TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/26 W240 2222516-1

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Veröffentlicht am 26.08.2019
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Entscheidungsdatum

26.08.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W240 2222516-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Kamerun, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2019, Zl. 1232473504-190559824, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Kamerun, stellte am 03.06.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er gab an, den Namen XXXX zu führen, ein Staatsbürger Kameruns zu sein und am XXXX geboren zu sein.

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer zuvor am 16.01.2019 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hatte.

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 03.06.2019 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er über Marokko nach Spanien, Frankreich in die Schweiz gelangt sei, wo er vier Monate gewesen sei und ab 02.06.2019 in Österreich sei. Er habe sich in der Schweiz aufgehalten bis sein Asylantrag abgelehnt worden sei. Ihm habe die Abschiebung nach Kamerun gedroht. Er wolle nicht zurück in die Schweiz, sondern in Österreich bleiben.

Am 07.06.2019 wurde der Beschwerdeführer einem vom Bundesamt veranlassten Handwurzelröntgen zur Bestimmung des Knochenalters unterzogen. Das Ergebnis dieser Untersuchung lieferte Indizien dafür, dass es sich beim Beschwerdeführer um eine volljährige Person handelt, weil sämtliche Epiphysenfugen an den Phalangen und den Metacarpalia geschlossen sind und am Radius zarte Epiphysennarbe erkennbar sind (Schmeling 4, GP 31).

In der Folge wurde seitens des BFA ein multifaktorielles Altersfeststellungsgutachten zur Beurteilung der Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zum Untersuchungszeitpunkt sowie zum Zeitpunkt der Asylantragsstellung in Auftrag gegeben.

Dem daraufhin dem BFA am 04.07.2019 übermittelten medizinischen Sachverständigengutachten ist zu entnehmen, dass sich aus den Untersuchungsergebnissen aufgrund der Untersuchung vom 25.06.2019 ein festgestelltes Mindestalter zum Asylantragsdatum von 18,94 Jahren ergebe und ein festgestelltes Mindestalter zum Untersuchungsdatum von 19 Jahren ergebe. Als spätestmögliches Geburtsdatum wurde der XXXX festgestellt.

Mit Verfahrensanordnung vom 11.07.2019 hat das BFA den Beschwerdeführer für volljährig erklärt und als sein Geburtsdatum der XXXX festgestellt.

Am 11.07.2019 richtete das BFA ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1

lit. d Dublin III-VO samt medizinischem Sachverständigengutachten mit Feststellung des Mindestalters bei Antragstellung in Österreich an die Schweiz, welchem die Schweizer Behörden mit Schreiben vom 11.07.2019, eingelangt am 12.07.2019, gemäß Art. 18 Abs. 1

lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.

Am 18.07.2019 langte per Email die Vollmachtsbekanntgabe von Frau RA Mag. KOLDA ein. Beigelegt war ein Vorbringen der Situation in Kamerun sowie ein in englischer Sprache verfasstes Unterstützungsschreiben von zuständigen Personen der Niederlassung der Zeugen Jehovas in XXXX .

Mit Verfahrensanordnung vom 11.07.2019 hat das BFA den Beschwerdeführer für volljährig erklärt und als sein Geburtsdatum der XXXX festgestellt.

Am 19.07.2019 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass das aufgrund der Untersuchung am 25.06.2019 erstellte Gutachten zur Altersfeststellung ergebe, der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Antragstellung in Österreich mindestens 18,94 Jahre alt gewesen. Er habe seine behauptete Minderjährigkeit nie durch Vorlage von Dokumenten oder anderen Beweismitteln beweisen könne. Verwiesen wurde darauf, dass mit Verfahrensanordnung vom 11.07.2019 das Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit XXXX festgestellt worden war. Befragt, ob der Beschwerdeführer zur festgestellten Volljährigkeit eine Stellungnahme abgeben wolle, führte dieser aus, seine Rechtsanwältin habe eine Kopie seiner Geburtsurkunde, er habe das Originaldokument. Er habe das Dokument nicht bei sich, werde es jedoch über seine Anwältin übermitteln lassen. Mit dem festgestellten Geburtsdatum sei er nicht einverstanden.

Befragt nach seinem Gesundheitszustand führte er aus, dass er Schmerzen in der rechten Hand habe, er sei bereits im Spital gewesen. Er habe nicht gewusst, dass er einen Befund vorlegen müsse, diesen werde er nachreichen. Abgesehen von den Problemen mit der rechten Hand habe er keine Krankheiten. Er nehme keine Medikamente und habe einen Arzt aufgesucht.

Vom Beschwerdeführer wurde eine Terminvereinbarung bei Fachärzten für Radiologie, CT sowie MR für den 04.07.2019 sowie eine Terminvereinbarung für den 12.07.2019 bei einem praktischen Arzt vorgelegt.

Der Beschwerdeführer verneinte, Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente zu besitzen, die er nunmehr vorlegen könne und welche er bisher noch nicht vorgelegt habe.

Bei einer Versammlung der Zeugen Jehovas in Österreich habe er am 05.07.2019 einen namentlich bezeichneten Cousin getroffen, wie alt dieser sei, wisse er nicht, dieser lebe in XXXX . Er habe noch einen weiteren Cousin, der in XXXX wohne.

