TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/12 W264 2217769-1

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Veröffentlicht am 12.07.2019
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Entscheidungsdatum

12.07.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W264 2217769-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde des

XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Wien vom 7.3.2019, OB: XXXX , mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpasses abgewiesen wurde, gemäß § 28 VwGVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 12.11.2018 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) mittels Antragsformular 06/2018, worin als Hinweis vermerkt ist: "Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."

2. Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin ein und stellte die Sachverständige Dr. XXXX infolge persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 9.1.2019 in ihrem Gutachten vom 22.1.2019 folgende als beim Beschwerdeführer dauerhaft bestehende Funktionseinschränkungen fest:

1. Restzustand nach Frakturen im Bereich des Beckens, Osteosynthesematerial in situ

2. Morbus Parkinson

3. Hypertonie

Die medizinische Sachverständige stellte nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. fest und attestierte "Dauerzustand".

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung hielt die Sachverständige fest, dass das führende Leiden 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht werde, da der Gesamtzustand wesentlich negativ beeinflusst werde. Leiden 3 erhöhe aufgrund zu geringer funktioneller Relevanz nicht weiter.

Unter "folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung" führte die Sachverständige aus:

"Z.n. Hörstörung, Persistierendes Lymphödem linkes Bein, Z.n. Analprolaps-OP, latente Hyperthyreose, da keine relevanten Funktionseinschränkungen."

Betreffend die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hielt die medizinische Sachverständige fest:

"Trotz der Funktionseinschränkungen im Bereich des Beckens und des Morbus Parkinson sind das sichere Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport gewährleistet. Niveauunterschiede können ausreichend sicher überwunden werden. Eine kurze Wegstrecke kann ausreichend sicher ohne Pause zurückgelegt werden. Der Transport kann ausreichend sicher erfolgen. Das Anhalten kann ausreichend sicher erfolgen. Ausreichend sicherer Stand und Gang. Gute körperliche Belastbarkeit. Das erschwerte Ein- und Aussteigen in ein Auto verunmöglicht nicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel."

Auch verneinte die medizinische Sachverständige das Vorliegen einer schweren Erkrankung des Immunsystems beim Beschwerdeführer.

3. Mit Schreiben vom 22.1.2019 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens mit und räumte ihm die Möglichkeit ein, binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

4. In seinem Schreiben vom 26.2.2019 äußerte der Beschwerdeführer, dass in der Untersuchung durch die Sachverständige seine Schmerzen beim Sitzen nicht erhoben worden seien. Beim Sitzen auf harten oder nur leicht gepolsterten Sitzflächen habe er sofort ein dauerhaftes Schmerzempfinden. In seinem Fahrzeug mit mehrfach verstellbaren, gepolsterten und vor allem stärker ausgeformten Sitzen, habe er keine Schmerzen.

5. Konsultiert mit den Einwendungen des Beschwerdeführers replizierte die Sachverständige in ihrer Stellungnahme vom 7.3.2019, dass die angegebenen Schmerzen in Leiden 1, welches korrekt nach der Einschätzungsverordnung der Position 02.04.03 zugeordnet und mit 40% beurteilt worden sei, miterfasst seien. Schmerzen im Sitzen würden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht verunmöglichen, so die Stellungnahme der befassten Sachverständigen für Allgemeinmedizin.

6. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 7.3.2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab. Diesem Bescheid wurde das von der belangten Behörde eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 22.1.2019 (Gutachten Allgemeinmedizin) sowie die allgemeinmedizinische Stellungnahme vom 7.3.2019 (Stellungnahme) - beide von XXXX stammend - zugrunde gelegt. Die Stellungnahme vom 7.3.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.4.2019, welches am 19.4.2019 bei der belangten Behörde einlangte, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin brachte der Beschwerdeführer dasselbe vor, wie bereits in seiner Stellungnahme vom 26.2.2019.

8. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Beschwerdevorlageschreiben vom 23.4.2019 den bezughabenden Akt zur Entscheidung vor und langte dieser noch am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.

