TE Bvwg Beschluss 2019/7/25 W270 2174313-2

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Veröffentlicht am 25.07.2019
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Entscheidungsdatum

25.07.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2 Z3
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W270 2174313-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. GRASSL über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2019, Zl. XXXX , betreffend Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach dem AsylG 2005, den Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes war rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Vorangegangenes Verfahren:

1.1. Am 03.11.2015 stellte XXXX (in Folge: "Beschwerdeführer") in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid vom 20.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status als subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan ab. Sie erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Weiters stellte die belangte Behörde in diesem Bescheid fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Sie legte auch eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise fest.

1.3. Mit Erkenntnis vom 06.06.2019 wies das Bundesverwaltungsgericht eine gegen den Bescheid vom 20.09.2017 erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am 05.07.2019 stellte der Beschwerdeführer in Schubhaft einen Folgeantrag. Er begründete diesen im Wesentlichen damit, dass er kurz nach seiner Entlassung aus der Strafhaft mit seinem Vater telefoniert habe. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass sein Onkel aufgrund eines Vorkommnisses im Zusammenhang mit einem Grundstück vor Handlungen eines Generals "Sadaqat" aus Afghanistan habe fliehen müssen. Es sei dabei auch zu gegen den Beschwerdeführer gerichteten Drohungen gekommen, falls dieser nach Afghanistan zurückkehre. Überdies führte er die Sicherheitslage in seinen Herkunftsstaat an. Im Zuge der Antragstellung erhielt der Beschwerdeführer auch eine Verfahrensanordnung, in welcher ihm mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutzes aufzuheben und den Antrag gemäß § 68 AVG zurückzuweisen.

2.2. Am 18.07.2019 vernahm die belangte Behörde den Beschwerdeführer zu seinem Folgeantrag ein. Im Rahmen dieser Einvernahme wurden auch noch Beweismittel betreffend die Situation in Afghanistan in das Verfahren eingeführt und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu zu äußern. Insbesondere wurde dem Beschwerdeführer explizit die Möglichkeit gegeben, zur beabsichtigten Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes Stellung zu nehmen. In der Folge verkündete die belangte Behörde mündlich einen Bescheid, mit welchem der faktische Abschiebeschutzes in Bezug auf den Beschwerdeführer aufgehoben wurde.

2.3. Am 23.07.2019 langte bei der zuständigen Gerichtsabteilung W270 des Bundesverwaltungsgerichts der schriftlich ausgefertigte Bescheid vom 18.07.2019 samt den diesbezüglichen Verwaltungsakten ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Leben in Österreich:

1.1.1. Der Beschwerdeführer nennt sich " XXXX " und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan. Der Beschwerdeführer stammt ursprünglich aus dem Dorf " XXXX ", Distrikt Khedir, Provinz Daikundi, Afghanistan. Die Familie des Beschwerdeführers zog mit dem Beschwerdeführer - als dieser noch ein Kleinkind war - nach Kabul, wo die Familie ungefähr sechseinhalb Jahre aufhältig war, bis der Beschwerdeführer ungefähr zehn Jahre alt war. Die Familie reiste dann mit dem Beschwerdeführer in den Iran nach Karadsch aus. In Karadsch war der Beschwerdeführer ungefähr viereinhalb/fünf Jahre lang aufhältig. In Karadsch half der Beschwerdeführer auf Baustellen. Er ist mit den kulturellen Gepflogenheiten und der Sprache Afghanistans vertraut.

Der Beschwerdeführer ist ledig, lebt in keiner Lebensgemeinschaft und hat keine Kinder. Er hat in Österreich einen afghanischen Freund namens " XXXX ".

1.1.2. Der Beschwerdeführer hat zumindest sechs Jahre eine Schule, davon drei Jahre in Afghanistan, besucht und kann lesen und schreiben.

1.1.3. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit noch einer psychischen Störung mit Krankheitswert. Er nimmt derzeit Schlaftabletten ein.

1.1.4. In Bezug auf den Beschwerdeführer liegen folgende Verurteilungen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen vor:

* Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX (rechtskräftig am XXXX ), GZ XXXX , wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 2a und 3 SMG § 15 StGB. Der Beschwerdeführer wurde zu einer bedingten Freiheitstrafe von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX , GZ XXXX , wurde die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert.

* Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX , GZ XXXX vom XXXX (rechtskräftig am XXXX ), wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 2a

2. Fall, 27 Abs. 3 SMG § 15 StGB. Der Beschwerdeführer wurde zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt.

1.1.5. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Familienangehörige noch Verwandte. Er besuchte in Österreich mehrere Kurse (darunter: Werte und- Orientierungskurs, Deutschkurse, Basisbildungskurse), absolvierte Deutschprüfungen (bis A2) und besuchte auch als außerordentlicher Schüler im Vorjahr im Schuljahr 2016/17 die Schule " XXXX " und im Anschluss das BORG XXXX . Weiters besuchte er einen Basisbildungskurs für Reinigungskräfte und hat das Bildungsziel durch aktive Mitarbeit erreicht. In Österreich war er bisher nicht erwerbstätig, er lebt derzeit von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er ist weder bei einem Verein noch einer sonstigen Organisation Mitglied.

Der Beschwerdeführer ist in der Lage, viele an ihn gestellte Fragen von sich aus in deutscher Sprache zu beantworten.

1.2. Zum asyl- und fremdenrechtlichen Status des Beschwerdeführers in Österreich:

1.2.1. Der Beschwerdeführer stellte am 03.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

1.2.2. Mit Bescheid vom 20.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status als subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstadt Afghanistan ab. Sie erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 und erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Weiters stellte die belangte Behörde in diesem Bescheid fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Sie legte auch eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise fest.

1.2.3. Mit Erkenntnis vom 06.06.2019, Zl. W263 2174313-1/27E, wies das Bundesverwaltungsgericht eine gegen den Bescheid vom 20.09.2017 erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Im Entscheidungszeitpunkt war die Rückkehrentscheidung einem Vollzug zugänglich.

1.2.4. Unter Pkt. II.1.3. des Erkenntnisses vom 06.06.2019 traf das Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellungen:

"[...]

Eine Rückkehr des BF in seine Heimatprovinz Daikundi ist nicht möglich. Eine Rückkehr nach Kabul ist möglich. Der BF kann Kabul von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug auf Grund des vorhandenen internationalen Flughafens erreichen.

Dem BF steht zudem eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in den Städten Mazar-e Sharif und Herat zur Verfügung. Der BF hat bis zu seiner Ausreise in den Städten Mazar-e Sharif und Herat nicht gelebt und bestehen keine familiären oder sozialen Beziehungen hinsichtlich dieser Städte. Der BF kann Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt von Österreich aus ebenso sicher mit dem Flugzeug auf Grund der vorhandenen internationalen Flughäfen erreichen.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF nach Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt ausschließen würden, liegen nicht vor. Der BF leidet an keiner ernsthaften Krankheit, welche ein Rückkehrhindernis darstellen würde. Der BF ist mobil, anpassungsfähig und befindet sich im erwerbsfähigen Alter. Es bestehen keine Zweifel an der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit des BF.

Der BF liefe im Falle einer Rückkehr nach Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt nicht maßgeblich Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er ist in der Lage, in Mazar-e Sharif oder in Herat-Stadt eine einfache Unterkunft zu finden bzw. am Erwerbsleben teilzunehmen."

1.3. Zum behaupteten Nachfluchtvorbringen:

Der Beschwerdeführer ist keiner mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehenden Gefahr von Handlungen oder Maßnahmen des Generals "Sadaqat" (diese Transkription wird in der Folge verwendet) oder anderen Personen gegen ihn ausgesetzt.

1.4. Zur maßgeblichen Lage in Afghanistan:

1.4.1. Zur Lage in der Stadt Mazar-e Sharif:

Zur Sicherheitslage

Mazar-e Sharif ist die Provinzhauptstadt von Balkh. Die Bevölkerungsanzahl wird offiziell mit 454.457 beziffert. Balkh - und genauer gesagt Mazar-e Sharif - wird als Kreuzung der Seidenstraße bezeichnet und ist ein Import-/Exportzentrum sowie ein regionales Handelszentrum. In Mazar-e Sharif befindet sich ein Flughafen mit Linienverkehr zu nationalen und internationalen Zielen.

Der Rücktritt von Atta Mohammed Noor als Gouverneur von Balkh im Dezember 2017 soll zu einer Zunahme krimineller Aktivitäten wie bewaffneter Raubüberfälle, Mord, Zusammenstöße und Entführungen in Mazar-e Sharif geführt haben. Der Bezirk der Hauptstadt wird von der LWJ als staatlich kontrolliert eingestuft. Im Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 28. Februar 2019 wurde keine konfliktbedingte Vertreibung von Mazar-e Sharif gemeldet, und 3.108 Personen wurden in die Stadt verlegt. UNOCHA ordnet den Bezirk Mazar-e Sharif in die zweithöchste Kategorie der Konfliktstärke ein.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus dem Country Guidance: Afghanistan, Juni 2019 [in Folge:

"EASO-Länderleitfaden Afghanistan 2019"], des Europäischen Büros für Asylunterstützung [in Folge: "EASO"] abzurufen unter https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Afghanistan_2019.pdf, abgerufen am 23.07.2019), S. 92 f, unter Hinweis auf den Bericht des EASO zur Sicherheitslage in Afghanistan aus Juni 2019)

Zur Erreichbarkeit

Der Flughafen Mazar-e Sharif (MZR) liegt neun Kilometer östlich der Stadt im Bezirk Marmul. Dieser Flughafen bietet nationale und internationale Flüge an. Für den Flughafen in Mazar-e Sharif wurden keine Beispiele für Vorfälle gemeldet.

(Auszug aus dem EASO-Länderleitfaden Afghanistan 2019, S. 130, unter Hinweis auf die zugrundeliegenden Berichte des EASO zur Sicherheitslage in Afghanistan aus Juni 2019 sowie zu sozioökonomische Schlüsselindikatoren aus April 2019)

Zu den sozioökonomischen Rahmenbedingungen

Ernährungssicherheit

Laut den Daten der Afghanistan Living Conditions Survey (ALCS) 2016-2017 sind 44,6 % der afghanischen Bevölkerung - 13 Millionen Menschen - sehr stark bis mäßig nahrungsunsicher, gegenüber 30,1 % im Jahr 2011. Ein Anstieg ist in allen Wohnbevölkerungsgruppen zu beobachten, wobei der höchste Anstieg in den ländlichen Gebieten zu verzeichnen ist. Während der Winteranbausaison im Dezember 2017 bis Februar 2018 erlebte Afghanistan eine längere Dürreperiode. UNOCHA stellte fest, dass mehr als zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung von der Dürre im Jahr 2018 betroffen waren, was zu gesundheitlichen Problemen führte, negative Bewältigungsmechanismen auslöste und die Einkommen um die Hälfte reduzierte. Das bedeutet, dass selbst bei humanitärer Hilfe mindestens jeder fünfte Haushalt über einen minimal ausreichenden Nahrungsmittelverbrauch verfügt, aber "nicht in der Lage ist, sich einige wesentliche Ausgaben für Non-Food-Ausgaben zu leisten, ohne irreversible Bewältigungsstrategien zu verfolgen". Herat wurde als "Krise" eingestuft, was bedeutet, dass trotz humanitärer Hilfe mindestens jeder fünfte Haushalt über eine Lücke im Nahrungsmittelverbrauch verfügt oder über der üblichen akuten Unterernährung liegt oder nur geringfügig in der Lage ist, den Mindestbedarf an Nahrungsmitteln zu decken.

Zugang zu Unterkünften

Afghanistans jährliche Wachstumsrate der städtischen Bevölkerung ist eine der höchsten der Welt. Kabul war das Zentrum des Wachstums, und der Rest der städtischen Bevölkerung konzentriert sich hauptsächlich auf vier weitere Stadtregionen: Herat, Mazar-e Sharif, Kandahar und Jalalabad. Die große Mehrheit (72 %, basierend auf den ALCS-Zahlen für 2016/2017) der städtischen Bevölkerung Afghanistans lebt in Slums oder unzureichenden Wohnungen; 86 % der städtischen Häuser in Afghanistan können nach der Definition von UN-Habitat als Slums eingestuft werden. Der Bericht State of Afghan Cities stellte fest, dass der Zugang zu angemessenem Wohnraum eine große Herausforderung für die Mehrheit der städtischen Afghanen ist. Armut und Ungleichheit sind die harte Realität für etwa ein Drittel aller städtischen Haushalte. Nach Angaben eines International Growth Centre (IGC) lebten schätzungsweise 70 % der Bevölkerung Kabuls in informellen Siedlungen. Laut Regierungskonferenz bieten informelle Siedlungen in Kabul der Mehrheit der Einwohner der Stadt entscheidenden kostengünstigen Wohnraum. Viele städtische Haushalte beherbergen Großfamilien aus ländlichen Gebieten, die auf der Suche nach Arbeit in die Stadt gekommen sind, und das ist in Kabul besonders häufig der Fall. Solche Haushalte sind in der Regel auch mehrgenerational und nehmen ältere Verwandte auf. Darüber hinaus bieten die Städte die Möglichkeit von "Teehäusern", in denen man mit 30 bis 100 Afghani pro Nacht relativ preiswert untergebracht werden könne. "Teehäuser" werden als vorübergehende Unterkunft von Reisenden, Tagelöhnern, Straßenverkäufern, jungen Menschen, Alleinstehenden und anderen genutzt, die in der Gegend keine ständige Unterkunft haben.

Hygiene, einschließlich Wasser und sanitäre Einrichtungen

Laut ALCS hat sich der Zugang zu sauberem Wasser und angemessener Sanitärversorgung und Hygiene in Bezug auf den Zugang zu angemessenen Sanitärdienstleistungen und insbesondere Trinkwasser erheblich verbessert. Der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung war in den Städten im Allgemeinen besser als auf dem Land. Der Zugang zu Trinkwasser ist für viele Afghanen jedoch nach wie vor ein Problem und die sanitären Einrichtungen sind nach wie vor schlecht.

Die meisten Menschen in Mazar-e Sharif haben Zugang zu verbesserten Trinkwasserquellen (76 %), die meist in Rohrleitungen oder aus den Brunnen geleitet werden. 92 % der Haushalte verfügen über verbesserte sanitäre Einrichtungen.

Zugang zu medizinischer Versorgung

Das afghanische Gesundheitsministerium teilte mit, dass 60 % der Menschen im April 2018 Zugang zu Gesundheitsdiensten hatten, wobei der Zugang als eine einstündige Gehstrecke zur nächsten Klinik definiert wurde. Trotz der Tatsache, dass die Gesundheitsversorgung nach der afghanischen Verfassung kostenlos sein soll, müssen die Menschen in vielen öffentlichen Einrichtungen für Medikamente, Arztgebühren, Labortests und stationäre Pflege bezahlen. Hohe Behandlungskosten waren der Hauptgrund, warum die Behandlung vermieden wurde.

In Mazar-e Sharif gab es etwa 10-15 Krankenhäuser, die meisten davon privat, und 30-50 Gesundheitskliniken. Das Abu Ali Sinha Balkhi Regionalkrankenhaus in Mazar-e Sharif diente als Zentralkrankenhaus der Balkh-Provinz und war das Überweisungskrankenhaus für die nördliche Region, das alle Unfall- und Notfälle erhielt und als großes allgemeines Krankenhaus für die Kliniken in den umliegenden Distrikten fungierte. Es wurde berichtet, dass es in Mazar-e Sharif zwei Einrichtungen gab, die psychiatrische Dienstleistungen anbieten.

Vorhandene Existenzgrundlagen

Nach ALCS 2016-2017 können zwei Millionen Afghanen - 23,9 % der gesamten Erwerbsbevölkerung - als arbeitslos eingestuft werden, d.h. sie arbeiten nicht oder suchen keine Beschäftigung oder arbeiten weniger als acht Stunden pro Woche. Junge Afghanen treten jedes Jahr in großer Zahl in den Arbeitsmarkt ein, aber die Beschäftigungsmöglichkeiten können aufgrund unzureichender Entwicklungsressourcen und schlechter Sicherheit nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten.

Afghanistan sah sich seit 2011-2012 mit einem starken Anstieg der Armut konfrontiert, wobei sowohl die städtische als auch die ländliche Armut zunahm. In den Jahren 2016-2017 lebten 54,5 % der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Immer mehr Menschen greifen auf negative Bewältigungsmechanismen wie Kleinkriminalität, Kinderehen, Kinderarbeit und Straßenbetteln zurück, die insbesondere Binnenvertriebene betreffen.

Der Zugang zu produktiver oder einträglicher Beschäftigung ist begrenzt, 80 % der Arbeitsplätze gelten als schutzbedürftig und unsicher in Form von Eigen- oder Eigenarbeit, Tagelöhnern oder unbezahlter Arbeit. Die saisonalen Schwankungen sind signifikant. Die Arbeitslosenquote ist in den Frühjahrs- und Sommermonaten relativ niedrig (rund 20 %), während sie im Winter 32,5 % erreichen kann. ALCS 2016-2017 stellte fest, dass nur 19,8 % aller Erwerbstätigen in Afghanistan eine bezahlte öffentliche oder private Beschäftigung haben oder Arbeitgeber sind, was bedeutet, dass die Mehrheit der Erwerbstätigen ein gefährdetes Beschäftigungsverhältnis repräsentiert.

52,6 % der ländlichen Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt, während die Vielfalt der städtischen Beschäftigung größer ist, wo 36,5 % der Erwerbsbevölkerung in verschiedenen Dienstleistungen und nur 5,5 % in der Landwirtschaft tätig sind.

Mazar-e Sharif ist ein regionales Handelszentrum für Nordafghanistan und ein Industriezentrum mit großen Produktionsstätten und einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen, die Kunsthandwerk und Teppiche anbieten. Mazar-e Sharif gilt als relativ stabiler als Herat oder Kabul. Die größte Gruppe der Arbeiter in der Stadt waren Service- und Vertriebsmitarbeiter.

(Auszug aus dem EASO-Länderleitfaden Afghanistan 2019, S. 132 ff unter Hinweis auf die EASO-Berichte zu sozioökonomische Schlüsselindikatoren aus April 2019, Pkt. 9 sowie zu Netzwerken aus Jänner 2018)

Im Übrigen wird auf die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen verwiesen (AS 69 bis 79).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und dessen Leben in Österreich:

2.1.1. Die Feststellungen in Pkt. II.1.1.1. ergeben sich nachvollziehbar aus den diesbezüglichen und nicht als unglaubwürdig zu erkennenden Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 18.07.2019 (AS 61). Ebenso ergeben sich die Feststellungen aus dem sehr aktuellen, im Akt einliegenden, erst am 06.06.2019 ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, Zl. W263 2174313-1/27E, Pkt. 1.1. sowie Pkt. 1.3., wobei diese Tatsachen auch im dortigen Verfahren nicht erkennbar strittig waren.

2.1.2. Die Feststellungen in Pkt. II.1.1.2. ergeben sich ebenfalls aus dem im Akt einliegenden, erst am 06.06.2019 ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, Zl. W263 2174313-1/27E, Pkt. 1.1., wobei auch diese Tatsachen im dortigen Verfahren nicht erkennbar strittig waren.

2.1.3. Die Feststellungen in Pkt. II.1.1.3. sowie Pkt. II.1.1.4. ergeben sich aus den von der belangten Behörde unbestritten gebliebenen Angaben im Rahmen der Vernehmung am 18.07.2019 (AS 60) sowie aus dem - dahingehend auch unbestritten gebliebenen - Akteninhalt.

2.1.4. Die Feststellungen in Pkt. II.1.1.5. ergeben sich einerseits aus dem im Akt einliegenden, erst am 06.06.2019 ergangenen, Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, Zl. W263 2174313-1/27E, und waren dort erkennbar unstrittig, sowie aus den nicht als unglaubwürdig zu erkennenden Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 18.07.2019 (AS 63).

Die Feststellung ob der Sprachkenntnisse folgen auch aus dem nicht unschlüssig zu erkennenden Anmerkung in der Niederschrift der Vernehmung vor der belangten Behörde (AS 63).

2.2. Zu den Feststellungen des asyl- und fremdenrechtlichen Status des Beschwerdeführers in Österreich:

Die Feststellungen in den Pkt. II.1.2.1. bis II.1.2.4. ergeben sich aus den im Verfahrensakt einliegenden Unterlagen, insbesondere auch dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.06.2019, Zl. W263 2174313-1/27E. Die Vollzugsfähigkeit der Rückkehrentscheidung im Entscheidungszeitpunkt ergibt sich aus dem Gerichtswissen zu diesem Zeitpunkt.

2.3. Zu den Feststellungen zum behaupteten Nachfluchtvorbringen:

2.3.1. Im Erkenntnis vom 06.06.2019 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Beschwerdeführer persönlich in Afghanistan keiner Verfolgung - gemeint also keiner Gefahr von als "Verfolgung" zu qualifizierende Handlungen oder Maßnahmen - und damit einhergehender physischen und/oder psychischen Gewalt durch General "Sadaqat" oder anderer ausgesetzt ist (s. S. 6 des Erkenntnisses).

2.3.2. Gefragt nach den Gründen für eine neuerliche Asylantragstellung und Änderungen gegenüber dem rechtskräftig entschiedenen Verfahren gab der Beschwerdeführer im Rahmen von Erstbefragung und Vernehmung zusammengefasst an, dass er, nachdem er nun die Gelegenheit hatte ausführlich mit seinem Vater zu sprechen, zwei oder drei Tage nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis erfahren habe, dass sich vor zwei Monaten ein Vorfall in seiner Heimat zugetragen habe. So habe sein Onkel väterlicherseits wegen eines Generals namens "Sadaqat" und einer Grundstücksstreitigkeit aus der Heimat flüchten müssen. Nachdem der Onkel sich geweigert habe seinen Anteil und den Anteil seines Vaters günstiger herzugeben habe dieser General unter Zwang alles an sich gerissen. Der General sei überaus mächtig und werde sowohl vom afghanischen Staat als auch von den Taliban finanziell unterstützt. Der General habe gedroht, dass er dem Onkel, seinem Vater und allen anderen Angehörigen Schaden zufügen werde. Er werde sie töten, wenn man Afghanistan betrete und habe den Onkel verprügelt. Der General habe in einem Drohbrief zusätzlich noch ein Ultimatum gestellt, dass der Onkel und andere Angehörige, welche sich noch in Afghanistan befänden, innerhalb von 24 Stunden das Land zu verlassen hätten.

Mit Ausnahme zweier länderkundlicher Berichte (aus 2010 betreffend die Rolle von General "Sadaqat" sowie den EASO-Länderleitfaden Afghanistan 2019), welche der Rechtsberater des Beschwerdeführers einbrachte, erstattete der Beschwerdeführer keine weiteren Beweisanbote bzw. stellte keine Beweisanträge.

2.3.3. Dazu ist nun im Sinne einer Grobprüfung zu erwägen:

2.3.4. Zunächst ist festzuhalten, dass es das Bundesverwaltungsgericht nicht für richtig hält, die Aussagen des Beschwerdeführers nur deshalb nicht für glaubwürdig (bzw. glaubhaft gemacht) zu erachten, weil dieser angab, dass die Fluchtgründe aus dem rechtskräftig entschiedenen Verfahren weiterhin aufrecht seien und diese in jenem Verfahren nicht für glaubhaft erachtet wurden. Festzuhalten ist außerdem, dass es sich gegenständlich um den ersten Folgeantrag des Beschwerdeführers handelt.

2.3.5. Es ist dem Hinweis des Rechtsberaters auch zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer sowohl in Erstbefragung als auch in der Vernehmung durch die belangte Behörde grundsätzlich konsistente Angaben zu seinen Rückkehrbefürchtungen tätigte und dies auch in substantiierter Art und Weise.

