TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/3 W133 2212704-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2019
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Entscheidungsdatum

03.09.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W133 2212704-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 17.12.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 12.04.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet), Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass und auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO.

Nach Durchführung einer medizinischen Begutachtung unter Wahrung des Parteiengehörs wurde dem Beschwerdeführer am 19.12.2018 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70% übermittelt.

Mit Bescheid vom 17.12.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass ab. Dieser Entscheidung wurde das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 14.12.2018 zugrunde gelegt, worin medizinisch zusammengefasst festgestellt worden war, dass bei dem Beschwerdeführer keine ausreichend erheblichen Funktionseinschränkungen bestehen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde aus medizinischer Sicht als zumutbar erachtet sowie diese Beurteilung auch im Gutachten begründet.

Mit Schriftsatz vom 14.12.2018, welcher bei der Behörde erst am 18.12.2018 und somit zeitlich nach Abfertigung des Bescheides vom 17.12.2018 einlangte, legte der Beschwerdeführer weitere medizinische Unterlagen (Physiotherapeutischer Bericht über den Behandlungszeitraum Dezember 2018 sowie französischer Spitalsbericht vom 04.10.2018) vor.

Mit Schreiben vom 10.01.2019 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 17.12.2018 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin bringt er vor, der Bescheid sei in sich widersprüchlich, da ihm eine 70%-ige Invalidität attestiert worden sei, jedoch seine oberen und unteren Extremitäten angeblich funktionsfähig seien. Er sei wegen erheblicher Gleichgewichtsstörungen auf unebenen Flächen gravierender Sturzgefahr ausgesetzt und auch zu Hause mehrmals gestürzt. Vorausgesetzt er könnte öffentliche Verkehrsmittel ohne Begleitung benützen, könne er trotzdem weder zu seinem Therapeuten gehen, der 700m zu Fuß und nur ohne öffentliche Verkehrsmittel erreichbar sei, noch zu seinem Hausarzt, seinem Zahnarzt, seinem Kardiologen oder seinem Dermatologen gehen, da er den Ring an einer Stelle überqueren müsse, wo es keine Unterführung gebe, und er die Überquerung während der Rotphase für den fließenden Individualverkehr nicht vollständig schaffe. Der Beschwerdeführer stellte die Frage der Haftung, falls es dann bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu einem Unfall komme. Während der kalten Jahreszeit könne er auch nicht so lange im Freien gehen, da ihm je nach Temperatur nach 5-10 Minuten so kalt werde, dass er wie gelähmt sei und keinen korrekten Schritt mehr machen könne. Für den Weg zur Straßenbahn brauche er 15-18 Minuten und die Wartezeit könne bis zu 30 Minuten dauern. "Einem Behinderten könne man ohnedies alles zumuten".

Aufgrund der erhobenen Einwendungen veranlasste das Bundesverwaltungsgericht eine neuerliche medizinische Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie. In ihrem Gutachten vom 19.07.2019 kam auch die nunmehrige Sachverständige zum Ergebnis, dass aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Sie begründete ihre Beurteilung ausführlich in dem Gutachten.

Mit Schreiben vom 07.08.2019 räumte das Bundesverwaltungsgericht beiden Parteien förmliches Parteiengehör zu dem aktuellen Gutachten ein.

Die belangte Behörde erstatte keine Stellungnahme.

Der Beschwerdeführer erstattete mit Schreiben vom 15.08.2019 eine Stellungnahme, worin er zusammengefasst ausführt, dass er sich stets nur auf erhebliche Einschränkungen neurologischer Fähigkeiten und Funktionen berufen habe. Seine Angaben seien von seinem Neurologen und seiner Physiotherapeutin bestätigt worden. Seine Gangschwierigkeiten seien durch seine neurologische Erkrankung, höchstwahrscheinlich eine subkortikale Angiopathie bedingt; diesbezüglich wurde auf eine Wikipedia-Seite verwiesen. Es sei falsch, dass er in 10 Minuten 300 bis 400 Meter zurücklegen könne. Im Mai 2018 sei im Zuge eines Rehabilitationsaufenthaltes eine Gehgeschwindigkeit von 1 km/h gemessen worden. Der Stellungnahme legte er einen französischen Magnetresonanztomographiebefund des Gehirns vom 04.06.2019 bei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H.

Er hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Am 12.04.2018 stellte der Beschwerdeführer unter anderem einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass.

Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Resthemisymptomatik links nach mehreren zerebralen Insulten;

2) Zustand nach Prostatakarzinom 2007.