9. Folgende medizinische Beweismittel liegen dem vorgelegten Fremdakt ein:

* Detailansicht Antrag / Bewegung Pflegegeldinformation vom 7.3.2019

* Ambulanzkarte des Landesklinikum XXXX , Unfallchirurgie, vom 14.12.2017, über Unfallhergang (Autounfall)

* Ärztliches Attest Dris. XXXX vom 19.10.2018, wonach wegen Zustand nach Polytrauma mit Beckenfrakturen (instabil) und Morbus Parkinson der BF in seiner Mobilität eingeschränkt ist und daher die Ausstellung eines Behinderten-Parkausweises befürwortet werde

* Ärztliches Attest Dris. XXXX vom 22.2.2019, wonach wegen Zustand nach Polytrauma mit Beckenfrakturen (instabil/operiert) 12/17, chron. Rez. Gulateale Schmerzen beim Sitzen auf harten Oberflächen, Morbus Parkinson und Zustand nach OP eines Analprolaps der BF deutlich in seiner Mobilität eingeschränkt ist und daher die Ausstellung eines Behinderten-Parkausweises weiter zu befürworten sei und aus diesen Gründen aus medizinischer Sicht ein Benützen öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar und nicht sinnvoll sei (unter Hinweis auf "Stellungnahme des betreuenden Unfallchirurgen KH XXXX ).

* Ambulanter Patientenbrief KH XXXX vom 12.11.2018

* Nachweis über Berechtigung zur Führung der Bezeichnung Diplom-HTL-Ingenieur vom 24.5.2007

* Masterdiplom Master of Arts - MA (Mediation) vom 30.11.2011

* Kopie "Information Implantate"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in seinen Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war die Beschwerde dahingehend zu prüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist in Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H.

1.2. Beim Beschwerdeführer liegen folgende einschätzungsrelevante Funktionseinschränkungen vor, wobei es sich bei der Funktionsbeeinträchtigung 1. um das führende Leiden handelt:

1. Restzustand nach Frakturen im Bereich des Beckens, Osteosynthesematerial in situ

2. Morbus Parkinson

3. Hypertonie

1.3. Trotz Vorliegens der unter 1.2. aufgelisteten Funktionseinschränkungen ist dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die unter 1.1. getroffene Feststellung zum Besitz eines Behindertenpasses gründet auf dem unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Fremdaktes, wonach dem Beschwerdeführer infolge seines gegenständlichen Antrages vom 16.11.2018 am 7.3.2019 ein Behindertenpass zugesendet wurde. Dies geht auf den im vorgelegten Fremdakt einliegenden "Datenstammblatt Behindertenpass" hervor.

Das behördliche Ermittlungsverfahren ergab einen Grad der Behinderung von 50 v.H., womit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt sind.

2.2. Die unter 1.2. und 1.3. getroffenen Feststellungen basieren auf dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 22.1.2019, welches auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 9.1.2019 fußt.

In diesem Sachverständigengutachten wurde als Anamnese "Zustand nach Polytrauma mit Beckenringfraktur und Verplattung 12/2017, Ostesynthesematerial in situ, Morbus Parkinson" festgehalten und das vom Beschwerdeführer bei der Untersuchung Angegebene als "Derzeitige Beschwerden" dokumentiert:

"Aufgrund der Verplattung im Bereich des Beckens tue er sich schwer beim Aus- und Einsteigen in das Auto. Er müsse die Autotür ganz weit öffnen und wenn er in Garagen verparkt sei, könne er nicht ins Auto einsteigen, da er sich nicht durchzwängen könne. Daher würde er einen Parkausweis benötigen, da er weiterhin arbeiten wollen würde (arbeitet im Außendienst) und nicht frühzeitig in Pension gehen möchte. Bezüglich des Parkinson gehe es ihm gut. Betreffend des Z.n. Analprolaps-OP 03/2018 gehe es ihm gut, dadurch habe er keine Probleme."

