TE OGH 2019/9/24 6Ob163/19t

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Veröffentlicht am 24.09.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Firmenbuchsache der N***** GmbH, FN *****, über den Revisionsrekurs der W***** AG, *****, vertreten durch Dr. Gottfried Thiery, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Mai 2019, GZ 6 R 187/19t-20, womit der Rekurs der Revisionsrekurswerberin zurückgewiesen und über Rekurs des Liquidators DI D*****, vertreten durch Pelzmann Gall Rechtsanwälte GmbH in Wien, der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 19. März 2019, GZ 75 Fr 1817/19m-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Revisionsrekurswerberin ist schuldig, dem Liquidator binnen 14 Tagen die mit 2.234,70 EUR (darin enthalten 372,45 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 19. 3. 2019 bewilligte das Erstgericht die Eintragung von DI D***** als selbständig vertretungsbefugter Liquidator. Das Mehrbegehren auf Eintragung der Änderung der Firma mit dem Zusatz „in Liqu.“ sowie der Rechtstatsache „Generalversammlungsbeschluss vom 14. 2. 2019. Die Gesellschaft ist aufgelöst“ und auf Löschung von drei Geschäftsführern wies das Erstgericht ab. Den abweisenden Teil seines Beschlusses begründete es damit, dass die Liquidatoren neben den Geschäftsführern nicht zur Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft befugt seien. Sowohl die Anmeldung der Firmenänderung als auch die Auflösung hätte durch sämtliche Geschäftsführer zu erfolgen.

Gegen diesen Beschluss richtete sich der Rekurs des Liquidators, der die Abweisung seines Mehrbegehrens bekämpfte. Hingegen bekämpfte die nunmehrige Revisionsrekurswerberin, eine Minderheitsgesellschafterin, den Beschluss des Erstgerichts, soweit er dem Eintragungsbegehren stattgab.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der Revisionsrekurswerberin mangels Parteistellung und Rechtsmittellegitimation zurück, gab jedoch dem Rekurs des Liquidators Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass es dem Eintragungsbegehren zur Gänze stattgab. Gesellschaftern komme im Firmenbuchverfahren in der Regel keine Rekurslegitimation im eigenen Namen zu. Hingegen sei der Rekurs des Liquidators berechtigt. Den Liquidatoren komme seit der Neufassung des § 149 Abs 1 UGB durch das HaRÄG BGBl I 2005/120 unbeschränkbare Vertretungsmacht zu. Weiters seien gemäß § 92 Abs 1 GmbHG alle hinsichtlich der Geschäftsführer getroffenen Bestimmungen sinngemäß auch auf Liquidatoren anzuwenden.

Gegen die Zurückweisung des Rekurses der Revisionsrekurswerberin sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität zu beurteilen gewesen sei. Hingegen sei der Revisionsrekurs gegen die Sachentscheidung zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob bzw unter welchen Voraussetzungen aufgrund der Neuregelung des § 89 Abs 4 GmbHG durch das Publizitätsrichtlinie-Gesetz BGBl I 2006/103 auch die Liquidatoren ohne Mitwirkung der Geschäftsführer zur Anmeldungen der Auflösung einer GmbH durch Gesellschafterbeschluss befugt seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Revisionsrekurs der Minderheitsgesellschafterin mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichts „ersatzlos“ aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, die Löschung der vom Liquidator begehrten Eintragungen sowie die Wiedereintragung der gelöschten Geschäftsführer aufzutragen. Hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

1. Die Parteistellung und Rechtsmittel-legitimation von Gesellschaftern einer GmbH im Firmenbuchverfahren richtet sich gemäß § 15 Abs 1 FBG nach § 2 AußStrG. Nach dieser Bestimmung sind nur solche Personen materielle Parteien des Verfahrens, deren rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst wird. Unmittelbar beeinflusst ist eine Person dann, wenn die gerichtliche Entscheidung Rechte oder Pflichten dieser Person ändert, ohne dass noch eine andere Entscheidung gefällt werden muss. Bloße Reflexwirkungen reichen nicht aus, eine materielle Parteistellung zu begründen (RS0123028, RS0120841, ErläutRV 224 BlgNR 22. GP 22 f; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 2 Rz 50 und 58 mwN).

