TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/29 W175 2192133-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.08.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.08.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W175 2192133-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. NEUMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Aserbaidschan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2019, Zahl:

790966202-190627358, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen. Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF), ein aserbaidschanischer Staatsangehöriger, stellte erstmals am 12.08.2009 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er sei mit seinem Bruder mitgereist, der in seinem Heimatland von der Polizei misshandelt worden sei. Am 26.11.2009 reiste der BF unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig in sein Heimatland zurück, das Verfahren wurde eingestellt.

Am 30.10.2017 stellte er einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Der BF war mit einem Visum der Kategorie C, gültig von 12.10.2017 bis 06.11.2017, ausgestellt durch die lettische Botschaft Baku in Vertretung Sloweniens, nach Österreich eingereist. Slowenien teilte mit Note vom 07.02.2018 mit, dem Aufnahmeersuchen Österreichs unter Hinweis auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-Verordnung zuzustimmen.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 01.03.2018 verwies der BF darauf, am 30.01.2018 in Wien geheiratet zu haben. Er habe seine nunmehrige Ehefrau im Jahr 2009 in Österreich kennengelernt, sei 2017 wieder nach Österreich zurückgekommen, habe Kontakt aufgenommen und sie geheiratet. In der Zwischenzeit habe er keinen Kontakt zu ihr gehabt. Zum genauen Hergang der Ereignisse führte der Antragsteller aus, dass seine Ehegattin Verwandte hier habe und diese hätten ihr mitgeteilt, dass er wieder in Österreich sei, sodass sie Kontakt zu ihm aufgenommen habe. Er wisse nicht, woher diese Bekannten von seiner Anwesenheit gewusst hätten. Auch diese Familie käme ursprünglich aus Aserbaidschan, man habe sich näher kennengelernt und sich entschieden zu heiraten. Er habe bis dato noch nie mit seiner Ehefrau, die Flüchtlingsstatus habe, in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Befragt nach einem bestehenden finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnis führte der Antragsteller an, dass seine Ehefrau ihm monatlich 250 Euro gebe. Seine Frau sei nicht berufstätig, beziehe eine Waisenpension und bekomme für sich Kinderbeihilfe. Als weitere familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet führte der Antragsteller die Anwesenheit seiner Eltern an.

Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 27.03.2018, Zahl: 790966202-171223085 EAST-Ost, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Slowenien gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei, die Außerlandesbringung des BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des BF nach Slowenien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei. Die Entscheidung wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 25.04.2018, Zahl: W105 2192133-1/4E, bestätigt, wobei festgestellt wurde, dass der BF erst nach seiner Einreise in das Bundesgebiet am 30.01.2018 geheiratet habe und seine nunmehrige Ehegattin über den Status eines anerkannten Flüchtlings verfüge. Es bestehe kein gemeinsamer Haushalt und habe ein solcher auch nie bestanden, es gebe zwischen den Ehegatten keine finanziellen oder sonstigen zwingenden Abhängigkeiten. Während der mehrjährigen Abwesenheit des BF habe zu seiner Ehegattin keinerlei Kontakt bestanden. Die Ehegattin unterstützte den BF geringfügig finanziell. Die Asylverfahren der Eltern des BF wurden mit Erkenntnissen des BVwG vom 16.04.2018 gleichlautend finalisiert. Die Erkenntnisse des BVwG wurden sowohl durch den VfGH als auch durch den VwGH bestätigt, der BF wurde am 24.05.2018 nach Slowenien überstellt.

Der BF wurde am 16.06.2019 von der deutschen Polizei an der Einreise nach Deutschland gehindert und nach Österreich rücküberstellt, wo er am 21.06.2019 den gegenständlichen, dritten Asylantrag in Österreich einbrachte.

Am 16.06.2019 gab der BF im PAZ Salzburg niederschriftlich an, dass er bei der Rückreise nach Frankreich von den deutschen Behörden angehalten und nach Österreich zurückgebracht worden sei. Er habe sich eine Woche in Österreich aufgehalten, um seine Frau zu besuchen. Er habe in Frankreich im August 2018 um Asyl angesucht und warte auf eine Einvernahme. Er wolle nur zurück nach Frankreich zu seiner Familie.

