TE Vwgh Erkenntnis 1989/3/20 88/15/0001

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Veröffentlicht am 20.03.1989
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Index

UStG

Norm

UStG 1972 §4 Abs1
UStG 1972 §4 Abs5

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des OZ sen. in T, vertreten durch Dr. Heinz Buchmayr, Rechtsanwalt in Linz, Altstadt 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 26. März 1987, Zl. 6/1/3- BK/Km-1987, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1979 bis 1981, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt neben einer Schießbude ein Kegelspiel. Das Kegelspiel erfolgt in der Weise, daß zehn Kegelbahnen in einem Halbkreis in Höhe eines nach der Mitte zugeneigten Tisches angeordnet sind. Am Spiel können sich daher jeweils bis zu zehn Spieler beteiligen. Jeder Spieler muß einen Spieleinsatz von S 5,-- leisten. Jener Spieler, der mit drei Kugeln die meisten Kegeln zu Fall bringt, bekommt 60 % der Summe der Spieleinsätze. Der Beschwerdeführer bezeichnete die Umsatzsteuer für die Streitjahre von der Summe der Spieleinsätze und zwar jeweils nur in einem Teilbetrag von 40 % derselben. Die Veranlagung des Beschwerdeführers zur Umsatzsteuer für die Jahre 1979 bis 1981 erfolgte entsprechend den Erklärungen.

Anläßlich einer Betriebsprüfung im Jahre 1983 wurde unter anderem diese Vorgangsweise mit der Begründung beanstandet, daß gemäß § 4 Abs. 5 UStG 1972 beim Spiel mit Gewinnmöglichkeiten die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer das Entgelt für den einzelnen Spielabschluß sei und ein ausbezahlter Gewinn das Entgelt nicht mindere. Es sei daher eine Entgeltserhöhung um 40 % (der Summe aller Spieleinsätze mit Ausnahme des Einsatzes des Gewinners) vorzunehmen, wobei davon ausgegangen werde, daß ständig fünf Kegelbahnen benützt worden seien.

Das Finanzamt setzte, der Ansicht und den Feststellungen des Betriebsprüfers folgend, nach Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO die Umsatzsteuer für die Jahre 1979 bis 1981 neu fest.

In der vom Beschwerdeführer gegen diese Bescheide erhobenen Berufung wurde sinngemäß im wesentlichen eingewendet, es sei auf das von ihm betriebene Kegelspiel § 4 Abs. 5 UStG 1972 nicht anwendbar, weil er von jedem Spieler pro Spiel nur einen Betrag von S 2,-- erhalte und den darüber hinausgehenden Spieleinsatz nur verwahre. Er habe auch beim Kegelspiel keine Gewinnmöglichkeit.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, änderte aber die angefochtenen Bescheide insofern ab, als sie auch die Einsätze der Gewinner in die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer einbezog. In der Begründung wurde ausgeführt, es komme für die Beurteilung der Frage, ob ein Spiel mit Gewinnmöglichkeit vorliege, darauf an, daß dem Leistungsempfänger (= Spieler) eine - unbestimmte - Gewinnchance eingeräumt werde. Unbestreitbar räume aber der Beschwerdeführer jedem einzelnen Spieler eine Gewinnmöglichkeit ein. Davon abgesehen sei auch die Gewinnchance des Beschwerdeführers gegenüber jedem einzelnen Spieler unbestimmt. Lediglich die Addition der Gewinnchance des Beschwerdeführers führe zu einem vorhersehbaren Ergebnis (= 40 % des Gesamteinsatzes). Diesbezüglich könne das Kegelspiel auch mit einem Roulett verglichen werden, da die Gewinnchance des Betreibers des Roulettspieles statistisch gesehen auch bestimmbar sei. Fraglich könne daher nur sein, welcher Betrag als Entgelt für den einzelnen Spielabschluß anzusehen sei. Die Ansicht des Beschwerdeführers, es werde ihm der über S 2,-- hinausgehende Betrag ausschließlich zur Verwahrung übergehen, weshalb er diesen zu keiner Zeit vereinnahme, sei nicht richtig. Dies würde nämlich voraussetzen, daß diejenigen Spieler, die nicht gewinnen, an den Gewinner den Wetteinsatz zahlen müßten. Eine derartige Zahlungsverpflichtung setze aber das Bestehen von Beziehungen zwischen den Spielern voraus. Eine Wette liege aber nur vor, wenn über ein beiden Teilen noch unbekanntes Ereignis ein bestimmter Preis zwischen ihnen für denjenigen, dessen Behauptung der Erfolg entspreche, verabredet werde (§ 1270 ABGB). Ein Spieler, der sich durch Hingabe des Spieleinsatzes entschlossen habe, an einem Spiel teilzunehmen, könne sich aber seine später hinzukommenden "Vertragspartner bzw. Wettpartner" gar nicht aussuchen. Überdies bestimme die Spielregeln allein der Beschwerdeführer. Die Spieler akzeptierten diese durch Hingabe des Spieleinsatzes. Es komme daher im Rahmen des Spieles zu keinen Beziehungen zwischen den Spielern untereinander. Es liege daher ein Spiel mit Gewinnmöglichkeiten vor, bei dem der volle Spieleinsatz vom Beschwerdeführer vereinnahmt werde. Gemäß § 4 Abs. 5 UStG 1972 seien die Summen aller Spieleinsätze die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer, wobei ausbezahlte Gewinne die Entgelte nicht minderten. Die Rückzahlung der Einsätze an die gewinnenden Spieler stelle daher keine Entgeltsminderung dar, weshalb die Umsätze aus dem Kegelspiel von bisher 80 % auf 100 % der Spieleinsätze zu erhöhen gewesen wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch rechtswidrige Anwendung des § 4 Abs. 5 UStG 1972 in seinen Rechten verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist entscheidend, ob bei dem unstrittig feststehenden Sachverhalt der von jedem Spieler für jedes Spiel zu entrichtende Einsatz (S 5,--) zur Gänze die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer bildet oder ob nur von jenem Teil der Einsätze, der dem Beschwerdeführer unabhängig davon verbleibt, wie das Spiel auch immer entschieden wird (S 2,--), die Umsatzsteuer zu entrichten ist.

