TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/6 G304 2219810-1

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Veröffentlicht am 06.08.2019
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Entscheidungsdatum

06.08.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §70 Abs3

Spruch

G304 2219810-1/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX,

Staatsangehörigkeit: Rumänien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.05.2019, Zl. XXXX, betreffend Aberkennung der aufschiebenden

Wirkung der Beschwerde, zu Recht:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 02.05.2019, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein für die Dauer von sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, das Aufenthaltsverbot zu beheben, in eventu dieses zu verkürzen, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Des Weiteren beantragte der BF, "der Beschwerde zu Spruchpunkt III. innerhalb einer Woche stattzugeben". Dieser Antrag wird als Antrag auf Zuerkennung der vom BFA aberkannten aufschiebenden Wirkung gewertet.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 07.06.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Rumänien.

1.2. Der nunmehr 18 Jahre alte BF wurde im Bundesgebiet mehrmals rechtskräftig strafrechtlich verurteilt, und zwar

* im September 2016 wegen schweren Raubes und Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten unbedingt und 12 Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, unter Anordnung der Bewährungshilfe, wobei im Dezember 2017 die Probezeit auf fünf Jahre verlängert und im April 2018 die Bewährungshilfe wieder aufgehoben wurde, dann

* im Dezember 2017 wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten, und zuletzt

* im Mai 2018 wegen im Jänner 2018 begangenen Diebstahls, teilweise durch Einbruch, zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten.

1.2.1. Der strafrechtlichen Verurteilung des BF von 2016 lag zuletzt eine Straftat von Mai 2016, der zweiten strafrechtlichen Verurteilung von Dezember 2017 eine letzte Straftat von Oktober 2017 und seiner letzten Verurteilung von Mai 2018 eine letzte Tat von Jänner 2018 zugrunde.

1.3. Der BF ist nunmehr in Österreich seit Juni 2016 bei seiner Mutter und seinem Stiefvater mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Er hat im Bundesgebiet noch zwei Geschwister, einen Onkel und eine Tante als familiäre Anknüpfungspunkte.

Die Mutter des BF ist bereits seit 2004 und sein Stiefvater seit 2011 im Bundesgebiet behördlich gemeldet. Der BF weist ab 2012 Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf. Davor wohnte er bei einer Tante in Rumänien. Nach Verzug seiner Tante nach Deutschland zog der BF seiner Mutter nach Österreich nach. Der BF besuchte in Österreich ab dem Schuljahr 2012/2013 die Schule und konnte nachweislich 2015/2016 die vierte Klasse Hauptschule positiv abschließen.

In einer Stellungnahme des zuständigen Amtes für Jugend und Familie von Oktober 2017 wurde dem BFA mitgeteilt, dass sich der BF im Sommer 2016 der Erziehung seiner Mutter und entzogen hat und zusammen mit Freunden in eine Wohngemeinschaft gezogen ist.

Weiter wurde auszugsweise in der Stellungnahme angeführt:

"Die Trennung von seiner Tante und seinem Umfeld fiel ihm offensichtlich, auch wenn es keine andere Möglichkeit gibt, nicht leicht. Die Tante ist mittlerweile über 80 Jahre alt und sitzt im Rollstuhl. Das bedeutet, dass es keineV in Rumänien gibt, die den BF versorgen und betreuen kann.

Sein leiblicher Vater soll nach Aussage der Mutter in Frankreich in prekären Verhältnissen leben. Weitere Kontaktdaten sind nicht bekannt. Offensichtlich war er Anfang 2016 einmal in (...) und hat den BF gesehen. Danach wurde das Verhalten des BF zunehmend schwieriger.

Der BF scheint psychisch nicht stabil und völlig orientierungslos. Leider hat er bisher jede Form einer psychologischen Unterstützung abgelehnt. Dem BF fällt es sehr scher Vertrauen und Beziehung aufzubauen. Aufgrund dessen ist es bisher noch nicht gelungen, eine berufliche Perspektive zu erarbeiten. Seine Mutter ist weiterhin damit einverstanden, dass er bis zur Volljährigkeit in einer Wohngemeinschaft lebt und dort auch betreut wird. Geregelte Strukturen scheinen ihm fremd und verunsichern ihn. Gemeinsam mit ihm sollte daran weitergearbeitet werden.