Anlässlich seiner polizeilichen Erstbefragung am 22.06.2019 gab er an, keine gesundheitlichen Beschwerden zu haben und der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Über Vorhalt, dass er bereits eine rechtskräftig negative Entscheidung in Österreich habe, gab der BF an, dass seine Frau in Österreich aufhältig und dass ihm Familie wichtig sei. Seine Eltern würden sich in Frankreich aufhalten. Er könne nicht nach Aserbaidschan, da man ihn wegen seines Vaters sofort einsperren und foltern würde. Er selber habe sich von August 2018 bis Juni 2019 in Frankreich aufgehalten, zuvor sei er in Deutschland gewesen.

Nach Aufnahme eines Konsultationsverfahrens erteilte Frankreich mit Schreiben vom 08.07.2019 seine Zustimmung zur Wiederaufnahme des BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO. Slowenien lehnte eine Wiederaufnahme mit Schreiben vom 21.06.2019 ab, mit der Begründung, Frankreich habe kein Wiederaufnahmeersuchen gestellt.

Im Rahmen der Einvernahme durch das BFA vom 15.07.2019 gab der BF an, dass seine Ehefrau in Österreich lebe und ihn gemeinsam mit ihren Verwandten unterstütze. Seine Eltern seien in Frankreich. Er sei vor 10 Monaten nach Frankreich gekommen und habe seit seiner Überstellung nach Slowenien keinen persönlichen Kontakt zu seiner Frau gehabt. Sie habe ihn in Frankreich nicht besucht, auch nicht während der Schulferien. Er wolle nicht nach Frankreich, da seine Frau in Österreich lebe. Er werde von ihren Verwandten unterstützt.

Mit Bescheid vom 16.07.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO Frankreich zuständig sei. Gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF wurde in Spruchpunkt II. gegen den BF die Außerlandesbringung angeordnet. Demzufolge sei gem. § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Frankreich zulässig.

Das BFA traf die folgenden Länderfeststellungen zu Frankreich (nunmehr gekürzt durch das BVwG, Gesamtaktualisierung am 29.01.2018):

"Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 31.10.2017; vgl. AIDA 2.2017, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides (31.10.2017): Demander l'asile en France, https://www.ofpra.gouv.fr/fr/asile/la-procedure-de-demande-d-asile/demander-l-asile-en-france, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CNDA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese (AIDA 2.2017).

Wenn Dublin-Rückkehrer am Flughafen Roissy - Charles de Gaulle ankommen, erhalten die Rückkehrer von der französischen Polizei ein Schreiben, an welche Präfektur sie sich wegen ihres Asylverfahrens zu wenden haben. Dann werden sie zunächst an die Permanence d'accueil d'urgence humanitaire (PAUH) verwiesen. Das ist eine humanitäre Aufnahmeeinrichtung des französischen Roten Kreuzes, die im Bereich des Flughafens tätig ist. Es kann ein Problem darstellen, wenn die zuständige Präfektur weit entfernt liegt, denn die Rückkehrer müssen die Anfahrt aus eigenem bestreiten. Es gibt dafür keine staatliche Hilfe und auch die PAUH hat nicht die Mittel sie dabei zu unterstützen. In Paris und Umgebung wiederum kann man sich nicht direkt an die Präfekturen wenden, sondern muss den Weg über die sogenannten Orientierungsplattformen gehen, die den Aufwand für die Präfekturen mindern sollen, aber mitunter zu Verzögerungen von einigen Wochen in der Antragsstellung führen können. Viele der Betroffenen wenden sich daher an das PAUH um Hilfe bei der Antragstellung und Unterbringung. Einige andere Präfekturen registrieren die Anträge der Rückkehrer umgehend und veranlassen deren Unterbringung durch das Büro für Immigration und Integration (OFII). In Lyon am Flughafen Saint-Exupéry ankommende Rückkehrer haben dieselben Probleme wie jene, die in Paris ankommen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Übernahme von vulnerablen Dublin-Rückkehrern muss die französische Behörde vom jeweiligen Mitgliedsstaat mindestens einen Monat vor Überstellung informiert werden, um die notwendigen Vorkehrungen treffen zu können. Je nach medizinischem Zustand, kann der Dublin-Rückkehrer mit speziellen Bedürfnissen bei Ankunft medizinische Betreuung erhalten. Auch Dublin-Rückkehrer, haben generell Zugang zur staatlichen medizinischen Versorgung (MDI 10.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ministére de l¿intérieur - Direction générale des étrangers en France - Chef du Département de l'accès à la procédure d'asile (10.10.2017): Auskunft per E-Mail

