Entscheidungsdatum
29.07.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W113 2153940-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Katharina DAVID über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2019, Zl. 1078079708-190608418 zu Recht:
A)
I. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG, § 55 Abs. 1a FPG und § 53 Abs. 1 und 2 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 15.07.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der Erstbefragung am 17.07.2015 gab der BF an, dass er im Iran aufgewachsen sei und in den syrischen Krieg ziehen hätte müssen. Auf Grund seiner Weigerung drohe ihm der Tod. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 19.01.2017 gab der BF den erwähnten Fluchtgrund an und führte ihn noch näher aus.
2. Mit Bescheid vom 04.04.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde) den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). In Spruchpunkt IV. wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen festgesetzt.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF seine Fluchtgründe nicht glaubhaft habe machen können. Im Falle einer Rückkehr würde er nicht in eine existenzgefährdende Notsituation geraten oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit bzw. unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein. Der BF sei gesund, arbeitsfähig und könne sich jedenfalls in Kabul niederlassen.
3. Dagegen wurde vom BF Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des BVwG vom 20.02.2019, W168 2153940-1, wurde die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet abgewiesen.
Das BVwG bestätigte im Wesentlichen die Ausführungen der belangten Behörde und behandelte auch den Fluchtgrund der Konversion, der erstmals in der Beschwerdeverhandlung vorgebracht wurde. Folgendes wurde dazu festgestellt:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der christliche Glauben zum aktuellen Zeitpunkt bereits ein wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers geworden wäre, oder dieser den christlichen Glauben bereits derart verinnerlicht hat, sodass dieser ein wesentlicher Teil der Persönlichkeit des BF geworden ist.
Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der BF aus nachvollziehbar glaubhaft glaubensimmanenten Motiven entschieden vom Islam abgewandt hat, sich aus inhaltlich sowie spirituell nachvollziehbaren religiösen Gründen dem Christentum zugewandt hat oder im Falle der Rückkehr nach Afghanistan sein derzeitiges Interesse für den christlichen Glauben nach Außen zur Schau tragen würde, bzw. aufgrund seines nunmehrigen Interesses am christlichen Glauben einer psychischer und/oder physischer Gewalt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.
Der Beschwerdeführer besucht erst seit Oktober 2018 Veranstaltungen und einen Taufkurs der Evangelischen Pfarrgemeinde XXXX und trat erst am 12.11.2018 aus der islamischen Glaubensgemeinschaft aus.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein behauptetes Interesse für den christlichen Glauben im Falle der Rückkehr nach Afghanistan äußerlich zur Schau tragen würde, sodass der Beschwerdeführer alleine aufgrund dieses Merkmales einer Verfolgung ausgesetzt wäre.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF seinem derzeitigen Interesse für den christlichen Glauben im Falle der Rückkehr nach Afghanistan weiter nachkommen und diesen im Herkunftsstaat ausleben würde.
Es kann nicht festgestellt werden, dass es außerhalb des engsten Familienkreises anderen Personen, insbesondere in Afghanistan bekannt ist, dass der Beschwerdeführer in Österreich Interesse am christlichen Glauben gezeigt hat und er seinen Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft erklärt hat und er aus diesen Gründen einer asylrelevanten Bedrohung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines erst jüngst in Österreich nachweislich begonnenen Interesses am christlichen Glauben einer psychischen oder physischen Gewalt oder Verfolgung ausgesetzt sein wird.
Dagegen wurde seitens des BF Beschwerde beim VfGH bzw. Revision beim VwGH erhoben; diese Verfahren sind derzeit noch anhängig.
4. Der BF ist nach der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung aus dem österreichischen Bundesgebiet nicht ausgereist, sondern in Österreich verblieben.
5. Am 17.06.2019 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz: Bei der Erstbefragung an diesem Tag gab der BF an, dass er in Österreich zum Christentum konvertiert sei. Er legte einen Taufschein vom 20.04.2019 vor. Würde er als Christ nach Afghanistan zurückkehren, würde er getötet werden. Befragt, seit wann dem BF die Änderungen der Situation bekannt gewesen seien, gab diese an: Seit 1 Jahr, Tag der Taufe war der 20.04.2019.
6. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 09.07.2019 legte der BF ergänzend Fotos von seiner Taufe und sonstigen Aktivitäten sowie einer Bestätigung über eine ehrenamtliche Arbeit vor und gab ergänzend an: Er sei seit etwa eineinhalb Jahren von Herzen Christ und wolle belegen, dass er nun integriert sei. Seine Sicht habe sich verändert und er sei im Inneren ruhiger geworden. Bei seiner letzten Einvernahme sei er noch am Weg gewesen, etwas zu lernen, nun sei er durch die Taufe am 21.04.2019 offiziell Christ. Das habe sich seit dem letzten Verfahren geändert. In seinem Heimatdorf habe es sich herumgesprochen, dass er Christ geworden sei, weshalb er in Gefahr sei, wenn er dorthin abgeschoben werden würde. Ein Afghane, der von Österreich dorthin abgeschoben worden sei, habe im Heimatdorf des BF erzählt, dass der BF nun Christ sei. Seit dem habe der BF einmal einen Anruf aus seinem Heimatdorf bekommen und sei am Telefon bedroht worden. In Österreich praktiziere er seinen neuen Glauben und würde dies auch im Heimatstaat tun.
7. Mit Bescheid vom 17.07.2019 wies die belangte Behörde den (zweiten) Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG, hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.) und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Zudem hielt die belangte Behörde fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Gegen den BF wurde ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Die Zurückweisung des Antrags begründete die belangte Behörde damit, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege:
Der BF habe zunächst überwiegend Umstände geltend gemacht, die bereits Gegenstand im Vorverfahren gewesen seien und hätten die neu vorgebrachten Gründe keine glaubhafte Substanz. Das Vorbringen, er sei von einem Dorfbewohner seines Heimatdorfes telefonisch bedroht worden, sei unsubstantiiert und unglaubwürdig. Der BF habe sein Vorbringen zunehmend gesteigert, weshalb es als unglaubwürdig qualifiziert werde. Das Vorbringen der Konversion wurde bereits im Vorverfahren erstattet und habe der BF den Glaubenswechsel dort nicht glaubhaft machen können. In seiner Einvernahme am 09.07.2019 habe der BF nicht persönlich glaubhaft vermitteln können, dass er aus tiefer innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei. Nachdem auch der Drohanruf erst nachträglich (nach der Ersteinvernahme) vorgebracht worden sei, erscheine immer mehr der Eindruck, dass der BF seinen Aufenthalt durch unwahre Angaben verfestigen wolle. Ein Taufschein stelle kein unumstößliches Beweismittel dar und habe der BF sein Interesse für den christlichen Glauben erst bei der Beschwerdeverhandlung vorgebracht, obwohl dieses bereits seit eineinhalb Jahren bestehe. Dem Vorbringen komme insgesamt kein glaubhafter Kern zu, weshalb ein veränderter Sachverhalt nicht vorliege.
8. Der BF erhob gegen den im Spruch angeführten Bescheid fristgerecht Beschwerde. Der BF stellte darin die Anträge, in der Sache zu entscheiden, dem BF den Status eines Asylberechtigten einzuräumen, ihm allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren, allenfalls den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens an die belangte Behörde zurückzuverweisen, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, einen landeskundlichen Sachverständigen zu bestellen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, allenfalls einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, allenfalls die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären, allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung unzulässig ist, das Einreiseverbot aufzuheben und jedenfalls die Dauer des Einreiseverbots zu senken.
Begründend wurde dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall ein neuer Sachverhalt vorliege, weil der BF nun getaufter Christ sei und als solcher nicht nach Afghanistan zurückkehren könne, auch weil sich die Sicherheitslage verschlechtert habe. Er sei aus Afghanistan entwurzelt und habe die Behörde nicht annähernd die religiöse Überzeugung des BF überprüft. Es sei auch unverständlich, dass nicht zumindest eine Aufenthaltsberechtigung erteilt worden sei, da der BF bereits sehr gut integriert sei.
9. Die belangte Behörde legte den Verfahrensakt samt dem Beschwerdeschriftsatz dem Bundesverwaltungsgericht am 24.07.2019 vor.
