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L1000 GemeindeordnungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1, Art139 Abs3Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Wassergebührenverordnung betreffend Wasserbezugs- und Wasserzählergebühren einer Kärntner Gemeinde mangels ausdrücklicher Beschlussfassung sowie eindeutiger Festlegung des Gegenstands in dem Antrag auf Genehmigung der Verordnung; Ablehnung des Antrags des Finanzausschusses auf Ablehnung der vom Gemeinderat vorgeschlagenen Wassergebührenverordnung stellt keine Beschlussfassung darRechtssatz
Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Millstatt am See vom 29.09.2016, Z810-3-GWVA/2016, mit der Wasserbezugsgebühren und Wasserzählergebühren ausgeschrieben werden (Wassergebührenverordnung), als gesetzwidrig.
Entgegen der Auffassung der Kärntner Landesregierung lässt sich aus der Ablehnung des Vorschlages des Ausschusses für Finanzen in der Sitzung des Gemeinderates vom 29.09.2016, die geänderte Wassergebührenverordnung abzulehnen, nicht ableiten, dass die in der Sitzung des Gemeindevorstandes vom 07.09.2016 dem Ausschuss für Finanzen zur Vorberatung zugewiesene Wassergebührenverordnung in der Sitzung des Gemeinderates vom 29.09.2016 angenommen worden wäre.
§39 K-AGO bestimmt, dass für einen Beschluss die einfache Mehrheit der in beschlussfähiger Anzahl anwesenden Mitglieder des Gemeinderates erforderlich ist und dass Stimmenthaltung und Erklärungen, weder zuzustimmen noch abzulehnen, als Ablehnung gelten. Vor diesem Hintergrund setzt eine Beschlussfassung voraus, dass dieser ein Antrag zugrunde liegt, der den Gegenstand der Beschlussfassung in einer eindeutigen Weise enthält.
Gegenstand der Beschlussfassung im Gemeinderat am 29.09.2016 war der vom Finanzausschuss gestellte Antrag auf Ablehnung der vorgeschlagenen Wassergebührenverordnung. Dieser Antrag wurde in der Sitzung des Gemeinderates abgelehnt. Über einen Antrag mit dem Gegenstand auf Beschluss der vorgeschlagenen Verordnung wurde - selbst wenn ein solcher in die Gemeinderatssitzung eingebracht worden sein sollte - nicht abgestimmt.
Die in der Sitzung des Gemeindevorstandes vom 07.09.2016 dem Finanzausschuss zur Antragstellung im Gemeinderat zugewiesene Verordnung betreffend die Wasserbezugsgebühren und Wasserzählergebühren ist somit nicht einer gesetzmäßigen Beschlussfassung im Gemeinderat unterlegen. Das gesetzmäßige Zustandekommen einer Verordnung setzt nämlich nach der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung voraus, dass die zu beschließende Verordnung Gegenstand einer ausdrücklichen Beschlussfassung ist. Eine solche Sicht ist schon deshalb geboten, um jeden Zweifel an der Willensbildung im Gemeinderat auszuschließen.
Dass der Niederschrift zu entnehmen sei, dass der Bürgermeister als Vorsitzender des Gemeinderates festgestellt habe, dass die Verordnung erlassen wurde, und dieser Niederschrift nicht widersprochen worden sei, ändert nichts an diesem Ergebnis.
Der Krnt Allgemeinen GemeindeO fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Gemeinderat aus praktischen Gründen befugt wäre, durch eine andere als die in der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung ausdrücklich vorgesehene Methode der Willensbildung Beschlüsse zu fassen. Dass der Feststellung des Abstimmungsergebnisses und Nichtbeeinspruchung der Niederschrift die von der Kärntner Landesregierung vorgebrachte Wirkung zukommen könnte, lässt sich der Gemeindeordnung nicht entnehmen.
Aufhebung der gesamten Verordnung, da die mangelnde Beschlussfassung die gesamte kundgemachte Verordnung betrifft (Art139 Abs3 Z1 bis Z3 B-VG).
Schlagworte
Gemeinderecht, Gemeinderat, Verordnungserlassung, Wasserrecht, GebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:V57.2018Zuletzt aktualisiert am
12.01.2021