Auf die Frage, ob er mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft lebe, führte der Beschwerdeführer aus, er lebe im Lager. Im Lager verrichte er manchmal Reinigungsarbeiten. Er sei Mitglied der Zeugen Jehovas und nehme an einem Deutschkurs teil.

Auf Vorhalt, dass vor dem Hintergrund des Konsultationsverfahrens mit der Schweiz eine Überstellung in die Schweiz beabsichtigt ist, gab der Beschwerdeführer an, er habe die Schweiz verlassen, weil er von der Schweiz nach Kamerun abgeschoben werden sollte. Er wolle nicht in die Schweiz zurückkehren, dort habe er auch niemanden, in Österreich habe er jedoch Cousins, bei diesen wolle er bleiben. Dies seien seine Gründe.

Während seines mehr als viermonatigen Aufenthalts in der Schweiz sei er nur die ersten beiden Tage obdachlos gewesen, rund vier Monate sei er in der Schweizer Grundversorgung gewesen.

Für die Vorlage der Geburtsurkunde sowie allfälliger medizinischer Befunde wurde dem Beschwerdeführer eine einwöchige Frist eingeräumt.

Am 22.07.2019 wurde ein Ergebnis der Sonographie der Weichteile an der Handfläche rechts auf Höhe des 3. Strahls vom 04.07.2019 übermittelt, wonach "eine wenige Milimeter durchmesssende, benigne imponierende Läsion an der Handfläche rechts oberflächlich gelegen, möglicherweise einem inzipienten Ganglion entsprechend" festgestellt wurde, darüber hinaus wurden keine eindeutigen weiteren Auffälligkeiten festgestellt. Im radiologischen Befund vom 08.07.2019 der rechten Hand dorsopalmar, schräg seitlich, wurde festgestellt, der Befund sei unauffällig im Bereich des Handskeletts, kein Nachweis degenerativer bzw. entzündlicher Veränderungen. Weiters wurde eine mit 12.07.2019 datierte Überweisung zum Ziel einer fachärztlichen Begutachtung bzgl. Lappenplastik/Hautersatz sowie ein Termin für den 29.07.2019 bei einer plastischen Chirurgie in Österreich vorgelegt.

Am 26.07.2019 wurde eine Fotografie übermittelt, welche behaupteter Maßen die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers abbilde.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung in die Schweiz gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Das BFA traf Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in der Schweiz und führte aus, es könne mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Reise- oder Ausweisdokuments die Identität nicht festgestellt werden. Mit Schreiben vom 11.07.2019 habe die Schweiz gem.

Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich einer Rücknahme des Beschwerdeführers zugestimmt und sich für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz für zuständig erklärt. Ein Erlöschen der Zuständigkeit der Schweiz sei zwischenzeitlich nicht eingetreten. Aus der dargestellten Konstellation ergebe sich somit die Zuständigkeit der Schweiz gemäß Artikel 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer volljährig sei, ergebe sich aus dem vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten aufgrund der Untersuchung vom 25.06.2019. Der Beschwerdeführer habe zu keinem Zeitpunkt seine schon durch sein erwachsenes Aussehen unglaubhaften Angaben zu seinem Alter durch Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente glaubhaft machen können. Dem Ergebnis der medizinischen Sachverständigenuntersuchung habe der Beschwerdeführer ebenfalls nicht substantiiert entgegentreten können. Betreffend die Vorlage des Fotos, welches die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers zeige und somit bestätigen sollte, dass er am XXXX geboren worden sei, sei das BFA zur Feststellung gelangt, es handle sich um keinen tauglichen Beweis. Insgesamt sei somit festzustellen, dass er volljährig sei und die Echtheit oder Richtigkeit der Geburtsurkunde nicht gegeben sei. Dass er Schmerzen in der rechten Hand hätte, habe er erstmals in der Einvernahme am 19.07.2019 vorgebracht. Diesbezüglich sei er laut eigenen Angaben bereits im Spital gewesen. Beim Arzt in der Krankenstation sei er nicht gewesen und nehme auch derzeit keine Medikamente ein. Mit Ausnahme der Beschwerden mit seiner Hand leide er an keinen Krankheiten. Insgesamt sei somit festzustellen, dass er an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide, welche einer Außerlandesbringung in die Schweiz entgegenstehen würden. Anderslautende Bescheinigungen habe der Beschwerdeführer nicht beigebracht. Auch habe er im Verfahren nicht dargelegt, dass in seinem Fall besonders gewichtige familiäre Anknüpfungspunkte oder private Interessen an einem Verbleib in Österreich vorliegen würden. Unter diesen Gesichtspunkten sei praktisch auszuschließen, dass bislang eine Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich erfolgen hätte können.

Am 30.07.2019 wurde dem BFA ein mit 29.07.2019 datierter Befund einer österreichischen chirurgischen Abteilung übermittelt, wonach der Beschwerdeführer insbesondere im Bereich der Thenarmuskulatur Schmerzen bei tiefer Palpitation hat, jedoch keine motorische Einschränkung und kein Hinweis auf Nervenverletzungen vorliegen. Festgehalten wurde eine "Planung zur Resektion der Narbenplatte und Deckung mit Spalthauttransplantation vom Oberschenkel in AN am XXXX 2020", als nächster Termin wurde der XXXX 2020 festgelegt. Weiters wurde ein geplanter Aufnahmetermin für den XXXX 2020 bei der chirurgischen Abteilung übermittelt mit den Diagnosen "St. P. stumpfe Trauma Hand rechts 2018 und St. P. Inzision bei Infektion" samt Zeitbestätigung vom 29.07.2019 in einem österreichischen Landesklinkum.