Eine Rückkehr in sein Heimatland ist nicht möglich, nachdem sich seine Mutter und Stiefvater und seine Geschwister in (...) rechtmäßig aufhalten und es keine Verwandtschaft gibt, die den BF in Rumänien auch versorgen könnte. Eine Abschiebung des Jugendlichen würde daher aus Sicht des Kinder- und Jugendhilfeträgers sein Wohl gefährden."

Er weist abgesehen von Nebenwohnsitzmeldungen in Haft von Juni 2016 bis September 2016 und von Oktober 2017 bis November 2017 eine andere Nebenwohnsitzmeldung im Bundesgebiet im Zeitraum von November 2016 bis Jänner 2017 und nunmehr eine weitere seit Jänner 2017 auf.

Der BF verfügt wie seine Mutter und sein Stiefvater über eine Anmeldebescheinigung, der BF seit 12.11.2012 als Familienangehöriger.

1.4. Der BF war laut einem aktuellen ZMR-Auszug im Zeitraum seines Aufenthaltes im Bundesgebiet ab 2012 nicht erwerbstätig, sondern bezog im Zeitraum von Februar bis September 2017 als Jugendlicher Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Prozessgegenstand und Prüfungsumfang:

Vorab ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden und in Form eines Teilerkenntnisses ergehenden Entscheidung nur jener Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt (§ 27 VwGVG), welche sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richten.

Die Entscheidung des erkennenden Gerichts in der Hauptsache, das heißt hinsichtlich aller übrigen mit der gegenständlichen Beschwerde angefochtenen Spruchpunkte des Bescheides, ergeht gesondert.

3.2. Zu Spruchpunkt A.)

3.2.1. Der Antrag in der Beschwerde, "der Beschwerde zu Spruchpunkt III. innerhalb einer Woche stattzugeben, wird als Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gewertet.

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen (vgl VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, 19.06.2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und 27.07.2017, Fr 2017/18/0022).

3.2.2. Zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde:

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Der BF beantragte in seiner Beschwerde unter anderem auch die Zuerkennung der ihm mit Spruchpunkt III. des im Spruch angeführten Bescheides aberkannten aufschiebenden Wirkung und verwies unter anderem auf seine familiären und privaten Verhältnisse in Österreich und hob hervor, dass er aufgrund seines vierjährigen Hauptschulbesuchs im Bundesgebiet sich fließende Deutschkenntnisse in Wort und Schrift aneignen habe können, bereits während der Schule und im Jahr 2014/2015 bei einem Fußballverein Fußball gespielt und regelmäßig an Aktivitäten in einem Jugendverein, an Kursen des BFI und Space Lab teilgenommen, einen Ersten-Hilfe Kurs beim Roten Kreuz absolviert und einen "Schnupperkurs als Koch" und ein weiteres "Schnupperpraktikum im Jahr 2016" absolviert zu haben.

In der Beschwerde wurde zudem "zum Beweis der hohen Intensität des Familienlebens die Einvernahme der Mutter des BF beantragt" und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gedrungen, habe sich das Gericht doch einen persönlichen Eindruck vom BF zu verschaffen, um eine entsprechende Zukunftsprognose abgeben zu können.

Im gegenständlichen Fall ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig, um sich vom BF persönlich ein Bild machen zu können und um beurteilen zu können, ob aktuell vom BF eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht und ob während des bisherigen Aufenthaltes des BF berücksichtigungswürdige private Interessen des BF iSv Art. 8 EMRK entstanden sind, die einer zu verhängenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehen, oder dem Vorbringen des BFA mit Beschwerdevorlage folgend "das Bestehen eines Familienlebens als nicht eingriffshemmend zu qualifizieren" ist.

Es gehen aus dem gegenständlichen Akteninhalt samt Beschwerdevorbringen jedenfalls konkrete Anhaltspunkte für berücksichtigungswürdige private Interessen des BF iSv Art. 8 EMRK, die das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen könnten, hervor, weshalb der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen war.

3.3. Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2219810.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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