Bei dem Beschwerdeführer bestehen keine ausreichend erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten. Im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten liegen keine relevanten Funktionseinschränkungen vor.

Bei dem Beschwerdeführer bestehen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit. Eine kardiopulmonale Funktionseinschränkung oder anderweitige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist nicht objektivierbar.

Betreffend die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Einschränkungen neurologischer Fähigkeiten ist festzustellen, dass von beiden im Verfahren beurteilenden medizinischen Sachverständigen kein erhebliches neurologisches Defizit festgestellt werden konnte. Objektivierbar ist eine eher geringgradig ausgeprägte Resthemisymptomatik links mit geringgradiger Ataxie und Gangbildbeeinträchtgung. Eine höhergradige Schwäche oder Gangunsicherheit konnte auch anhand der aktuellen Begutachtung nicht festgestellt werden.

Es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und auch keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.

Zum Ausmaß und den Auswirkungen der festgestellten Leidenszustände nach ihrer Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird festgestellt:

Das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 300-400 m ist dem Beschwerdeführer möglich, eine maßgebliche Funktionseinschränkung, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke erheblich erschweren könnte, war nicht objektivierbar.

Unter Zuhilfenahme einer einfachen Gehhilfe ist auch ein ausreichend sicheres Gehen möglich. Das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein-und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich. Eine relevante Einschränkung des Bewegungsumfangs der Gelenke der unteren Extremitäten konnte nicht festgestellt werden. Ein höhergradiges neurologisches Defizit, welches zu einer erheblichen Schwäche führen könnte, ist weder dokumentiert noch anhand der aktuellen Begutachtung objektivierbar. Es liegt keine erhebliche Gleichgewichtsstörung vor.

Das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmittel sind möglich, eine erhebliche Gangbildbeeinträchtigung oder Gangunsicherheit konnte nicht festgestellt werden. Das Anhalten ist nicht erheblich erschwert, relevante Funktionseinschränkungen beider oberer Extremitäten insbesondere der Hände konnten nicht festgestellt werden.

Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden.

Anhand des von der Gutachterin beobachteten Gangbilds - etwas breitspurig, mäßig kleinschrittig, verlangsamt, mit Anhalten ausreichend sicher, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und dem derzeitigen Therapieerfordernis (analgetische Bedarfsmedikation) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren könnten.

Es besteht zwar ein verlangsamtes Gangbild, jedoch liegt keine höhergradige Gangleistungsminderung oder Gangbildbeeinträchtigung vor. Unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe ist ausreichend sicheres Gehen möglich.

Eine Ausschöpfung der zumutbaren Therapieoptionen hinsichtlich der angegebenen Beschwerden ist ebenfalls nicht belegt. Von einer Intensivierung konservativer Maßnahmen und/oder einem stationären Rehabilitationsaufenthalt ist eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten.

Im Ergebnis deckt sich das aktuelle Fachgutachten auch mit der Beurteilung des Gutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 14.12.2018, welches die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt hat. In beiden Gutachten wurde die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht als dem Beschwerdeführer zumutbar beurteilt.

Hinsichtlich der bei dem Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung, medizinischer Diagnose und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen medizinischen Beurteilungen in dem Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 19.07.2019 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt. In dem Gutachten wird von der Sachverständigen auch nachvollziehbar auf die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Befunde des behandelnden Neurologen und der Physiotherapeutin eingegangen.

Dieses Gutachten wurde von dem Beschwerdeführer nicht ausreichend substantiiert bestritten. Ein Gegengutachten wurde ebenfalls nicht vorgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen über die Ausstellung eines Behindertenpasses, den aktuellen Grad der Behinderung und über das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zur aktuellen Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich auf das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 19.07.2019, welches im Ergebnis die Beurteilung des dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Gutachtens bestätigt. Darin wird nachvollziehbar ausgeführt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer aktuell zumutbar ist. In dem Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffene Beurteilung basiert auf den im Rahmen persönlicher Untersuchungen erhobenen Befunden und entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen wird auf die detaillierten, oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in dem Gutachten verwiesen).

Die getroffene medizinische Beurteilung deckt sich auch mit den Ergebnissen der Untersuchung im Rahmen der Statuserhebung. Im Klinischen Fachstatus hielt die Gutachterin Folgendes fest:

"STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut. Größe 174 cm, Gewicht 65 kg, RR 120/80

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseitig unauffällig, die grobe Kraft links proximal und distal KG 4, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Geringgradige Dysdiadochokinese, verlangsamt

Finger-Nasen-Versuch rechts unauffällig, links nicht zielsicher

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Geringgradige Spastizität links.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Unterberger und Romberg geringgradig unsicher

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, leicht vorgeneigt, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 10 cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit einem Gehstock und mit Anhalten an Gattin, das Gangbild ist etwas breitspurig, mäßig kleinschrittig, verlangsamt, mit Anhalten ausreichend sicher.

