TE Bvwg Beschluss 2019/7/30 W198 2218343-2

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Veröffentlicht am 30.07.2019
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Entscheidungsdatum

30.07.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W198 2218343-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.07.2019, Zahl XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, folgenden Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Asylwerber stellte am 11.10.2018 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab der Asylwerber zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Probleme mit den Taliban gehabt habe. Sei Vater habe bei der Regierung gearbeitet und habe für amerikanische Kräfte Lebensmittel geliefert. Sein Vater und ältester Bruder seien im amerikanischen Camp durch eine in ihrem Auto versteckte Bombe getötet worden. Der Asylwerber habe Drohbriefe von den Taliban erhalten.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge BFA) wies den Antrag des Asylwerbers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 10.04.2019 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Asylwerbers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

3. Gegen diesen Bescheid vom 10.04.2019 hat der Asylwerber Beschwerde erhoben.

4. Die Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.06.2019 zu W153 2218343-1/5E als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs am 12.06.2019 in Rechtskraft.

5. Am 18.06.2019 langte ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 (1) b Dublin-VO der Behörden aus Deutschland ein, wonach der Asylwerber am 16.06.2019 in Deutschland einreiste.

6. Am 18.06.2019 stimmte das BFA der Wiederaufnahme des Asylwerbers gemäß Art. 18 (1) d Dublin-VO zu.

7. Am 18.07.2019 wurde der Asylwerber von Deutschland nach Österreich überstellt.

8. Der Asylwerber stellte am 18.07.2019 seinen gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

9. Im Zuge der Erstbefragung am 18.07.2019 gab der Asylwerber an, dass er mit einem Freund in Kabul einen Nachtclub gehabt habe, wo sie ein paar Mädels als Angestellte gehabt hätten. Eines Tages sei ein bekannter Regierungsmann in den Club gekommen und habe sich ein Mädchen für eine Nacht kaufen wollen. Am nächsten Morgen sei das Mädchen nicht zurückgekommen. Nach zwei Tagen habe der Asylwerber den Regierungsmann nach dem Mädchen gefragt und habe ihm jener gesagt, dass er das Mädchen verbrannt habe. Der Freund des Asylwerbers habe Anzeige bei der Polizei erstattet. In weiterer Folge habe die Polizei den Freund des Asylwerbers verhaftet, weil die Polizei mit besagtem Regierungsmann zusammengearbeitet habe. Die Polizei habe dann den Freund des Asylwerbers umgebracht. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan hätte der Asylwerber Angst vor der afghanischen Regierung. Auf die Frage, seit wann dem Asylwerber die Änderung seiner Fluchtgründe bekannt sei, gab er an, dass er bei der Erstbefragung im Jahr 2018 genau diese Gründe genannt habe; der Dolmetscher habe ihm jedoch davon abgeraten, diese Gründe anzugeben.

10. Am 24.07.2019 wurde der Asylwerber vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er auf die Frage, warum er neuerlich einen Asylantrag gestellt habe, an, dass die österreichischen Behörden behauptet hätten, dass er keine Probleme in Afghanistan hätte. Sein Leben sei in Afghanistan jedoch in Gefahr und er würde getötet werden. Nachgefragt, warum der Asylwerber seine nunmehr am 18.07.2019 getätigten Angaben nicht bereits im Erstverfahren vorgebracht habe, gab er an, dass der Dolmetscher ihm damals geraten habe, dies nicht zu tun, weil besagter Regierungsmann ein machtvoller Mensch sei. Der Dolmetscher habe gemeint, dass der Asylwerber diese Geschichte nicht erzählen solle.

11. Am 26.07.2019 wurde der Asylwerber im Beisein seiner Rechtsberatung erneut vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei bestätigte er, dass er den gegenständlichen Antrag aus denselben Gründen stelle, welche er bereits im Vorverfahren vorbrachte, als auch aus jenen Gründen, welche er nunmehr im zweiten Verfahren vorbrachte, jedoch wissentlich im Erstverfahren nicht angab.

12. Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 26.07.2019 wurde gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 den Asylwerber betreffend aufgehoben.

13. Am 29.07.2019 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Bezug habenden Verwaltungsakten zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Asylwerber führt den Namen XXXX ist afghanischer Staatsangehöriger und ist am XXXX geboren. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken sowie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Asylwerbers ist Dari. Der Asylwerber ist ledig und hat keine Kinder.

Das vom Asylwerber initiierte (erste) Asylverfahren wurde am 12.06.2019 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Der Asylwerber ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.

Der Asylwerber hat in der Folge am 18.07.2019 einen zweiten (den gegenständlichen), Antrag auf internationalen Schutz gestellt und diesen einerseits mit den Fluchtgründen des Erstverfahrens und ergänzend damit begründet, dass er mit einem Freund in Kabul einen Nachtclub gehabt habe, wo sie ein paar Mädels als Angestellte gehabt hätten. Eines Tages sei ein bekannter Regierungsmann in den Club gekommen und habe sich ein Mädchen für eine Nacht kaufen wollen. Am nächsten Morgen sei das Mädchen nicht zurückgekommen. Nach zwei Tagen habe der Asylwerber den Regierungsmann nach dem Mädchen gefragt und habe ihm jener gesagt, dass er das Mädchen verbrannt habe. Der Freund des Asylwerbers habe Anzeige bei der Polizei erstattet. In weiterer Folge habe die Polizei den Freund des Asylwerbers verhaftet, weil die Polizei mit besagtem Regierungsmann zusammengerabietet habe. Die Polizei habe dann den Freund des Asylwerbers umgebracht. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan hätte der Asylwerber Angst vor der afghanischen Regierung. Auf die Frage, seit wann dem Asylwerber die Änderung seiner Fluchtgründe bekannt sei, gab er an, dass er bei der Erstbefragung im Jahr 2018 genau diese Gründe genannt habe; der Dolmetscher habe ihm jedoch abgeraten, diese Gründe anzugeben.

In Bezug auf den Asylwerber besteht weiterhin kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Asylwerbers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet entgegenstünden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person des Asylwerbers und zur Situation in Afghanistan ergeben sich aus der Aktenlage. Die den Asylwerber betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat wurde eingehend in dem rechtskräftig entschiedenen Verfahren erörtert und abgewogen. Auch eine für den Asylwerber gegenständliche relevante Änderung an der Situation in seiner Heimat kann anhand der vorliegenden Informationen ebenso nicht festgestellt werden, wie Änderungen, die in der Person des Asylwerbers liegen, wie sein Gesundheitszustand.

Im gegenständlichen Verfahren wurde kein neuer Sachverhalt vorgebracht, welcher nach Rechtskraft des letzten Verfahrens am 12.06.2019 neu entstanden ist. Die nunmehr neu aufgestellten Behauptungen, dass der Asylwerber befürchte, im Falle einer Rückkehr von einem Regierungsmitglied getötet zu werden, stellen keinen neuen Sachverhalt dar. Die vom Asylwerber neu vorgebrachten Umstände waren dem Asylwerber bereits zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Afghanistan bzw. vor dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens bekannt und hätte er daher die Möglichkeit bzw. Verpflichtung gehabt, diese Umstände im ersten Asylverfahren vorzubringen. Die Erklärung des Asylwerbers, warum er dies nicht getan hat, nämlich, dass ihm der Dolmetscher bei der Erstbefragung geraten habe, diese Gründe nicht zu nennen, erscheint völlig lebensfremd und daher nicht glaubhaft. Es kann nicht nachvollzogen werden und ist völlig unverständlich, warum der Dolmetscher dem Asylwerber raten hätte sollen, seine Fluchtgründe nicht anzugeben. Abgesehen davon kann nicht nachvollzogen werden, warum der Asylwerber diese Umstände nicht - wenn er sie schon in der Erstbefragung nicht angab - im Rahmen seiner weiteren Einvernahme im Erstverfahren bzw. spätestens in der Beschwerde vorgebracht hat.

In einer Gesamtschau kann es in keiner Weise nachvollzogen werden, dass der Asylwerber eine derartig befürchtete Bedrohung durch ein hohes Regierungsmitglied im gesamten ersten Asylverfahren mit keinem Wort erwähnte.

Der Asylwerber hat seinen (neuen) Fluchtgrund im gesamten Verfahren zu seinem ersten Asylantrag vom 11.10.2018 nicht vorgebracht und kann dieses neue Vorbringen daher nicht als glaubhaft erachtet werden.

Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Asylwerber das neue Vorbringen als Ultima Ratio offensichtlich dazu benutzte, seinen weiteren Aufenthalt in Österreich sicherzustellen. Der Entscheidung über den Folgeantrag werden insofern die vom Asylwerber neu vorgebrachten Fluchtgründe voraussichtlich nicht zugrunde gelegt werden können. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Es wurden keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte.

Hinsichtlich eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens ist beweiswürdigend auszuführen, dass der Asylwerber über keine Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich verfügt, was sich aus seinen Aussagen im Verwaltungsverfahren bei seiner ersten Antragstellung ergibt. Auch bei seinen Einvernahmen zum gegenständlichen Antrag hat er nichts Gegenteiliges vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Die im gegenständlichen Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften lauten wie folgt:

"§ 12a AsylG 2005 Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt und

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist (§ 58 Abs. 2 FPG) und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und Ausweisungen gemäß § 66 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht."

