Entscheidungsdatum
06.09.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W264 2202698-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 17.7.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge: BF) stellte am 13.2.2018 unter Verwendung des Antragsformulars 03/2017 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis), worin als Hinweis vermerkt ist: "Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."
Seinem Antrag legte der BF eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung vom 28.12.2017, ein Einladungsschreiben zur Rehabilitation vom 12.1.2018, einen ärztlichen Entlassungsbrief des Universitätsklinikums XXXX vom 9.1.2018 sowie einen Befund des Universitätsklinikums XXXX vom 5.2.2018 bei.
2. Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin ein. Die befasste Allgemeinmedizinerin Dr. XXXX stellte in ihrem am 8.7.2018 erstatteten Gutachten - nach persönlicher Untersuchung des BF am 21.6.2018 - einen Grad der Behinderung von 50 v.H. fest. Als voraussichtlich länger als sechs Monate andauernde Funktionseinschränkungen des BF hielt die Sachverständige fest:
1. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Chronisch obstruktive Lungenerkrankung - Moderate Form - COPD II ORS bei Belastungsdyspnoe,
2. Degenerative Veränderungen an der WS (Bandscheibenprotrusion C5/C6, Bulging C4/C5, C6/C7) und der großen Gelenke (Knie, Hüfte/Schulter),
3. Funktionseinschränkung rechter Zeigefinger und
4. Varizen linke untere Extremität.
Zur Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel führte die Sachverständige aus, dass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke schmerzbedingt und durch die COPD zwar verlangsamt, jedoch sicher möglich sei. Durch Leiden 1 und Leiden 2 bestehe eine Einschränkung der Mobilität. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke sei jedoch selbständig mit einer Gehhilfe möglich. Relevante sensorische oder motorische Ausfälle bestünden nicht, der BF benötige einen Gehbehelf, sei jedoch nicht sturzgefährdet. Das Gangbild sei sicher. Es könne auch keine Einschränkung der Standhaftigkeit erhoben werden. Es sei ihm zumutbar höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel zu überwinden. Ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel sei gewährleistet.
3. Mit Erledigung vom 17.7.2018 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass im medizinischen Ermittlungsverfahren ein Grad der Behinderung von 50 % festgestellt worden sei und die Voraussetzung für die Zusatzeintragung "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist Trägerin von Osteosynthesematerial" vorliege. Der Behindertenpass werde unbefristet ausgestellt und in den nächsten Tagen im Scheckkartenformat übermittelt.
4. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 17.7.2018 wies die belangte Behörde darüber hinaus den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab und stütze sich begründend auf das ärztliche Begutachtungsverfahren, welches ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
Gemeinsam mit dem Bescheid wurde dem BF das Gutachten Dris. XXXX vom 8.7.2018 übermittelt.
5. Gegen den die Vornahme der Zusatzeintragung abweisenden Bescheid erhob der BF fristgerecht die gegenständliche Beschwerde vom 30.7.2018. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass zwar das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke mit einer Gehhilfe möglich sei, aber das Einsteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel sei ihm unmöglich, da er einen Niveauunterschied von 30 cm nicht überwinden könne. Eine Sturzgefahr sei gegeben. Der BF sei zu Hause bereits mehrmals zu Sturz gekommen, da er die Stiegen von maximal 20 cm nicht schaffe. Er ersuche, es möge ihm die Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel zuerkannt werden.
Seiner Beschwerde legte der BF keine neuen medizinischen Unterlagen vor.
6. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schrieben vom 6.8.2018 vor und langte der bezughabende Fremdakt samt Beschwerde am gleichen Tage beim Gericht ein.
Über Aufforderung des Gerichts übermittelte die belangte Behörde noch fehlende Aktenbestandteilte und waren dies einerseits das Schreiben vom 17.7.2018, mit welchem der BF über die Ausstellung des Behindertenpasses informierte wurde und andererseits der verfahrenseinleitende Antrag des BF vom 13.2.2018.
7. Zur Überprüfung der Einwendungen in der Beschwerde wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ein Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Unfallchirurgie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 25.6.2019, eingeholt und konkrete Fragen an den Sachverständigen herangetragen.
Der Sachverständige Dr. XXXX führte dazu in seinem Gutachten vom 1.7.2019 aus, wie folgt:
" ...
Relevante Anamnese:
COPD;
Aufbraucherscheinungen Bewegungs- und Stützapparat,
Hüftendoprothese links 1/2018.