Non-Refoulement

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Versorgung

Laut Asylgesetz sind die materiellen Aufnahmebedingungen allen Asylwerbern (inkl. beschleunigtes und Dublin-Verfahren) anzubieten. Die Verteilung von Asylwerbern erfolgt zentral, parallel werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Asylwerber im Dublin-Verfahren unterliegen jedoch einer Einschränkung: sie haben keinen Zugang zu CADA-Einrichtungen und leben in der Praxis oft auf der Straße oder in besetzten Häusern. Dublin-Rückkehrer hingegen werden behandelt wie reguläre Asylwerber und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese. Die nationalen Aufnahmestrukturen liegen in der Zuständigkeit des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII). Es wurde eine Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, welche die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance - AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente - ATA) ersetzt (AIDA 2.2017). Die Höhe der ADA hängt von verschiedenen Faktoren wie die Art der Unterkunft, Alter, Anzahl der Kinder usw. ab. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 204 Euro. Ein zusätzlicher Tagessatz wird an Asylwerber ausgezahlt, die Unterbringungsbedarf haben, aber nicht über das nationale Aufnahmesystem aufgenommen werden können (AIDA 2.2017). Seit April 2017 beträgt der tägliche Kostenzuschuss für Unterkunft 5,40 Euro (FTA 4.4.2017). Es wird jedoch kritisiert, dass die Empfänger der ADA in der Praxis mit Problemen (z.B. Verzögerungen bei der Auszahlung, intransparente Berechnung usw.) konfrontiert sind (AIDA 2.2017).

Asylwerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn OFPRA ihren Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht entschieden und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf , Zugriff 24.1.2018

-

FTA - France terre d'asile (4.4.2017): L'Allocation pour demandeur d'asile revalorisée de 1,20€,

http://www.france-terre-asile.org/actualites/actualites/actualites-choisies/l-allocation-pour-demandeur-d-asile-revalorisee-de-1-20, Zugriff 24.1.2018

Unterbringung

In Frankreich gibt es 303 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) mit rund 34.000 Plätzen, ein spezielles Zentrum für UMA, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen, sowie eine nicht näher genannte Anzahl an privaten Unterbringungsplätzen. Damit verfügt das Land über etwa 56.000 Unterbringungsplätze (AIDA 2.2017).

Der Zugang zu Unterbringung erweist sich in der Praxis jedoch als sehr kompliziert. Bei der Zuweisung zur CADA muss mit längerer Wartezeit gerechnet werden, die je nach Region zwischen 51 bis 101 Tage beträgt. In Paris gibt es auch Beispiele dafür, dass Asyl gewährt wurde, ohne dass die Personen jemals Zugang zu Unterbringung gehabt hätten. Berichten zufolge reichen die derzeitigen Unterbringungsplätze der CADA nicht aus (AIDA 2.2017). Die Schaffung weiterer Unterbringungsplätze (insgesamt 12.500 Plätze davon 7.500 in CADA) ist in den nächsten zwei Jahren geplant (FRC 12.1.2018; vgl. FRC 22.12.2017).

Im Oktober 2016 wurde die informelle Siedlung in Calais, der sog. Dschungel, geräumt, in der tausende von Migranten und Asylsuchende (laut AI mehr als 6.500 Personen, laut USDOS 5.600) lebten. Man brachte 5.243 Bewohner in Erstaufnahmelager (CAO) in ganz Frankreich und stellte ihnen Informationen über das Asylverfahren zur Verfügung (AI 2.22.2017; vgl. AI 1.6.2017, USDOS 3.3.2017, AIDA 2.2017). Trotzdem leben noch etwa 350 bis 600 Migranten unter prekären Bedingungen in und um Calais. Großbritannien und Frankreich wollen die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze jedoch verbessern. Der französische Präsident und die britische Premierministerin unterzeichneten dazu im Januar 2018 ein neues Abkommen (Zeit 19.1.2018).