Nach § 4 Abs. 1 UStG 1972 wird im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 leg. cit. der Umsatz nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahme).

Gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. ist beim Spiel mit Gewinnmöglichkeit und bei der Wette Bemessungsgrundlage das Entgelt für den einzelnen Spielabschluß oder für die einzelne Wette, wobei ein ausbezahlter Gewinn das Entgelt nicht mindert.

Seitdem § 4 Abs. 5 UStG 1972 durch das 2. Abgabenänderungsgesetz 1977 (BGBl. Nr. 645) diese Fassung mit Wirkung ab 1. Jänner 1978 erhalten hatte, war diese Gesetzesstelle wiederholt Gegenstand von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Anm. 72 ff und 219 a ff, und die dort angeführten hg. Erkenntnisse). In allen vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fällen lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei welchem vom Unternehmer dem jeweiligen Spieler gegen Entgelt eine sonstige Leistung geboten wurde, die darin bestand, daß dem Spieler die Möglichkeit zum Spiel mit der Chance zum Gewinn eingeräumt wurde.

In diesen Fällen war es nicht zweifelhaft, daß der gesamte Spieleinsatz, also das Entgelt für die Möglichkeit zum Spiel mit Gewinnchance zunächst dem Unternehmer zufloß und sich erst durch den Spielverlauf entschied, ob er dem Unternehmer ungeschmälert verbleibt, weil kein Gewinn - der sich durchaus nicht mit dem Spieleinsatz decken muß - erzielt worden ist.

Davon unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt erheblich. Im Beschwerdefall ist nämlich schon auf Grund der beim Beschwerdeführer angeschlagenen Spielbedingungen für jeden Spieler schon von der Einsatzleistung erkennbar, daß von dem von jedem Spieler für ein Spiel zu entrichtenden Einsatz (S 5,--) dem Beschwerdeführer nur ein Anteil (S 2,--) zufließt und der gesamte verbleibende Teil (S 3,--) als Gewinn ausgespielt wird. Das Entgelt des Beschwerdeführers, dessen Höhe demnach vom Ausgang des jeweiligen Spieles nicht betroffen werden kann, weil er von seinem Anteil keinen Gewinn auszubezahlen hat und der übrige immer die Gewinnsumme bildende Teil des Spieleinsatzes ihm niemals zukommen kann, steht sohin von Anfang an fest. Es fehlt sohin auf der Seite des Beschwerdeführers am aleatorischen Moment, das aber gerade für den Gesetzgeber der Anlaß war, in § 4 Abs. 5 UStG 1972 anzuordnen, daß bei einem Unternehmer, der gegen Entgelt die Möglichkeit zum Spiel mit Gewinnchancen einräumt, das gesamte Entgelt für den einzelnen Spielabschluß ohne Abzug der ausbezahlten Gewinne die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer bildet.

Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise des vorliegenden Sachverhaltes ergibt, daß vom Beschwerdeführer gegen Bezahlung eines fixen Betrages von S 2,-- je Spieler die Benutzung des von ihm betriebenen Kegelspieles gestattet wird, wobei die Benützung des Kegelspieles durch Ausspielen der Summe des von jedem Spieler zu entrichtenden Betrages von S 3,-- unter Leitung des Beschwerdeführers nach den von ihm aufgestellten Spielregeln erfolgt. So wird deutlich, daß der bei jedem Spiel als Gewinn ausgespielte Einsatz nicht als Entgelt angesehen werden kann, das an den Beschwerdeführer für die Ermöglichung der Teilnahme an dem Spiel entrichtet wird.

Diese Spieleinsätze (S 3,--) in die Bemessungsgrundlage des Umsatzes des Beschwerdeführers aus dem Betrieb des Kegelspieles in Anwendung des § 4 Abs. 5 UStG 1972 als Teil des Entgeltes einzubeziehen, war daher rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Das Barauslagen betreffende Mehrbegehren war deshalb abzuweisen, weil dem Beschwerdeführer der Ersatz nur jener Barauslagen gebührt, für die er aufzukommen hat.

Wien, am 20. März 1989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1988150001.X00

Im RIS seit

21.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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