Jetzige Beschwerden:
‚Es geht mir nur um den Parkausweis, damit ich in der Nähe der Doktoren parken kann. Der 3. und der 4.Lendenwirbel tun weh, jetzt habe ich auch eine Entzündung. Stiegensteigen und Gehen ist erschwert. Nach etwa 150 Metern habe ich Probleme mit der Luft, besonders in der Hitze. Unebenheiten sind ein Problem. Ich stolpere schon über 2cm-Erhöhungen, der Gesamtzustand hat sich verschlechtert, besonders der der Wirbelsäule.
Ich gehe mit 2 Stöcken, weil ich mir leichter tue.
Körperpflege ist erschwert, Drehen und Bücken ebenso.
Beide Knie stechen, die rechte Hüfte tut auch schon weh. Die linke ist operiert. Da ist die Narbe bamstig. Die Beschwerden der rechten Hand kommen und gehen, Schlaftabletten nehme ich auch.'
Medikation: Cerebokan, Atorvastatin, Oleovit, Diaklir, Folsan, Trittico, Diclobene.
Sozialanamnese: Lebensgemeinschaft; AMS, davor befristete Inval.pension
Allgemeiner Status:
172 cm groß und 97 kg schwer
in gutem Allgemein- und sehr gutem Ernährungszustand. Thorax symmetrisch.
Relevanter Status:
Wirbelsäule im Lot. HWS in R 50-0-50, F 15-0-15, KJA 1 cm, Reklination 14 cm.
Normale Brustkyphose, BWS-drehung 30-0-30,
FKBA 30 cm, Seitneigung bis 10 cm ober Patella.
Lasegue beidseits negativ. Obere Extremitäten:
Schultern in S rechts 30-0-140 zu links 40-0-170, F rechts 135-0-40 zu links 170-0-50, R rechts 60-0-50 zu links 70-0-70, Ellbögen 0-0-130, Handgelenke 50-0-50, Faustschluß beidseits möglich. Mässiges Beugedefizit rechter Zeigefinger.
Nacken- und Kreuzgriff durchführbar.
Untere Extremitäten:
Hüftgelenke in S rechts 0-0-105 zu links 0-0-90, F rechts 30-0-20 zu links 25-0-10, R rechts 25-0-15 zu links 25-0-10, Kniegelenke in S 0-0-130, bandfest, reizfrei. Sprunggelenke 15-0-45.
Gangbild/Mobilität:
Gang in Straßenschuhen ohne Gehbehelfe gering kleinerschrittig, aber sicher möglich.
Zehenspitzen- und Fersenstand mit Anhalten möglich.
BEURTEILUNG
Ad) 1) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung Grad II moderate Form
2) Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule und der großen Gelenke, Zustand nach Hüftendoprothese links 2018
3) Funktionseinschränkung rechter Zeigefinger
4) Varizen linke untere Extremität
Ad2) Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten.
Alle Gelenke sind stabil und ausreichend beweglich, ein relevantes Muskeldefizit findet sich nicht, auch keine relevante peripherere Nervenschädigung. Es besteht eine geringe Einschränkung der linken Hüfte nach Endoprothetik mit guter Beweglichkeit, eine geringe Einschränkung der rechten Schulter.
Ein relevantes sensomotorisches Defizit der Extremitäten ist weder klinisch erhebbar noch befundmäßig ableitbar.
Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten.
Beide Arme können in Gebrauchsstellung gebracht werden, alle Gelenke der oberen Extremitäten sind stabil und ausreichend beweglich.
Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit.
Die Mobilität der BF ist-zweifelsfrei eingeschränkt, aber nicht relevant.
a. Eine Gehstrecke von 300 bis 400 Metern bzw. ein Aktionsradius von 10 Minuten ist ihm sicher möglich.
b. Ein- und Aussteigen sind möglich, die Beugefunktionen der Gelenke der unteren Extremitäten sind ausreichend.
c. Stehen im Nahbereich ist möglich, Anhalten ist ungestört.
d. Sitzplatzsuche ist möglich
e. Fortbewegen im öffentlichen Verkehrsmittel ist möglich.
f. Es ist beim Benützen von öffentlichen Verkehrsmitteln mit leichten Schmerzen, kurzfristig bis zu mittleren zu rechnen, starke Schmerzen sind nicht zu erwarten.
Eine Sturzgefahr kann weder klinisch erhoben noch befundmäßig abgeleitet werden.
