TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/2 W238 2165984-1

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Veröffentlicht am 02.09.2019
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Entscheidungsdatum

02.09.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
StVO 1960 §29b

Spruch

W238 2165984-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 03.07.2017, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 07.03.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), unter Vorlage medizinischer Beweismittel einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO, der von der Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde.

Seitens der belangten Behörde wurde daraufhin ein - auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstelltes - Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.06.2017 eingeholt. In diesem Gutachten wurde nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 % festgestellt. Das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass wurde im Gutachten mit näherer Begründung verneint.

2. Mit - hier nicht verfahrensgegenständlichem - Bescheid der belangten Behörde vom 28.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG mit der Begründung abgewiesen, dass er mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 % die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Als Beilage zum Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das erwähnten Gutachten übermittelt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde beim Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W238 2166287-1 protokolliert.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, mit Bescheid vom 28.06.2017 sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht erfülle. Da das Vorliegen eines Behindertenpasses mit der genannten Zusatzeintragung Voraussetzung für die Ausstellung eines Parkausweises sei, sei der gegenständliche Antrag abzuweisen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer (ebenfalls) fristgerecht Beschwerde. Darin monierte er, dass sein Grad der Behinderung nicht 40 %, sondern mindestens 50 % betrage. Begründend verwies er auf seine Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.06.2017, mit dem die Vorfrage betreffend die Ausstellung eines Behindertenpasses falsch entschieden worden sei.

5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 31.07.2017 übermittelt.

6. In dem zu Zahl W238 2166287-1 protokollierten Beschwerdeverfahren wurde nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens am 08.08.2019 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführt und nach Schluss der Verhandlung ein Erkenntnis verkündet, mit dem die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt wurde.

Unter Zugrundelegung des - vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und vollständig erkannten - Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 17.03.2019 sowie der im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstatteten gutachterlichen Stellungnahme wurde seitens des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senates (s. dazu auch Punkt II.3.2.) begründend ausgeführt, dass beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 28.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen.

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.08.2019, gekürzt ausgefertigt am heutigen Tag zu Zahl W238 2166287-1/24E wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht über einen Behindertenpass.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen, widerspruchsfreien und diesbezüglich unbestrittenen Inhalt des von der belangten Behörde übermittelten Verwaltungsaktes sowie des im Zusammenhang mit der Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W238 2166287-1 geführten Aktes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

3.2. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In der StVO ist eine Senatszuständigkeit mit oder ohne Mitwirkung fachkundiger Laienrichter als Beisitzer in Angelegenheiten des § 29b StVO nicht vorgesehen (s. auch VwGH 21.09.2018, Ro 2017/02/0019). Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3. Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG). Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

3.4. Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen (§ 29b Abs. 1 StVO).

Ausweise, die vor dem 01.01.2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 16.11.1976, BGBl. Nr. 655/1976, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 80/1990, entsprechen, verlieren ihre Gültigkeit mit 31.12.2015. Ausweise, die nach dem 01.01.2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über den Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen (Gehbehindertenausweisverordnung), BGBl. II Nr. 252/2000, entsprechen, bleiben weiterhin gültig (§ 29b Abs. 6 StVO).

Zum Nachweis, dass der Behindertenpassinhaber, der über die Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt, die im § 29b Abs. 2 bis 4 StVO genannten Berechtigungen in Anspruch nehmen kann, ist ihm ein Parkausweis auszustellen. Die in einem gültigen Behindertenpass enthaltene Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit" ist der Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gleichzuhalten (§ 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen).

3.5. Im Lichte der dargestellten Rechtslage hat die Behörde in einem Verfahren über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO lediglich zu prüfen, ob der Antragsteller Inhaber eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz ist, der über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt.

Gegenstand eines Verfahrens gemäß § 29b StVO ist dem eindeutigen Gesetzeswortlaut zufolge daher nicht die Frage, ob der Behindertenpasswerber die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt oder ob der Inhaber eines Behindertenpasses die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" erfüllt, sondern ob (bereits) ein Behindertenpass mit dieser Zusatzeintragung ausgestellt wurde.

Wie unter Punkt II.1. festgestellt, ist der Beschwerdeführer nicht Inhaber eines Behindertenpasses (mit der erforderlichen Zusatzeintragung). Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.08.2019, gekürzt ausgefertigt am heutigen Tag zu Zahl W238 2166287-1/24E als unbegründet abgewiesen.

Da die für die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO unbedingt erforderlichen Voraussetzungen somit nicht vorliegen, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

3.6. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung ist, ob der Beschwerdeführer Inhaber eines Behindertenpasses ist, in dem der Zusatz "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" eingetragen ist. Da das Fehlen eines entsprechenden Behindertenpasses unzweifelhaft ist, ist der Sachverhalt geklärt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Behindertenpass, Parkausweis, Voraussetzungen, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W238.2165984.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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