TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/12 W264 2215095-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.07.2019
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Entscheidungsdatum

12.07.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W264 2215095-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich vom 18.2.2019, Zahl: OB XXXX , mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, gemäß § 28 VwGVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines unbefristeten Behindertenpasses mit eine eingetragenen Grad der Behinderung von 70 vH.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 9.03.2017 bei der belangten Behörde unter nachträglicher Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) und Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gestellt.

3. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 1.9.2017, eingeholt mit dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen.

4. Mit Bescheid vom 11.10.2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG ab.

Ergänzend wurde von der belangten Behörde angemerkt, dass aufgrund des Nichtvorliegens der Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", nicht über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 abgesprochen werde.

5. Die dagegen eingebrachte Beschwerde - worin sich der Beschwerdeführer ohne Vorlage medizinischer Beweismittel mit dem Vorbringen, dass er an Atemnot bei geringer Belastung (ca. 50 m) und an einem bamstigen Gefühl in den Beinen leide, was zu großer Unsicherheit beim Gehen führe, laboriere und dass nach einer Lungenentzündung 2017 Herzrhythmusstörungen und der Verschluss von zwei Gefäßen festgestellt worden seien und ein Schrittmacher implantiert worden sei, zur Wehr setzte - wurde mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.4.2018 abgewiesen.

Im verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahren wurde ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.1.2018, eingeholt, welches das Ergebnis brachte, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen.

6. Der Beschwerdeführer stellte am 12.7.2018 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) unter Verwendung des Formulars in der Fassung 03/2017, worin der Vermerk enthalten ist "Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Unter "Gesundheitsschädigungen" trug er ein: "Gehprobleme, NLG Befund, Ergometrie, Herzschrittmacher, Hörgerät, Behindertenpass".

7. Der Antrag langte bei der belangten Behörde am 16.7.2018 ein und holte die belangte Behörde das Sachverständigengutachten des Allgemeinmediziners Dr. XXXX vom 27.12.2018 ein, welches nach persönlicher Untersuchung des BF am 10.10.2018 unter Zugrundelegung der von ihm beigebrachten Beweismittel und seiner Angaben erstellt wurde.

Auszug aus dem Gutachten:

"Anamnese:

Auf die Vorgutachten - Letztuntersuchung 2017 -

1) Koronare Herzkrankheit, abgelaufener Myocardinfarkt, Zustand nach Bypassoperation, Herzschrittmacher

2) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

3) Zustand nach Ohrenoperation

4) Leberschaden - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist zumutbar - wird eingangs verwiesen.

2017 aortocoronare Bypassoperation und Schritmacherimplantation.

Derzeitige Beschwerden:

XXXX gibt an, vordergründig Probleme mit den Beinen zu haben - "ich komme daher, wie betrunken". Außerdem erwähnt er vorliegende belastungsabhängige Atembeschwerden.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Androcur, Amlodipin, ThromboASS, Concor Cor, Atorvastatin, Rabeprazol, Candesartan, Oleovit, Lyrica.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Neuropsychiatrische Befundnachreichung - Dr. XXXX - vom 11.9.2018:

es dürfte eine diabetische Polyneuropathie vorliegen.

Neuropsychiatrische Befundnachreichung - Dr. XXXX - vom 27.8.2018:

eine Polyneuropathie liegt klinisch - Allgemeintempo: normal.

Orthopädischer Befund - Dr. XXXX - vom 28.6.2018: höhergradige, axonal betonte Polyneuropathie; Gehstörung mit eingeschränkter Gehstrecke durch Gelenksabnützung, Sarkopenie und Polyneuroparthie, Herzschrittmacher, Schwerhörigkeit.

Nervenleitgeschwindigkeitsmessung Juni 2018: insgesamt ist der Befund bei entsprechender Klinik gut mit einer höhergradigen axonal betonten PNP vereinbar.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Gut.

Ernährungszustand:

Sehr gut.

Größe: 180,00 cm Gewicht: 102,00 kg Blutdruck: 170/100

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Visus und Gehör (HG-Träger rechts - kein Hörvermögen links) altersentsprechend zufriedenstellend, reizlose Narbe, unauffällige Halsorgane.

