TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/10 W105 2199484-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.04.2019
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Entscheidungsdatum

10.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W105 2199484-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018, Zahl:

1103942900-160152692/BMI-BFA_TIROL_AST_01_TEAM_01, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.03.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, § 8 Abs. 1 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 57 AsylG 2005 sowie §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 31.01.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 31.01.2016 gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu an, dass er afghanischer Staatsangehöriger sowie Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen sei.

Befragt zu seinen Ausreisemotiven gab der Antragsteller zu Protokoll, er habe Angst vor den Taliban und habe mit diesen Probleme gehabt. Sie hätten ihn rekrutieren wollen, was er jedoch nicht gewollt habe und dadurch habe er eine Gefahr für sein Leben befürchtet.

2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2018 gab der Antragsteller an, keine physischen oder psychischen Probleme zu haben; jedoch verwies er auf eine bereits erfolgte Operation am Ohr. Im Weiteren verwies der Antragsteller umfänglich auf eine Reihe bestehender familiärer Anknüpfungspunkte in der Stadt Kabul sowie auf verwandtschaftliche Bindungen zu acht Onkeln und vier Tanten in Afghanistan. Er sei in Afghanistan geboren und aufgewachsen, habe keine Schule besucht und als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft des Vaters sowie als Hilfsarbeiter am Bazar gearbeitet. Er sei verheiratet und habe vier Kinder und sei sein Vater Landwirt. Seine Familie besitze ein Haus und ein Grundstück. Die wirtschaftlichen Verhältnisse seien durchschnittlich gewesen. Seine Schleppung nach Europa habe 7.000,-- Euro gekostet.

Inhaltlich gab der Antragsteller im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wie Nachstehend an:

"Ich habe meine Heimat verlassen, weil ich von den Taliban aufgefordert wurde, mich ihnen anzuschließen und am heiligen Krieg teilzunehmen. Ich habe sie um etwa zwei Wochen Zeit gebeten, um darüber nachzudenken. Es war so, dass Sie in der Nacht bei uns waren. Als sie gegangen sind habe ich beschlossen die Heimat zu verlassen. Ich wusste, dass sie wieder kommen würden und mich nicht in Ruhe lassen würden. Am nächsten Tag reiste ich aus. Nach meiner Ausreise waren Sie wieder bei uns und haben nach mir gesucht. Als sie mich nicht finden konnten, forderten sie meinen Bruder auf, sich an meiner Stelle, ihnen anzuschließen. Auch mein Bruder ist aus diesem Grund geflohen. Sie sagten zu mir, es sei meine Pflicht, gegen die Engländer und die Ungläubigen zu kämpfen. Ich glaubte aber nicht daran, was sie da sagten, deswegen bin ich geflohen.

(Ende der freien Erzählung)

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals, ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas vorbringen möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Nein, ich habe alles erzählt. Ich habe keine weiteren Gründe mehr vorzubringen.

Anmerkung: Eine Pause wird angeordnet: Beginn: 10:14 Uhr;

Fortsetzung: 10:41 Uhr

F: Gab es jemals irgendwelche Übergriffe auf Sie oder ist an Sie persönlich jemals irgendwer herangetreten?

A: Nein.

F: Wann haben Sie Ihren Freund XXXX wegen dem Schlepper kontaktiert?

A: Schon in der Früh ging ich zu XXXX und habe mit ihm gesprochen. Nachdem er mit dem Schlepper gesprochen hatte, sagte er mir, dass der Schlepper von meinem Entschluss Bescheid weiß und, dass er mich telefonisch kontaktieren wird.

F: Wann hat Sie der Schlepper kontaktiert?

A: Am nächsten Tag. Die Nacht habe ich bei XXXX verbracht, am nächsten Tag bin ich losgegangen.

Aufforderung: Schildern Sie den Rekrutierungsversuch durch die Taliban unter Angabe sämtlicher Details.

A: Es war in einer Nacht an einem Freitag, als die Taliban gekommen sind. Sie haben an der Tür geklopft. Als ich die Tür aufmachte haben sie mich angesprochen und sagten, dass wir alle Moslems sind und, dass es unsere Pflicht sei, gegen die Ungläubigen Engländer und Deutsche und andere, die in unser Land gekommen sind zu kämpfen. Ich sollte mich Ihnen anschließen. Da ich diese Aufforderung nicht ablehnen konnte, habe ich ihnen gesagt, dass ich zwei Wochen Zeit benötige, um mich darauf vorzubereiten. Ich wollte mich ihnen aber nicht anschließen. Als sie gegangen waren, habe ich beschloss meine Heimat zu verlassen.

F: Wie viele Männer waren vor Ihrer Tür und wie sahen diese aus?

A: Es waren ca. 10-12 Personen. Sie trugen Bärte und lange Haare.

F:Was haben Sie in dieser Nacht, unmittelbar nachdem die Taliban wieder gegangen waren, noch alles gemacht?

