TE Bvwg Beschluss 2019/6/18 W247 2220191-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.06.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §52
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W247 2220191-1/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.05.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende

Wirkung nicht zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) wurde am 20.05.2019 in Wien einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Der BF hatte keinerlei Dokumente bei sich und konnte sich auch nicht legitimieren. Lediglich eine Jahreskarte der Wiener Linien konnte der BF vorweisen. Auch konnte der BF nicht nachweisen, seit wann er im Bundesgebiet ist.

1.2. Am 21.05.2019 fand vor dem BFA, RD Wien, in Anwesenheit einer dem BF einwandfrei verständlichen Dolmetscherin für die Sprache Ukrainisch die niederschriftliche Einvernahme zum Zwecke der Prüfung der Schubhaft bzw. Abklären des Aufenthaltsstatus statt. Im Wesentlichen gab er an vor ca. 1 Woche, am Montag, ins Bundesgebiet eingereist zu sein. Seinen Reisepass und sein Geld habe er nach seiner Einreise verloren und habe vor gehabt am Tage der BFA-Einvernahme eine Verlustanzeige bzgl. des Passes zu erstatten. Den Zweck der Einreise ins Bundesgebiet gab der BF in erster Linie mit Arbeitssuche an. Außerdem sei er auf der Suche nach einem Studienplatz, um sein Studium fortzusetzen. Im Rahmen der Beschwerdeschrift wurde auch der Besuch der Schwester als Einreisegrund angegeben. Er sei geschieden, habe keine Kinder, sei Magister des Sports und würde bei seiner Schwester und deren zwei Kindern in Wien wohnen. An anderer Stelle gab der BF zu Protokoll bei einem Freund gewesen zu sein und dort übernachtet zu haben. Er habe das letzte Mal vor drei Jahren in der Ukraine gelebt. Dazwischen habe er in Polen gelebt und sei aber immer wieder in der Ukraine gewesen. In der Ukraine würden seine Großeltern und Eltern leben, zu denen er regelmäßigen Kontakt habe. Die Schwester des BF wurde kontaktiert und hat einen abgelaufenen Pass des BF ins PAZ HG gebracht.

1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.05.2019, Zl. XXXX wurde unter Spruchpunkt V. gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, BFA-VG), idgF., einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

1.4. Der nähere erstbehördliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

1.5. Mit Eingabe vom 12.06.2019 brachte der gewillkürte Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde ein.

1.7. Die Beschwerdevorlage wurde von der belangten Behörde am 14.06.2019, mit 18.06.2019 hg. einlangend, an das BVwG übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Zuständigkeit und Verfahren

1.1. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, unter anderem über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1).

1.2. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen nicht getroffen, weswegen gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.

1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

1.4. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

1.5. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

1.6. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

1.7. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG, nach dessen Abs. 1 das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen hat.

2. Zu Spruchteil A): Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung

2.1. Mit Spruchpunkt V. des gegenständlich angefochtenen Bescheides erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs.2 Z 1 BFA-VG ab.

2.2. Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG kann die belangte Behörde einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

2.3. Die belangte Behörde hat somit die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Spruchpunkt V. des gegenständlich angefochtenen Bescheides zu Recht auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG gestützt.

2.5. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat nun das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Das ist hier nicht der Fall:

2.6. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich nicht, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Ukraine eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention mit sich bringen würde. Ebenso ist für den BF als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts zur erwarten. Es gilt festzuhalten, dass der BF im Zuge des Verfahrens vor der belangten Behörde keine individuelle Bedrohung seiner Person substantiiert vorgebracht hat. Der BF wurde im Zuge des erstbehördlichen Verfahrens zu seinen Einreisegründen befragt. Bei seiner Einvernahme hat der BF keine Flucht- oder Verfolgungsgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorgebracht. Aus den Akten geht nicht hervor, dass der BF aus sonstigem Grund wegen wohlbegründeter Furcht vor einer Verfolgung im Sinne der GFK aus seinem Herkunftsstaat ausgereist ist. Der BF hat lediglich angegeben, dass er ins Bundesgebiet eingereist sei, da er auf Arbeitssuche wäre und außerdem sein Studium fortsetzen wollte. Auch der Besuch seiner Schwester wurde vom BF als Einreisegrund angeführt. Des Weiteren hat der BF ausgeführt, dass er das letzte Mal vor drei Jahren in der Ukraine gelebt hätte, in der Zwischenzeit in Polen aufhältig gewesen war und immer wieder in die Ukraine zurückgekehrt ist. Außerdem verfüge der BF über eine akademische Ausbildung und ein familiäres Netz, bestehend aus Großeltern und Eltern, in seinem Herkunftsstaat. Darüber hinaus habe der BF angegeben unter keinen schweren Krankheiten oder gesundheitlichen Einschränkungen zu leiden. Er wird also im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in keine aussichtlose Lage geraten.

2.7. Dem Interesse des BF daran, in Österreich zu verbleiben um auf Jobsuche zu gehen, seine Schwester zu besuchen und sein Studium fortzusetzen, stehen die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Interesse eines geordneten Fremdenwesens, sowie das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen entgegen, die sich unrechtmäßig in Österreich aufhalten. In casu lebt der BF erst recht kurz in Österreich (d.h. seit ca. Mitte Mai 2015) Eine sprachliche oder berufliche Integration des BF in Österreich sind nicht hervorgekommen. Die BF hat angegeben bei seiner Schwester und deren zwei Kindern im Bundesgebiet wohnhaft zu sein, wobei er an anderer Stelle zu Protokoll gab bei einem Freund übernachtet zu haben und von seiner Schwester und dem Freund im Rahmen seines Aufenthaltes unterstützt worden zu sein. Insgesamt ist fallgegenständlich von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung der BF gegenüber dem privaten Interesse der BF am Verbleib im Bundesgebiet auszugehen.

2.8. Ebenso leidet die BF an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten oder Verletzungen, welche eine Rückkehr in den Herkunftsstaat von vorherein ausschließen würden. Auch das Vorhandensein eines familiären und sozialen Netzwerkes des BF im Herkunftsstaat spricht dafür, dass der BF im Falle der Rückkehr in die Ukraine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in keine aussichtslose Lage geraten wird.

2.9. Eine persönliche Gefährdungslage als Zivilperson hat der BF für den Fall seiner Abschiebung bzw. Rückführung weder dargelegt, noch wäre eine solche sonst im Verfahren hervorgekommen.

2.10. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFA-VG zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung lagen sohin nicht vor.

2.11. Im Ergebnis war daher die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

2.12. Der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde; eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte daher schon aus diesem Grund gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG entfallen.

3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Gefährdung der Sicherheit,
Menschenrechtsverletzungen, öffentliche Ordnung, öffentliche
Sicherheit, real risk, reale Gefahr, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W247.2220191.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten