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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §25 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Michael Böhme, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 12, gegen den aufgrund des Beschlusses des Ausschusses in Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 23. Mai 1997, Zl. LGS-W Abt. 12/1218/56/1997, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.880,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste vom 17. Februar 1997 wurde ausgesprochen, daß gemäß § 38 i.V.m. § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug der Notstandshilfe für den nachstehend angeführten Zeitraum widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt werde und weiters gemäß § 38 i.V.m. § 25 Abs. 1 leg. cit. der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe im nachstehend angeführten Betrag verpflichtet werde. Anschließend folgt die Betragsangabe mit S 452.527,-- und die Angabe des Zeitraumes mit "910101-921231, 970101-941231 und 951126-960531". In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nicht gemeldet, daß er seine vorerst als eingestellt angegebene selbständige Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen und auch seit Ruhendlegung der Gewerbeberechtigung im Jahre 1991 weitergeführt habe.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin begehrte er, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu die Rückzahlungspflicht wesentlich herabzusetzen. Er führte aus, daß er in den vom Bescheid angeführten Zeiträumen keine relevanten Beträge verdient habe. Er habe niemals einen Hehl daraus gemacht, daß er weiter erwerbstätig sei, sondern habe sich immer erkundigt, wie hoch sein Zusatzverdienst sein dürfe, ohne daß die Anspruchsberechtigung aufgehoben würde. Er habe die in den jeweiligen Jahren genannte Verdienstgrenze niemals erreicht. Im gesamten relevanten Zeitraum habe sein monatliches Einkommen niemals das Ausmaß gemäß § 5 Abs. 2 lit. c ASVG überstiegen. Er habe weder seine Tätigkeit noch sein Einkommen verschwiegen oder verheimlicht. Sollte trotz des Umstandes, daß er die Einkommensgrenze nicht überschritten habe, alleine aufgrund des erzielten Umsatzes der Bezug der Notstandshilfe zu Unrecht erfolgt sein, so sei er in diesem Bezug jedenfalls gutgläubig gewesen. Man könne ihm nicht mehr zumuten, als sich bei der bezugsauszahlenden Stelle nach den Berechtigungsvoraussetzungen zu erkundigen. Sollte daher der Notstandshilfebezug teilweise zu Unrecht erfolgt sein, habe er die empfangenen Beträge gutgläubig verbraucht.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte den bekämpften Bescheid dahingehend ab, daß die Leistung für den Zeitraum 1. Jänner 1991 bis 31. Dezember 1991, 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1994, 26. November 1995 bis 31. Dezember 1995 und vom 1. Jänner 1996 bis 31. Mai 1996 widerrufen und in der Höhe von S 321.423,80 rückgefordert werde. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Zitierung der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen und Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, daß aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers der Sachverhalt überprüft und festgestellt worden sei, daß sich gemäß § 24 Abs. 2 AlVG aufgrund der vergangenen und fortlaufenden selbständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers die Zuerkennung und Bemessung der Notstandshilfe mit Ausnahme 1992 als gesetzlich nicht begründet herausgestellt habe und daher die Zuerkennung zu widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend zu berichtigen sei.
Zur Frage der Rückforderung sei von der belangten Behörde folgendes festgestellt worden (es folgen Ausführungen der belangten Behörde in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen). Da der Beschwerdeführer seiner Meldepflicht gemäß § 50 AlVG nicht nachgekommen sei, sei der Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß der Berufungsbescheid ebensowenig nachvollziehbar sei wie der erstinstanzliche Bescheid. Die belangte Behörde hätte dartun müssen, in welchen Jahren der Beschwerdeführer nach Auffassung der Behörde Einkünfte bzw. Umsätze erzielt hätte. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes führt der Beschwerdeführer aus, er habe sich bei der jeweiligen Antragstellung erkundigt, welches Einkommen er erzielen dürfe, ohne den Anspruch auf Notstandshilfe zu gefährden. Er habe von kompetenter Stelle Auskünfte erhalten und habe diese Angaben beachtet.
Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Der Beschwerdeführer bestreitet mit diesem Vorbringen nicht, daß er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum selbständig erwerbstätig war, er beruft sich jedoch - wie bereits im gesamten Verwaltungsverfahren - darauf, daß er trotzdem gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG als arbeitslos galt. Ausgehend von der Zeitraumbezogenheit des Anspruches auf Notstandshilfe hatte die belangte Behörde für den Zeitraum, für den die Leistung gewährt wurde, die Rechtslage anzuwenden, die im entsprechenden Zeitraum in Geltung stand. Sie hatte daher für den Zeitraum des Widerrufes der gewährten Leistung zu prüfen, ob der Beschwerdeführer nicht die Voraussetzungen der von ihm angezogenen Bestimmung des § 12 Abs. 6 lit. c AlVG erfüllte. Hiebei hätte sie bis 31. Dezember 1993 § 12 Abs. 6 lit. c AlVG in der Fassung BGBl. Nr. 615/1987, für den Zeitraum vom 1. Jänner 1994 bis 30. April 1995 i.d.F. BGBl. Nr. 817/1993, vom 1. Mai 1995 bis 30. April 1996 i.d.F. BGBl. Nr. 297/1995 und ab 1. Mai 1996 i.d.F. BGBl. Nr. 201/1996 zu prüfen gehabt.
Der angefochtene Bescheid enthält, wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt, keinerlei Feststellungen über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen der genannten Gesetzesstelle in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen. Die belangte Behörde führt nämlich dazu lediglich aus, daß aufgrund der vergangenen und fortlaufenden selbständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers die Zuerkennung und Bemessung der Notstandshilfe mit Ausnahme 1992 sich als gesetzlich nicht begründet herausgestellt habe. Die Feststellung, daß der Beschwerdeführer selbständig erwerbstätig war, allein ist zu wenig, zumal der Beschwerdeführer die (Gegen-)Ausnahme des § 12 Abs. 6 lit. c AlVG geltend machte. Mangels entsprechender Feststellungen ist es dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich, den Bescheid hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Widerrufes bzw. der rückwirkenden Berichtigung der Bemessung zu überprüfen. Der angefochtene Bescheid ist daher bereits aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Oktober 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997080462.X00Im RIS seit
18.10.2001