3. Gegen den Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der auch deren aufschiebende Wirkung beantragt wurde. Der Beschwerdeführer brachte insbesondere vor, aufgrund der mangelhaft durchgeführten behördlichen Verfahren erachte sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nach

Art 8 EMRK, in seinem Recht auf Zulassung seines Antrags auf internationalen Schutz und auf Prüfung dieses Antrags durch Österreich, sowie in seinen Rechten nach Art 2und 3 EMRK im Falle einer Kettenabschiebung verletzt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 03.06.2019 sei der Beschwerdeführer, der am XXXX geboren sei, noch minderjährig gewesen und sei folglich als unbegleiteter Minderjähriger iSd Dublin III-VO zu qualifizieren. Zum Beweis, dass es sich dabei um das richtige Geburtsdatum des Beschwerdeführers handle, werde beiliegend ein Scan der Original-Geburtsurkunde übermittelt, die zwischenzeitlich über den Postweg bei der Vertreterin des Beschwerdeführers eingelangt sei. Es handle sich dabei um das Original jenes Dokuments, das bereits vorab als Foto des Originals im Verfahren des Beschwerdeführers vorgelegt worden sei und bestätige diese Geburtsurkunde die Angaben des Beschwerdeführers. Nachdem der Beschwerdeführer erfahren habe, dass die Schweiz ihn nach Kamerun abschieben werde und er keine rechtliche Möglichkeit hatte, diese Entscheidung weiter zu bekämpfen, habe er sich entschieden, nach Österreich zu flüchten, wo auch zwei Cousins von ihm leben würden. Am 25.06.2019 habe eine medizinische Sachverständigenuntersuchung stattgefunden. Diese Untersuchung habe zu dem Ergebnis geführt, dass der Beschwerdeführer spätestens am XXXX geboren worden wäre. Mit Verfahrensanordnung vom 11.07.2019 habe das BFA festgestellt, dass es sich beim Beschwerdeführer um eine volljährige Person (auch bereits zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz in Österreich) handle. Das BFA habe es jedoch unterlassen, Ermittlungen auch aus dem in der Schweiz anhängigen Asylverfahren anzustellen, um sich genauer mit dem Widerspruch zum vom Beschwerdeführer behaupteten Geburtsdatum am XXXX auseinanderzusetzen. Das Bundesamt habe am 11.07.2019 ein Konsultationsverfahren mit der Schweiz eingeleitet. Mit Schreiben vom 11.07.2019, eingelangt am 12.07.2019, habe sich die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für zuständig für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz erklärt und einer Rückübernahme des Beschwerdeführers ausdrücklich zugestimmt. Der Beschwerdeführer sei jedoch tatsächlich zum Zeitpunkt der Antragstellung in Österreich minderjährig gewesen und als solcher auch nicht in Begleitung eines Familienangehörigen gewesen, weshalb er als unbegleiteter Minderjähriger zu qualifizieren sei und deshalb der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat sei, in dem der unbegleitete Minderjährige seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, sofern es dem Wohl des Minderjährigen diene. Aufgrund der zwischenzeitlich auf dem Postweg eingelangten Geburtsurkunde stehe fest, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig gewesen sei.

Die Behörde führe in dem bekämpften Bescheid aus, das Konsultationsverfahren mit der Schweiz habe ergeben, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers in der Schweiz bereits rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Im Hinblick darauf, dass die erhebliche Gefahr bestehe, die Schweiz würde infolge des rechtskräftig negativ abgeschlossenen Verfahrens den Beschwerdeführer auch zwangsweise in seinen Herkunftsstaat abschieben, aus welchem der Beschwerdeführer aus begründeter Furcht geflohen sie, hätte sich die Behörde mit dieser Problematik auseinandersetzen müssen. Mangels gehöriger Ermittlungen habe das BFA die Umstände des Einzelfalles verkannt und rechtswidrig die Zuständigkeit der Schweiz trotz drohender Kettenabschiebung festgestellt.

Zusammen mit der Beschwerde wurde neuerlich eine Fotografie übermittelt, welche behaupteter Maßen die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers abbilde, welche als Geburtsdatum den XXXX aufweist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Kamerun, stellte am 03.06.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er war über Marokko nach Spanien, Frankreich in die Schweiz gelangt, wo er vier Monate gewesen war bis er nach negativer Beendigung seines Asylverfahrens nach Österreich gereist war.

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt seiner Antragstellung in Österreich volljährig.

Am 11.07.2019 richtete das BFA ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO samt medizinischem Sachverständigengutachten mit Feststellung des Mindestalters bei Antragstellung in Österreich an die Schweiz, welchem die Schweizer Behörden mit Schreiben vom 11.07.2019, eingelangt am 12.07.2019, gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.