Das Überwinden von 20 cm Stufen ist ihm sicher möglich, da keine Funktionseinschränkungen erhoben worden oder befund - dokumentiert sind; diesbezüglich ergibt sich keine Änderung auch zum Vorgutachten aus 2017.
Ein GA aus einem anderen Teilbereich ist nicht notwendig.
Die zweifelsfrei bestehend depressive Neigung und das eingenommen Antidepressivum ändert nichts an der Benützbarkeit der ÖVM, da kein Befund für eine relevante Einengung oder psychotische Symptome vorlagen.
Es wurden Befunde nach dem Neuerungsbeschränkungsstichtag mitgebracht - Röntgenbefund Dr. XXXX 3.6.2019, Attest Dr. XXXX 13.6.2019: Bestätigung der getroffenen Einschätzung.
Lungenbefund Dr. XXXX 27.6.2018 bestätigt die Allgemeinmedizin. Einschätzung, da unter Therapie relativ beschwerdefrei, stabile grenzwertige Obstruktion."
8. Mit Schreiben vom 17.7.2019 wurde dem BF das Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 1.7.2019 im Wege des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und die Gelegenheit eingeräumt dazu Stellung zu nehmen.
9. Der BF erstattete Schreiben vom 13.8.2019 eine Stellungnahme und führte darin aus, an chronisch obstruktiver Lungenerkrankung des Grades 3 Gold zu leiden und legte ein ärztliches Attets Dris. XXXX vom 13.6.2019 bei. Des Weiteren führte er aus, keine Gehstrecke von 300 Meter bis 400 Meter in 10 Minuten zurücklegen und Stufen in der ÖNORM nicht überwinden zu können. Ein Ein- und Aussteigen sei ihm bei den Postbussen aufgrund des Höhenunterschiedes nicht möglich. Daher sei es ihm nicht möglich ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H.
Der Beschwerdeführer leidet an folgenden Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
-
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung Grad II moderate Form
-
Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule und der großen Gelenke, Zustand nach Hüftendoprothese links 2018
-
Funktionseinschränkung rechter Zeigefinger
-
Varizen linke untere Extremität
Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die festgestellten Gesundheitsschädigungen der Lunge und am Stütz- und Bewegungsapparat haben zwar geringe Einschränkungen der Mobilität zur Folge, jedoch ist das Zurücklegen kurzer Wegstrecken unter Verwendung eines Hilfsmittels möglich. Die festgestellten Funktionseinschränkungen erreichen kein Ausmaß, welches das Überwinden von Niveauunterschieden vereitelt.
Trotz fortgeschrittener COPD besteht bei Inhalationstherapie keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, welche eine Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel begründen würde. Eine Langzeitsauerstofftherapie ist nicht erforderlich.
Das Zurücklegen von kurzen Wegstrecken von 300 bis 400 Meter ist dem Beschwerdeführer aus eigener Kraft zumutbar. Bei leichten Anstrengungen besteht keine relevante Atemnot. Das Überwinden von Niveauunterschieden ist dem Beschwerdeführer trotz der Verwendung eines Gehstockes möglich.
Der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist nicht eingeschränkt.
Es liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Besitz des Behindertenpasses beruht auf dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt, welchem nach Aufforderung zur vollständigen Vorlage des Aktes insbesondere das Schreiben der belangten Behörde über die Ausstellung des Behindertenpasses vom 17.7.2018 einliegt.
Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers und deren Auswirkungen auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beruhen - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf den vorgelegten und eingeholten Beweismitteln:
Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 8.7.2018 - basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 21.6.2018 - ist in Zusammenschau mit dem seitens des erkennenden Gerichts zusätzlich eingeholten Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Unfallchirurgie vom 1.7.2019 sowie den vom BF vorgelegten medizinischen Beweismitteln schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.
Die beiden medizinischen Sachverständigen gehen in ihren jeweiligen Gutachten auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig ein. Auch führen die Sachverständigen nachvollziehbar und widerspruchsfrei zu den Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
So hielt die Sachverständige zum Hauptleiden, der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD II fest, dass hinsichtlich dieser Funktionseinschränkung gegenüber dem Vorgutachten vom 5.8.2017 (der BF stellte zuvor am 29.3.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) ein progredienter Verlauf vorliege und der Grad der Behinderung um zwei Stufen zu erhöhen sei. In Bezug auf die öffentlichen Verkehrsmittel hielt sich fest, dass zwar die Mobilität eingeschränkt sei, jedoch in keinem Ausmaß, welches das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke unmöglich mache. Das Zurücklegen einer Wegstrecke sei selbständig unter Zuhilfenahme eines Gehstockes möglich.