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in der geltenden Fassung ergehen Entscheidungen des BFA über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet wie folgt:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Daraus folgt für das gegenständliche Verfahren:

Der Antragsteller hat mit seinem am 18.07.2019 gestellten (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt.

Das BFA hat im Zuge eines Verfahrens über einen Folgeantrag des Asylwerbers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Asylwerbers aufgehoben. Daher war diese Entscheidung vom BVwG gemäß § 22 BFA-VG zu überprüfen:

o Aufrechte Rückkehrentscheidung:

Gegen den Asylwerber liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor.

o Res judicata (entschiedene Sache):

Der Asylwerber hat im gegenständlichen zweiten Rechtsgang anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung bzw. Einvernahme vor dem BFA ergänzende Beweggründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates angeführt. Wie in der Beweiswürdigung angeführt, besitzt sein nunmehriges Vorbringen jedoch keinerlei glaubhaften Kern und hat der Asylwerber damit das Vorliegen eines neuen asylrelevanten Sachverhaltes nicht glaubhaft machen können.

Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in den Feststellungen und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den Asylwerber maßgebliche Ländersituation ist seit dem Bescheid des BFA zur Frage der Zuerkennung von Asyl bzw. subsidiären Schutz in Hinblick auf Afghanistan im Wesentlichen gleichgeblieben, und wurde Gegenteiliges auch nicht behauptet.

Es ist daher nach einer Grobprüfung davon auszugehen, dass der gegenständliche Folgeantrag des Asylwerbers gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen sein wird, weil im Zuge der Grobprüfung keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

o Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:

Im ersten Verfahrensgang haben das BFA sowie das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Asylwerber bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

Im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem BFA sind keine Risiken für den Asylwerber im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Asylwerbers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Asylwerbers wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt.

Der VwGH hat zu Ra 2016/01/0096 vom 13.9.2016, ausgeführt, dass nach der ständigen Judikatur des EGMR, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 5. September 2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09).

Demzufolge müsste die Gefährdung des Asylwerbers im Sinne des Art. 3 EMRK, sofern diese nicht von vornherein klar ersichtlich ist, von diesem belegt werden.

Dies umso mehr, als im obzitierten Beschluss Ra 2016/01/0096 der VwGH auch auf die Rechtsprechung des EGMR verwiesen hat, die davon ausgeht, dass die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert sei, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde (vgl. VwGH vom 23. Februar 2016, Ra 2015/01/0134, vgl. die Urteile des EGMR jeweils vom 12. Jänner 2016, jeweils gegen Niederlande: S. D. M., Nr. 8161/07; A. G. R., Nr. 13 442/08; A. W. Q. und D. H., Nr. 25 077/06; S. S., Nr. 39 575/06; M. R. A. u.a., Nr. 46 856/07).

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Wie der VwGH zu Ra 2016/19/0036 vom 25.5.2016, ausführt, kann die Außerlandesschaffung eines Fremden auch dann gegen Art. 3 EMRK verstoßen, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden könnten. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden höchstgerichtlichen Judikatur ist eine solche Situation jedoch nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Im Verfahren sind keine Umstände aufgezeigt worden bzw. zu Tage getreten, dass der Asylwerber einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr nach Afghanistan ausgesetzt wäre.

Hinsichtlich der durchzuführenden Interessensabwägung ist auszuführen, dass eine solche nur dann positiv ausfallen kann, wenn ein besonders intensives Familienleben zu Personen in Österreich und/oder ein besonders intensives Privatleben vorliegen und der Asylwerber bereits herausragend integriert ist. Der Asylwerber gibt selbst an, dass er in Österreich keine Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen hat. Eine Verletzung des schutzwürdigen Familien- und Privatlebens des Asylwerbers im Sinne des Art. 8 EMRK liegt demgemäß im gegenständlichen Verfahren nicht vor.

Entsprechend den obigen Ausführungen, stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - aus Sicht des BVwG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

o Rechtmäßigkeit des Verfahrens

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.

Das BFA hat das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Der Asylwerber hat Parteiengehör erhalten, er wurde am 24.07.2019 sowie am 26.07.2019 im Beisein seiner Rechtsberatung und eines Dolmetschers für die Sprache Dari einvernommen, und das BFA räumte ihm die Möglichkeit der Übersetzung der maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat ein, zu denen weder er noch seine Rechtsberatung eine substantiierte Stellungnahme abgaben.

o Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG ist das Verfahren zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 in gegenständlichem Fall gegeben, daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind vom Asylwerber nicht vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Sofern die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W198.2218343.2.00

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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