TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/20 97/21/0600

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Veröffentlicht am 20.10.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §15;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des am 7. April 1961 geborenen R Y S in Kapfenberg, vertreten durch Dr. Ferdinand Gross, Rechtsanwalt in 8605 Kapfenberg, Grazerstraße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 20. Mai 1997, Zl. Fr 115/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 20. Mai 1997 wurde der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, gemäß §§ 15, 17 und 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer gemäß seinen eigenen Angaben am 4. Jänner 1991 (richtig: 1992), ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, illegal über den Flughafen Wien - Schwechat in das Bundesgebiet eingereist sei. Seinem Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Dezember 1994, erlassen am 10. Jänner 1995, rechtskräftig keine Folge gegeben worden. Einer dagegen erhobenen Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof zwar mit Beschluß vom 1. März 1995 die aufschiebende Wirkung zuerkannt, doch sei diese Beschwerde in der Folge mit Erkenntnis vom 7. November 1995 als unbegründet abgewiesen worden. Mit Zustellung dieses Erkenntnisses sei die seinerzeit "im Asylverfahren erteilte" vorläufige Aufenthaltsberechtigung erloschen, sodaß sich der Beschwerdeführer, der weder über einen gültigen Sichtvermerk noch über eine gültige Aufenthaltsbewilligung verfüge, seither unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.

Unter dem Blickwinkel des § 19 FrG sei zu bedenken, daß der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten habe. (Überdies) sei es während seines mehrjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, welcher noch dazu seit November 1995 unrechtmäßig sei, zu keiner Integration im Bundesgebiet gekommen. Daß der Beschwerdeführer in Kapfenberg viele Freunde habe, dort in Zukunft zu bleiben beabsichtige und im Inland nach Erhalt der erforderlichen Bewilligungen einer Beschäftigung nachgehen wolle, sei unter dem Aspekt des § 19 FrG nicht relevant. Die Ausweisung greife daher nicht in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers ein. Aber selbst wenn man zu seinen Gunsten im Hinblick auf den mehrjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet einen mit seiner Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben annehmen wollte, wäre für ihn nichts gewonnen, zumal die Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens), somit zur Erreichung eines im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zieles, dringend geboten und daher auch nach § 19 FrG zulässig sei. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung (nämlich) in hohem Maß. Dazu komme, daß der Beschwerdeführer vom Inland aus nicht die erforderliche Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erwirken könne. Bei Abstandnahme von der Ausweisung könnte sich der Beschwerdeführer damit unter Umgehung der Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderliefe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde bleiben die maßgeblichen Feststellungen der belangten Behörde, daß der Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Dezember 1994 (erlassen am 10. Jänner 1995) abgewiesen, daß der dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof von diesem mit Beschluß vom 1. März 1995, AW 95/20/0048, die aufschiebende Wirkung zuerkannt und daß diese Beschwerde schließlich vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 95/20/0080, als unbegründet abgewiesen worden sei, unbestritten. Auf dem Boden dieses Sachverhaltes im Zusammenhalt mit der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellung, daß dem Beschwerdeführer seinerzeit im Asylverfahren eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung "erteilt" worden sei, bestehen gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß jedenfalls mit Erlassung des besagten Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisses am 5. April 1996 die bis dahin bestehende vorläufige Aufenthaltsberechtigung weggefallen sei und sich der Beschwerdeführer jedenfalls seit diesem Zeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, keine Bedenken.

Auch in der Beschwerde wird der Ausweisung lediglich unter dem Blickwinkel des § 19 FrG entgegengetreten. Diesbezüglich vertritt der Beschwerdeführer den Standpunkt, daß diese Maßnahme im Hinblick auf seinen fünfjährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet und seine Integration in eine Pfarrgemeinschaft einen Eingriff in sein Privatleben darstelle. Die belangte Behörde hätte daher darauf eingehen müssen, ob die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 EMRK genannten Ziele "dringend geboten" sei.

Mit der Beschwerde ist davon auszugehen, daß die Ausweisung unter Bedachtnahme auf die dargestellten Umstände in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreift (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1996, Zl. 96/18/0203). Richtig ist demnach, daß die belangte Behörde eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen hatte, ob die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Eine derartige Beurteilung hat sie - wenn auch nur hypothetisch - vorgenommen, indem sie ausführte, daß die Ausweisung, unter der Annahme, daß mit dieser Maßnahme ein im Sinn des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden sei, zum Schutz der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens), somit zur Erreichung eines im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zieles, jedenfalls dringend geboten sei. Der Verwaltungsgerichtshof kann diese Beurteilung nicht für rechtswidrig erkennen: Der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet getroffenen Regelungen durch die Normadressaten kommt aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zl. 98/21/0219, mwN); dieses maßgebliche öffentliche Interesse wurde vom Beschwerdeführer durch seinen nunmehr ein Jahr übersteigenden unrechtmäßigen Aufenthalt in nicht geringem Maß beeinträchtigt, zumal auch die dem Beschwerdeführer bis 5. April 1996 zugekommene asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung auf einem Asylantrag basierte, der sich als unbegründet erwies (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1997, Zl. 97/18/0150). Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang damit argumentiert, daß er einen "berechtigten" Asylantrag gestellt und seinen Aufenthalt in Österreich keineswegs habe erzwingen wollen, ist er auf die Rechtskraft des negativen Asylbescheides zu verweisen; einer Neubeurteilung - sei es auch nur für das fremdenpolizeiliche Verfahren - ist damit der Boden entzogen.

Unter Bezugnahme auf § 37 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 führt die Beschwerde des weiteren aus, daß eine Ausweisung nicht möglich sei, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung. Dieser Hinweis kann dem Beschwerdeführer schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil im vorliegenden Fall noch das Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992 anzuwenden ist. Dessen dem § 37 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 korrespondierende Bestimmung - § 20 Abs. 1 FrG - sieht die erwähnte Interessenabwägung jedoch nur bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vor.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde neuerlich vor, sie habe sich nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, ob seine Ausweisung gemäß § 19 FrG "dringend geboten" sei. Im besonderen habe sie es - trotz eindeutiger Hinweise darauf - unterlassen, weitere Informationen über seine Integration in die österreichische Gesellschaft im allgemeinen und in die religiöse katholische Gemeinschaft im speziellen einzuholen, sodaß sich das von ihr abgeführte Ermittlungsverfahren als mangelhaft erweise.

Welche besonderen Integrationsschritte die Beschwerde im Auge hat, läßt sie offen; sie vermag daher die Relevanz des behaupteten Ermittlungsfehlers nicht darzutun. Daß sich aber auf dem Boden der getroffenen Feststellungen die Ausweisung des Beschwerdeführers, unter Bedachtnahme auf den damit einhergehenden Eingriff in sein Privatleben, im Hinblick auf die mit seinem unrechtmäßigen Aufenthalt im Inland verbundene maßgebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung als dringend geboten erweist, wurde schon ausgeführt. Daran können im übrigen, was nur der Vollständigkeit halber ergänzend angemerkt sei, auch die bei der Einvernahme des Beschwerdeführers durch die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur am 4. Dezember 1996 erwähnten Umstände, auf die sich die Beschwerde im gegebenen Zusammenhang offenbar bezieht (viele Freunde in Kapfenberg, die Absicht, dort in Zukunft zu bleiben und nach Möglichkeit einer Beschäftigung nachzugehen, Besitz eines Sparbuchs mit ca. S 20.000,-- und Unterstützung durch die örtliche Pfarre) nichts ändern, zumal die belangte Behörde ihrerseits zutreffend festgehalten hat, daß der Beschwerdeführer rechtens nicht in der Lage ist, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren (vgl. zur Bedeutung dieses Umstandes etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1998, Zl. 96/18/0350).

Unter Zugrundelegung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers geht schließlich seine Behauptung, er habe niemals gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, ins Leere. Insgesamt erweist sich seine Beschwerde damit nach dem Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Oktober 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997210600.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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