Thorax/Herz/Lunge: Narbe nach Thorakotomie, Schrittmacher rechts in situ, auskultatorisch unauffällig, Nichtraucher, keine Atemauffälligkeiten.

Abdomen: über TN, unauffällige Organgrenzen, hat angeblich einen seit 2-3 Jahre "ruhenden" Prostatakrebs - Androcur und vierteljährlich eine Injektion in den Bauch, mehrmalige Nykturie, keine Druckempfindlichkeit.

Extremitäten: altersentsprechend frei beweglich, kein Tremor, keine relevanten Ödeme, keine motorischen Defizite.

Wirbelsäule: Hyperkyphose der oberen BWS, stark bewegungseingeschränkte HWS, LWS - FBA im Stehen: 20 cm.

Gesamtmobilität - Gangbild:

frei, sicher, ausreichend rasch; im Untersuchungsraum beim Gehen sowie beim Aus- und Ankleiden keine Atemauffälligkeiten, kein Hilfsmittel erforderlich, keine Sturztendenzen beobachtet.

Status Psychicus:

voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Stabile koronare Herzkrankheit und erhaltene Linksventrikelfunktion nach Myocardinfarkt, aortocoronarer Bypassoperation und Schrittmacherimplantation

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

3

Polyneuropathie

4

Zustand nach Ohrenoperation

5

Leberschaden

Stellungnahme zu

gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Aufnahme von Leiden 3 in die Liste der Gesundheitsschädigungen, da dokumentiert.

x

Dauerzustand

 

Nachuntersuchung -

1.

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

Gutachterliche Stellungnahme:

Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vorliegen. Eine kurze Wegstrecke kann unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels (Gehstock oder Stützkrücke), das die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert - ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus."

8. Im Rahmen des mit Erledigung vom 28.12.2018 eingeräumten Parteigehörs übermittelte der Beschwerdeführer das Schreiben "Rückmeldung zur Ablehnung Ausstellung des Parkausweises" vom 9.1.2019, worin er darin näher bezeichnete Punkte des Gutachtens als "falsch oder unrichtig" bezeichnete und die Liste seiner verschriebenen Medikamente beilegte.

9. Zu diesen Einwendungen gab der medizinische Sachverständige Dr. XXXX die Stellungnahme vom 18.2.2019 ab.

Auszug aus der allgemeinmedizinischen Stellungnahme:

"Stellungnahme zu den Einwendungen zum Parteiengehör betreffend SVGA vom

10.10.2018

XXXX wurde am 10.10.2018 im SMS Landesstelle Wien nach Anamneseerhebung untersucht und dabei wurde festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Zu den Einwendungen zum Parteiengehör wird auch ein Befund nachgereicht.

‚Einwendungen: Da auf diverse Punkte meines Antrags in der Ablehnung nicht eingegangen wird erhebe ich Einspruch. Befund Anamnese von Dr. XXXX wird darauf hingewiesen, dass nur eine Strecke von ca. 100 m mit Unterbrechungen zurücklegen kann. Wird in der Ablehnung nicht berücksichtigt. Auch ist die nächste Bushaltestelle ca. 400 m entfernt. Befund Anamnese Dr. XXXX - deutliche Einschränkung der Wegstrecke auf ca. 100 m und die Empfehlung zur Ausstellung des Parkausweises. Im Sachverständigen Gutachten sind noch folgende Punkte falsch oder unvollständig:

Blutdruck 170/100 normal? Prostata Krebs angeblich (wieso angeblich) es werden Medikamente eingenommen. Keine relevanten Ödeme-geschwollene Beine (Knöchel) und damit verbunden Schmerzen beim Gehen, werden nicht erwähnt. Feststellung des Gutachters - Keine Einschränkung der körperlichen Belastung - Ich möchte auch noch eine Erklärung wieso im Behindertenpass 70% Behinderung diagnostiziert sind wenn kein Problem mit der körperlichen Belastung vorhanden ist! Auch die Ergometrie bei Dr. XXXX hat eine Belastbarkeit von nur 40% ergeben!!!! Im Bescheid vom 11.10.2017- Seite 2 wird auf die Gründe für die Ausstellung eines Parkausweises hingewiesen. Älter als 36 Jahre. Erhebliche Einschränkung der unteren Extremitäten, erhebliche Einschränkung der Belastbarkeit. Gehstrecke weniger als 40 0m!! Alle diese Punkte treffen auf mich zu und sind mit Befunden belegt. Daher ist die Ausstellung des Parkausweises zu befürworten. Zusätzlich lege ich die Liste mit den verschriebenen Medikamenten bei, sowie eine Bestätigung der Befreiung der Parkgebühr auf Grund meiner 70% Behinderung (Eintrag im Behindertenpass). Die Dauer der Untersuchung wird mit 20 Minuten angegeben, falsch, denn es ist auch das Aus & Anziehen eingerechnet!! Mir ist schon klar, dass bei der Ausstellung des Parkausweises rigoros gehandelt wird, aber bitte bei den richtigen"!

Befundnachreichung:

Befund - Dr. XXXX - vom 28.6.2018 - wurde auch im Rahmen der Untersuchung vorgelegt - im Gutachten auch dezidiert erwähnt.

Neuropsychiatrische Befundnachreichung - Dr. XXXX - vom 27.8.2018:

wurde auch im Rahmen der Untersuchung vorgelegt - im Gutachten auch dezidiert erwähnt.'

Gutachterliche Stellungnahme:

Auf die "abwertenden" Bemerkungen der Stellungnahme wird nicht eingegangen. Aus gutachterlicher Sicht ist anzumerken, dass sich durch die Stellungnahme keine neuen gutachterlichen Aspekte ergeben. Die mit der Stellungnahme noch einmal nachgereichten Befunde wurden bereits im Rahmen der Gutachtenserstellung mitberücksichtigt.

Es wird abschließend festgehalten, dass aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher Durchsicht des vorliegenden Aktenmaterials eine Änderung der getroffenen Beurteilung nicht vorgeschlagen wird, da die relevanten objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionsbehinderungen und ihre Auswirkungen auf die Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel korrekt berücksichtigt und auch ausführlich begründet wurden. Gegenteilige Befunde liegen nicht vor."

10. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen und wurden das allgemeinmedizinische Gutachten Dris. XXXX vom 27.12.2018 sowie die allgemeinmedizinische Stellungnahme Dris. XXXX vom 18.2.2019 als einen Bestandteil der Begründung bildend dem Bescheid zu Grunde gelegt.

11. In der dagegen eingebrachten Beschwerde brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor:

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Unter Verweis auf die bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Befunde Dris. XXXX und Dris. XXXX sowie auf das Belastung-EKS Dris. XXXX gab er an, das Sachverständigengutachten stimme mit der Realität nicht überein und begehrte zu seinem Gesamtgrad der Behinderung von 70% zu wissen "welche Teile von den 30% sind ok"? Er gab an, seine körperlicher Belastbarkeit sei erheblich eingeschränkt.

Seine Gehstrecke sei - wie im Befund Dris. XXXX zu lesen - auf 100 m eingeschränkt. Damit seien seine Funktionen der unteren Extremitäten zu 100% erheblich eingeschränkt.

Es reiche ihm, wenn "immer wieder unvollständig argumentiert" werde und weiter "Sollte ich weiter von der Willkür von Sachverständigen abhängen, werde ich mich an die Volksanwaltschaft wenden".

12. Der bezughabende Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt und langte am 25.2.2019 ein.

Darin liegen folgende vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellte Beweismittel ein:

* Bestätigung zum Zweck der Befreiung von der Parkometerabgabe nach § 4 Abs 3 Z 9 VersicherungssteuerG 1953

* Laborbefund Dris. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 25.4.2017

* Ärztl. Entlassungsbrief des Landesklinikum XXXX vom 19.4.2017

* Befundbericht Koronarangiographie des Landesklinikum XXXX vom 14.4.2017

* Ärztl. Entlassungsbrief des Universitätsklinikum XXXX vom 24.5.2017

* Aufenthaltsbestätigung des Universitätsklinikum XXXX vom 23.5.2017

* OP-Bericht des Universitätsklinikum XXXX , Abt. für Herzchirurgie, vom 16.5.2017