10. Mit 29.07.2019 langte eine Stellungnahme des BF ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens folgende Beweismittel der Beurteilung zugrunde gelegt:
Der Akt des Erst- und Zweitverfahrens der Behörde, insbesondere darin die Erstbefragung vor der Polizei, die niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.02.2019 samt dem bezugshabenden Akt, die im Zweitverfahren von der Behörde eingebrachten Länderberichte zu Afghanistan, sämtliche vorgelegte Beweismittel und Einsichten in die Datenbanken (Zentrales Melderegister, Grundversorgungs-Informationssystem, Strafregisterauskunft etc.).
Betreffend den Verfahrensverlauf wird auf Punkt I. verwiesen.
1.1. Zur Person des BF
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan, stammt ursprünglich aus der Provinz Maidan Wardak und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Seine Identität steht nicht fest. Seine Familie, nämlich seine Ehefrau und seine drei Kinder, lebt im Iran. Der BF lebte bis zum zweiten Lebensjahr im Herkunftsstaat und übersiedelte anschließend mit seiner Familie in den Iran, wo er bis zu seiner Ausreise wohnhaft war. Er hat im Iran sieben Jahre die Grundschule besucht und war anschließend als Tischler sowie Händler tätig.
Der BF hält sich seit Juli 2015 im Bundesgebiet auf. Bei ihm handelt es sich um einen jungen gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter. Dem BF ist eine Teilnahme am Erwerbsleben im Herkunftsstaat zumutbar.
Der BF lebt in Österreich aus den Mitteln der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er leidet an keinen schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen.
Der BF hat in Österreich keine Personen, zu denen ein besonders zu berücksichtigendes Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnis besteht.
Der strafrechtlich unbescholtene BF ist seit seiner Antragstellung durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Er verfügt über Deutschkenntnisse; er hat in Österreich Deutschkurse sowie ehrenamtliche Tätigkeiten verrichtet sowie mehrere Informationsmodule und Seminare besucht und eine Prüfung auf dem Niveau A2 absolviert. Er war zudem ehrenamtlich Kundenbetreuer bei der Team Österreich Tafel des Wiener Roten Kreuzes und für die Evangelische Gemeinde tätig.
Das Bestehen von besonderen Gründen, die für ein Verbleiben des BF im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich kann nicht festgestellt werden.
1.2. Zu den Fluchtgründen
Der BF bezieht sich in seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz vom 17.06.2019 auf Umstände, nämlich eine behauptete Konversion zum Christentum, die bereits zum Zeitpunkt des Verfahrens betreffend seine erste Asylantragstellung bestanden haben. Der BF konnte seit Rechtskraft der letzten Entscheidung über seinen ersten Asylantrag kein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen glaubhaft dartun. Sein nunmehriges Vorbringen war bereits Gegenstand der Beurteilung in diesem ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren und wurde dort als unglaubwürdig beurteilt.
Es kann somit nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan Drohungen oder Gewalthandlungen von staatlicher oder privater Seite zu erwarten hätte. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass er in eine seine Existenz bedrohende Notlage geriete.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und seiner familiären und privaten Beziehungen in Österreich und im Herkunftsstaat sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen (zu Gunsten der privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet) eingetreten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen betreffend das Verfahren ergeben sich aus den Verfahrensakten des ersten und zweiten behördlichen Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz und dem Verfahrensakt des Beschwerdeverfahrens betreffend den ersten Antrag auf internationalen Schutz.
Zu Pkt. 1.1.
Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus dem rechtkräftigen Erkenntnis des BVwG vom 20.02.2019, W168 2153940-1. Der BF ist nach wie vor nicht erwerbstätig, lebt von der Grundversorgung und hat keine weiteren Deutsch-Prüfungen absolviert, wenngleich er seine Sprachkenntnisse der deutschen Sprache sicher alleine durch seinen längeren Aufenthalt - von ca. 5 Monaten - in Österreich verbessert hat. Er verfügt seit der letzten inhaltlichen Entscheidung über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Es ergaben sich im nunmehrigen Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass sich betreffend die Person des BF und seine Integration in Österreich Änderungen ergeben hätten, die zu einer anderen Beurteilung im gegenständlichen verfahren würden.