In diesem Sachverständigengutachten sind als "Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel" dokumentiert: "Rasagilin, Aglandin, Dutaglandin, Requip".

In diesem Sachverständigengutachten sind als "Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe)" dokumentiert:

Befunde mitgebracht:

-

Dr. XXXX Beckenplattenosteosynthese 21.12.2017, Z.n. OP des Rektum Analprolaps 8.3.2018, Z.n. retroperitoneales Hämatom Psoas links 5.12.2017, Morbus Parkinson rechtsbetont, Prostatahyerplasie, Z.n. Beckenringverletzung, Symphysensprengung 15.12.2017.

Befunde im Akt:

-

LKH XXXX 12/2017, Geschlossene Reposition und Fixateur externa, definitive Versorgung mit Beckenosteosynthese in den nächsten Tagen, am 21.12. 2017 ORIF-Symphyse, 6-Loch-Platte, ORIF ISG links, überbrückende Verplattung ISG.

-

KH XXXX 11/2018, Morbus Parkinson, Degenerative Veränderungen der HWS mit multisegmentalen Osteochondrosen, persistierendes Lymphödem linkes Bein bei Z. n. Erysipel linke UE, Hypertonie.

Der Untersuchungsbefund des eingeholten Gutachtens XXXX lautet (auszugsweise) wie folgt:

"Allgemeinzustand: gut

Ernährungszustand: gut

Größe: 181,00 cm, Gewicht 98,00 kg"

Klinischer Status - Fachstatus:

HNA: frei

Cor: rein, rhythmisch

Pulmo: VA, SKS

Abdomen: weich, indolent

Wirbelsäule: kein KS, FBA im Stehen 20 cm, Skoliose, Zehen- und Fersenstand und Einbeinstand bds. möglich

Obere Extremitäten: frei, Nacken- und Schürzengriff bds. endlagig, Faustschluss bds. vollständig, grobe Kraft seitengleich, keine Sensibilitätsstörungen, kein Rigor, kein Tremor

Untere Extremitäten: Knöchelödem links, blande Narbe im Bereich des Beckens und der Symphyse, endlagige Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke, alle übrigen Gelenke ohne wesentliche Funktionseinschränkung, Zehen- und Fersenstand und Einbeinstand bds. möglich

Gesamtmobilität - Gangbild:

Gehen: frei, sicher, ohne Hilfsmittel,

Zehen- und Fersenstand und Einbeinstand bds. möglich,

gute körperliche Belastbarkeit,

sicherer Stand und Gang,

Status Psychicus: grob unauffällig, in allen Qualitäten gut orientiert, keine wesentliche Einschränkung der Kognition oder Mnestik, euthym

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Restzustand nach Frakturen im Bereich des Beckens, Osteosynthesematerial in situ Wahl dieser Position mit oberem Rahmensatz, da multiples Osteosynthesematerial in situ.

02.04.03

40

2

Morbus Parkinson Eine Stufe über unterem Rahmensatz, da unter Dauermedikation geringgradige funktionelle Einschränkung.

04.09.01

30

3

Hypertonie Fixer Richtsatz.

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 50 vH"

Die Sachverständige begründete das Zustandekommen des Gesamtgrads der Behinderung damit, dass das führende Leiden 1 durch das Leiden 2 um eine Stufe erhöht wird, da der Gesamtzustand wesentlich negativ beeinflusst wird. Leiden 3 erhöht aufgrund zu geringer funktioneller Relevanz nicht weiter.

Die Sachverständige ging bei der Begründung des Zustandekommens des Gesamtgrads der Behinderung auch auf weitere beim Beschwerdeführer vorhandene - in den vorgelegten Beweismitteln diagnostizierte - Leiden ein (Zustand nach Hörsturz, Persistierendes Lymphödem linkes Bein, Zustand nach Analprolaps-Operation, latente Hyperthyreose) und begründete, dass diese keinen Grad der Behinderung erreichen, da es sich nicht um relevante Funktionseinschränkungen handelt.

Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten gehen die beim Beschwerdeführer vorliegenden Funktionseinschränkungen hervor, für welche die Sachverständige unter Zugrundelegung der maßgeblichen Rechtsvorschrift Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 jeweils einen Grad der Behinderung einschätzte und deren Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel darstellte.

Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des VwGH entwickelten Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind Funktionseinschränkungen relevant, welche die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Nach der Judikatur des VwGH zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse: 300 m bis 400 m) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert.

Die Sachverständige führte als Ergebnis ihrer Untersuchung des Beschwerdeführers nach Objektivierung des klinischen Befundes zu Pulmo, Wirbelsäule, Obere Extremitäten, Untere Extremitäten, Gesamtmobilität - Gangbild aus, dass den Beschwerdeführer die am 9.1.2019 festgestellten Funktionseinschränkungen im Bereich des Beckens und des Morbus Parkinson nicht in einer Art und Weise beeinträchtigen, welche ihm das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke verunmöglichen.

Weitere durch die Judikatur des VwGH entwickelte Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel stellen darauf ab, ob sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Dabei ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen zu prüfen.

Es wird daher Augenmerk darauf gelegt, ob es einer Person möglich ist Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen zu überwinden, ob aufgrund der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt zu befürchten sind.

Die Sachverständige objektivierte daher auch die Oberen und die Unteren Extremitäten des Beschwerdeführers dahingehend, ob erhebliche Einschränkungen der Funktionen der Oberen und / oder der Unteren Extremitäten vorliegen. Unter erhebliche Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bänder an, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Im Untersuchungsbefund ist festgehalten, dass der Nacken- und Schürzengriff beidseits endlagig ist, der Faustschluss ist beidseits vollständig, die grobe Kraft ist seitengleich, keine Sensibilitätsstörungen, kein Rigor, kein Tremor. Die Unteren Extremitäten betreffend wird festgehalten: Knöchelödem links, blande Narbe im Bereich des Beckens und der Symphyse, endlagige Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke, alle übrigen Gelenke ohne wesentliche Funktionseinschränkung, Zehen- und Fersenstand und Einbeinstand beidseits möglich. Aus diesem Untersuchungsergebnis schlussfolgert die Sachverständige, dass dem Beschwerdeführer das sichere Ein- und Aussteigen möglich ist. Der sichere Transport des Beschwerdeführers ist gewährleistet, da Stand und Gang des Beschwerdeführers ausreichend sicher sind. Er kann Niveauunterschiede ausreichend sicher überwinden. Das Anhalten ist dem Beschwerdeführer ausreichend sicher möglich, da der Faustschluss beidseits vollständig gegeben ist, sodass ein Anhalten an Haltegriffen möglich ist.

Ein weiteres durch die Judikatur des VwGH entwickeltes Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind Schmerzen, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch Beeinflussung der Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers oder durch Beeinflussung seiner cardiopulmonalen Belastbarkeit erheblich erschweren und somit auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Einfluss haben. Es ist hierbei auf die Entscheidung des VwGH vom 20.10.2011, 2009/11/0032, hinzuweisen, wo das Höchstgericht ausgesprochen hat, dass im behördlichen Ermittlungsverfahren Art und Ausmaß von Schmerzen und der Umstand, inwieweit ein Beschwerdeführer dadurch an der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gehindert ist, zu erheben sind, um feststellen zu können, ob einem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tatsächlich zumutbar ist.

Da der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 26.2.2019 monierte, dass in der Untersuchung durch die Sachverständige seine "Schmerzen beim Sitzen" nicht erhoben worden seien und er beim Sitzen auf harten oder nur leicht gepolsterten Sitzflächen sofort ein dauerhaftes Schmerzempfinden fühle und er in seinem Fahrzeug mit mehrfach verstellbaren, gepolsterten und vor allem stärker ausgeformten Sitzen, keine Schmerzen habe, wurde im behördlichen Ermittlungsverfahren die Sachverständige mit den Einwendungen des Beschwerdeführers konfrontiert. In ihrer sachverständigen Stellungnahme vom 7.3.2019 führt sie dazu aus, dass die angegebenen Schmerzen in Leiden 1 "Restzustand nach Frakturen im Bereich des Beckens, Osteosynthesematerial in situ" - für welches sie nach der Position 02.04.03 der Einschätzungsverordnung mit 40% den oberen Rahmensatz wählte - miterfasst sind.