Die genannte Funktionseinschränkung werde mit einer Inhalationstherapie behandelt. Dass eine Langzeitsauerstofftherapie indiziert ist, gehe weder aus den vorgelegten Unterlagen des BF, noch aus dem Untersuchungsbefund der persönlichen Untersuchung vom 21.6.2018 hervor und sei anzumerken, dass eine Langzeitsauerstofftherapie üblicherweise erst bei einer COPD höheren Stadiums erforderlich sei.
Hinsichtlich der Funktionseinschränkungen infolge degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule und den großen Gelenken, wie Knie, Hüfte und Schulter, führte die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 8.7.2018 aus, dass das Zurücklegen einer Wegstrecke schmerzbedingt und durch die COPD zwar verlangsamt, jedoch sicher möglich sei. Es bestehen keine relevanten sensorischen oder motorischen Ausfälle. Das Gangbild sei sicher und es bestehe keine Sturzgefahr. Dem BF sei die Verwendung eines Gehbehelfes in Form eines Gehstockes zumutbar und schränke dieses Hilfsmittel die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht in einer Art ein, als es deren Benützung unzumutbar machen würde.
Eine Einschränkung der Standhaftigkeit konnte im Rahmen der persönlichen Untersuchung des BF am 21.6.2018 ebenfalls nicht objektiviert werden.
Das zusätzlich eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie, bestätigt die Ausführungen der Allgemeinmedizinerin und berücksichtigte dabei die im Rahmen der persönlichen Untersuchung des BF am 25.6.2019 vorgebrachten Beschwerden. Dazu führte der Sachverständige in seinem Gutachten vom 1.7.2019 aus, dass beim BF eine geringe Einschränkung der linken Hüfte nach Endoprothetik mit guter Beweglichkeit sowie eine geringe Einschränkung der rechten Schulter bestehe. Ein relevantes sensomotorisches Defizit der Extremitäten sei weder klinisch erhebbar noch befundmäßig ableitbar.
Damit steht auch der vom Sachverständigen am 25.6.2019 erhobene Untersuchungsbefund im Einklang, wonach die Beweglichkeit der linken Hüfte des BF mit 0-0-90° und der rechten Schulter mit 30-0-140° dokumentiert ist.
Dass der BF - wie er in seiner Beschwerde ausführte - nicht in der Lage sei Niveauunterschiede von 30 cm zu überwinden, konnte im Rahmen der beiden klinischen Untersuchungen, welche den beiden Sachverständigengutachten jeweils zugrunde lagen, nicht objektiviert werden. Ebenso wenig konnte eine Sturzgefahr klinisch erhoben noch befundmäßig abgeleitet werden.
Zum psychischen Zustand des BF führte Dr. XXXX in seinem Gutachten vom 1.7.2019 aus, dass die zweifelsfrei bestehende depressive Neigung und das eingenommene Antidepressivum an der Benützbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel ebenfalls nichts ändern, da kein Befund für eine relevante Einengung oder psychotische Symptome vorliege.
Insofern der BF in seiner Stellungnahme vom 13.8.2019 ausführt, an einer COPD des Grades III Gold zu leiden und diesbezüglich auf ein vorgelegtes ärztliches Attest vom 13.6.2019 hinweist, wird dazu einerseits auf die im Bundesbehindertengesetz mit BGBl. I Nr. 57/2015 eingeführte und mit 1.7.2015 in Kraft getretene Neuerungsbeschränkung verwiesen und andererseits ausgeführt, dass das mit dieser Stellungnahme in Vorlage gebrachte ärztliche Attest Dris. XXXX vom 13.6.2019 "COPD GOLD III" handschriftlich unter den mit einer Datenverarbeitungsanlage erstellt aufgelisteten Diagnosen beinhaltet. Neben dieser handschriftlichen Ergänzung fehlt etwa eine vom das Attest vom 13.6.2019 erstellt habenden Mediziner stammende Paraphe. Die am Ende des mit einer Datenverarbeitungsanlage erstellten Attests vom 13.6.2019 befindliche Paraphe des Arztes vermag nicht zu beweisen, dass die handschriftliche Ergänzung vom Verfasser des Attests vom 13.6.2019 stammt.