* Auszug aus einem Ärztl. Entlassungsbrief vom 19.4.2017, gezeichnet Dr. Carola XXXX und Prim. Univ-Prof. Dr. XXXX

* Ganzkörperknochenszintigraphie des XXXX GmbH vom 14.2.2017

* Röntgenbefund Dris. XXXX vom 6.2.2017

* Kopie des vom Landesinvalidenamt ausgestellten Ausweis Nr. XXXX vom 9.5.1994

* Untersuchungsprotoll - Belastungs-EKG Dris. XXXX vom 18.10.2017

* Befundbericht Dris. XXXX , Facharzt für Orthopädie, vom 28.6.2018 worin unter Anamnese zu entnehmen ist: "Hauptproblem des Patienten sei eine deutliche Einschränkung der Gehstrecke beim Gehen in der Ebene: laut Angabe des Patienten auf sehr kurze Strecken (< 100 m) reduziert, das Stiegensteigen über ein Stockwerk ist unter Verwendung des Handlaufes möglich. Parästhesien werden an den Fußsohlen angegeben.

Weitere Anamnese: ein Gehstock, Hörgeräte, Herzschrittmacher.

Klinische Untersuchung: Schmerzen bd. Untere Extremitäten, besonders im Hüft- und Kniebereich.

Diagnosen: Gehstörung mit eingeschränkter Gehstrecke durch Gelenksabnützung, Sarkopenie und Polyneuropathie.

Empfehlung: die Einschränkungen des täglichen Lebens und der Mobilität des Patienten sind glaubhaft. Eine Bewilligung eines Behinderten-Parkausweises, wie vom Patienten bei der Behörde angesucht, ist zu befürworten."

* Nervenleitgeschwindigkeit-Befund DDr. XXXX vom 26.6.2018

* Europäischer Herzschrittmacher-Pass

* Befund Dris. XXXX , Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, vom 27.8.2018, worin unter Anamnese zu entnehmen ist: "Patient war beim Orthopäden. Die Gehstrecke ist auf etwa 100m eingeschränkt.

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"

* Medikamentenliste: Thrombo ASS, Lasix, Amlodipin, Androcur, Concor Cor, Atorvastatin, Rabebprazon San MSR, Valsartan.

Weiters liegt im vorgelegten Fremdakt das medizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, vom 27.4.1998 ein, wonach aufgrund der nach den Richtsätzen der Richtsatzverordnung eingeschätzten Leiden die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers 70 vH beträgt und "Dauerzustand" attestiert ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und hat seinen Wohnsitz im Inland. Er ist Inhaber eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses.

1.2. Der Beschwerdeführer begehrte mit seinem Antrag, welcher am 16.8.2018 bei der belangten Behörde Sozialministeriumservice einlangte, die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

1.3. Beim Beschwerdeführer liegen folgende dauernde Funktionseinschränkungen vor:

1

Stabile koronare Herzkrankheit und erhaltene Linksventrikelfunktion nach Myocardinfarkt, aortocoronarer Bypassoperation und Schrittmacherimplantation

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

3

Polyneuropathie

4

Zustand nach Ohrenoperation

5

Leberschaden

1.4. Dem Beschwerdeführer ist

die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die unter II.1.1. und II.1.2. getroffenen Feststellungen zur Örtlichkeit des Wohnsitzes des Beschwerdeführers sowie zum Geburtsdatum, zu seinem Behindertenpass und zum Datum des Einlangens des Antrages ergeben sich aus der unbedenklichen Auskunft aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem vorgelegten Fremdakt.

2.2. Die unter II.1.3. getroffenen Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer vorliegenden dauernden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem in dem im verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX vom 27.12.2018, welcher auf das auf der Untersuchung des Beschwerdeführers am 1.9.2017 basierende Vorgutachten aus dem Jahre 2017 (Dris. XXXX , Allgemeinmediziner) verweist. Letzteres nimmt Bezug auf das Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, vom 27.4.1998, wonach aufgrund der nach den Richtsätzen der Richtsatzverordnung eingeschätzten Leiden die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers 70 vH beträgt und "Dauerzustand" attestiert ist.

Der Sachverständige Dr. XXXX erstellte sein Gutachten vom 27.12.2018 auf der Grundlage der vom Beschwerdeführer angegebenen (unter "Anamnese" festgehaltenen) Vorbringen, auf der Grundlage der vorgelegten Befunde - dies sind die beiden neuropsychiatrischen Befunde von Dr. XXXX vom 11.9.2018 und vom 27.8.2018, der orthopädische Befund Dris. XXXX vom 28.6.2018 und der Nervenleitgeschwindigkeitsbefund Dris. XXXX vom 26.6.2018 - sowie aufgrund des vom Sachverständigen erhobenen Untersuchungsbefundes vom Tag der persönlichen Untersuchung am 10.10.2018.

Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des VwGH entwickelten Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind Funktionseinschränkungen relevant, welche die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Nach der Judikatur des VwGH zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse: 300 m bis 400 m) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert.

Der Sachverständige führte als Ergebnis der Untersuchung des Beschwerdeführers nach Objektivierung des klinischen Befundes zu Kopf/Hals, Thorax/Herz/Lunge, Abdomen, Extremitäten und Wirbelsäule sowie Gesamtmobilität - Gangbild aus, dass die am 10.10.2018 festgestellten Funktionseinschränkungen den Beschwerdeführer nicht in einer Art und Weise beeinträchtigen, welche ihm das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke verunmöglichen. Eine kurze Wegstrecke kann unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde (damit sind die vom Beschwerdeführer beigebrachten unter "Zusammenfassung relevanter Befunde" genannten Beweismittel, welche der Beschwerdeführer auch mit seinem Schreiben vom 9.1.2019 vorlegte, gemeint) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe (allenfalls unter Verwendung eines Gehstocks, einer Stützkrücke) ohne Unterbrechung zurückgelegt werden.

Gangbild - Gesamtmobilität werden vom medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX im Gutachten vom 27.12.2018 als "frei, sicher, ausreichend rasch; im Untersuchungsraum beim Gehen sowie beim Aus- und Ankleiden keine Atemauffälligkeiten, kein Hilfsmittel erforderlich, keine Sturztendenzen beobachtet" beschrieben. Zu beachten ist dabei auch, dass der Beschwerdeführer - festgehalten unter Anamnese - am Tag der Untersuchung gegenüber Dr. XXXX angab Probleme in den Beinen zu haben, "ich komme daher wie betrunken", sodass der medizinische Sachverständige bei der Befundung des Gangbildes bzw der Unteren Extremitäten von den dahingehenden Vorbringen wusste.

Zu der im Beweismittel Befundbericht des niedergelassenen den Beschwerdeführer behandelnden Facharzt für Orthopädie Dr. XXXX vom 28.6.2018 ist festzuhalten, dass die darin erwähnte Gehstrecke im Ausmaß von < 100 Meter der Anamnese als vom Beschwerdeführer angegeben zu entnehmen ist: "sei (sic!) eine deutliche Einschränkung der Gehstrecke beim Gehen in der Ebene"; "laut Angabe des Patienten auf sehr kurze Strecken (< 100 m) reduziert").

Auch wenn dem Beweismittel Befundbericht des niedergelassenen den Beschwerdeführer behandelnden Facharzt für Orthopädie Dr. XXXX vom 28.6.2018 zu entnehmen ist "Gehstörung mit eingeschränkter Gehstrecke durch Gelenksabnützung, Sarkopenie und Polyneuropathie" und als Empfehlung "die Einschränkungen des täglichen Lebens und der Mobilität des Patienten sind glaubhaft. Eine Bewilligung eines Behinderten-Parkausweises, wie vom Patienten bei der Behörde angesucht, ist zu befürworten." sowie, dass unter der Anamnese "Gehstock", so ist dem entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer dieses Beweismittel aus der Feder eines von ihm konsultierten niedergelassenen Arztes vorlegte und dieses dem Sachverständigen Dr. XXXX , welcher bei seiner Dienstausübung an seinen Sachverständigeneid gebunden ist, bekannt und von diesem verwertet wurde (Angabe unter "Zusammenfassung relevanter Befunde"). In Zusammenschau mit der Objektivierung des Gangbilds / Gesamtmobilität des Beschwerdeführers am Tag der Untersuchung gelangte der Sachverständige Dr. XXXX zu dem Schluss, dass das Gangbild des Beschwerdeführers frei, sicher, ausreichend rasch ist. Der Sachverständige konnte Sturztendenzen bei dem Beschwerdeführer nicht beobachten und dokumentierte im Gutachten "Hilfsmittel waren nicht erforderlich".