Das Bundesverwaltungsgericht trifft zur Lage im Mitgliedstaat folgende Feststellungen:

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Die für das erstinstanzliche Asylverfahren in der Schweiz verantwortliche Behörde ist das Staatssekretariat für Migration (SEM). Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:

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(AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

2. Dublin-Rückkehrer

Die Dublin III Verordnung wird seit 1 Jänner 2014 umgesetzt. Es konnten keine Zugangshindernisse für Dublin-Rückkehrer in der Schweiz festgestellt werden (AIDA 2.2017).

Bei Übernahme einer Person im Rahmen des Dublin-Verfahrens wird diese zu einer Aufnahmeeinrichtung geschickt, wo dann die Verfahrensschritte für eine Prüfung des Asylantrags eingeleitet werden. Sofern bereits zuvor ein Verfahren in der Schweiz anhängig war, wird dieses fortgesetzt. In den meisten Fällen kann ein Verfahren unabhängig von seinem früheren Status (vorherige Ablehnung, Rücknahme oder Entlassung) entweder von den Behörden oder durch einen Antrag auf erneute Überprüfung wieder aufgenommen oder fortgesetzt werden (EASO 24.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Es ist in den Schweizer Gesetzen weder eine Verpflichtung noch ein Mechanismus zur Identifizierung Vulnerabler festgeschrieben, außer der Identifizierung von Opfern von Menschenhandel. Es gibt folglich auch kein Screening nach Vulnerabilität, sofern diese nicht offensichtlich ist. Trotzdem sind spezielle verfahrenstechnische Vorkehrungen für bestimmte vulnerable Gruppen getroffen. So gibt es etwa im SEM Spezialisten für Verfahren von UMA, Opfern von Menschenhandel bzw. geschlechtsspezifischer Gewalt. Betroffene können auch einen Interviewer desselben Geschlechts verlangen (AIDA 2.2017).

Die Zahl unbegleiteter minderjähriger Asylwerber (UMA) hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen und belief sich 2016 auf 1997 Gesuche und somit etwa 7% der gesamten Anträge (SEM o.D.).

(Unbegleitete) Minderjährige sind beim Asylinterview besonders zu behandeln; es muss für jeden UMA unverzüglich eine sogenannte Vertrauensperson bestellt werden, die diesen im Asylverfahren und in anderen sozialen Belangen unterstützt und vertritt. Dies kann auch der Rechtsvertreter sein. Die diesbezügliche Praxis unterscheidet sich zum Teil erheblich zwischen den einzelnen Kantonen. Oft ist die Vertretung unzureichend, da die Vertrauenspersonen zu viele Minderjährige vertreten müssen oder nicht ausreichend qualifiziert sind. Oft treffen sich Vertrauensperson und UMA erst kurz vor dem Interview. Auch ändert sich die Vertrauensperson, wenn ein UMA aus der föderal organisierten Erstaufnahme in einen Kanton verlegt wird, wo er dann bis zum Alter von 18 Jahren bleibt. Eigentlich wäre die Vertrauensperson nur als Übergangslösung bis zur Bestellung eines Vormundes oder anderer Maßnahmen zum Schutz des Kindes vorgesehen. Tatsächlich werden in der Praxis aber oft keine weiteren Schritte gesetzt (AIDA 2.2017). Auch gibt es Kritik daran, dass die Vertrauenspersonen bei Asylinterviews von UMA nicht immer anwesend sind (UNCAT 7.9.2015).

Eine solche Anwesenheit ist laut Schweizer Flüchtlingshilfe systematisch nur in Dublin Fällen und im Flughafenverfahren gegeben. In den anderen Fällen ist das SEM der Meinung, dass die Vertrauensperson nur zum zweiten Interview eingeladen werden muss (SFH o.D.a).

Der Anteil der UMA, die im Asylverfahren ihre Minderjährigkeit nicht glaubhaft machen können, liegt im Bereich von 50% (SEM o.D.). Wenn Zweifel am Alter eines Antragstellers vorliegen, kann der Verhandlungsführer eine Altersfeststellung veranlassen. In der Praxis werden Handwurzelröntgen herangezogen, aber auch eine Computertomographie des Schlüsselbeins oder Zahnuntersuchungen in Verbindung mit einer Bewertung der körperlichen Reife sind möglich. Im Zweifel wird Minderjährigkeit angenommen. Für die medizinische Altersfeststellung ist die Zustimmung des Betroffenen nötig. Wird diese nicht erteilt, gilt dies als Kooperationsverweigerung und zieht die Einstellung des Verfahrens nach sich (AIDA 2.2017).