Trotz der Bestrebungen der lokalen Behörden und Interessenvertreter bleiben viele Migranten und Asylwerber weiterhin obdachlos und leben landesweit in illegalen Camps (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (2.22.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - France, http://www.ecoi.net/local_link/336482/479137_de.html, Zugriff 24.1.2018

-

AI - Amnesty International (1.6.2017): France: At a crossroads:

Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review, 29th session of the UPR Working Group, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1503902006_eur2167922017english.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

FRC - Forum Réfugiés Cosi (12.1.2018): Réforme de l'asile : le raccourcissement des délais ne doit pas se faire au détriment des conditions d'accès à la protection, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/reforme-de-l-asile-le-raccourcissement-des-delais-ne-doit-pas-se-faire-au-detriment-des-conditions-d-acces-a-la-protection, Zugriff 24.1.2018

-

FRC - Forum Réfugiés Cosi (22.12.2017): Asile et Immigration :

Forum réfugiés-Cosi salue l'ouverture par le Premier ministre d'une consultation et alerte sur plusieurs enjeux, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/asile-et-immigration-forum-refugies-cosi-salue-l-ouverture-par-le-premier-ministre-d-une-consultation-et-alerte-sur-plusieurs-enjeux, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

-

Zeit (19.1.2018): May und Macron verschärfen Grenzschutz, http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/grossbritannien-theresa-may-emmanuel-macron-calais-frankreich-grenzschutz-sandhurst, Zugriff 29.1.2018

Medizinische Versorgung

Am 1. Januar 2016 wurde in Frankreich der neue allgemeine Krankenversicherungsschutz (protection universelle maladie - PUMA) eingeführt. Deren medizinischen Leistungen können Asylwerber im ordentlichen, aber auch im Schnell- und im Dublinverfahren in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten (Cleiss 2017; vgl. AIDA 2.2017, Ameli 12.10.2017). Bei PUMA besteht Beitragsfreiheit, wenn das jährliche Einkommen pro Haushalt unter 9.534 Euro liegt (AIDA 2.2017). In Frankreich besteht generell die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um die Gesundheitsausgaben zu decken, die nicht von der Pflichtversicherung übernommen werden. Einkommensschwachen Personen kommt jedoch kostenfrei ein Allgemeiner Zusatzkrankenschutz (couverture maladie universelle complémentaire - CMU-C) zu, der die vollständige Kostenübernahme von Leistungen sichert (Cleiss 2017; vgl. Ameli 15.11.2017, RSB o.D.). Dies kann auch von Asylwerbern in Anspruch genommen werden (Ameli 12.10.2017). Weiters besteht die Möglichkeit für illegale Einwanderer nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich, von der sogenannten staatlichen medizinische Hilfe (aide médicale de l'état - AME) zu profitieren, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten (AIDA 2.2017; vgl. Le Fonds CMU 2.5.2017, Ameli 13.10.2017). Neben Personen mit einem niedrigen Einkommen können auch Asylwerber die in Krankenhäusern eingerichteten Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten (permanences d'accès aux soins de santé - PASS) in Anspruch nehmen, während sie auf den Zugang zu CMU oder AME warten. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass alle Krankenhäuser die PASS anbieten müssen, ist das in der Praxis nicht immer der Fall (AIDA 2.2017).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, Asylwerber können aber im Rahmen der PUMA oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 2.2017).