Es ist davon auszugehen, dass ein Sachverständiger nicht tatsachenwidrig befundet und muss einem medizinischen Sachverständigen der Humanmedizin zugebilligt werden, die bei einem von ihm befundeten Menschen vorhandene Mobilität richtig zu erkennen und die Wahrnehmungen über die Mobilität und über die vom Beschwerdeführer verwendeten Hilfsmittel (etwa Gehstock) richtig in der Verschriftlichung im Gutachten wiederzugeben, sodass die Einwendungen des Beschwerdeführers "Gehstrecke auf 100 Meter eingeschränkt" nicht veranlassen, an dem Befund des Dr. XXXX über "Gesamtmobilität - Gangbild" zu zweifeln.

Weitere durch die Judikatur des VwGH entwickelte Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel stellen darauf ab, ob sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Dabei ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen zu prüfen.

Es wird daher Augenmerk darauf gelegt, ob es einer Person möglich ist, Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen zu überwinden, ob aufgrund der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt zu befürchten sind.

Der Sachverständige Dr. XXXX objektivierte daher auch die Oberen und die Unteren Extremitäten des Beschwerdeführers dahingehend, ob erhebliche Einschränkungen der Funktionen der Oberen und / oder der Unteren Extremitäten vorliegen. Unter erhebliche Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bänder an, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Im Untersuchungsbefund ist festgehalten "Extremitäten altersentsprechend frei beweglich, kein Tremor, keine relevanten

Ödeme, keine motorischen Defizite. Wirbelsäule: Hyperkyphose der oberen Brustwirbelsäule, stark bewegungseingeschränkte

Halswirbelsäule, Lendenwirbelsäule - Finger-Boden-Abstand im Stehen:

20 cm".

Aus dem Untersuchungsergebnis und den festgestellten vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen schlussfolgert der Sachverständige, dass dem Beschwerdeführer das sichere Ein- und Aussteigen möglich ist. Der sichere Transport des Beschwerdeführers ist gewährleistet, da der Gang des Beschwerdeführers ausreichend rasch, frei und sicher ist und Sturztendenzen vom medizinischen Sachverständigen nicht beobachtet wurden. Mangels Sturztendenzen und altersentsprechend frei beweglicher Extremitäten und mangels motorischer Defizite kann der Beschwerdeführer Niveauunterschiede ausreichend sicher überwinden. Das Anhalten ist dem Beschwerdeführer aufgrund seiner altersentsprechend frei beweglichen Extremitäten und mangels motorischer Defizite ausreichend sicher möglich.

Dem von dem vom Beschwerdeführer konsultierten Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. XXXX stammenden Befundbericht vom 27.8.2018 - welcher dem Sachverständigen bekannt wurde und von diesem verwertet wurden und auf welchen sich die Beschwerde stützt - ist zu entnehmen, dass die Halswirbelsäule nicht schmerzhaft ist, Dornfortsätze nicht druckdolent und SOP nicht druckdolent, Nackenmuskulatur nicht verspannt. Die Oberen Extremitäten betreffend wurde die grobe Kraft als seitengleich beschrieben, Tonus unauffällig. Auch die grobe Kraft der Unteren Extremitäten wurde als seitengleich und Tonus unauffällig beschrieben und entspricht dies den vom Sachverständigen Festgestellten.

Ein weiteres durch die Judikatur des VwGH entwickeltes Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind Schmerzen, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch Beeinflussung der Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers oder durch Beeinflussung seiner cardiopulmonalen Belastbarkeit erheblich erschweren und somit auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Einfluss haben. Es ist hierbei auf die Entscheidung des VwGH vom 20.10.2011, 2009/11/0032, hinzuweisen, wo das Höchstgericht ausgesprochen hat, dass im behördlichen Ermittlungsverfahren Art und Ausmaß von Schmerzen und der Umstand, inwieweit ein Beschwerdeführer dadurch an der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gehindert ist, zu erheben sind, um feststellen zu können, ob einem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tatsächlich zumutbar ist.