Die föderalen Zentren sind nicht an die Bedürfnisse von Kindern und Familien angepasst und die Situation kann auch für Frauen schwierig sein. Für diese Personen werden keine spezifischen Maßnahmen getroffen. In einigen föderalen Zentren sind Familien aufgrund fehlender angepasster Strukturen sogar getrennt. Das Gesetz schreibt lediglich vor, dass die besonderen Bedürfnisse von Kindern, Familien und anderen schutzbedürftigen Personen bei der Zuweisung von Betten so weit wie möglich berücksichtigt werden. Es gibt sehr wenige Freizeitaktivitäten für Kinder und keine oder nur sehr eingeschränkte Schulbildung. In der Praxis bemühen sich die Behörden darum, diese Personen so schnell wie möglich einem Kanton zuzuweisen. Jeder Kanton verfügt über ein eigenes Aufnahmesystem, das in der Regel mehrere Wohnformen umfasst, u.a. auch für unbegleitete Kinder und schutzbedürftige Personen (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (o.D.): Migrationsbericht 2016,

https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/publiservice/berichte/migration/migrationsbericht-2016-d.pdf, Zugriff 15.11.2017

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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (o.D.a): Minderjährige, https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/mediendossiers/minderjaehrige.html, Zugriff 16.11.2017)

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UNCAT - UN Committee Against Torture (7.9.2015): Concluding observations on the seventh periodic report of Switzerland, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1449141431_g1520151.pdf, Zugriff 10.11.2017

4. Non-Refoulement

Die Verfassung verbietet die Abschiebung von Flüchtlingen, die in ihren Herkunftsländern Verfolgung ausgesetzt sind und stellt auch fest, dass niemand in ein Land geschickt werden darf, in dem ihm Folter oder andere entwürdigende und grausame Behandlung drohen. Die Regierung zwingt generell keine Asylwerber zur Rückkehr in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sein könnten. Seit Juli 2016 werden - abhängig von Einzelfallbewertungen - Abschiebungen in alle Teile Sri Lankas zugelassen. Diese Praxis wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe als voreilig kritisiert, da der Norden Sri Lankas für Regierungsdissidenten immer noch unsicher sei (USDOS 3.3.2017).

Am 1. Oktober 2016 traten Änderungen des Ausländergesetzes und des Strafgesetzbuchs in Kraft, wonach Ausländer, die Straftaten begehen (nicht nur schwere Straftaten, sondern beispielsweise auch Sozialhilfebetrug) leichter ausgewiesen werden können. Im Falle von Flüchtlingen oder Personen, die nach Artikel 3 EMRK behandelt werden, wird der Grundsatz des Nichtzurückweisens allerdings weiterhin eingehalten (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/466976_en.html, Zugriff 10.11.2017

5. Versorgung

Die materielle Versorgung der Asylwerber besteht aus Unterbringung und Verpflegung, medizinischer Versorgung und finanzieller Unterstützung, sofern der Antragsteller bedürftig ist und Anspruch auf Sozialhilfe hat. Die Unterbringung in einem Zentrum steht aus organisatorischen Gründen hingegen allen Asylwerbern, unabhängig von ihren finanziellen Ressourcen, offen. Es ist zu beachten, dass soziale Unterstützungsleistungen sowie u.a. auch Kosten des Berufungsverfahrens zu einem späteren Zeitpunkt bei Vorhandensein entsprechender finanzieller Mittel zu refundieren sind. Im Rahmen der Erstaufnahme auf Bundesebene ist die Versorgung überall gleich. Diese dauert in der Regel bis zu 90 Tage. Das Recht auf Versorgung - schließlich auf kantonaler Ebene - besteht insgesamt bis zum Ende des Verfahrens, d.h. bis zum Ende der Beschwerdefrist gegen erstinstanzliche Entscheidung bzw. bis zu einer negativen Entscheidung der Beschwerdeinstanz. Momentan findet in Zürich ein Testlauf bezüglich einer Beschleunigung des Verfahrens statt. Auch wenn die Versorgung dort etwas anders geregelt ist, besteht in jedem Fall ein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversorgung und Bildung für Kinder unter 16 Jahren. Asylwerber dieser Testphase sind nicht berechtigt zu arbeiten (AIDA 2.2017).

Die Kantone sind für die Gewährleistung der Sozialhilfe an Asylwerber zuständig. Jeder Kanton erhält hierbei pro Asylwerber einen Pauschalbetrag, mit dem dann die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die obligatorische Krankenversicherung und allfällige weitere medizinische Versorgung finanziert werden. Die Unterstützungsleistungen erfolgen durch die Kantone oder Gemeinden selbst bzw. durch beauftragte Dritte. Für Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Personen ist die Unterstützung nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen auszurichten. Die Höhe der Sozialhilfe liegt unter dem Ansatz für die einheimische Bevölkerung. Anerkannte Flüchtlinge sind der einheimischen Bevölkerung vollkommen gleichgestellt (SEM 21.4.2017).

Mitte 2016 betrug die monatliche Zuwendung durchschnittlich CHF

1.119 / € 1.041, abhängig von der Bedürftigkeit des Empfängers. In den föderalen Zentren, wo die meiste Unterstützung in Sachleistungen geschieht, liegt die übrige Unterstützung bei lediglich 3 CHF täglich. Die Höhe der Zuwendungen richtet sich nach dem Grad der Bedürftigkeit. Mitte 2015 erhielten 94,3% aller Asylwerber in der Schweiz Sozialhilfe, wovon wiederum 94% keine weitere Einkommensquelle hatten. Dieser hohe Prozentsatz spiegelt das Arbeitsverbot während der ersten drei (auf föderaler Ebene) bis sechs Monate (je nach Kanton) des Asylverfahrens wider. Zum Teil sind aber auch arbeitende Personen aufgrund des zu geringen Verdienstes weiterhin auf Sozialhilfe angewiesen. Wenn ein Asylwerber das Land verlassen muss, kann er keine herkömmliche Versorgung mehr erhalten, sondern nur noch Unterstützung im Rahmen des Notfallschemas. Dieses umfasst kantonale Leistungen für Personen, die sich andernfalls nicht erhalten könnten und wird daher auch von den Kantonen festgelegt, ist also Schwankungen unterworfen. In manchen Kantonen ist diese Aufgabe an Gemeinden oder Hilfsorganisationen ausgelagert. Die Nothilfe besteht wann immer möglich aus Sachleistungen, inklusive Unterbringung in Notfallzentren, die für ihre eher unbequemen, minimalistischen Bedingungen bekannt sind. Die Finanzierung der Nothilfe ist pro Person mit ca. CHF 8 pro Tag festgesetzt, womit die Kosten für Essen, Transport, Haushaltsgegenstände und andere Bedürfnisse abgedeckt werden müssen. Dieser Betrag ist im Vergleich zu den hohen Lebenshaltungskosten in der Schweiz sehr niedrig und wird zudem in Sachleistungen bzw. Gutscheinen ausgegeben, die nur in bestimmten Supermärkten angenommen werden. Nothilfe muss immer gewährt werden, sie kann folglich auch nicht aberkannt werden (AIDA 2.2017).

Das Gesetz verbietet es Asylsuchenden, in den ersten drei Monaten nach ihrer Ankunft in dem Land zu arbeiten, und die Behörden können dieses Verbot um weitere drei Monate verlängern, wenn das SEM den Asylantrag innerhalb der ersten drei Monate ablehnt. Nach drei Monaten können Asylsuchende eine Beschäftigung in Branchen mit Arbeitskräftemangel suchen, etwa im Gastgewerbe, im Baugewerbe, im Gesundheitswesen oder in der Landwirtschaft (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (21.4.2017): Subventionen des Bundes,

https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfesubventionen/bundessubventionen.html, Zugriff 15.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

5.1. Unterbringung

In den Zentren auf föderaler Ebene sind die Bedingungen für Familien, Frauen und Kinder eher hart. Es wird versucht, für diese Personen möglichst rasch eine geeignete kantonale Unterbringung zu finden, wo Familien nach Möglichkeit individuell untergebracht werden. Insbesondere die Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen wird in den jeweiligen Kantonen unterschiedlich gehandhabt. Nicht alle verfügen über spezialisierte Zentren, was auf Kritik von NGOs stößt. Kinder werden oft in Pflegefamilien oder Kinderheimen untergebracht. Da die Umsetzung der Bundesbestimmungen weitgehend den Kantonen obliegt, können sich die Bedingungen deutlich unterscheiden (AIDA 2.2017).

Während der Bearbeitungsphase übernehmen die Kantone die Hauptverantwortung für die Bereitstellung von Wohnraum sowie die allgemeine Unterstützung und Betreuung der Asylbewerber. Diese haben das Recht auf medizinische Grundversorgung, deren Kinder Anspruch auf Schulbesuch bis zur neunten Klasse und somit bis zum Ende der Pflichtschulzeit. NGOs und Freiwillige führten im Allgemeinen Sprachkurse für Asylsuchende durch. Der Mangel an ausreichenden und angemessenen Unterkünften bleibt ein Problem; häufig werden Asylwerber in entlegenen ländlichen Gebieten oder ehemaligen - vielfach unterirdisch angelegten - Militäreinrichtungen untergebracht (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

5.2. Medizinische Versorgung

Asylwerber haben ein Recht auf medizinische Basisversorgung (USDOS 3.3.2017). Sie werden bei Ankunft einer medizinischen Untersuchung unterzogen und erhalten dann während des gesamten Verfahrens und bei negativer Entscheidung auch im Rahmen des Notfallschemas Zugang zu medizinischer Versorgung. Außerdem sind Asylwerber bei der nationalen Krankenversicherung versichert, die auch die Behandlung mentaler Probleme durch einen Psychiater abdeckt. Während des Aufenthalts in föderaler Unterbringung ist die medizinische Versorgung föderale Angelegenheit, danach geht sie auf den jeweiligen Kanton über. Spezialbehandlungen für Opfer von Folter und traumatisierte Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen werden zwar angeboten, spezialisierte Psychiater und geeignete Dolmetscher sind allerdings oftmals nicht im erforderlichen Ausmaß verfügbar (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017

6. Schutzberechtigte

Erhält ein Asylwerber einen Schutztitel, wird er im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Sozialhilfe unterstützt (AIDA 2.2017).

Die Kantone sind auch bei anerkannten Flüchtlingen für die Gewährung der Sozialhilfe zuständig. Für die Ausrichtung und Bemessung der Sozialhilfeleistungen gilt kantonales Recht. Aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention sind Flüchtlinge bei der Sozialhilfe Schweizer Staatsbürgern gleichgestellt. Das Bundesrecht hält zudem fest, dass der besonderen Lage von Flüchtlingen bei der Unterstützung Rechnung zu tragen ist; namentlich soll die berufliche und soziale Integration erleichtert werden. Die Hälfte der Kantone hat Hilfswerke mit der Führung der Sozialdienste für die anerkannten Flüchtlinge beauftragt. In den anderen Kantonen sind die Sozialdienste der Gemeinden zuständig oder es wurden spezielle kantonale Sozialdienste für Flüchtlinge geschaffen. Der Bund erstattet den Kantonen die Kosten der Sozialhilfe für anerkannte Flüchtlinge. Pro Flüchtling, der von der Sozialhilfe unterstützt werden muss, erhält der Kanton einen Pauschalbetrag, mit dem die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die Gesundheitsversorgung und für allfällig weitere besondere Bedürfnisse einzelner Flüchtlinge finanziert werden. Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Kantone für die Integration der anerkannten Flüchtlinge (SFH o.D.b; vgl. SEM 2015; SEM 21.4.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 15.11.2017