Ein COPD-Leiden des BF wurde von den beiden beigezogenen Sachverständigen nach jeweils persönlicher Untersuchung des BF befundet und sachverständig beurteilt. Diese Befundung mündete zuletzt in die sachverständige Feststellung Dris. XXXX "Chronisch obstruktive Lungenerkrankung Grad II moderate Form", welches nach am 25.6.2019 erfolgter erstellt wurde und auch die vom BF persönlich angegebenen Beschwerden berücksichtigt. Die sachverständige Feststellung Dris. XXXX berücksichtigt die Auswirkungen der beim BF vorliegenden Funktionseinschränkungen bei der Beurteilung der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel.
Zu weiteren Ausführungen hinsichtlich der Neuerungsbeschränkung wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.
Infolge der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der beiden vorliegenden Sachverständigengutachten, insbesondere des zuletzt vom Gericht eingeholten Gutachtens Dris. XXXX vom 1.7.2019, folgt der erkennende Senat den Gutachtensergebnissen, welche übereinstimmend zu dem Ergebnis kommen, dass dem BF das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von zumindest 300 Meter bis 400 Meter aus eigener Kraft - allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe wie die eines Gehstockes, welcher die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in hohem Maße erschwert - sowie das Überwinden von Niveauunterschieden möglich ist. Zudem wirken sich seine festgestellten Gesundheitsschädigungen nicht in der Art aus, dass ein Ein- und Aussteigen in bzw. aus einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht möglich wäre oder sichere Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel gefährdet wäre.
Der BF ist mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde den auf persönlichen Untersuchungen basierenden Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin sowie eines Facharztes für Unfallchirurgie im Lichte obiger Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten; steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.6.2000, 2000/11/0093).
Zur Angabe des BF, die beantragte Zusatzeintragung in den Behindertenpass zu wünschen "damit ich in der Nähe der Doktoren parken kann", ist unter Hinweis auf die Rechtsprechung des VwGH zu sagen, dass es auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel oder dem Wunsch, in der Nähe von vom BF aufgesuchten Ordinationen parken zu können (vgl. VwGH 27.5.2014, Ro 2014/11/0013 mit dem Hinweis auf VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind für die Berechtigung der Zusatzeintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entscheidend, nicht aber andere Umstände, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Sachverständigengutachten vom 8.7.2018 und vom 1.7.2019, beruhend auf persönlichen Untersuchungen des BF am 21.6.2018 und am 25.6.2019, und werden diese Sachverständigengutachten in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte sind die zuvor genannten medizinischen Sachverständigengutachten schlüssig, nachvollziehbar: diese erheben jeweils durch persönliche Untersuchungen des BF in Zusammenschau mit den vom BF zur Verfügung gestellten Beweismitteln den Sachverhalt, weisen keine Widersprüche auf und werden im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung verwertet. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen: die Gutachten sind schlüssig. "Schlüssigkeit" bedeutet, dass der Sachverständige die entscheidungswesentlichen Tatsachen in seinem Gutachten im engeren Sinne klarstellt und aufgrund seiner Sachkenntnis deren Ursachen und Wirkungen beschreibt. Das erkennende Gericht hegt somit keine Zweifel an den beiden Sachverständigengutachten, da mangels konkreter Ausführungen und / oder konkretem Gegengutachten Unschlüssigkeit oder Unvollständigkeit der beiden Gutachten nicht aufgezeigt werden. Der Beweiskraft eines schlüssigen Gutachtens kann nur durch ein solches auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden (gleichwertiges Gegengutachten, um das Gutachten in seiner Beweiskraft zu erschüttern).
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach stRsp des VwGH nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle dahingehend, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist, nicht aus.
Die vorliegenden Beweismittel (Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 8.7.2018, das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 1.7.2019 sowie die vom BF vorgelegten medizinischen Beweismittel) und der vorgelegte Fremdakt der belangten Behörde (in welchem die vom BF vorgelegten Beweismittel einliegen) ermöglichen dem erkennenden Gericht, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.
Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, welcher den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.9.1978, 1013, 1015/76).
Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.
Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.2.1987, 13 Os 17/87, aus:
"Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".
Mit dem von der belangten Behörde in Auftrag gegebenen und dem vom Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten wurden (ausgehend von an den jeweiligen Sachverständigen herangetragenen Fragen) - ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs entwickelten Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - die Funktionseinschränkungen, welche sich auf die Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen auswirken, befundet und einer gutachterlichen Würdigung unterzogen. Die zur Begründung dieser Entscheidung herangezogene Gutachten der beiden Sachverständigen stellen nach dem oben Gesagten eine ausreichende Grundlage für die gegenständliche Entscheidung dar.