Unter Berücksichtigung der Judikatur des VwGH, wonach es auf Schmerzen, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch Beeinflussung der Geh-, Steh- und Steigfähigkeit erheblich erschweren, ankommt, ist festzuhalten, dass es auf "Schmerzen im Sitzen" nicht abzustellen ist, sodass solche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschweren.

Die Judikatur des VwGH zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gebietet auch zu erheben, ob eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vorliegt, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar macht. Die körperliche Belastbarkeit wird nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers (Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: gut, Größe: 181,00 cm, Gewicht 98,00 kg) im Sachverständigengutachten vom 22.1.2019 als "gut" beschrieben, sodass die körperliche Belastbarkeit des Beschwerdeführers nicht erheblich eingeschränkt ist.

Die von der Sachverständigen im Gutachten vom 22.1.2019 dokumentierten Medikamente "Rasagilin, Agladin, Dutagladin, Requip". Rasagilin und Requip sind Medikamente zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung. Agladin und Dutagladin werden zur Behandlung von Prostatabeschwerden verschrieben. Schmerzmittel wurden in dem Untersuchungsbefund der medizinischen Sachverständigen vom 22.1.2019 nicht dokumentiert.

2.3. Das Leiden des Beschwerdeführers und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden auf Grundlage des Ergebnisses der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 9.1.2019 von einer medizinischen Sachverständigen (Ärztin für Allgemeinmedizin) unter Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Beschwerden im Zeitpunkt der Untersuchung und unter Berücksichtigung der von ihm vorgelegten Beweismittel erhoben. Es gelangt die Sachverständige in ihrem Gutachten zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer an Beeinträchtigungen, welche die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken, mangelt. Ebenso mangelt es ihm an solchen Funktionsbeeinträchtigungen, welche ihn nicht eine Wegstrecke von 300 m bis 400 m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung von zweckmäßigen Behelfen, zurücklegen lassen oder die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschweren würde.

Basierend auf diesen Ausführungen in dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin wurden die unter II.1.2. und II.1.3. angeführten Feststellungen getroffen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht es einem Antragsteller frei, im Falle dessen, dass er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl VwGH 27.6.2000, 2000/11/0093).

Der Beschwerdeführer brachte im Beschwerdeverfahren ein solches Gegengutachten nicht bei. Er brachte in seinem als Beschwerdeschriftsatz anzusehenden Schreiben vom 16.4.2019 Schmerzen im Sitzen vor und verwies auf eine Gesetzesstelle (§ 45 Abs 2 BBG), laut welcher eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit die Benützung öffentlicher Verkehrsmitteln nicht zumutbar macht. Die aufgeworfenen "Schmerzen im Sitzen" brachte der Beschwerdeführer bereits im Rahmen des Parteigehörs im Schreiben vom 26.2.2019 vor: "Beim Sitzen (wie z.B. in öffentlichen Verkehrsmitteln) auf harten oder nur leicht gepolsterten Sitzflächen habe ich sofort ein dauerhaftes Schmerzempfinden". Die belangte Behörde befasste mit dieser Einwendung die beigezogene Sachverständige XXXX . Diese ging in ihrer Stellungnahme vom 7.3.2019 auf diese Einwendung des Beschwerdeführers ein und ist der Vollständigkeit halber an dieser Stelle nochmals zu erwähnen, dass die vom VwGH judizierte Linie maßgeblich ist, wonach es auf Schmerzen, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch Beeinflussung der Geh-, Steh- und Steigfähigkeit erheblich erschweren, ankommt und der Beschwerdeführer "Schmerzen im Sitzen" ins Treffen führt.