2.3.6. Allerdings ist zu bedenken, dass es sich um Informationen vom bloßen Hörensagen handelt. So waren weder er selbst noch sein Vater bei den behaupteten neuerlichen Vorkommnissen in Afghanistan - also zwischen dem Onkel des Beschwerdeführers und General "Sadaqat" - dabei. Zwar ist der Beweis vom Hörensagen dem verwaltungsbehördlichen wie auch verwaltungsgerichtlichen Verfahren keinesfalls fremd (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Allerdings ist von einem deutlich reduzierten Beweiswert auszugehen, zumal fallbezogen der Vater - welcher im Iran aufhältig ist - selbst die Ereignisse nur aus Erzählungen des Onkels erfuhr.

2.3.7. Auch sind die Angaben zum behaupteten nachfluchtauslösenden Ereignis, anders als dies der Rechtsberater in der Einvernahme vortrug, nicht lebensnahe (bzw. nicht plausibel, vgl. dazu etwa VwGH 06.03.1996, 95/20/0650): So soll es sich um eine nicht erfolgte Einigung über den Preis eines Grundstücks handeln, welches der General in der Folge - offenkundig ohne irgendeine Gegenleistung - in seinen Besitz brachte. Handelt es sich tatsächlich um einen einflussreichen (sowohl mit den Taliban wie auch der offiziellen Regierung Afghanistans in Verbindung stehenden), lokalen Kriegsherrn ("Warlord") - s. dazu auch unten Pkt. II.2.3.11. - so erscheint es als nicht nachvollziehbar, dass dieser danach auch die Aufforderung ausspricht, dass auch - sämtliche - Angehörige des - bisherigen - (Mit-)Eigentümers / Besitzers (der andere Miteigentümer, also der Vater des Beschwerdeführers hält sich ohnedies schon lange nicht mehr im Herkunftsdistrikt auf) - Afghanistan insgesamt verlassen müssten, und dies innerhalb eines - vollkommen unrealistischen - Zeitraums von 24 Stunden. Auch mutet es als lebensfern an, dass eine Person wie General "Sadaqat" es außerdem noch notwendig hätte, eigens einen Brief zu schreiben, um seine Drohungen zum Ausdruck zu bringen. Vielmehr ersieht das Bundesverwaltungsgericht im Vortrag eine Erzählung die erkennbar darauf abzielt möglichst auch den Beschwerdeführer selbst - aufgrund dessen familiärer Verbindung mit seinem Vater und Onkel - unmittelbar als gefährdet und dies bezogen auf ganz Afghanistan darzustellen.

2.3.8. In die Beweiswürdigung ist darüber hinaus im Hinblick auf die Prüfung der Plausibilität einer vorgetragenen Fluchterzählung (hier: Nachfluchterzählung) auch der reale Hintergrund der vom Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in die Überlegungen einzubeziehen und die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen auch im Vergleich zur einschlägigen Berichtslage zu messen (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0108, Rz. III.4., m.w.N.). Dieser Umstand ist aus Sicht des erkennenden Gerichts auch für die Grobprüfung im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes beachtlich:

2.3.9. Nun schließt das EASO, und dessen Informationen sind nach Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU bei der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zu berücksichtigen, im EASO-Länderleitfaden Afghanistan 2019 aufgrund aktueller Länderinformationen, dass im Allgemeinen - wenngleich bestimmte Umstände für Ausnahmen genannt werden - für Einzelne bei einer Involvierung in Grundstücksstreitigkeiten keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nur aufgrund der Zugehörigkeit zu diesem Risikoprofil besteht (EASO-Länderleitfaden Afghanistan 2019, S. 24). Auch der UNHCR definiert in seinen aktuellen Richtlinien zu Afghanistan (abzurufen unter

https://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain/opendocpdf.pdf?reldoc=y&docid=5be58a5d4, abgerufen am 23.07.2019) gar kein spezifisches Risikoprofil betreffend Landstreitigkeiten, sondern behandelt dies nur am Rande i. Z.m. dem Risiko für in Blutfehden verwickelte Personen mit (vgl. FN 607 der Richtlinien). Fallbezogen ergeben sich jedoch aus dem Vortrag des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte für eine Blutfehde.

2.3.10. Wesentlich ist gegenständlich auch, dass nach den Behauptungen des Beschwerdeführers General "Sadaqat" bereits das Grundstück in Besitz genommen ("an sich gerissen") hat (s. AS 61). Er hat somit sein Ziel bereits erreicht (und dies offenbar auch noch ohne irgendeine Zahlung leisten zu müssen).

2.3.11. Bei Gesamtbetrachtung der vorhin angestellten Überlegungen ist sohin festzustellen, dass weiterhin keine, jedenfalls keine mit auch maßgeblicher Wahrscheinlichkeit (d.h. nicht bloß mögliche) bestehende Gefahr von Handlungen oder Maßnahmen ausgehend von General "Sadaqat" gegen den Beschwerdeführer bzw. aufgrund dessen Angehörigenstellung zu Vater und Onkel nach Rückkehr nach Afghanistan zu prognostizieren ist. Daran ändert auch der während der Vernehmung verwiesene Bericht Giustozzis aus dem Jahr 2010 mit Ausführungen auch über den General (abrufbar etwa unter:

http://www.operationspaix.net/DATA/DOCUMENT/4649~v~The_Taliban_Beyond_the_Pashtuns.pdf, abgerufen am 23.07.2019) nichts. Auf S. 5 dieses Berichts wird nur allgemein ausgeführt, welche Rolle der General unter den Taliban und nach deren Fall bei der afghanischen Regierung spielte. Nicht ersichtlich daraus ist ein Hinweis, dass sich der General etwa unrechtmäßigerweise an Land bereichert(e) und deshalb gegen die ansässige Zivilbevölkerung vorgeht.

2.3.12. Zum behaupteten Nachfluchtvorbringen betreffend die Sicherheitslage in Afghanistan s. die Auseinandersetzung unten unter Pkt. II.2.4.1.

2.4. Zu den Feststellungen zur maßgeblichen Lage in Afghanistan:

2.4.1. Die Feststellungen zur maßgeblichen Lage in Afghanistan bzw. betreffend die Sicherheitslage, die Erreichbarkeit und die sozioökonomischen Rahmenbedingungen in der Stadt Mazar-e Sharif im Besonderen beruhen auf den aus Sicht des erkennenden Gerichts jedenfalls schlüssigen Ausführungen des europäischen Büros für Asylunterstützung in dessen im Juli 2019 publizierten Länderleitfaden zu Afghanistan. Die darin zusammengefasste Länderberichtslage beruht wiederum auf anderen umfassenden und ausreichend aktuellen Berichten des EASO. Auf den Länderleitfaden als heranzuziehendes Beweismittel zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes wies der Rechtsberater des Beschwerdeführers in der Vernehmung vor der belangten Behörde selbst hin (AS 64). Überdies sind die Ausführungen des EASO grundsätzlich gemäß der Richtlinie 2013/32/EU bei der Prüfung von Anträgen zu beachten.

2.4.2. In der Eingabe des Beschwerdeführers in dessen Erstbefragungen (AS 19), er fürchte auch eine "schlechte Sicherheitslage" in seiner Heimat, ist ein substantiiertes Bestreiten nicht zu erkennen bzw. jedenfalls keines, welches das erkennende Gericht zu anderslautenden Feststellungen oder weiteren Ermittlungstätigkeiten zu veranlassen vermag.

2.4.3. Im Übrigen kann auf die aktuellen, schlüssigen und als solches auch unbestritten gebliebenen Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid - diesen liegt das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zugrunde - verwiesen werden, welche sich mit den zusätzlich getroffenen Feststellungen widerspruchslos kombinieren lassen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Feststellung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

3.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

3.1.1. § 12a Abs. 2 AsylG 2005 lautet samt Überschrift:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1)

[...]

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

[...]"

3.1.2. § 22 Abs. 1 bis 3 AsylG 2005 lautet samt Überschrift:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.2. Anwendung auf den gegenständlichen Sachverhalt:

Gegenständlich hat die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz aberkannt, weil sie sämtliche Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 als erfüllt sah. Diese Entscheidung erweist sich aus nachstehenden Erwägungen als rechtmäßig:

3.2.1. Zur Erfüllung von § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005:

Gegen den Beschwerdeführer liegt mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.06.2019, W263 2174313-1/27E, eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor, weswegen § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 erfüllt ist.

3.2.2. Zur Erfüllung von § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005:

3.2.2.1. Zu § 12 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451, Rz. 21 und 22, ausgesprochen:

"21 Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.

22 Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Verfahrensrichtlinie - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte."

3.2.2.2. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass bereits die Notwendigkeit, sich umfangreich beweiswürdigend mit den Angaben eines Asylwerbers auseinandersetzen und nicht bloß geringfügige ergänzende Ermittlungen durchführen zu müssen, dazu führt, dass nicht mehr davon gesprochen werden könne, es liege noch eine Grobprüfung vor und die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags liege auf der Hand. So ergibt sich aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs aus den Bestimmungen der § 22 Abs. 1 bis 3 BFA-VG sowie § 22 Abs. 10 AsylG 2005 das insgesamt vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, dass die beschleunigte Abwicklung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht in erster Linie anhand des Ergebnisses der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bis dahin vorgenommenen Ermittlungen zu erfolgen hat. Lässt dieses Ermittlungsergebnis aber die einwandfreie Beurteilung im Rahmen der Grobprüfung nicht zu, sondern bedarf es dafür erheblicher ergänzender Ermittlungen, kann diese von der Behörde zu vertretende Mangelhaftigkeit nicht zum Nachteil des Fremden ausschlagen (vgl. VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010, Rz. 37 und 38).

3.2.2.3. Im Lichte dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, dass das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren vor Erlassung der streitgegenständlichen Entscheidung ordnungsgemäß war:

Der Beschwerdeführer hatte nach der Aktenlage ausreichend Gelegenheit, neben anderen Tatsachen die aus seiner Sicht vorliegenden Gründe für die Stellung des Folgeantrags im Rahmen der Erstbefragung am 05.07.2019 sowie der Einvernahme am 18.07.2019 vorzutragen und dazugehörige Beweisanbote zu erstatten oder Beweisanträge zu stellen. Die Behörde hat im Zuge der zuletzt genannten Vernehmung auch zum behaupteten Nachfluchtgrund aufklärend nachgefragt. Zu den von der Behörde ins Verfahren eingeführten Beweismitteln wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zum Gehör eingeräumt (AS 63). Darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer schon ausreichend lange vor der Vernehmung am 18.07.2019 mit einem Rechtsberater sprechen, ein solcher war auch während der Vernehmung anwesend und erstattete weitere Beweisanbote betreffend die zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen in Form von länderkundlichen Informationen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus.

3.2.2.4. Das erkennende Gericht war zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts gegenständlich auch nicht veranlasst, aus eigenem weitere - jedenfalls keine in signifikantem Umfang - Ermittlungstätigkeiten zu setzen. Die zusätzlich als erforderlich gesehenen Feststellungen traf das Gericht aufgrund von bereits im Verfahren vorhandenen Beweismitteln wie dem EASO-Länderleitfaden zu Afghanistan aus Juli 2019 oder dem ganz aktuell zur Beschwerde des Beschwerdeführers ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.06.2019. Diese ergänzen - widerspruchslos - die von der belangten Behörde getroffenen, jedoch auf die bei Rückkehr vorzufindende Lage keinesfalls ausreichenden Länderfeststellungen. Insbesondere jedoch hielt es das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund der Aktenlage und der ersichtlich im Rahmen der seitens der belangten Behörde erlangten Informationen nicht für erforderlich, eine persönliche Anhörung durchzuführen, um über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 AsylG 2005 entscheiden zu können (vgl. dazu VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010, Rz. 34).

3.2.2.5. Nach den - aufgrund einer Grobprüfung zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen in Bezug auf die im Folgeantrag aufgestellten Behauptungen betreffend eine mögliche Rückkehrgefährdung i.Z.m. General "Sadaqat" - getroffenen Feststellungen hat sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert. So ist weiterhin davon auszugehen, dass keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu prognostizierende Gefahr von Handlungen oder Maßnahmen seitens General "Sadaqat" gegenüber dem Beschwerdeführer vorliegt.