3. Rechtliche Beurteilung:
Ad Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17.7.2018 der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 59/2018 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(2) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
"§ 1 ....
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. ...
2. ...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller
Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1
Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6) ..."
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall relevant - Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):
...
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest sechs Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
...
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden..."
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob die Antragstellerin dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist, und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.2.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob die Antragstellerin dauernd an ihrer Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.3.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.5.2009, 2007/11/0080).
Bei der Beurteilung der zumutbaren Wegstrecke geht der Verwaltungsgerichtshof von städtischen Verhältnissen und der durchschnittlichen Distanz von 300 bis 400 Metern bis zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels aus (vgl. VwGH 27.5.2014, Ro 2014/11/0013).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt (auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen), wurde in den eingeholten Sachverständigengutachten vom 8.7.2018 und vom 1.7.2019, jeweils beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des BF, nachvollziehbar verneint, dass im Fall des BF - trotz der bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Mit dem Vorliegen der beim BF objektivierten aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen vermag er noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung aufgrund von erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit sind im Falle des BF, wenn auch bei Vorliegen einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, gerade nicht gegeben. Es kann im vorliegenden Fall außerdem keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems festgestellt werden.
Was das Vorbringen des BF in seiner Stellungnahme vom 13.8.2019 betrifft, er leide an COPD des Grades III Gold wird - wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt - auf die mit BGBl. I Nr. 57/2015 eingeführte und mit 1.7.2015 in Kraft getretene Neuerungsbeschränkung in § 46 BBG verwiesen.
Da die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 6.8.2018 vorgelegt wurde, sind nach diesem Zeitpunkt nachgereichte Beweismittel nicht zu berücksichtigen.
Falls sich der Leidenszustand des BF maßgebend verschlechtert hat bzw. sich die Funktionseinschränkungen künftig verschlechtern, ist es zulässig, abermals einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" zu stellen und kommt eine neuerliche Prüfung der Voraussetzungen in Betracht. (vgl. dazu etwa VwGH vom 20.11.2012, Zl. 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (§ 24 Abs. 2 VwGVG).
Nach § 24 Abs. 4 VwGVG 2014 kommt ein Entfall der Verhandlung dann nicht in Betracht, wenn Art 6 MRK und Art 47 GRC die Durchführung einer solchen gebieten. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um 'civil rights' oder 'strafrechtliche Anklagen' iSd Art. 6 MRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049).
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10.5.2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3.5.2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).
Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom 18.7.2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung, ob die gesundheitlichen Einschränkungen des Betroffenen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar erscheinen lassen, "wegen des für die Entscheidungsfindung wesentlichen persönlichen Eindrucks von der Person des Antragstellers" grundsätzlich eine mündliche Verhandlung geboten (VwGH 19.8.2018, Ra 2018/11/0145, VwGH 21.6.2017, Ra 2017/11/0040-5 mit dem Hinweis VwGH 8.7.2015, 2015/11/0036, 21.4.2016, Ra 2016/11/0018, 25.5.2016, Ra 2016/11/0057, und 16.8.2016, Ra 2016/11/0013).
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 Abs. 1 VwGVG lautet aber auch, dass das Verwaltungsgericht (selbst bei anwaltlich Vertretenen) auch ohne Antrag von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen hat, wenn das Verwaltungsgericht eine solche für erforderlich hält, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne Parteiantrag nicht im Belieben, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichts steht (VwGH 18.10.2016, 2015/03/0029 mwH). Dies ist nach der Rechtsprechung etwa dann anzunehmen, wenn die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde substantiiert bekämpft oder ein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet wird.
Zwar wurde in casu die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde nicht substantiiert bekämpft, jedoch überlasst das Gesetz (kann-Bestimmung im § 24 Abs. 4 VwGVG) die Beurteilung der Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung dem Einzelrichter bzw dem Senat, sodass es dem Gericht obliegt zu beurteilen, ob die Aktenlage für die Entscheidung ausreicht oder es zur weiteren Klärung der Rechtssache einer mündlichen Erörterung bedarf.
Expressis verbis des § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Verhandlung durchzuführen, wenn eine solche beantragt wird. Sowohl im Beschwerdeschriftsatz als auch in der Beschwerdevorlage wurde die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt.
Soweit nicht in einem Bundes- oder einem Landesgesetz anderes bestimmt ist, kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG die Verhandlung entfallen, wenn die Akten erken