In seinem als Beschwerdeschriftsatz anzusehenden Schreiben vom 16.4.2019 brachte der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf die Gesetzesstelle § 45 Abs 2 BBG nicht etwa eine darüber hinausgehenden Einwendungen vor und ist zu bemerken, dass er seine körperliche Belastbarkeit anbelangende medizinische Beweismittel der Beschwerde nicht beilegte.

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte wird das Gutachten der medizinischen Sachverständigen vom 22.1.2019 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 7.3.2019 im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung verwertet.

Diese beiden Sachverständigenbeweise stammen aus der Feder einer Ärztin aus dem Bereich der Allgemeinmedizin und werden diese vom Bundesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG, welcher gemäß § 17 VwGVG vor dem Verwaltungsgericht anzuwenden ist) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des

§ 45 Abs 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist.

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.9.1978, 1013, 1015/76).

Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.2.1987, 13 Os 17/87, aus:

"Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs-methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn

(VwGH vom 17.2.2004, 2002/06/0151).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte - insbesondere der zitierten Entscheidungen - erfüllen diese beiden Sachverständigenbeweise nach Würdigung des erkennenden Gerichtes die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen: das oben genannte medizinische Sachverständigengutachten XXXX vom 22.1.2019 sowie die Stellungahme XXXX vom 7.3.2019 sind jeweils schlüssig und nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde jeweils auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der beim Beschwerdeführer vorliegenden festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend Stellung genommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen formalrechtlichen Rechtsgrundlagen sind jene des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) und des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz normiert § 45 Abs 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor und war entsprechend dem § 45 Abs 4 ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundiger Laienrichter hinzuzuziehen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG) und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG) und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die maßgeblichen materiellrechtlichen Bestimmungen sind jene des Bundesbehindertengesetzes (BBG).

3.1. Ad Spruchpunkt A) - Entscheidung in der Sache

Unter Behinderung iSd Bundesbehindertengesetz ist gemäß dessen § 1 Abs 2 die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses - dessen nähere Ausgestaltung im § 42 BBG normiert ist - sowie Anträge auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs 2 BBG Bescheidcharakter zu.

§ 47 BBG beinhaltet eine Verordnungsermächtigung, wonach der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt ist, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach

§ 40 ff auszustellenden Behindertenpass und die damit verbundenen Berechtigungen festzusetzen.

Entsprechend der Verordnungsermächtigung der §§ 42 und 47 BBG sowie aufgrund des

§ 29b Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) wurde die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen erlassen (BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016). Diese normiert im § 1 Abs 4 Z 3, dass auf Antrag des Menschen mit Behinderung ua jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, in den Behindertenpass einzutragen ist.

Die Voraussetzungen hierfür sind in § 1 Abs 4 Z 3 der zuvor genannten Verordnung normiert:

Demnach ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und hinzukommend

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erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

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erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

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erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

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eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs 4 Z 1 lit. b oder § 1 Abs 4 Z 1 lit. d vorliegen.

Die zuvor genannte Verordnung normiert im § 1 Abs 5 als Grundlage für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen für die in § 1 Abs 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind zumutbare therapeutische Optionen, wechselseitige Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016 wird ua ausgeführt, dass mit der vorliegenden Verordnung präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden und dabei die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze Berücksichtigung finden.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Ermittlungsverfahren betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch werden Behörde und Verwaltungsgericht in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. zB VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.5.2009, 2007/11/0080). Auch darauf, ob die Schmerzen bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel hinderlich sind, ist Rücksicht zu nehmen (VwGH 20.10.2011, 2009/11/0032).

Laut der zuvor genannten Verordnung BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016 bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die im Abs 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice und können - soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint - Experten aus anderen Fachgebieten beigezogen werden (§ 1 Abs 5).

Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen, wobei eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin hierfür nicht ausreichend ist.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt laut den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016 jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

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arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

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Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

[...]

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

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anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

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schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

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fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

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selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa drei Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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