Dem vorgelegten Beweismittel "Belastungs-EKG" Dris. XXXX aus Oktober 2017 - ein Jahr vor der Untersuchung im Oktober 2018 - ist zu entnehmen, dass der Belastungstest bei der Untersuchung am 18.10.2017 "wegen Hüftschmerzen beendet" wurde. Dem von dem vom Beschwerdeführer konsultierten Facharzt für Orthopädie Dr. XXXX stammenden Befundbericht vom 28.6.2018 ist zu entnehmen "Schmerzen bd. Untere Extremitäten, besonders im Hüft- und Kniebereich". Dem von dem vom Beschwerdeführer konsultierten Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. XXXX stammenden Befundbericht vom 27.8.2018 ist zu entnehmen "teilweise bestehen Kreuzschmerzen".

Diese Beweismittel stammen aus Juni 2018 und aus August 2018 und erfolgte die persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers durch den Sachverständigen Dr. XXXX Monate später, am 10.10.2018, wo der Beschwerdeführer als "derzeitige Beschwerden" Schmerzen nicht angab und auch im Befund und Gutachten des Sachverständigen Dr. XXXX werden Schmerzen, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch Beeinflussung der Geh-, Steh- und Steigfähigkeit erheblich erschweren, nicht objektiviert.

Die Judikatur des VwGH zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gebietet auch zu erheben, ob eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vorliegt, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar macht. Die körperliche Belastbarkeit wird nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers (Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: sehr gut, Größe: 180,00 cm, Gewicht 102,00 kg, Blutdruck 170/100) im Sachverständigengutachten vom 27.12.2018 nicht als erheblich eingeschränkt beschrieben. Dabei wurde vom Sachverständigen Dr. XXXX der aus der Feder des vom Beschwerdeführers konsultierten Orthopäden Dr. XXXX stammende Befund vom 28.6.2018 berücksichtigt (siehe bereits im Gutachten Dris. XXXX unter "Zusammenfassung relevanter Befunde", und in dessen Stellungnahme vom 18.2.2019, sodass dem Sachverständigen dieses Beweismittel - auf welches in der Beschwerde auch hingewiesen wird - bekannt war. Der Hinweis in der Beschwerde auf die bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Befunde Dris. XXXX und Dris. XXXX sowie auf das vor der Untersuchung des Beschwerdeführers im Oktober 2018 stammende Belastung-EKG Dris. XXXX aus Oktober 2017 mit der Behauptung die körperliche Belastbarkeit sei erheblich eingeschränkt, ist nicht geeignet, das Gericht zu veranlassen, den ein Jahr darauf erfolgten gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen nicht zu folgen.

Die vom Sachverständigen im Gutachten vom 27.12.2018 dokumentierten Medikamente sind "Androcur, Amlodipin, ThromboASS, Concor Cor, Atorvastatin, Rabeprazol, Candesartan, Oleovit, Lyrica". Androcur ist ein Hormonpräparat. Amlodipin ist ein blutdrucksenkender Arzneistoff. ThromboASS wirkt der Entstehung von Blutgerinnseln entgegen. Concor Cor ist ein Betablocker. Atorvastatin dient der Senkung von Cholesterin. Rabeprazol ist ein Protonenpumpenhemmer. Candesartan ist ein Mittel zum Blutdrucksenken. Oleovit ist ein Vitaminpräparat. Lyrica wird zur Behandlung neuropathischer Schmerzen verschrieben und wurde vom medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX im Gutachten vom 27.12.2018 "Polyneuropathie" sowohl dem vom Beschwerdeführer als Argument seiner Beschwerdegründe ins Treffen geführten Beweismittel "Orthopädischer Befund Dris. XXXX vom 28.6.2018" entnommen (weil unter "Zusammenfassung relevanter Befunde" im Gutachten gelistet, als auch in der Liste der beim Beschwerdeführer vorhandenen körperlichen Funktionseinschränkungen (Leiden 3: Polyneuropathie) geführt und dennoch die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel vereitelnde "Schmerzen" nicht befundet.