Das Aus- und Ankleiden wird im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen."

Betreffend die beiden vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde seines behandelnden Neurologen nimmt die Sachverständige nachvollziehbar insofern Stellung, als sie ausführt, dass in dem neurologischen Befund vom 20.11.2018 im Wesentlichen ein in Bezug zum Befund vom 14.03.2019 unveränderter neurologischer Status erhoben worden war. Im Gegensatz zum Befund vom 20.11.2018 führt der behandelnde Neurologe jedoch im Befund vom 14.03.2019 aus, dass eine massive Gangstörung vorliege, was sich vor dem Hintergrund des im Wesentlichen unveränderten neurologischen Status jedoch als nicht schlüssig erweist. Diese Unschlüssigkeit konnte vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zum aktuellen Gutachten auch nicht ausgeräumt werden. Hingegen beurteilen beide im Verfahren herangezogenen Amtssachverständigen das Gangbild zwar als beeinträchtigt, jedoch unter Benützung einer einfachen Gehhilfe (Gehstock oder Stützkrücke) als ausreichend sicher und die Kraft und Beweglichkeit der Extremitäten als ebenfalls ausreichend, um öffentliche Verkehrsmittel sicher benützen zu können.

Die vom Beschwerdeführer eingewandten erheblichen Gleichgewichtsstörungen und behaupteten häufigen Stürze sind nicht durch objektive Befunde untermauert.

Bezüglich der bewältigbaren Gehstrecke wurden in den Befunden vom behandelnden Neurologen lediglich die Angaben des Beschwerdeführers in der Anamnese aufgenommen (Befund vom 20.11.2018: 300 bis 400 Meter, Befund vom 14.03.2019: aufgrund der Schwächung nach respiratorischem Infekt 200 Meter). Aus dem vorgelegten Physiotherapeutischen Bericht ergibt sich eine maximale Gehstrecke von 700 Metern.

Die Beurteilung der Sachverständigen, dass der Beschwerdeführer in der Lage ist, unter Benützung eines Gehstockes bzw einer Stützkrücke 300 bis 400 Meter zurück zu legen, erweist sich somit auch unter Berücksichtigung der oben dargestellten Untersuchungsergebnisse als nachvollziehbar und richtig.

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte verlangsamte Gehgeschwindigkeit (laut Physiotherapiebericht benötigt der Beschwerdeführer 45 Minuten, um 700 Meter zu gehen) erreicht kein Ausmaß, welches die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirken würde, wie dies die Sachverständige auch schlüssig und richtig im Gutachten ausführt. Dass der Beschwerdeführer in manchen Fällen - wie er behauptet - nicht schnell genug sehr breite Straßen wie den Ring in Wien überqueren kann, bevor die Ampel wieder rot wird, vermag ebenfalls die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zu begründen. Daran vermag auch die vom Beschwerdeführer eingewandte "Frage der Haftung, wenn man die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als ihm zumutbar ansehe" nichts zu ändern.

Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist nicht gegeben. Eine kardiopulmonale Funktionseinschränkung oder anderweitige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist nicht objektiviert.

Der vom Beschwerdeführer mit seiner Stellungnahme zum aktuellen Gutachten nachgereichte französische Befund vom 04.06.2019 unterliegt der Neuerungsbeschränkung (vgl. die rechtlichen Ausführungen) und vermag selbst unter Berücksichtigung die Beurteilung nicht zu ändern, da dieser Befund die Ergebnisse einer Magnetresonanztomographie-Untersuchung des Gehirnes darstellt, jedoch weder eine Beurteilung über die Auswirkungen dieser Ergebnisse, noch Ausführungen etwa zu Gangbild oder Gangsicherheit beinhaltet.

Es liegen somit zum Entscheidungszeitpunkt zusammengefasst keine ausreichend erheblichen Funktionseinschränkungen bei dem Beschwerdeführer vor.

Eine Ausschöpfung der zumutbaren Therapieoptionen hinsichtlich der angegebenen Beschwerden ist ebenfalls nicht belegt. Von einer Intensivierung konservativer Maßnahmen und/oder einem stationären Rehabilitationsaufenthalt ist - nach den schlüssigen, unbestritten gebliebenen - Ausführungen der Sachverständigen eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten. Auch seitens des behandelnden Neurologen wurde im Befund vom 20.11.2018 ausdrücklich eine langfristige Weiterführung der Physiotherapie empfohlen.