Dem Vorbingen in der Beschwerde, die belangte Behörde habe nur unzureichend Ermittlungen getätigt, was das Privat- und Familienleben des BF betrifft, ist entgegenzuhalten, dass die Behörde die diesbezüglichen Informationen insbesondere aus einer Befragung gewinnen kann. Diese wurde von der Behörde durchgeführt und hat der BF dort nach wie vor angegeben, dass seine Familie im Iran wohnhaft ist, er keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich hat, er eine Deutsch-Prüfung auf A2-Niveau absolviert hat und er von der Grundversorgung lebt (vgl. Niederschrift vom 09.07.2019). Auch Fotos des BF wurden dem Akt zu Grunde gelegt, die diesen bei diversen Veranstaltungen zeigen (z.B. Karfreitags-Demonstration, Regenbogenparade Initiative "Religions for Equality", Teilnahme am Gottesdienst, etc.). Dass sich der BF "sehr gut eingelebt hat" und schon gut Deutsch spricht, wird auch von der belangten Behörde nicht verkannt und umfassend gewürdigt (vgl. angefochtener Bescheid, S. 130 und 135ff).
Der Gesundheitszustand des BF war auf Basis seiner Angaben vor der belangten Behörde festzustellen. Aus dem vorliegenden Akteninhalt und seinem Aussageverhalten ergab sich auch kein Hinweis für das Vorliegen schwerwiegender Erkrankungen. Seine Arbeitsfähigkeit ergibt sich aus seinem Alter und seinem Gesundheitszustand sowie dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift.
Zu Pkt. 1.2.
In Bezug auf die vorgebrachte Konversion zum Christentum und der damit einhergehenden Verfolgung in Afghanistan, bezieht sich der BF auf einen Sachverhalt, der bereits dem rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahren zugrunde lag. Dem neuerlichen Asylantrag (Folgeantrag) steht damit die Rechtskraft der ersten Entscheidung entgegen (siehe dazu auch näher die rechtliche Beurteilung).
Daran ändert auch der nun vorgelegte Taufschein, also die zwischenzeitlich stattgefundene Taufe, nichts. Bereits in der Beschwerdeverhandlung am 15.11.2018 gab der BF an, Christ geworden zu sein - zu diesem Zeitpunkt hat er bereits einen Taufunterricht begonnen. Das BVwG hat sich in seiner Befragung am 15.11.2018 umfassend mit der inneren Glaubensüberzeugung des BF auseinandergesetzt und ist zu Ergebnis gelangt, dass der christliche Glaube keineswegs tief im BF verwurzelt und Bestandteil seiner Identität geworden wäre (vgl. ausführlich Erkenntnis des BVwG vom 20.02.2019, W168 2153940-1, S. 63ff). Der BF hat zum Zeitpunkt der Beschwerdeverhandlung erst kurz zuvor mit dem Taufunterricht angefangen und konnte nur oberflächlich Glaubensinhalte wiedergeben. Der Fluchtgrund der Konversion zum Christentum war daher bereits Gegenstand des Verfahrens betreffend den ersten Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung im Zuge seiner zweiten Antragstellung am 17.06.2019 - also rund 4 Monate nach dem rechtskräftigen Erkenntnis des BVwG vom 20.02.2019 - gab der BF auf die Frage, was sich in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat verändert hätte, an: Ich bin hier in Österreich zum Christentum konvertiert. Wenn ich als Christ nach Afghanistan zurückkehren würde, würde ich sofort umgebracht werden. Mein Leben ist in Gefahr. Auf die Frage, ob es konkrete Hinweise gebe, dass dem BF irgendwelche Sanktionen im Herkunftsstaat drohen, gab dieser an:
Es ist Gesetz in Afghanistan, dass konvertierte Christen umgebracht werden. Auf die Frage, seit wann dem BF diese Änderungen bekannt seien, gab dieser an: Seit 1 Jahr, Tag der Taufe war der 20.04.2019.
Bei seiner Befragung vor der belangten Behörde im gegenständlichen (zweiten) Verfahren am 09.07.2019 berichtete der BF von seiner Taufe und legte Fotos dazu vor. In seinem Inneren habe sich vieles geändert, er sei ruhiger geworden und sei nun von Herzen Christ geworden. Seit Herzen sei er seit etwa eineinhalb Jahren Christ, offiziell seit etwa einem Jahr. Auf die Frage, ob sich seine Fluchtgründe seit der Rechtskraft des letzten Asylverfahrens geändert haben, gab der BF an: Vor der letzten Einvernahme war ich noch auf dem Weg etwas zu lernen. Jetzt bin ich mittlerweile offiziell Christ. In meiner Ortschaft in Afghanistan hat sich das herumgesprochen. Jemand, der von hier abgeschoben wurde, hat es dort erzählt. [...] Glücklicherweise wurde ich getauft. Bei der letzten Verhandlung wurde mir vom Gericht gesagt, dass ich noch nicht getauft bin. Das Gericht konnte es nicht anerkennen, dass ich Christ bin.