2.3. Die Leiden des Beschwerdeführers und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden auf Grundlage des Ergebnisses der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 10.10.2018 von dem medizinischen Sachverständigen (Arzt für Allgemeinmedizin) unter Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Beschwerden im Zeitpunkt der Untersuchung und unter Berücksichtigung der von ihm vorgelegten Beweismittel erhoben sowie in der Stellungnahme vom 18.2.2019 nochmals gewürdigt.

Es gelangt der Sachverständige in seinem Gutachten und in seiner Stellungnahme zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer an Beeinträchtigungen, welche die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken, mangelt. Ebenso mangelt es ihm an solchen Funktionsbeeinträchtigungen, welche ihn nicht eine Wegstrecke von 300 m bis 400 m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung von zweckmäßigen Behelfen, zurücklegen lassen oder die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschweren würden.

Basierend auf diesen Ausführungen in dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin wurden die unter II.1.2. und II.1.3. angeführten Feststellungen getroffen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht es einem Antragsteller frei, im Falle dessen, dass er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl VwGH 27.6.2000, 2000/11/0093).

Der Beschwerdeführer brachte im Beschwerdeverfahren ein solches Gegengutachten nicht bei. Er brachte in seinem Beschwerdeschriftsatz (Email vom 25.2.2019) die bereits dem Sachverständigen im behördlichen Ermittlungsverfahren zur Verfügung gestellten und von diesem verwerteten Befunde der niedergelassenen von ihm konsultierten Ärzte Dr. XXXX (Juni 2018) und Dr. XXXX (August 2018) zur Untermauerung seiner Argumente vor.

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte werden das Gutachten des medizinischen Sachverständigen vom 27.12.2018 sowie seine Stellungnahme vom 18.2.2019 im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung verwertet.

Diese beiden Sachverständigenbeweise stammen aus der Feder eines Sachverständigen aus dem Bereich der Allgemeinmedizin und werden diese vom Bundesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG, welcher gemäß § 17 VwGVG vor dem Verwaltungsgericht anzuwenden ist) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des

§ 45 Abs 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist.

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.9.1978, 1013, 1015/76).

Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.2.1987, 13 Os 17/87, aus:

"Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs-methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn

(VwGH vom 17.2.2004, 2002/06/0151).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte - insbesondere der zitierten Entscheidungen - erfüllen diese beiden Sachverständigenbeweise nach Würdigung des erkennenden Gerichtes die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen: das oben genannte medizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 27.12.2018 sowie die Stellungahme Dris. XXXX vom 18.2.2019 sind jeweils schlüssig und nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde jeweils auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der beim Beschwerdeführer vorliegenden festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend Stellung genommen und wurde in der Stellungnahme auch auf die Einwendungen des Beschwerdeführers vom 9.1.2019 Bezug genommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen formalrechtlichen Rechtsgrundlagen sind jene des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) und des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz normiert § 45 Abs 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor und war entsprechend dem § 45 Abs 4 ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundiger Laienrichter hinzuzuziehen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG) und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG) und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die maßgeblichen materiellrechtlichen Bestimmungen sind jene des Bundesbehindertengesetzes (BBG).

3.1. Ad Spruchpunkt A) - Entscheidung in der Sache

Unter Behinderung iSd Bundesbehindertengesetz ist gemäß dessen § 1 Abs 2 die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses - dessen nähere Ausgestaltung im § 42 BBG normiert ist - sowie Anträge auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs 2 BBG Bescheidcharakter zu.

§ 47 BBG beinhaltet eine Verordnungsermächtigung, wonach der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt ist, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach

§ 40 ff auszustellenden Behindertenpass und die damit verbundenen Berechtigungen festzusetzen.

Entsprechend der Verordnungsermächtigung der §§ 42 und 47 BBG sowie aufgrund des

§ 29b Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) wurde die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen erlassen (BGBl II 495/2013 idF BGBl II 263/2016). Diese normiert im § 1 Abs 4 Z 3, dass auf Antrag des Menschen mit Behinderung ua jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, in den Behindertenpass einzutragen ist.

Die Voraussetzungen hierfür sind in § 1 Abs 4 Z 3 der zuvor genannten Verordnung normiert:

Demnach ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und hinzukommend

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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