2.1. Die Rechtsmittelbefugnis des Gesellschafters einer GmbH gegen Eintragungsbeschlüsse des Firmenbuchgerichts setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass seine firmenbuchrechtliche Rechtssphäre berührt wird, etwa weil es im Sinne des § 5 Z 6 FBG um seine Eintragung oder Nichteintragung als Gesellschafter, somit um seine eigene Gesellschafterstellung geht (RS0110337; 6 Ob 154/18t). In allen übrigen Fällen kommt Gesellschaftern im Firmenbuchverfahren daher in der Regel keine Rekurslegitimation im eigenen Namen zu (Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 177 mwN; 6 Ob 226/09t ua).

2.2. Auch daraus, dass eine strittige Vorfrage wie etwa die Frage, ob ein Gesellschafterbeschluss rechtswirksam zustande gekommen ist, zu prüfen ist, lässt sich keine Rekurslegitimation einzelner Gesellschafter ableiten (Kodek aaO § 15 Rz 177; 6 Ob 32/15x; 6 Ob 35/07a). In einem solchen Fall wird – wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat – die firmenbuchrechtliche Position des Gesellschafters nicht berührt.

2.3. Dies gilt auch für die hier zu beurteilende Eintragung des Gesellschafterbeschlusses auf Auflösung der Gesellschaft, auf Änderung der Firma durch den Zusatz „in Liqu.“, auf Abberufung der Geschäftsführer und auf Bestellung eines Liquidators.

2.4. Anderes würde lediglich bei einer amtswegigen Löschung einer GmbH gemäß § 40 FBG gelten, die ohne zugrundeliegenden Gesellschafterbeschluss von Amts wegen erfolgt und den Untergang der Gesellschafterstellung nach sich zieht (vgl 6 Ob 168/02b; Kodek aaO § 15 FBG Rz 176). Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor.

3.1. Wenn das Rekursgericht gemäß § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG in Verbindung mit § 15 Abs 2 FBG aussprach, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen die Sachentscheidung zulässig ist, so ist damit keine Aussage über die Legitimation der Revisionsrekurswerberin getroffen. Vielmehr erfolgt die Prüfung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof in zwei Stufen: Bei der Zulässigkeitsprüfung der ersten Stufe werden die allgemeinen Prozessvoraussetzungen sowie die besonderen Voraussetzungen für Rechtsmittel geprüft (Zechner in Fasching/Konecny2 § 502 ZPO Rz 9). Erst wenn diese Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf der Zulässigkeitsprüfung der zweiten Stufe maßgebend, ob es dem Rechtsmittelwerber gelang, zumindest eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, von deren Lösung die Sachentscheidung abhängt (Zechner aaO § 502 ZPO Rz 10).

3.2. Der Umstand, dass das Rekursgericht die im Rahmen der Sachentscheidung bei Behandlung des Rekurses des Liquidators zu beurteilenden Rechtsfragen als erheblich im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG einstufte, vermag nichts daran zu ändern, dass die Rechtsstellung der Revisionsrekurswerberin als (Minderheits-)Gesellschafterin durch diese Entscheidung nicht unmittelbar betroffen ist, sodass ihr im Sinne der aufgezeigten Lehre und Rechtsprechung keine Rechtsmittellegitimation zukommt.

4. Der Revisionsrekurs war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 AußStrG iVm § 15 FBG. Der Liquidator hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Dabei war die dem Antrag zu entnehmende Bemessungsgrundlage von 50.000 EUR als Bemessungsgrundlage zugrundezulegen (vgl § 10 Z 5 RATG). Dabei war nicht nur auf den Geschäftsanteil der Revisionsrekurswerberin abzustellen (vgl dazu 6 Ob 44/06i; 6 Ob 48/11v), weil im vorliegenden Fall, in dem Eintragungen im Zusammenhang mit der beschlossenen Liquidation der Gesellschaft strittig sind, nicht nur ein einzelner Anteil betroffen ist, sondern es letztlich um das Weiterbestehen der gesamten Gesellschaft geht. Aus diesem Grund war das gesamte Stammkapital der Gesellschaft als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Im (Revisions-)Rekursverfahren steht jedoch nur der einfache Einheitssatz zu.

Textnummer

E126388

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00163.19T.0924.000

Im RIS seit

22.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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