [dortigen] Beschwerdeführerin - Art. 8 EMRK gebieten würde, der Beschwerdeführerin die Einreise zur Wahrung des Familienlebens zu gestatten.

Sollte im gegenständlichen Fall die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen, dass keine nach syrischem Recht gültige Ehe zwischen der Bezugsperson und der Erstbeschwerdeführerin vorliegt oder die zwischen ihnen geschlossene Ehe gegen den ordre public Grundsatz verstößt, wird sie im Lichte dieser Judikatur dennoch zu prüfen haben, ob Art. 8 EMRK gebietet, der Erstbeschwerdeführerin eine Einreiseerlaubnis zu erteilen.

2.3. Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerdeergänzung vom 29.04.2019 ergibt sich aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.02.2019, Ra 2018/18/0491, nicht, dass gegenständlich eine "negative" Sachentscheidung im Sinne einer ersatzlosen Behebung des angefochtenen Bescheides zu treffen wäre. Vielmehr wurde darin ausgeführt, dass auf die in der Revision zentral thematisierte abstrakte Rechtsfrage nach der dogmatischen Einordnung der bekämpften Entscheidung nicht einzugehen sei, weil dadurch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt werde, von der die Lösung des vorliegenden Revisionsfalls abhinge. Im gegenständlichen Fall ist die angefochtene Entscheidung nicht ersatzlos zu beheben, zumal eine neuerliche Entscheidung über den Verfahrensgegenstand durch die Verwaltungsbehörde dadurch ausgeschlossen wäre und der dem Verfahren zugrundeliegenden Antrag sohin unerledigt bliebe.

2.4. Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die notwendigen Ermittlungen zur Angehörigeneigenschaft der Erstbeschwerdeführerin zur Bezugsperson in Österreich bzw. (gegebenenfalls) zur Art. 8 EMRK-Relevanz nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.

2.5. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W235.2161492.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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