Die Mitarbeiter der CADA sind verpflichtet, innerhalb von 15 Tagen nach Ankunft im Unterbringungszentrum eine ärztliche Untersuchung durchzuführen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Ablehnung des Asylantrags haben Personen ein Jahr lang ab der Ausstellung des negativen Beschieds Anspruch auf medizinische Versorgung bei Krankheiten oder Mutterschaft, solange sie sich weiterhin in Frankreich aufhalten (Ameli 12.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (13.10.2017): Aide médicale de l'État (AME) : vos démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/situations-particulieres/situation-irreguliere-ame, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (15.11.2017): CMU complémentaire :

conditions et démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/difficultes-financieres/complementaire-sante/cmu-complementaire, Zugriff 24.1.2018

-

Cleiss - Centre des liaisons européennes et internationales de sécurité sociale (2017): Das französische Sozialversicherungssystem, http://www.cleiss.fr/docs/regimes/regime_france/al_1.html, Zugrif 24.1.2018

-

Le Fonds CMU - Fonds de financement de la protection complémentaire de la couverture universelle du risque maladi (2.5.2017): Are you an undocumented immigrant?, http://www.cmu.fr/undocumented-immigrant.php, Zugriff 24.1.2018

-

RSB - Rosny sous-Bois (o.D.): ACS - AME - CMU-C - PUMA, http://www.rosny93.fr/ACS-AME-CMU-C-PUMA, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge bekommen einen Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeit von zehn Jahren, subsidiär Schutzberechtigte eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsgenehmigung, die verlängert werden kann (AIDA 2.2017; vgl. DA 6.2016). Nach einem dreijährigen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich kann eine Aufenthaltskarte für zehn Jahre beantragt werden (OFPRA 11.2015).

Personen, die während des Asylverfahrens untergebracht werden, können nach der Gewährung eines Schutzstatus weitere drei Monate (um drei Monate verlängerbar) und im Falle der Ablehnung des Asylantrags ein Monat lang weiterhin in der ursprünglichen Unterkunft bleiben (AIDA 2.2017). Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte müssen einen Willkommens- und Integrationsvertrag (contrat d'intégration républicaine - CIR) unterschreiben, welcher der Integration in die französische Gesellschaft durch maßgeschneiderte Unterstützung beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Bildung dient (MI 9.11.2016). Im Rahmen des Integrationsvertrags besteht die Möglichkeit auf eine temporäre Unterbringung in einem der dafür vorgesehenen Zentren (centre provisoire d'hébergement - CPH) des OFII für neun Monate mit einer Verlängerungsmöglichkeit um weitere drei Monate. Die staatlichen Integrationsmaßnahmen sind von Region zu Region unterschiedlich, für die erfolgreiche Integration jedoch nicht ausreichend. Deshalb bieten die NGOs France terre d'asile und Forum refugiés - Cosi weitere Integrationsprogramme, aber auch temporäre Unterkünfte für Schutzberechtigte an (AIDA 2.2017).

Durch den Aufenthaltstitel sind Schutzberechtigte in Hinsicht auf Beschäftigung mit französischen Bürgern gleichgestellt. Obwohl der Integrationsvertrag auch Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt enthält, stoßen Schutzberechtigte in der Praxis auf verschiedene Hindernisse (z.B. mangelnde Sprachkenntnisse, keine gute Erreichbarkeit der Arbeitsplätze außerhalb der Städte, mangelnde Anerkennung der beruflichen Qualifikationen) bei der Jobsuche (AIDA 2.2017).

Nach dem Asylverfahren muss die Gesundheitsbehörde über den gewährten Schutzstatus informiert werden. Dann erhalten Schutzberechtigte die Krankenversicherungskarte und sie können weiterhin von der CMU-C profitieren (AIDA 2.2017; vgl. Ameli 12.10.2017). Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, haben Zugang zu Sozialleistungen und verschiedenen Beihilfen in Bereichen wie Familie, Wohnraum, Bildung, Behinderung etc. und besteht für sie unter bestimmten Bedingung die Möglichkeit der Familienzusammenführung (DA 6.2016; vgl. AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

-

DA - Dom'Asile (6.2016): You have been granted refugee status or subsidiary protection. What do you have to do?, https://www.gisti.org/IMG/pdf/fiche_refugies_2016_anglais.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

MI - Ministère de l'intérieur (9.11.2016): Le parcours personnalisé d'intégration républicaine, https://www.immigration.interieur.gouv.fr/Accueil-et-accompagnement/Le-parcours-personnalise-d-integration-republicaine, Zugriff 24.1.2018"

Beweiswürdigend wurde hervorgehoben, dass aus den Angaben des BF keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass dieser tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Frankreich Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Mangels intensiver familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich beziehungsweise mangels Anhaltspunkten für eine Integrationsverfestigung im österreichischen Bundesgebiet sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung der Dublin III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei.