A: In der Nacht habe ich überlegt, was ich machen kann. Ich wusste, dass sie mich töten werden, wenn ich mich ihnen nicht anschließe. Ich wollte aber auch nicht am heiligen Krieg teilnehmen. Die einzige Möglichkeit war die Heimat zu verlassen. Deshalb habe ich dann mit XXXX gesprochen.

F: Wo verbrachten Sie diese Nacht?

A: Zuhause.

F: Wie haben Sie Ihr Heimatdorf verlassen?

A: Das Heimatdorf habe ich in einem Pickup (Sammeltaxi) verlassen.

F: War dieses Sammeltaxi von Ihrem Schlepper organisiert?

A: Nein, zu dieser Zeit bin ich nicht mithilfe des Schleppers gereist. Das war ein normales Sammeltaxi. Erst später reiste ich Schlepperunterstützt.

F: Wo trafen Sie Ihren Schlepper zum ersten Mal?

A: Der Schlepper hat telefonisch mit mir gesprochen. Er sagte zu mir, dass ich an bestimmten Treffpunkten abgeholt werde. Der erste persönliche Kontakt mit einem Kontaktmann des Schleppers war in Kabul. Von dort aus fuhr ich nach Pakistan.

F: Wie oft haben Sie mit dem Schlepper telefoniert, bevor Sie in Kabul ankamen?

A: Einmal. Es war so, nachdem ich an einem Treffpunkt ankam, hat er mich immer wieder angerufen.

F: Woher wusste der Schlepper, wann Sie in Kabul angekommen waren?

A: Der Kontaktmann hat mich an der Station erwartet. Er hat mich dort abgeholt.

F: Woher wusste der Kontaktmann, wann Sie in Kabul angekommen waren?

A: Er wusste wann ich losgefahren bin und er wusste wie lange man von XXXX bis zur Station in Kabul benötigt.

F: Wie hieß die Station in Kabul?

A: Die Station in Kabul heißt " XXXX ". Das ist die zentrale Haltestelle in Kabul, an der alle Verkehrsmittel halten.

F:Woher wusste der Kontaktmann des Schleppers, wann sie aus XXXX weggefahren waren?

A: Wie ich bereits sagte. XXXX hat dem Schlepper meine Nummer gegeben. Er rief mich an. Wir waren in Kontakt.

F: Wie viele Tage vergingen zwischen der versuchten Rekrutierung durch die Taliban und Ihrer Ankunft in Kabul?

A: Nach der versuchten Rekrutierung durch die Taliban ging ich am nächsten Morgen zu XXXX . Die Nacht verbrachte ich dann bei XXXX . Und wiederum am nächsten Tag fuhr ich dann nach Kabul.

F: Wann kamen Sie in Kabul an?

A: Gegen Mittag.

F: Wie hieß ihr Schlepper?

A: Einen Namen hat er nicht gesagt.

F: Haben Sie Ihren Schlepper auch persönlich getroffen?

A: Nein. Immer als mich der Kontaktmann abgeholt hatte, sagte er nie dass er ein Schlepper sei. Immer wenn ich einen Namen wissen wollte sagte er zu mir, dass ich keinen Namen wissen müsste, sondern, dass ich nur weiterkommen müsse.

F: Wie konnte Sie Ihr Schlepper immer telefonisch erreichen?

A: ich wurde immer angerufen. Wenn ich Mal die Nummer sah, war es immer eine andere Nummer.

F: Hatten Sie ein Mobiltelefon bei sich?

A: Ja.

F: Wie lange hatten sie dieses Mobiltelefon schon.

A: Bis nach Österreich.

F: Wie lange vor Ihrer Ausreise hatten Sie Ihr Mobiltelefon schon.

A: Das hatte ich schon lange vor meiner Ausreise.

F: Hatten Sie immer dieselbe Nummer?

A: Ja, aber in Pakistan gab mir der Schlepper dann aber eine neue Sim-Karte.

F: Wie lautet ihre alte Nummer?

A: Das weiß ich nicht. Ich habe die Nummer immer auf einen Zettel geschrieben. So wie jetzt auch.

F: Wann hat Ihr Bruder Afghanistan verlassen?

A: Vielleicht 6 Monate ist es jetzt her.

F: Wann versuchten die Taliban Ihren Bruder zu rekrutieren?

A: Bereits damals, als ich ausgereist war und sie mich nicht rekrutieren konnten.

F: Wie konnte Ihr Bruder noch so lange in Ihrem Heimatdorf leben, ohne tatsächlich von den Taliban rekrutiert zu werden.

A: Mein Bruder XXXX sagte zu ihnen, dass ich zurückkommen und mich ihnen anschließen werde.

F: Das haben die Taliban so akzeptiert?

A: Ja, das haben sie. Später dann aber nicht mehr. Sie wollten ihn dann mitnehmen. Aus diesem Grund ist mein Bruder später geflohen.

F: Haben Sie sich bezüglich der erwähnten Probleme jemals an die staatlichen Behörden oder anderweitige Organisationen gewandt und diese um Hilfe ersucht?

A: Nein.

F: Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?

A: Die Taliban werden mich töten. Sie sagten zu mir, das Jihad die Pflicht eines Moslems sei und ich mich daran beteiligen müsste. Da ich das nicht gemacht habe und nicht dazu bereit bin, werden sie mich sicher töten.

F: Warum sind Sie nicht in eine andere Stadt oder in einen anderen Landesteil gezogen?

A: Weil es nirgendwo sicher ist vor den Taliban. Die Taliban sind überall.

F: Was spricht gegen eine Niederlassung in Mazar-e Sharif oder Herat?

A: Auch dort bin ich nicht sicher. Selbst in Mazar-e Sharif oder Herat werden sie mich nicht am Leben lassen.

F: Wie könnten Sie die Taliban dort finden?

A: Die Taliban haben überall ihre Leute und sie würden sogar nach meinem Namen suchen und mich finden. Auch viele aus dem Dorf arbeiten mit den Taliban zusammen. Früher oder später werden sie mich an sie verraten. Sie werden ihnen sagen, dass ich mich woanders aufhalte."

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß I 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Die Behörde erster Instanz tätigte Feststellungen zur gesundheitlichen Situation des Antragstellers in Zusammenhang damit, dass keine Beeinträchtigung seiner Arbeitsfähigkeit festgestellt werden konnte. Er verfüge über keine Schulbildung, habe jedoch in der Heimat Berufserfahrung sammeln können. Weiters stehe fest, dass er in seiner Heimat weder aufgrund der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe von staatlicher Seite verfolgt worden sei. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass er Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit gehabt habe. Die von ihm angegebenen Gründe für das Verlassen des Heimatlandes seien unglaubwürdig. Eine Bedrohung durch Taliban habe nicht festgestellt werden können. Er verfüge in der Heimat über familiäre Anknüpfungspunkte, sei gesund und arbeitsfähig und habe Berufserfahrung, weshalb nicht habe festgestellt werden können, dass er im Herkunftsland jeglicher Lebensgrundlage entzogen wäre.

Eine Wiederansiedlung in seiner Heimatprovinz Kabul bzw. der Stadt Kabul könne ihm zugemutet werden.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in welcher der Antragsteller anführt, er sei von den Taliban aufgefordert worden, sich ihnen anzuschließen und in den Heiligen Krieg zu ziehen. Er habe die Taliban um zwei Wochen Vorbereitungszeit gebeten. Als die Taliban sein Haus verlassen hätten, hätte der Antragsteller den Entschluss gefasst, aus seinem Heimatland auszureisen. Nach der Ausreise hätten die Taliban nach dem Antragsteller gesucht und auch seinen Bruder aufgefordert, sich den Taliban anzuschließen und habe dieser als Folge dessen auch die Flucht ergriffen und das Land verlassen. Zu den ihm vorgehaltenen Widersprüchen nahm der Antragsteller Stellung: Zum Vorwurf, er habe zuerst gesagt, er habe die Taliban um eine zweiwöchige Bedenkzeit gebeten und bei der nächsten Frage habe er gesagt, er habe die Taliban um eine zweiwöchige Vorbereitungszeit gebeten, gab der Antragsteller an, er habe um Vorbereitungszeit gebeten. Hätte er "nein" zu den Taliban gesagt, hätten sie ihn sofort getötet. Er habe deshalb gesagt, er würde beitreten und sei dann geflohen. Würde man sich den Taliban verweigern, in den Jihad zu ziehen, wäre dies eine große Sünde und würde man als ungläubig gelten. Damit verstoße man gegen das Gesetz des Islam und würde geschlachtet werden wie ein Tier. Für den "Heiligen Krieg" würden lediglich körperlich starke Männer ausgewählt werden und sei sein Bruder diesen Anforderungen noch nicht entsprechend gewesen. Seine Familie in Kabul sei weiterhin in großer Gefahr und die Taliban würden diese aufsuchen. Frauen in der Familie seien hingegen keiner Gefahr ausgesetzt. Zum weiteren Vorwurf, er könne keine Daten und Jahreszeiten benennen und spreche dies gegen seine Glaubwürdigkeit, gab der Antragsteller an, dass er Analphabet sei und würden ihm Daten oder Jahreszahlen gar nichts sagen, er habe nie eine Schule besucht. Die Tatsache, dass er während der Befragung keine Emotionen gezeigt habe, belege nicht, wie von der Behörde entschieden, dass die Geschichte unwahr sei. Im Weiteren bezog sich der Antragsteller auf die Richtlinien seitens UNHCR sowie auf die Relevanz von Verfolgung durch private Personen.

5. Am 31.10.2018 wurde der Antragsteller wegen des Verdachtes auf Versuchs sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen zur Anzeige gebracht.

6. Mit Schriftsatz vom 08.11.2018 ergänzte der Antragsteller - durch seinen ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter die Beschwerde dahingehend, dass in der Herkunfts- bzw. Heimatregion des Antragstellers - einem Außendistrikt der Provinz Kabul Taliban ihre Niederlassungen hätten und dort immer wieder Reisebusse, Taxis und Transporte überfallen würden. Diese würden regelrecht den Weg nach Jalalabad und von dort nach Kabul immer wieder belagern. Viele Angehörige der Paschtunen würden im Gebiet des Betroffenen mit Taliban und der Hezb-e Islami zusammenarbeiten und habe der Stamm der Familie des Beschwerdeführers diese Zusammenarbeit von jeher verweigert. Der Antragsteller sei ins Visier der Taliban geraten, genauso wie sein Bruder. Sowohl der Vater als auch der Onkel des Beschwerdeführers hätten sich während der Zeit der Mujaheddin-Kommandanten diesen nicht angeschlossen und sei deshalb die Familie insgesamt ins Visier genommen worden. Der Rekrutierungsversuch durch die Taliban lasse den Verdacht entstehen, dass der Beschwerdeführer sich in keinem Teil Afghanistans, insbesondere auch nicht in der Stadt Kabul niederlassen könne, da dieser einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

7. Der Antragsteller wurde sodann im Wege seines ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreters zur anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht für den 26.03.2019 vorgeladen.

Mit Schriftsatz vom 30.11.2018 teilte der Vertreter die Vollmachtsauflösung mit der weiteren Information mit, dass die Ladung und die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme an den Vertretenen bzw. an dessen Adresse weitergeleitet worden seien.

Im Rahmen der Ladung wurden das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand 29.06.2018 sowie die UNHCR Guidelines - Afghanistan vom 30.08.2018 als Beweismittel zur Situation in Afghanistan in das Verfahren eingeführt.

8. Am 26.03.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht teilnahm. Das BFA verzichtete anlässlich der Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an der Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen: 1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans und führt den von ihm im Verfahren angegebenen Namen. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Moslem.

Der Antragsteller ist in Afghanistan geboren und stammt aus der Provinz Kabul. Der Antragsteller verfügt über keinerlei Schulbildung, jedoch über Berufserfahrung. Der Antragsteller verfügt in seiner Herkunftsregion über eine große Zahl von Familienangehörigen sowie verwandtschaftlichen Bindungen.

Der Antragsteller leidet unter keinerlei schweren oder gar lebensbedrohenden psychischen oder physischen Beeinträchtigungen.

1.2. Feststellungen zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung ausgesetzt ist oder eine solche, im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan, zu befürchten hätte. Dem Beschwerdeführer droht auch aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit als Paschtune sowie sunnitischer Moslem in Afghanistan keine konkret gegen ihn gerichtete psychische bzw. physische Gewalt.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan keiner ernsthaften, nachhaltigen, individuellen Verfolgung durch Privatpersonen, Taliban oder dem Staat ausgesetzt war und er eine solche, im Falle einer Rückkehr, nicht zu befürchten hat.

Es kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer ohne Hinzutreten weiterer wesentlicher individueller Merkmale mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder (von staatlichen Organen geduldet) durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität (Afghanistan), Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.

So kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in der Region Balkh, in concreto Mazar-e Sharif oder auch in anderen Großstädten wie etwa Herat oder Kabul einer wahrscheinlichen Verfolgung ausgesetzt wäre.

1.3. Feststellungen zur Situation im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers:

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Dem Antragsteller ist eine Rückkehr in seinen Herkunftsort zumutbar.

Dem Beschwerdeführer steht überdies eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif zur Verfügung. Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form einer Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der Beschwerdeführer ist nicht schwer gesundheitlich beeinträchtigt, mobil, anpassungsfähig und befindet sich im erwerbsfähigen Alter mit mehrjähriger Berufserfahrung. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Herat, Kabul bzw. Mazar-e Sharif ausschließen könnten, konnten nicht festgestellt werden. Die kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates sind dem Beschwerdeführer bekannt.

Er ist in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen. Der Antragsteller verfügt über ein belastbares familiäres soziales Netz.

Dem Antragsteller ist es durchaus zumutbar, sich allenfalls in den Städten Herat oder Kabul oder Mazar-e Sharif, eine Existenz aufbauen und diese - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten zu sichern, wobei ihm seine frühere berufliche Tätigkeit zu Gute kommt. Seine Existenz in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat könnte er - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr an seinen Heimatort oder in die Stadt Kabul, nach Mazar-e Sharif oder Herat Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der Antragsteller hat bisher seine familiären Bindungen gepflegt und kann davon ausgegangen werden, dass er nach örtlich gegeben kulturellen Gepflogenheiten bei einer Rückverbringung nach Afghanistan weiterhin im Familienverband im Rahmen der Möglichkeiten unterstützt werden wird.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Kabul oder einer der anderen großen Städte Afghanistans Gefahr liefe, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten.

Der Beschwerdeführer kann Kabul, Mazar-e Sharif und Herat von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

Zur Lage in Afghanistan wird zentral nachstehende Quelle zugrunde gelegt:

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 29.06.2018;

Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation

Afghanistan in der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018:

"...

3. Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

...

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

...

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

...

Im Jahr 2017 registrierte die UNAMA 10.453 zivile Opfer (3.438 Tote und 7.015 Verletzte) - damit wurde ein Rückgang von 9% gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres 2016 (11.434 zivile Opfer mit 3.510 Toten und 7.924 Verletzen) festgestellt. Seit 2012 wurde zum ersten Mal ein Rückgang verzeichnet: im Vergleich zum Jahr 2016 ist die Anzahl ziviler Toter um 2% zurückgegangen, während die Anzahl der Verletzten um 11% gesunken ist. Seit 1.1.2009-31.12.2017 wurden insgesamt 28.291 Tote und 52.366 Verletzte von der UNAMA registriert. Regierungsfeindliche Gruppierungen waren für 65% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich; Hauptursache dabei waren IEDs, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken (UNAMA 2.2018). Im Zeitraum 1.1.2018 - 31.3.2018 registriert die UNAMA

2.258 zivile Opfer (763 Tote und 1.495 Verletzte). Die Zahlen reflektieren ähnliche Werte wie in den Vergleichsquartalen für die Jahre 2016 und 2017. Für das Jahr 2018 wird ein neuer Trend beobachtet: Die häufigste Ursache für zivile Opfer waren IEDs und komplexe Angriffe. An zweiter Stelle waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen, Blindgängern (Engl. UXO, "Unexploded Ordnance") und Lufteinsätzen. Die Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kandahar waren am häufigsten vom Konflikt betroffen (UNAMA 12.4.2018).

Regierungsfeindlichen Gruppierungen wurden landesweit für das Jahr 2017 6.768 zivile Opfer (2.303 Tote und 4.465 Verletzte) zugeschrieben - dies deutet auf einen Rückgang von 3% im Vergleich zum Vorjahreswert von 7.003 zivilen Opfern (2.138 Tote und 4.865 Verletzte). Der Rückgang ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben werden, ist auf einen Rückgang ziviler Opfer, die durch Bodenkonfrontation, IED und ferngezündete Bomben zu Schaden gekommen sind, zurückzuführen. Im Gegenzug dazu hat sich die Anzahl ziviler Opfer aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken erhöht. Die Anzahl ziviler und nicht-ziviler Opfer, die aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente zu Schaden gekommen sind, ist ähnlich jener aus dem Jahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.4.2018).

...

Zu den regierungsfreundlichen Kräften zählten: ANDSF, Internationale Truppen, regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen sowie nicht näher identifizierte regierungsfreundliche Kräfte. Für das Jahr 2017 wurden 2.108 zivile Opfer (745 Tote und 1.363 Verletzte) regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben, dies deutet einen Rückgang von 23% gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (2.731 zivile Opfer, 905 Tote und 1.826 Verletzte) an (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018). Insgesamt waren regierungsfreundliche Kräfte für 20% aller zivilen Opfer verantwortlich. Hauptursache (53%) waren Bodenkonfrontation zwischen ihnen und regierungsfeindlichen Elementen - diesen fielen 1.120 Zivilist/innen (274 Tote und 846 Verletzte) zum Opfer; ein Rückgang von 37% gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (UNAMA 2.2018). Luftangriffe wurden zahlenmäßig als zweite Ursache für zivile Opfer registriert (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018); diese waren für 6% ziviler Opfer verantwortlich - hierbei war im Gegensatz zum Vorjahreswert eine Zunahme von 7% zu verzeichnen gewesen. Die restlichen Opferzahlen 125 (67 Tote und 58 Verletzte) waren auf Situationen zurückzuführen, in denen Zivilist/innen fälschlicherweise für regierungsfeindliche Elemente gehalten wurden. Suchaktionen forderten 123 zivile Opfer (79 Tote und 44 Verletzte), Gewalteskalationen 52 zivile Opfer (18 Tote und 34 Verletzte), und Bedrohungen und Einschüchterungen forderten 17 verletzte Zivilist/innen (UNAMA 2.2018).

Ein besonderes Anliegen der ANDSF, der afghanischen Regierung und internationaler Kräfte ist das Verhindern ziviler Opfer. Internationale Berater/innen der US-amerikanischen und Koalitionskräfte arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Reduzierung der Anzahl von zivilen Opfern zu schaffen. Die afghanische Regierung hält auch weiterhin ihre vierteljährliche Vorstandssitzung zur Vermeidung ziviler Opfer (Civilian Casualty Avoidance and Mitigation Board) ab, um u. a. Präventivmethoden zu besprechen (USDOD 12.2017). Die UNAMA bemerkte den Einsatz und die positiven Schritte der afghanischen Regierung, zivile Opfer im Jahr 2017 zu reduzieren (UNAMA 2.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden 3.484 zivile Opfer (823 Tote und 2.661 Verletzte) im Rahmen von 1.845 Bodenoffensiven registriert - ein Rückgang von 19% gegenüber dem Vorjahreswert aus 2016 (4.300 zivile Opfer, 1.072 Tote und 3.228 Verletzte in 2.008 Bodenoffensiven). Zivile Opfer, die aufgrund bewaffneter Zusammenstöße zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Kräften zu beklagen waren, sind zum ersten Mal seit 2012 zurückgegangen (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 forderten explosive Kampfmittelrückstände (Engl. "explosive remnants of war", Anm.) 639 zivile Opfer (164 Tote und 475 Verletzte) - ein Rückgang von 12% gegenüber dem Jahr 2016. 2017 war überhaupt das erste Jahr seit 2009, in welchem ein Rückgang verzeichnet werden konnte. Der Rückgang ziviler Opfer ist möglicherweise u.a. auf eine Verminderung des indirekten Beschusses durch Mörser, Raketen und Granaten in bevölkerten Gegenden von regierungsfreundlichen Kräfte zurückzuführen (UNAMA 2.2018).

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Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).

Taliban

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters 28.4.2017). Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.4.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friendens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.3.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ 19.10.2017). Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 5.2.2018).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Höchst umstritten ist von Expert/innen die Größe und die Gefahr, die vom IS ausgeht. So wird von US-amerikanischen Sicherheitsbeamten und weiteren Länderexpert/innen die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan mit zwischen 500 und 5.000 Kämpfern beziffert. Jeglicher Versuch die tatsächliche Stärke einzuschätzen, wird durch den Umstand erschwert, dass sich die Loyalität der bewaffneten radikalen Islamisten oftmals monatlich oder gar wöchentlich ändert, je nach ideologischer Wende, Finanzierung und Kampfsituation (WSJ 21.3.2018). Auch wurde die afghanische Regierung bezichtigt, die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan aufzublasen (Tolonews 10.1.2018). Zusätzlich ist wenig über die Gruppierung und deren Kapazität, komplexe Angriffe auszuführen, bekannt. Viele afghanische und westliche Sicherheitsbeamte bezweifeln, dass die Gruppierung alleine arbeitet (Reuters 9.3.2018).

Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern, bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) in städtischen Zentren zu verüben (USDOD 12.2017). Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen (VoA 10.1.2018; vgl. AJ 30.4.2018). Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden dem IS 1.000 zivile Opfer (399 Tote und 601 Verletzte) zugeschrieben sowie die Entführung von 81 Personen; er war damit laut UNAMA für 10% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich - eine Zunahme von insgesamt 11% im Vergleich zum Jahr 2016. Im Jahr 2017 hat sich der IS zu insgesamt 18 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen oder zivile Objekte bekannt (UNAMA 2.2018); er agiert wahllos - greift Einrichtungen der afghanischen Regierung und der Koalitionskräfte an (AAN 5.2.2018), aber auch ausländische Botschaften (UNAMA 2.2.018). Fast ein Drittel der Angriffe des IS zielen auf schiitische Muslime ab (UNAMA 2.2018; vgl. AAN 5.2.2018) - sechs Angriffe waren auf schiitische Glaubensstätten (UNAMA 2.2018). Der IS begründet seine Angriffe auf die schiitische Gemeinschaft damit, dass deren Mitglieder im Kampf gegen den IS im Mittleren Osten involviert sind (AAN 5.2.2018).

Zusätzlich dokumentierte die UNAMA im Jahr 2017 27 zivile Opfer (24 Tote und drei Verletzte) sowie die Entführung von 41 Zivilist/innen, die von selbsternannten IS-Anhängern in Ghor, Jawzjan und Sar-e Pul ausgeführt wurden. Diese Anhänger haben keine offensichtliche Verbindung zu dem IS in der Provinz Nangarhar (UNAMA 2.2018).

Der IS rekrutierte auf niedriger Ebene und verteilte Propagandamaterial in vielen Provinzen Afghanistans. Führung, Kontrolle und Finanzierung des Kern-IS aus dem Irak und Syrien ist eingeschränkt, wenngleich der IS in Afghanistan nachhaltig auf externe Finanzierung angewiesen ist, sowie Schwierigkeiten hat, Finanzierungsströme in Afghanistan zu finden. Dieses Ressourcenproblem hat den IS in einen Konflikt mit den Taliban und anderen Gruppierungen gebracht, die um den Gewinn von illegalen Kontrollpunkten und den Handel mit illegalen Waren wetteifern. Der IS bezieht auch weiterhin seine Mitglieder aus unzufriedenen TTP-Kämpfern (Tehreek-e Taliban in Pakistan - TTP), ehemaligen afghanischen Taliban und anderen Aufständischen, die meinen, der Anschluss an den IS und ihm die Treue zu schwören, würde ihre Interessen vorantreiben (USDOD 12.2017).

Auch ist der IS nicht länger der wirtschaftliche Magnet für arbeitslose und arme Jugendliche in Ostafghanistan, der er einst war. Die Tötungen von IS-Führern im letzten Jahr (2017) durch die afghanischen und internationalen Kräfte haben dem IS einen harten Schlag versetzt, auch um Zugang zu finanziellen Mitteln im Mittleren Osten zu erhalten. Finanziell angeschlagen und mit wenigen Ressourcen, ist der IS in Afghanistan nun auf der Suche nach anderen Möglichkeiten des finanziellen Überlebens (AN 6.3.2018).

Haqqani-Netzwerk

Der Gründer des Haqqani-Netzwerkes - Jalaluddin Haqqani - hat aufgrund schlechter Gesundheit die operationale Kontrolle über das Netzwerk an seinen Sohn Sirajuddin Haqqani übergeben, der gleichzeitig der stellvertretende Führer der Taliban ist (VoA 1.7.2017). Als Stellvertreter der Taliban wurde die Rolle von Sirajuddin Haqqani innerhalb der Taliban verfestigt. Diese Rolle erlaubte dem Haqqani-Netzwerk seinen Operationsbereich in Afghanistan zu erweitern und lieferte den Taliban zusätzliche Fähigkeiten in den Bereichen Planung und Operation (USDOD 12.2017).

Von dem Netzwerk wird angenommen, aus den FATA-Gebieten (Federally Administered Tribal Areas) in Pakistan zu operieren. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge soll das Netzwerk zwischen 3.000 und 10.000 Mitglieder haben. Dem Netzwerk wird nachgesagt finanziell von unterschiedlichen Quellen unterstützt zu werden - inklusive reichen Personen aus den arabischen Golfstaaten (VoA 1.7.2017).

Zusätzlich zu der Verbindung mit den Taliban, hat das Netzwerk mit mehreren anderen Aufständischen Gruppierungen, inklusive al-Qaida, der Tehreek-e Taliban in Pakistan (TTP), der Islamic Movement of Uzbekistan (IMU) und der ebenso in Pakistan ansässigen Lashkar-e-Taiba (VoA 1.7.2017).

Sowohl die afghanische, als auch die US-amerikanische Regierung haben Pakistan in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, keine eindeutigen Maßnahmen gegen terroristische Elemente zu ergreifen, die darauf abzielen, die Region zu destabilisieren - zu diesen Elementen zählen auch die Taliban und das Haqqani-Netzwerk (RFE/RL 23.3.2018; vgl. AJ 8.3.2018, UNGASC 27.2.2018).

Al-Qaida

Al-Qaida konzentriert sich hauptsächlich auf das eigene Überleben und seine Bemühungen sich selbst zu erneuern. Die Organisation hat eine nachhaltige Präsenz in Ost- und Nordostafghanistan, mit kleineren Elementen im Südosten. Manche Taliban in den unteren und mittleren Rängen unterstützen die Organisation eingeschränkt. Nichtsdestotrotz konnte zwischen 1.6.-20.11.2017 keine Intensivierung der Beziehung zu den Taliban auf einem strategischen Niveau registriert werden (USDOD 12.2017).

Ghazni

Ghazni ist eine der wichtigsten Zentralprovinzen Afghanistans. Ghazni liegt 145 km südlich von Kabul Stadt entfernt und liegt an der Autobahn Kabul-Kandahar. Ghazni grenzt im Norden an die Provinzen (Maidan) Wardak und Bamyan, im Osten an Logar, Paktia und Paktika, im Süden an Zabul und im Westen an Uruzgan und Daikundi (UN-OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o.D.a). Laut dem afghanischen Statistikbüro (CSO) ist Ghazni die Provinz mit der zweithöchsten Bevölkerungszahl (Pajhwok o.D.a), die auf 1.270.3192 Bewohner/innen geschätzt wird (CSO 4.2017). Hauptsächlich besteht die Bevölkerung aus großen Stämmen der Paschtunen sowie Tadschiken und Hazara; Mitglieder der Bayat, Sadat und Sikh sind auch dort vertreten, wenngleich die Vielzahl der Bevölkerung Paschtunen sind (Pajhwok o. D.a).

Ghazni besteht aus den folgenden Distrikten: die Provinzhauptstadt Ghazni, sowie die Distrikte Andar, Muqur, Khugiani/Khugaini/Khogyani, Qara Bagh/Qarabagh, Gilan/Gelan/Gailan, Waghiz/Waghaz, Giro/Gairo, Deh Yak/Dehyak, Nawar/Nawur, Jaghori/Jaghuri, Malistan/Malestan, Rashidan, Ab Band/Abband, Khugiani, Nawa, Jaghato/Jaghato, Zankhan/Zanakhan, Ajeristan/Ajrestan und Khwaja Omari/Khwajaumari (Pajhwok o.D.a; vgl. UN OCHA 4.2014, GI o.D.). Ghazni ist eine der Schlüsselprovinz im Südosten, die die zentralen Provinzen inklusive der Hauptstadt Kabul mit anderen Provinzen im Süden und Westen verbindet (Khaama Press 2.7.2017; vgl. HoA 15.3.2016).

Nach mehr als zwei Jahrzehnten ohne Mohnanbau in der Provinz Ghazni (seit 1995), wird nun wieder Mohn angebaut. Mit Stand November 2017 wurden 1.027 Hektar Mohn angebaut: Opium/Mohn wurde insbesondere im Distrikt Ajrestan angebaut, in dem die Sicherheitslage schwach ist (UNODC 11.2017).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Im Februar 2018 wurde verlautbart, dass die Provinz Ghazni zu den relativ volatilen Provinzen im südöstlichen Teil des Landes zählt; die Provinz selbst grenzt an unruhige Provinzen des Südens. Die Taliban und Aufständische anderer Gruppierungen sind in gewissen Distrikten aktiv (Khaama Press 1.2.2018; vgl. SD 1.2.2018). In der Provinz kommt es zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Aufständischen (Xinhua 18.3.2018).

Wie in vielen Regionen in Südafghanistan, in denen die Paschtunen die Mehrheit stellen, konnten die Taliban in Ghazni nach dem Jahr 2001 an Einfluss gewinnen. Die harten Vorgehensweisen der Taliban - wie Schließungen von Schulen, der Stopp von Bauprojekten usw. - führten jedoch auch zu Gegenreaktionen. So organisierten Dorfbewohner eines Dorfes im Distrikt Andar ihre eigenen Milizen, um die Aufständischen fernzuhalten - auch andere Distrikte in Ghazni folgten. Die Sicherheitslage verbesserte sich, Schulen und Gesundheitskliniken öffneten wieder. Da diese Milizen, auch ALP (Afghan Local Police) genannt, der lokalen Gemeinschaft entstammen, genießen sie das Vertrauen der lokalen Menschen. Nichtsdestotrotz kommt es zu auch bei diesen Milizen zu Korruption und Missbrauch (IWPR 15.1.2018).

Im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) (15.12.2017-15.2.2018) haben regierungsfeindliche Elemente auch weiterhin Druck auf die afghanischen Sicherheitskräfte ausgeübt, indem koordinierte Angriffe auf Kontrollpunkte der afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte unter anderem in der Provinz Ghazni verübt wurden (UNGASC 27.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 163 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

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Die meisten im Jahr 2017 registrierten Anschläge fanden - in absteigender Reihenfolge - in den Provinzen Nangarhar, Faryab, Helmand, Kandahar, Farah, Ghazni, Uruzgan, Logar, Jawzjan, Paktika und Kabul statt (Pajhwok 14.1.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden 353 zivile Opfer in Ghazni (139 getötete Zivilisten und 214 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten/willkürlichen Tötungen. Dies deutet einen Rückgang von 11% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Ghazni

Miliärische Operationen werden in der Provinz Ghazni durchgeführt (Tolonews 17.3.2018; vgl. Xinhua 27.1.2018, ZNI 3.3.2018, Tolonews 5.2.2018, Tolonews 24.3.2018, MF 25.3.2018, Tolonews 5.12.2017; MF 18.3.2018, VoA 22.10.2017); Aufständische werden getötet und festgenommen (Pajhwok 13.3.2018; vgl. MF 25.3.2018, Tolonews 5.12.2017, MF 18.3.2018, VoA 22.10.2017). Luftangriffe werden ebenso durchgeführt (Khaama Press 1.2.2018), bei denen auch Taliban getötet werden (Khaama Press 1.2.2018; vgl. Pajhwok 12.3.2018).

Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften finden statt (AJ 11.6.2018; vgl. AJ 21.5.2018, VoA 22.10.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Ghazni

Sowohl Das Haqqani-Netzwerk, als auch die Taliban sind in manchen Regionen der Provinz aktiv (VoA 10.1.2018). Sicherheitsbeamte sprechen von mehreren Gruppierungen, die in der Provinz aktiv sind, während die Taliban selbst behaupten, die einzige Gruppierung in der Provinz Ghazni zu sein (Pajhwok 1.7.2017).

Basierend auf geheimdienstlichen Informationen, bestritt das afghanische Innenministerium im Jänner 2018, dass der IS in der Provinz Ghazni aktiv sei (VoA 10.1.2018). Für den Zeitraum 1.1.-15.7.2017 wurden IS-bezogene Vorfälle in der Provinz gemeldet - insbesondere an der Grenze zu Paktika. Zwischen 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden hingegen keine Vorfälle registriert (ACLED 23.2.2018).

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3.1 Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.). Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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