In der weiteren Befragung berichtete der BF, dass er vor etwa zwei Monaten einen Telefonanruf bekommen habe. Er habe die Personen zwar nicht gekannt, wisse aber, dass sie aus seinem Heimatdorf stammen würden. Er sei beschimpft und bedroht worden. Er lese immer in der Bibel und ansonsten gehe er mit seinen Freunden spazieren, höre Musik und gehe in den Deutschkurs. In die Kirche gehe er etwa vier Mal pro Woche und nehme an Veranstaltungen teil. Auf die Frage, ob er seinen christlichen Glauben in Afghanistan weiter praktizieren würde, gab der BF an: Ganz sicher. In der Bibel wird gesagt, wenn ein Licht brennt, sollte man nie ein Schüssel drauf tun und man soll das Licht nützen. Darüber hinaus gab der BF an, er sei froh, dass er nun Christ sei und die Rettung gefunden habe. Im Christentum gehe es um Liebe und Vergebung. Bei der Befragung war eine Vertrauensperson, nämlich die Pfarrerin anwesend, die den BF getauft hat.
Damit werden jedoch keine Sachverhaltsänderungen glaubhaft dargetan, sondern die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt. Die Vorlage eines Taufscheins ist nicht geeignet eine solche Sachverhaltsänderung zu bewirken, ist die Taufe doch nur das konsequente Ergebnis des Besuchs eines Taufkurses, der bereits während des ersten Verfahrens begonnen wurde. Einen Beleg für die innere Überzeugung des BF kann ein solcher Taufschein nicht sein und war die innere Überzeugung des BF hinsichtlich seiner behaupteten Konversion bereits Gegenstand des ersten Asylverfahrens (vgl. rechtliche Würdigung dazu).
Darüber hinaus hat die belangte Behörde den BF auch im gegenständlichen Verfahren betreffend den Folgeantrag ausführlich zu seiner inneren Überzeugung, seinem gelebten Glauben und eben seiner Konversion zum Christentum befragt. Eine Änderung seit der rechtkräftigen Entscheidung im ersten Asylverfahren kann selbst nach den Angaben des BF nicht eingetreten sein, gab er doch in der Befragung vor der Behörde am 09.07.2019 an, bereits seit eineinhalb Jahren in seinem Herzen Christ zu sein. Seine Glaubensüberzeugung war aus diesem Grund bereits Gegenstand des ersten Asylverfahrens (vgl. Zeitpunkt der Beschwerdeverhandlung am 15.11.2018). Er hat im Übrigen auch in seiner gegenständlichen Beschwerde nicht behauptet, dass sich seine innere Glaubenseinstellung geändert hätte, sondern nur, dass diese bereits zum Zeitpunkt des Erstverfahren dagewesen sei und das Gericht mangels eines Taufscheins seine christliche Überzeugung nicht akzeptieren hätte können.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gegenständlich unterbleiben, da eine Änderung im Sachverhalt im Sinn einer Änderung der inneren Einstellung zum christlichen Glauben - selbst nach den Angaben des BF selbst - nicht stattgefunden hat und die belangte Behörde am 09.07.2019 bereits eine ausführliche Befragung durchgeführt hat. Einzig die Vorlage des Taufscheins stellt eine Sachverhaltsneuerung dar, die aber auch ohne eine solche Verhandlung entsprechend gewürdigt werden kann. Auch die Zeugenbefragung der Taufpfarrerin, wie mit 29.07.2019 vom BF beantragt, würde nicht zu einem anderen Ergebnis führen, da eine zwischenzeitliche Sachverhaltsänderung nicht eingetreten ist.
Im Übrigen ist auf die ausführliche Beweiswürdigung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auf S. 126ff zu verweisen, der nicht entgegengetreten wird.
Weiters wird den behaupteten Sachverhaltsänderungen im Hinblick auf die Bedrohung auf Grund des Umstandes, dass Personen in seinem Heimatdorf wüssten, dass er nun Christ sei insgesamt auch ein "glaubhafter Kern" abgesprochen:
Der BF ließ dieses behauptete Ereignis bei seiner Erstbefragung im gegenständlichen Verfahren völlig unerwähnt, obwohl er konkret befragt wurde, was er denn im Heimatstaat an Bedrohungen zu erwarten hätte (vgl. Pkt. 1.2. dritter Absatz bzw. Befragungsprotokoll vom 17.06.2019). Sein diesbezügliches Vorbringen bei der Befragung vor der belangten Behörde erweist sich als vage und unplausibel. Er selbst gab während der gesamten Verfahren an, Afghanistan als Kind in den Iran verlassen zu haben und nicht mehr in seinem Heimatdorf gelebt zu haben. Dass ihn dann Personen aus diesem Dorf in Österreich auf seinem Handy anrufen sollten, um ihn wegen seiner Konversion zum Christentum zu bedrohen, erscheint, wie die belangte Behörde richtig würdigt, zur Gänze unglaubwürdig (vgl. angefochtener Bescheid, S. 127).
Dem im gegenständlichen Verfahren vom BF erstatteten Fluchtvorbringen betreffend die Geschehnisse nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens - das wie in der Beweiswürdigung zuvor ausgeführt vage und nicht nachvollziehbar erstattet wurde - wohnt somit kein glaubhafter Kern inne.
Vor dem Hintergrund der vom BVwG im Erstverfahren getroffenen Feststellungen zu den Verhältnissen im Herkunftsstaat kann auch nicht angenommen werden, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten wären, wonach der BF nach einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse einer lebensbedrohenden oder unzumutbaren Situation ausgesetzt wäre und wurde vom BF im Folgeverfahren auch gar nicht behauptet.
Der bloße Hinweis auf eine schlechtere Sicherheitslage wird durch einen Blick in die vorliegenden Länderinformationen, die die belangte Behörde dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde gelegt hat, ausreichend entkräftet.
Zu Pkt. 1.3.
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen, die bereits im Bescheid wiedergegeben wurden. Da diese Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht ebenfalls kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Die Quellen erweisen sich auch als hinreichend aktuell.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) I.
3.1. Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Gemäß § 16 Abs. 2 BFA-VG kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist (Z 1), ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht (Z 2) oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wird (Z 3), sowie einem diesbezüglichen Vorlageantrag die aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird vom BVwG zuerkannt.
Gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG ist eine Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen oder abgewiesen wurde, oder mit der eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wurde, der die aufschiebende Wirkung nicht zukommt, durchsetzbar. Mit der Durchführung der mit einer solchen Entscheidung verbundenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der die bereits bestehende Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Einlangen der Beschwerdevorlage, zuzuwarten. Das BVwG hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Beschwerdevorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzen.
Gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist (Z 1) oder eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht (Z 2) sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Gemäß § 17 Abs. 2 BFA-VG hat das BVwG über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 oder gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG binnen acht Wochen zu entscheiden.
Eine Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz, die mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder bei welcher bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht (beides trifft auf das gegenständliche Beschwerdeverfahren zu), kommt demnach bereits nach der innerstaatlichen Vorschrift des § 16 Abs. 4 BFA-VG ex lege die aufschiebende Wirkung für einen Zeitraum von einer Woche ab Beschwerdevorlage an das BVwG zu. Nach Ablauf der Frist endet in diesem System die aufschiebende Wirkung, es sei denn, das BVwG hat innerhalb der Frist mit Beschluss die aufschiebende Wirkung bis zum Ende des Verfahrens in der Hauptsache gewährt.
Die genannten Vorschriften sehen jedoch kein Antragsrecht des Asylwerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vor (die gerichtliche Überprüfung hat vielmehr von Amts wegen stattzufinden). Dem Fremden bleibt zur Herbeiführung einer Entscheidung über die Frage der aufschiebenden Wirkung nach Ablauf der einwöchigen Entscheidungsfrist die Möglichkeit der Stellung eines Fristsetzungsantrags (die in diesem System einer eigentlich amtswegigen Entscheidung durch den Gesetzgeber mit § 17 Abs. 1 letzter Satz VwGVG ausdrücklich eingeräumt wird).
Ausgehend davon kam dem BF im vorliegenden Fall kein Antragsrecht in Bezug auf die begehrte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu. Der Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. zur vorangehenden Rechtslage VwGH 21.02.2017, Fr 2016/18/0024).
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 13.12.2018, Ro 2018/18/0008, im Übrigen ausgesprochen, dass zur Erzielung eines unionsrechtskonformen Zustandes davon ausgegangen werden muss, dass sich die gesetzlich angeordnete Wartepflicht bis zur tatsächlichen Entscheidung des Gerichtes über die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung verlängert und die Wirkungen der Rückkehrentscheidung jedenfalls bis dahin ausgesetzt sind, wenn bei Ablauf der Frist gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG noch keine gerichtliche Entscheidung über die aufschiebende Wirkung ergangen ist.
Zu A) II.
3.2. Zur Abweisung der Beschwerde betreffend die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG lediglich die Frage, ob die Erstbehörde eine solche Zurückweisung zu Recht vorgenommen hat. Es ist der Beschwerdebehörde diesfalls verwehrt, erstmals - unter Übergehen einer Instanz - den eigentlichen Verfahrensgegenstand einer meritorischen Erledigung zuzuführen. Vielmehr bildet nur die betreffende verfahrensrechtliche Frage die in Betracht kommende Sache des Beschwerdeverfahrens (vgl. VwGH 09.11.2010, Zl. 2007/21/0493 mwN). Ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG hat daher zu unterbleiben, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K17). Der entsprechende Antrag des BF, in der Sache zu entscheiden, geht schon aus diesem Grund ins Leere.
Das BVwG hat dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde aufgrund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Verfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Dabei entspricht es im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz der ständigen hg. Rechtsprechung, dass eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukommt; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen (VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber der Vorentscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235).
Eine neue Sachentscheidung ist aber nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 lit. b AVG ergibt, auch im Falle desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183). Einem zweiten Asylantrag, der sich daher auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides bzw. -Erkenntnisses entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266).
Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).
Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist zunächst die Frage, ob die belangte Behörde zu Recht die neuerlichen Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat, die belangte Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.
Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird.
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (siehe zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).
Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.03.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.06.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).
Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).
Der BF begründete seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz u. a. damit, dass er zum Christentum konvertiert sei und deshalb in seinem Heimatland verfolgt werden würde. Der Antrag des BF wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 20.02.2019 mit der wesentlichen Begründung rechtskräftig abgewiesen, dass der BF eine in Österreich vollzogene Konversion nicht glaubhaft machen konnte.
Für das BVwG ist demnach Sache des gegenständlichen Verfahrens ausschließlich die Frage, ob sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage seit der Vorentscheidung geändert hat.
Wie in der gegenständlichen Beweiswürdigung dargelegt wurde, hat der BF seinen zweiten Asylantrag auf behauptete Tatsachen gestützt, die bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht wurden. Aus diesem Grund lag schon nach dem Vorbringen des BF im Hinblick auf seine Konversion keine relevante Sachverhaltsänderung vor, die eine neue Sachentscheidung ermöglicht. Die Vorlage eines Taufscheins alleine bewirkt gegenständlich keine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts, ist sie doch nicht geeignet, einen unumstößlichen Beleg für eine innere Glaubenseinstellung zu geben. Der BF gab nach eigenen Angaben bei der Befragung vor der belangten Behörde am 09.07.2019 an, seit etwa eineinhalb Jahren in seinem Herzen Christ zu sein. Damit war er aber zum Zeitpunkt der mündlichen Beschwerdeverhandlung im Erstverfahren (15.11.2018) bereits seit einem dreiviertel Jahr "von Herzen Christ". Die innere Glaubenseinstellung des BF war daher Gegenstand des Erstverfahrens und kann die bloße Vorlage eines Taufscheins nicht eine solche Änderung des Sachverhalts bewirken, die geeignet ist, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu führen. Der BF behauptet schließlich auch nicht, seine Glaubensüberzeugung hätte sich im Vergleich zum Erstverfahren geändert. Er gab vielmehr an, schon während des Erstverfahrens Christ gewesen zu sein und monierte nur, dass das Gericht mangels eines Taufscheins seine Überzeugung nicht hätte akzeptieren können, was nun aber - durch die Vorlage des Taufscheins - anders beurteilt werden müsse. Damit bringt der BF, wie ausgeführt, keinen neuen Sachverhalt vor, der nicht bereits im Erstverfahren behandelt worden ist.
Die vorgebrachte Bedrohung durch Dorfbewohner seines Heimatdorfes und eine damit im Zusammenhang stehende Bedrohungslage durch den afghanischen Staat wird als behauptete Sachverhaltsänderung - wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt - der "glaubhafte Kern", dem Asylrelevanz zukommt, abgesprochen (vgl. z.B. VwGH vom 21.03.2006, 2006/01/0028 sowie vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0029, mwN).
Bei dem Vorbringen, er werde aufgrund seiner Konversion zum Christentum in Afghanistan verfolgt, handelt es sich nicht um eine neue Tatsache, die die Rechtskraftdurchbrechung im Rahmen der Zulässigkeit des zweiten Antrags auf internationalen Schutz zuließe.
Auch ist keine wesentliche Veränderung der allgemeinen Lage in Afghanistan im Sinne einer entscheidungserheblichen Verschlechterung seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens eingetreten. Die Entscheidung im Erstverfahren liegt auch erst wenige Monate zurück (Erkenntnis vom 20.02.2019). Wie der VwGH in nunmehr ständiger Judikatur ausführt, ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass schon alleine durch eine Rückkehr des Antragstellers dort eine ernsthafte Bedrohung durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte entstehen würde (VwGH vom 23.01.2018, Ra 2017/20/0361 mit weiteren Hinweisen, sowie z.B. VwGH vom 03.05.2018, Ra 2018/20/0191).
Der belangten Behörde ist aufgrund der herangezogenen Länderberichte darin beizupflichten, dass sich die Lage im Herkunftsstaat wie auch seine persönlichen Verhältnisse seit der Entscheidung im ersten Asylverfahren nicht entscheidungswesentlich geändert haben.
Der BF ist - wie bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren ausführlich dargelegt - im erwerbsfähigen Alter, verfügt über eine ausreichende Schul- und Berufsausbildung, spricht Dari und ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftslandes und den Lebensumständen vertraut und hat - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die vom BF vorgebrachten individuellen Fluchtgründe, wie bereits rechtskräftig festgestellt wurde, nicht den Tatsachen entsprechen und insoweit nicht von einer dem BF individuell drohenden Verfolgungsgefahr auszugehen ist - die Möglichkeit, sich durch eigene Erwerbstätigkeit, allenfalls auch durch Gelegenheitstätigkeiten, eine Existenzgrundlage zu sichern.
In einer Fallkonstellation wie der des BF steht auch das Fehlen familiärer Anknüpfungspunkte der Annahme einer möglichen Rückkehr nach Afghanistan nicht entgegen. Selbst die Möglichkeit einer schwierigen Lebenssituation für einen BF im Fall seiner Rückführung in seinen Herkunftsstaat begründet keine reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit einer Verletzung des Art. 3 EMRK (vgl. VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016, vom 25.05.2016, Ra 2016/19/0036 und vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die belangte Behörde auf Grundlage des von ihm zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz weder in Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten, noch in Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist, weswegen die belangte Behörde auch keine neue Sachentscheidung treffen durfte, sondern es zutreffend den gegenständlichen Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.
Zu A) III.
3.3. Zur Abweisung der Beschwerde betreffend die Nichterteilung des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III):
Vorauszuschicken ist, dass auch Zurückweisungen von Anträgen auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 - soweit die sonstigen Voraussetzungen dafür vorliegen - mit Rückkehrentscheidungen zu verbinden sind (siehe VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082). Im Sinne dieser Judikatur ist dabei gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 zunächst die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen.
§ 57 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:
"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) - (4) [...]
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, was der BF im Übrigen auch nicht behauptet hat. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist somit abzuweisen.
3.4. Zur Abweisung der Beschwerde betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV):
Wie bereits festgehalten, sind auch Zurückweisungen von Anträgen auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 - soweit die sonstigen Voraussetzungen dafür vorliegen - mit Rückkehrentscheidungen zu verbinden.
§ 52 FPG lautet auszugsweise:
Rückkehrentscheidung
§ 52 (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) - (8) [...]
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) - (11) [...]
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet auszugsweise:
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) - (6) [...]
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird, weil dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.