Selbst wenn man die Behauptungen zu den Vorkommnissen mit General "Sadaqat" zur Folgeantragsstellung für als wahr erachten bzw. allenfalls auch aufgrund weiterer Erwägungen grundsätzlich von einer Gefahr von Handlungen oder Maßnahmen durch diese Person ausgehen sollte, so ist zu berücksichtigen, dass das Bundesverwaltungsgericht eine Rückkehr in den Heimatdistrikt ohnedies als nicht möglich ansah (oben Pkt. II.1.2.4.). Angenommen wurde nur eine mögliche Wieder- bzw. Neuansiedlung in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat. In Anbetracht der Tatsache, dass der Beschwerdeführer Afghanistan vor vielen Jahr verließ und den Heimatdistrikt überhaupt schon als kleines Kind, erscheint es nicht als maßgeblich wahrscheinlich, dass der General ab nun aufgrund eines Grundstücks ständig und in ganz Afghanistan, insbesondere auch in den großen Städten, nach möglichen noch aufhältigen Verwandten suchen sollte und auch als Verfolgung zu qualifizierende Handlungen oder Maßnahmen gegen diese setzen sollte (s. dazu die Ausführungen auf S. 128 des EASO-Länderleitfadens Afghanistan, dass mit Ausnahme von Gefährdungskonstellationen betreffend die Taliban oder den Islamischen Staat eine ausreichende Sicherheit durch Neuansiedlung an einem anderen Ort in Afghanistan in Form einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Hinblick auf Gefährdungen durch andere bewaffnete Gruppierungen im Allgemeinen bejaht werden kann).

3.2.2.6. Auch der Sachverhalt in Bezug auf die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich bei Gegenüberstellung der gegenständlich getroffenen Feststellungen (Pkt. II.1.4.) mit den dem rechtskräftigen Erkenntnis zugrundeliegenden Sachverhaltsfeststellungen nicht in erkennbarer Weise - in Anbetracht der als offenstehenden innerstaatlichen Fluchtalternative u. a. in der Stadt Mazar-e Sharif jedenfalls im Lichte des § 11 AsylG 2005 nicht in entscheidungswesentlicher Art und Weise - geändert:

Zum Hinweis des Beschwerdeführers in der Einvernahme, er habe nun keine Verwandtschaft in Afghanistan mehr ist anzumerken, dass das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 06.06.2019 feststellte, dass der Beschwerdeführer die Verwandten in seiner Herkunftsregion weder kenne noch Kontakt zu diesen habe (S. 5 des Erkenntnisses). Auch spielte die Tatsache vorhandener Verwandtschaft in Afghanistan bei der rechtlichen Beurteilung, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative u.a. in den afghanischen Großstädten Herat oder Mazar-e Sharif offenstehe, keine Rolle.

3.2.2.7. Auch eine sonstige entscheidungswesentliche Änderung im Hinblick auf die sozioökonomischen Rahmenbedingungen betreffend zumindest den als für eine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehenden Ort, die Stadt Mazar-e Sharif, ergibt sich aus den getroffenen, auf der im EASO-Länderleitfaden Afghanistan 2019 zusammengefassten Länderinformationen (auf welche der Rechtsberater während der Einvernahme hinwies) nicht. Weiterhin ist in Anbetracht der gegenüber dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.06.2019 unverändert gebliebenen persönlichen Umstände des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer möglich ist, in Mazar-e Sharif nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (dazu etwa VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0578, m.w.N.).

3.2.2.8. Auch das EASO schlussfolgert aufgrund der auch gegenständlich festgestellten Lage vor Ort, dass in Anbetracht der allgemeinen Umstände eine Wiederansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif gewisse Härten mit sich bringe, eine innerstaatliche Fluchtalternative für alleinstehende, nicht erwerbstätige Männer - sofern diese in Afghanistan geboren wurden und nicht bereits eine sehr lange Zeit außerhalb lebten, was jedoch in Anbetracht des Beschwerdeführers ohnedies nicht der Fall ist (bzw. stellt sich die Zeit im Iran bzw. in Österreich nicht als "sehr lange" dar) - unter Berücksichtigung ihrer individuellen Umstände grundsätzlich zumutbar sein könne (EASO-Länderleitfaden Afghanistan 2019, S. 137 und 139).

3.2.2.9. Besondere individuelle Umstände, welche dennoch in Kombination mit der aktuellen Länderberichtslage für eine Unzumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative i.S.d. § 11 AsylG 2005 sprechen könnten, waren nicht festzustellen.

3.2.2.10. Bei gesamthafter Betrachtung der vorhin behandelten Aspekte zeichnet sich für das erkennende Gericht - wobei nicht übersehen wird, dass es sich um den ersten Folgeantrag handelt - deutlich ab bzw. liegt es klar auf der Hand, dass es zu einer Zurückweisung des am 05.07.2019 gestellten Folgeantrags kommen wird.

3.2.3. Zur Erfüllung von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005:

3.2.3.1. Im Hinblick auf die Frage, wann die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zu dieser Konvention bedeuten bzw. für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde sind der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgende wesentliche Leitlinien zu entnehmen:

3.2.3.2. Es ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, Rz. 120, m.w.N.).

3.2.3.3. Der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wiederum orientiert sich an Art. 15 lit. c Statusrichtlinie und umfasst eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als "willkürlich" erweist, also sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführungen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, Rz. 24, unter Hinweis auf die Urteile des EuGH vom 07.02.2009, Rs. C-465/07, Elgafaji, und vom 30.01.2014, Rs. C-85/12, Diakité).

3.2.3.4. Nach den getroffenen Feststellungen zum geltend gemachten Nachfluchtvorbringen (Pkt. II.1.3.) und möglicher Handlungen gegen den Beschwerdeführer durch einen Akteur ist auf kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK oder der in § 8 AsylG 2005 genannten Protokolle zu schließen. Dies insbesondere dann, wenn man berücksichtigt, dass eine Wiederansiedlung im Herkunftsdistrikt in der Provinz Daikundi, im Gegensatz zu einer Neuansiedelungin einer der größeren Städte Afghanistans, ohnedies nicht als möglich angesehen wird (s. dazu oben Pkt. II.3.2.2.5.). Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ist weiters mit Blick auf die - allgemeine - Sicherheitslage jedenfalls in der Stadt Mazar-e Sharif bzw. auch hinsichtlich deren Erreichbarkeit von Österreich aus nicht davon auszugehen, dass nach den allgemein dort vorliegenden Bedingungen eine reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht oder die übrigen Voraussetzungen des § 8 AsylG 2005 erfüllt wären.

3.2.3.5. Vor dem Hintergrund der auch gegenständlich festgestellten Berichtslage zur Situation vor Ort kommt auch das EASO zum Schluss, dass die allgemeine Sicherheitslage in der Stadt Mazar-e Sharif die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht ausschließe:

So finde dort willkürliche Gewalt auf einem derart niedrigen Niveau statt, dass im Allgemeinen kein wirkliches Risiko für einen Zivilisten besteht, persönlich von einer solchen Form der Gewalt im Sinne von Art. 15 lit. c Statusrichtlinie betroffen zu sein. Allerdings müssen immer einzelne Elemente berücksichtigt werden, weil sie den Antragsteller in risikoerhöhende Situationen bringen können (EASO-Länderleitfaden Afghanistan, S. 128).

3.2.3.6. Es war jedoch auch kein besonderes Gefährdungsmoment in Bezug auf den Beschwerdeführer festzustellen, welches dennoch ein reales Risiko oder eine ernsthafte Bedrohung prognostizieren lassen würde. Auch auf ein Risiko eines Verstoßes gegen die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 EMRK ist nicht zu schließen.

3.2.3.7. Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in der Stadt Mazar-e Sharif und die dort gegebenen sozioökonomischen Rahmenbedingungen veranlassen auch zur Schlussfolgerungen, dass der Beschwerdeführer dort jedenfalls eine Lebensgrundlage vorfinden wird. Auch, dass er "dort niemanden hat" (AS 63) veranlasst vor dem erwähnten Tatsachensubstrat nicht zur Verneinung dieser Lebensgrundlage. Ohnedies handelt es sich - wie zu seinen persönlichen Umständen festgestellt - um einen jungen, gesunden, alleinstehenden Mann mit erlangter Schulbildung und auch gewisser Arbeitserfahrung, welcher auch zumindest eine Landessprache Afghanistans spricht. Darüber hinaus, und dies zeigen die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid auf, unterstützt die afghanische Regierung, wenngleich auch nur in sehr geringfügigem Ausmaß, Rückkehrer.

3.2.3.8. Auch ansonsten ist, wie die belangte Behörde rechtsrichtigerweise erkannte, bei den §§15 und 18 AsylG 2005 entsprechenden Ermittlungstätigkeiten kein Umstand hervorgekommen, welcher dem Refoulementverbot entgegenstehen würde.

3.2.3.9. Schließlich ist auch eine allfällige Verletzung des Art. 8 EMRK ist, wie die belangte Behörde ebenso richtig beurteilte, in Anbetracht der zur Person des Beschwerdeführers getroffenen Feststellungen bei dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus Österreich nicht gegeben. Lediglich ergänzend dazu ist auf Folgendes hinzuweisen:

3.2.3.10. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 leg. cit. ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

3.2.3.11. Die EMRK garantiert aus Sicht des EGMR allerdings nicht das Recht eines Ausländers, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort aufzuhalten. Ein Eingriff in das Privat- oder Familienleben einer Person verstößt jedoch gegen Art. 8 EMRK, es sei denn, er kann nach Abs. 2 des genannten Artikels als in Einklang mit der Rechtsordnung zur Erreichung eines oder mehrere der darin aufgeführten legitimen Ziele bzw. als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" zur Erreichung dieser Ziele gerechtfertigt werden. Die zu beachtenden einschlägigen Kriterien für die Beurteilung, ob ein Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft erforderlich ist, sind die folgenden: (i) die Art und Schwere einer vom Antragsteller begangenen Straftat und die seit der Begehung verstrichene Zeit und das Verhalten des Antragstellers in diesem Zeitraum, (ii) die Aufenthaltsdauer im Staat, aus welchem er ausgewiesen werden soll, (iii) die Nationalitäten der verschiedenen betroffenen Personen, (iv) die familiäre Situation des Antragstellers, wie z.B. die Dauer der Ehe, und andere Faktoren, die die Wirksamkeit des Familienlebens eines Paares zum Ausdruck bringen, (v) ob der Ehepartner von einer Straftat zum Zeitpunkt des Eingehens einer Familienbeziehung wusste, (vi) ob es Kinder der Ehe gibt und wenn ja, ihr Alter, und (vii) die Schwere der Schwierigkeiten, auf die der Ehegatte in dem Land, in das der Antragsteller ausgewiesen werden soll, stoßen kann, (viii) das Wohl von Kindern, insbesondere die Intensität der Schwierigkeiten, auf die Kinder des Antragstellers in dem Land, in das der Antragsteller ausgewiesen werden soll, stoßen können; und (ix) die Wertigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen zum Gastland und zum Bestimmungsland (vgl. EGMR 25.07.2017, Krasniqi v. Austria, Appl. 41697/12, Rz. 46). Ob nun durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahmen (und dazu kann die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gezählt werden) ein unverhältnismäßiger Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte vorliegt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325, m.w.N.).

3.2.3.12. Es besteht ein großes öffentliches Interesse an einem geordneten XXXX . Das verlangt von Fremden grundsätzlich, dass sie nach negativer Erledigung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Bundesgebiet wieder verlassen (VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0062).

3.2.3.13. Ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich, welches möglicherweise einer Ausweisung entgegenstehen könnte, ist nach dem festgestellten Sachverhalt nicht erkennbar.

3.2.3.14. Doch auch das Privatleben des Beschwerdeführers überwiegt im gegenständlichen Fall nicht gegenüber dem zuvor genannten öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbee

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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