Gegen den Bescheid richtet sich die am 26.07.2019 fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Kritisiert wurde, dass der BF mittels Videokonferenz einvernommen worden war, was zur Beurteilung der Intensität der privaten und familiären Bindungen nicht ausreichend sei. Es hätte ihm Parteiengehör eingeräumt werden müssen, so dass sich die Behörde einen persönlichen Eindruck verschaffen hätte können. Im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme hätte er angeben könne, dass er mit seiner Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hätte. Er habe überdies Verwandte in Österreich, die ihn jederzeit unterstützen würden.

Die Beschwerdevorlage an die zuständige Gerichtsabteilung des BVwG iSd § 16 Abs. 4 BFA-VG erfolgte am 30.07.2019.

Der BF wurde am 23.08.2019 nach Frankreich überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF, ein aserbaidschanischer Staatsangehöriger, stellte erstmals am 12.08.2009 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Am 26.11.2009 reiste der BF unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig in sein Heimatland zurück, das Verfahren wurde eingestellt.

Der BF reiste mit einem Visum der Kategorie C, gültig von 12.10.2017 bis 06.11.2017, ausgestellt durch die lettische Botschaft Baku in Vertretung Sloweniens, erneut in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Slowenien teilte mit Note vom 07.02.2018 mit, dem Aufnahmeersuchen Österreichs unter Hinweis auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-Verordnung zuzustimmen, der BF wurde am 24.05.2018 gemeinsam mit seinen Eltern nach Slowenien überstellt.

In Folge hielt sich der BF in Deutschland und von August 2018 bis Juni 2019 in Frankreich auf, wo er ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.

Der BF wurde am 16.06.2019 von der deutschen Polizei an der Einreise nach Deutschland gehindert und nach Österreich rücküberstellt, wo er am 21.06.2019 den gegenständlichen, dritten Asylantrag in Österreich einbrachte.

Slowenien lehnte eine Wiederaufnahme mit Schrieben vom 21.06.2019 ab, mit der Begründung, Frankreich habe kein Wiederaufnahmeersuchen gestellt. Nach Aufnahme eines Konsultationsverfahrens erteilte Frankreich mit Schreiben vom 08.07.2019 seine Zustimmung zur Wiederaufnahme des BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO.

Mit Bescheid vom 16.07.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO Frankreich zuständig sei. Gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF wurde in Spruchpunkt II. gegen den BF die Außerlandesbringung angeordnet.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Zuständigkeit Frankreichs durch eine mindestens 3-monatige etwaige Ausreise des BF aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zwischenzeitig wieder erloschen wäre.

Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung nach Frankreich Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der BF hat keine gesundheitlichen Probleme. Zu seiner in Österreich lebenden Ehefrau hat der volljährige BF keine tiefergehende familiäre Beziehung, ebensowenig zu den hier lebenden Verwandten oder zu den verwandten seiner Frau. Seine Eltern sind in Frankreich aufhältig.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise des BF in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, des slowenischen Schengen-Visums und der Überstellung nach Slowenien sowie der Antragstellung in Frankreich ergeben sich aus der Aktenlage.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung Frankreichs zur Wiederaufnahme des BF ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen den österreichischen und den französischen Dublin-Behörden.

Aus der Aktenlage ergibt sich nicht, dass die Zuständigkeit Frankreichs durch eine mindestens 3-monatige etwaige Ausreise des BF aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten erloschen wäre. Eine solche Ausreise aus dem Gebiet der Mitgliedstaaten wurde vom BF auch nicht behauptet.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch hinreichende Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage. Insgesamt kann nicht davon ausgegangen werden, dass der BF an einer akut lebensbedrohlichen Erkrankung leiden würde.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse des BF ergeben sich aus seinen Angaben, der Aktenlage, den Vorakten, aus der vorgelegten Heiratsurkunde und den Aufenthaltszeiten des BF im Bundesgebiet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten