TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/7 W231 2113158-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.06.2019
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Entscheidungsdatum

07.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W231 2113158-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Birgit HAVRANEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX (alia XXXX), geb. XXXX , afghanischer Staatsangehöriger, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis VI. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid insoweit behoben.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer [in Folge: "BF"] stellte nach seiner illegalen Einreise in Österreich am 31.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [in Folge: "BFA"] wies den Antrag des BF mit Bescheid vom 08.10.2017 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit vierzehn Tagen festgelegt (Spruchpunkt IV).

I.3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Die Beschwerde war von 09.11.2017 bis 23.05.2019 in der Geschäftsabteilung W267 anhängig und wurde gemäß Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 13.05.2019 der Gerichtsabteilung W231 (Zl. W231 2113158-2) zugewiesen.

I.4. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Graz-Ost (AZ: XXXX ) vom 11.12.2017 wurde der BF wegen Urkundenfälschung gemäß § 223 Abs. 1 StGB und Erschleichung einer Leistung gemäß § 149 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen als Jugendlicher verurteilt, die ihm unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

I.5. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz (AZ: XXXX ) vom 26.03.2019 wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG, als Beitragstäter im Sinne des § 12 3. Fall StGB, und nach § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall und Abs. 2 SMG zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe als junger Erwachsener verurteilt, die ihm unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Durch Beschluss wurde gemäß § 494a Abs. 1 Z 2 und Abs. 6 StPO vom Widerruf der dem BF im Verfahren des Bezirksgerichtes Graz-Ost gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen, jedoch wurde die dortige Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

I.6. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 09.05.2019 erteilte das BFA dem BF erneut keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 56/2018, (in der Folge: AsylG 2005) (Spruchpunkt I.), sprach ihm gegenüber neuerlich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018, (in der Folge: FPG) (Spruchpunkt II.) aus und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. erneut fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei (Spruchpunkt III). Weiters führte das BFA aus, dass nach § 55 Abs. 1a leg.cit. keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.). In Spruchpunkt V. erließ das BFA gegenüber dem BF nach § 53 Abs. 1 und 3 Z 1 leg.cit. ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot. Zudem sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018, (in der Folge: BFA-VG) die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt VI.). Schließlich führte das BFA an, dass der BF gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 und 2 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 30.03.2019 verloren habe (Spruchpunkt VII.).

I.7. Der BF erhob gegen den o.a. Bescheid des BFA vom 09.05.2019 fristgerecht die gegenständliche Beschwerde und es wurde angeregt dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 31.07.2015 mit Bescheid vom 08.10.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ ihm gegenüber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei.

Der BF erhob gegen den Bescheid des BFA vom 08.10.2017 fristgerecht Beschwerde. Die Beschwerde war von 09.11.2017 bis 23.05.2019 in der Geschäftsabteilung W267 anhängig und wurde gemäß Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 13.05.2019 der Gerichtsabteilung W231 (Zl. W231 2113158-2) zugewiesen.

II.1.2. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Graz-Ost (AZ: XXXX ) vom 11.12.2017 wurde der BF wegen Urkundenfälschung gemäß § 223 Abs. 1 StGB und Erschleichung einer Leistung gemäß § 149 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen als Jugendlicher verurteilt, die ihm unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz (AZ: XXXX ) vom 26.03.2019 wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG, als Beitragstäter im Sinne des § 12 3. Fall StGB, und nach § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall und Abs. 2 SMG zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe als junger Erwachsener verurteilt, die ihm unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Durch Beschluss wurde gemäß § 494a Abs. 1 Z 2 und Abs. 6 StPO vom Widerruf der dem BF im Verfahren des Bezirksgerichtes Graz-Ost gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen, jedoch wurde die dortige Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

II.1.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 09.05.2019 erteilte dieses dem BF erneut keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, sprach ihm gegenüber neuerlich eine Rückkehrentscheidung aus und stellte erneut fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Weiters führte das BFA aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Zudem erließ das BFA gegenüber dem BF ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot. Weiters sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Schließlich führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 30.03.2019 verloren habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht die gegenständliche Beschwerde.

2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Die Feststellungen zum Antrag des BF auf internationalen Schutz, zum Bescheid des BFA vom 08.10.2017 und zu der dagegen erhobenen Beschwerde sowie zu dem beim Bundesverwaltungsgericht dahingehend anhängigen Beschwerdeverfahren ergeben sich aus dem diesbezüglichen Verwaltungs- und Gerichtsakt.

II. 2.2. Die Feststellungen zum Bescheid des BFA vom 09.05.2019 sowie zu der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ergeben sich aus dem diesbezüglichen Verwaltungs- und Gerichtsakt.

II. 2.3. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF folgen aus der Strafkarte (Verständigung von einer rechtskräftigen Verurteilung) des Bezirksgerichtes Graz-Ost vom 09.03.2018, der gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 26.03.2019 und dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug.

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 22/2018, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, (in der Folge: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. 194/1961, des AgrVG, BGBl. 173/1950, und des DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) I. Stattgabe der - zulässigen - Beschwerde gegen Spruchpunkte I. bis VI. des angefochtenen Bescheides:

II.3.2.1. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten auszugsweise folgendermaßen:

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) - (11) [...]

[...]

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht."

II.3.2.2. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten auszugsweise wie folgt:

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

[...]

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) - (4) [...]

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) - (14) [...]"

II.3.2.3. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes bestand zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 09.05.2019 für das BFA hierfür aus folgenden Gründen keine Zuständigkeit:

Nach § 58 Abs. 1 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 leg.cit. von Amts wegen u.a. dann zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2 des § 58 leg.cit.). Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, auf welchen das BFA seine Rückkehrentscheidung stützt, ist eine solche zu erlassen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Da das BFA mit Bescheid vom 08.10.2017 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 31.07.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen hat, hat es in diesem Bescheid auch folgerichtig zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" (§ 57 AsylG 2005) und für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geprüft, in der Folge eine solche erlassen und die Abschiebung des BF nach Afghanistan für zulässig erklärt. Der BF erhob gegen diesen Bescheid eine Beschwerde. Die Beschwerde war von 09.11.2017 bis 23.05.2019 in der Geschäftsabteilung W267 anhängig und wurde gemäß Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 13.05.2019 der Gerichtsabteilung W231 (Zl. W231 2113158-2) zugewiesen.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist aus den angeführten Bestimmungen keine Zuständigkeit des BFA abzuleiten, während eines offenen Beschwerdeverfahrens das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) und für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) neuerlich zu prüfen sowie erneut eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Eine Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten iSd § 52 Abs. 2 Z 2 FPG läge erst nach einer etwaigen Abweisung der derzeit anhängigen Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 08.10.2017 durch das Bundesverwaltungsgericht im zur Zl. W231 2113158-2 protokollierten Beschwerdeverfahren wieder vor.

Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides ist daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit des BFA zum Entscheidungszeitpunkt im Hinblick auf das derzeit anhängige Beschwerdeverfahren zur Zl. W231 2113158-2 dahingehend zu beheben. Da die Spruchpunkte III. (Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung), IV. (Prüfung der Frist für die freiwillige Ausreise), V. (Erteilung eines Einreiseverbotes) und VI. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) lediglich in Folge der zuvor erlassenen Rückkehrentscheidung ergangen sind, ist der Beschwerde auch dahingehend stattzugeben und sind diese Spruchpunkte ebenfalls zu beheben.

Zu A) II. Abweisung der - zulässigen - Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides:

II.3.3.1. § 13 AsylG 2005 lautet auszugsweise folgendermaßen:

"Aufenthaltsrecht

§ 13. (1) Ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, ist bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs. 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt.

(2) Ein Asylwerber verliert sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn

1. dieser straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3),

2. gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist,

3. gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO, BGBl. Nr. 631/1975) oder

4. der Asylwerber bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.

Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.

(3) Hat ein Asylwerber sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Abs. 2 verloren, kommt ihm faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu.

(4) Das Bundesamt hat im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechtes eines Asylwerbers abzusprechen."

II.3.3.2. Es ist dem BFA, das den BF mittels Verfahrensanordnung vom 08.04.2019 über den Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet informierte, nicht entgegenzutreten, wenn es aufgrund der strafbaren Handlungen des BF, mit welchen er straffällig iSd § 2 Abs. 3 AsylG 2005 wurde und aufgrund derer gegen ihn Anklagen durch die Staatsanwaltschaft erhoben wurden, im angefochtenen Bescheid ausspricht, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab Rechtskraft der zweiten strafgerichtlichen Verurteilung verloren hat.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ist daher gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 und 2 AsylG 2005 abzuweisen.

II.3.4. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anhängigkeit, Aufenthaltsrecht, Behebung der Entscheidung,
Einreiseverbot aufgehoben, Rückkehrentscheidung behoben,
strafrechtliche Verurteilung, unzuständige Behörde,
Verfahrensanordnung, Verlusttatbestände

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W231.2113158.3.00

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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