Das aktuelle Gutachten wurde von dem Beschwerdeführer nicht ausreichend substantiiert. Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden aktuellen Sachverständigengutachtens. Es wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) BGBl. Nr. 283/1990, idF des BGBl. I Nr. 32/2018, lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

......

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:

"§ 1 ....

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a)......

b)......

......

2. ...... 3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des

Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)......"

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise) - (nunmehr seit der Novelle BGBl. II Nr. 263/2016 unter § 1 Abs. 4 Z. 3 geregelt):

"Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

..........

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

.........

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden.

.........

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-

nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-

anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

-

schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-

fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

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selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

......."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 19.07.2019 zu Grunde gelegt, wonach dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Weder bestehen entscheidungserhebliche Einschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch ausreichend erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen.

Auch liegen keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit, und auch keine anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.

Ein psychiatrisches Leiden in einem Ausmaß, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in unzumutbarem Ausmaß behindert, wurde ebenfalls nicht belegt. Es liegt im Beschwerdefall auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems im Sinne der genannten Verordnung vor.

Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, konnte die Sachverständige die, von ihrer Beurteilung abweichenden Ausführungen im Befund des behandelnden Neurologen bzw der Physiotherapeutin nachvollziehbar entkräften. Das Gutachten vom 19.07.2019 erweist sich als richtig, vollständig und schlüssig.

Die von dem Beschwerdeführer zeitlich nach der Beschwerdevorlage (diese war am 25.02.2019 erfolgt) nachgereichten medizinischen Befunde unterliegen der Neuerungsbeschränkung des §46 BBG, wonach in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Diese Befunde wurden zeitlich nach der Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt, weshalb sie von der Neuerungsbeschränkung umfasst sind und daher vom Bundesverwaltungsgericht im aktuellen Verfahren nicht berücksichtigt werden können. Zudem hat die Sachverständige - wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt wurde - nachvollziehbar ausgeführt, dass der nachgereichte Befund des behandelnden Neurologen, selbst im Falle der Berücksichtigung keine geänderte Beurteilung bewirkt.

Auch der Einwand, es sei widersprüchlich, dass dem Beschwerdeführer eine 70%-ige Invalidität attestiert worden sei, jedoch seine oberen und unteren Extremitäten angeblich funktionsfähig seien, vermag der Beschwerde aus folgenden Gründen nicht zum Erfolg zu verhelfen:

In dem, zur Ausstellung des Behindertenpasses eingeholten Gutachten vom 14.12.2018 wurden die durch die Resthemisymptomatik links nach mehreren zerebralen Insulten bestehenden Funktionseinschränkungen unter dem Leiden Nr. 1 berücksichtigt und dem oberen Rahmensatz der Positionsnummer 04.01.02 mit einem Einzelgrad der Behinderung von 70% zugeordnet. Diese Positionsnummer betrifft Funktionseinschränkungen aufgrund cerebraler Lähmungen mittleren Grades, wobei der vom Gutachter gewählte obere Rahmensatz, der mit einem Einzelgrad der Behinderung von 70% bewertet ist, die Notwendigkeit der Verwendung eines Hilfsmittels für die Fortbewegung voraussetzt.

Auch in dem nunmehrigen aktuellen Gutachten geht die Gutachterin davon aus, dass der Beschwerdeführer zum sicheren Gehen eine solche einfache Gehhilfe benötigt (Gehstock oder Stützkrücke). Auch unter Berücksichtigung dieses Erfordernisses ist aber die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar, wie dies oben bereits ausführlich dargestellt wurde. Es besteht somit kein Widerspruch zwischen der Attestierung einer 70%-igen Behinderung und der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Der Beschwerdeführer wird der Vollständigkeit halber betreffend das Beschwerdevorbringen, dass das nächste öffentliche Verkehrsmittel und die behandelnden Ärzte für ihn zu weit vom Wohnort entfernt seien, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach es bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entscheidend auf die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel (vgl. VwGH vom 19.12.2017, Ra 2017/11/0288, mwV).

Da festzustellen war, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches aktuell die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid spruchgemäß abzuweisen.

Der Beschwerdeführer ist aber darauf hinzuweisen, dass bei einer befundmäßig objektivierten erheblichen Verschlechterung seines Leidenszustandes eine neuerliche Antragstellung und die neuerliche Prüfung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht ausreichend substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2212704.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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