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SEM - Staatssekretariat für Migration (21.4.2017): Subventionen des Bundes,

https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfesubventionen/bundessubventionen.html, Zugriff 15.11.2017

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SEM - Staatssekretariat für Migration (2015): Kurzinformationen Anerkannte Flüchtlinge et.al,

https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/publiservice/publikationen/info-flue-va/info-flue-va-de.pdf, Zugriff 15.11.2017

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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (o.D.b): Anerkannte Flüchtlinge,

https://www.fluechtlingshilfe.ch/asylrecht/rechtlicher-status/anerkannte-fluechtlinge-asylgewaehrung.html, Zugriff 16.11.2017)

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Zur Situation betreffend der Ausstellung von Dokumenten in Kamerun:

Es gibt praktisch für jede Urkunde und jedes Dokument professionelle Fälschungen. Die Fälschung von Dokumenten wird in der Bevölkerung oft als Notwendigkeit betrachtet, die Dokumentenlage an die aktuelle Lebenssituation anzupassen. Von den Behörden geht keine Initiative aus, diese Praktiken einzudämmen. Auch bei echten Dokumenten kann nicht von der inhaltlichen Richtigkeit ausgegangen werden, da Dokumente auch bei offiziellen Stellen gekauft werden können. Personenstandsurkunden wie Geburtsurkunden können außerdem auf legalem Weg neu beschafft werden, wenn sich die betreffende Person an ein Gericht wendet und um eine Anordnung zur Nachbeurkundung nachsucht. Die Quote überhaupt nicht beurkundeter Geburten wird auf etwa 30 % geschätzt. Von den Behörden wird wenig Sorgfalt auf die formal korrekte Ausstellung von Urkunden und Dokumenten verwandt (AA 15.1.2019).

Beliebig datierte Partei- und Mitgliedsausweise können günstig auf dem Markt erworben werden. Parteiregister belegen nur die Zahlung des Mitgliedsbeitrages; von einem politischen Engagement kann allein aufgrund eines Mitgliedsausweises oder eines Parteiregisterauszugs nicht ausgegangen werden (AA 15.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 16.4.2019

Konkrete, in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor. Insbesondere besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die Schweiz einen Antragsteller mit tatsächlich glaubhaft gemachtem Schutzbedürfnis in einen Staat abschiebt, in dem dieser bedroht ist.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Krankheiten. Der Beschwerdeführer hat einzig angegeben, dass er unter Schmerzen an der Hand leidet. Es wurde insbesondere ein mit 29.07.2019 datierter Befund einer österreichischen chirurgischen Abteilung übermittelt, wonach der Beschwerdeführer insbesondere im Bereich der Thenarmuskulatur Schmerzen bei tiefer Palpitation hat, jedoch keine motorische Einschränkung und kein Hinweis auf Nervenverletzungen vorliegen. Festgehalten wurde eine "Planung zur Resektion der Narbenplatte und Deckung mit Spalthauttransplantation vom Oberschenkel in AN am XXXX 2020", als nächster Termin wurde der XXXX 2020 festgelegt. Weiters wurde ein geplanter Aufnahmetermin für den XXXX 2020 bei der chirurgischen Abteilung übermittelt mit den Diagnosen "St. P. stumpfe Trauma Hand rechts 2018 und St. P. Inzision bei Infektion" sowie eine Zeitbestätigung vom 29.07.2019 in einem österreichischen Landesklinkum. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer nicht transportfähig oder akut stationär behandlungsbedürftig wäre, und es ist zudem davon auszugehen, dass die in der Schweiz erhältliche medizinische Versorgung europäischen Standards entspricht.

Die Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet familiäre Anknüpfungspunkte in Form von zwei Cousins. Es liegt kein gemeinsamer Haushalt des Beschwerdeführers mit diesen Verwandten sowie kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis vor.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie der Asylantragstellung in der Schweiz ergeben sich aus der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung in Zusammenhalt mit seinem eigenen Vorbringen.

Dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Asylantragstellung in Österreich volljährig war, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführerhatte bei Asylantragstellung in Österreich am 03.06.2019 behauptete, er sei am XXXX geboren zu sein. Am 07.06.2019 wurde der Beschwerdeführer einem vom Bundesamt veranlassten Handwurzelröntgen zur Bestimmung des Knochenalters unterzogen. Das Ergebnis dieser Untersuchung lieferte Indizien dafür, dass es sich beim Beschwerdeführer um eine volljährige Person handelt, weil sämtliche Epiphysenfugen an den Phalangen und den Metacarpalia geschlossen sind und am Radius zarte Epiphysennarbe erkennbar sind (Schmeling 4, GP 31). In der Folge wurde seitens des BFA ein multifaktorielles Altersfeststellungsgutachten zur Beurteilung der Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zum Untersuchungszeitpunkt sowie zum Zeitpunkt der Asylantragsstellung in Auftrag gegeben. Dem daraufhin dem BFA am 04.07.2019 übermittelten schlüssigen und widerspruchsfreien medizinischen Sachverständigengutachten ist zu entnehmen, dass sich aus den Untersuchungsergebnissen aufgrund der Untersuchung vom 25.06.2019 ein festgestelltes Mindestalter zum Asylantragsdatum von 18,94 Jahren ergibt und ein festgestelltes Mindestalter zum Untersuchungsdatum von 19 Jahren ergibt. Als spätestmögliches Geburtsdatum wurde der XXXX festgestellt. Erst am 26.07.2019 wurde eine Fotografie seitens des Beschwerdeführers übermittelt, welche behaupteter Maßen die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers abbilde. Dieses Foto wurde neuerlich zusammen mit der Beschwerde übermittelt, in der Beschwerde wurde behauptet, dass es sich um ein Scan der Original-Geburtsurkunde handelt, die zwischenzeitlich über den Postweg bei der Vertreterin des Beschwerdeführers eingelangt sei, dennoch wurde einzig ein Foto davon übermittelt.

Betreffend das übermittelte Foto, welches die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers behaupteter Maßen abbilden solle und bestätigen solle, dass er am XXXX geboren sei, wurde bereits vom BFA zu Recht festgestellt, dass es sich dabei um kein brauchbares Beweismittel handelt. Es ist insbesondere darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung angab, er habe noch nie ein Reisedokument oder sonstige Identitätsnachweise besessen. Widersprüchlich dazu übermittelte die Vertreterin am 26.07.2019 ein Foto der angeblichen Geburtsurkunde. Dieser Umstand erscheint insbesondere auch vor dem Hintergrund merkwürdig, dass der Beschwerdeführer nicht unverzüglich seine Geburtsurkunde erwähnte, und vorgelegt hat, als er am 05.06.2019 durch Referenten des Bundesamtes damit konfrontiert worden war, dass die vorgebrachte Minderjährigkeit angezweifelt wurde und ihm eine Ladung zum Handwurzelröntgen am 07.06.2019 ausgefolgt wurde. Doch selbst als das Ergebnis dieser Untersuchung eindeutige Hinweise auf die Volljährigkeit des Beschwerdeführers ergab und er deshalb für den 25.06.2019 zur Altersfeststellung nach XXXX geladen wurde, blieb er weiterhin untätig. Selbst als er das Ergebnis der Altersfeststellung mit Verfahrensanordnung vom 11.07.2019 mitgeteilt und der Beschwerdeführer für volljährig erklärt wurde, gab er keine Stellungnahme ab, dass Sie im Besitz einer Geburtsurkunde wären.

Erst als dem Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme am 19.07.2019 erneut die Möglichkeit geboten wurde zum Altersfeststellungsgutachten Stellung zu nehmen, brachte er erstmals vor, dass seine Anwältin im Besitz seiner Geburtsurkunde sei und diese noch am selben Tag dem Bundesamt übermitteln werde. Warum er diese Geburtsurkunde - welche zweifellos einen wesentlichen Beweis darstellt, sollte es sich um eine echte Geburtsurkunde handeln - nicht gleich zur Einvernahme mitgebracht hat oder nicht vorher erwähnte, erscheint ebenso unlogisch wie das angeblich plötzliche Auftauchen dieser Urkunde, wo er doch in der Erstbefragung angegeben hat noch nie einen Reisepass oder einen sonstigen Identitätsnachweis besessen zu haben. Erst mit Email vom 26.07.2019 übermittelte die Vertreterin des Beschwerdeführers ein Foto von der angeblichen Geburtsurkunde des Beschwerdeführers. Merkwürdig erscheint in diesem Zusammenhang die Ausführungen in der Beilage, führte die Vertreterin doch aus, dass sie derzeit nur ein Foto übermitteln könne, weil das Original noch auf dem Postweg sei. Warum die Geburtsurkunde auf dem Postweg sei, obwohl sich laut Angaben des Beschwerdeführers die Geburtsurkunde behaupteter Maßen schon am 19.07.2019 im Besitz der Anwältin befand, erscheint nicht nachvollziehbar. Überaus unplausibel erscheint auch der Umstand, warum auch zusammen mit der Beschwerde einzig ein Scan der behaupteten Original-Geburtsurkunde übermittelt wurde, obwohl diese laut Ausführungen in der Beschwerde zwischenzeitlich über den Postweg bei der Vertreterin des Beschwerdeführers eingelangt sein soll.

Wie bereits vom BFA ausgeführt, ist bereits das plötzliche Auftauchen der Geburtsurkunde sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Widersprüche als Indiz dafür zu werten, dass es sich um keine echte Geburtsurkunde und somit kein taugliches Beweismittel handelt. Abgesehen vom überdies äußeren nicht seriös wirkenden Erscheinungsbild des handschriftlich ausgefüllten Dokuments ist auch den evidenten Länderfeststellungen zu Ausstellungen von Dokumenten in Kamerun zu entnehmen, dass es für praktisch jede Urkunde und jedes Dokument professionelle Fälschungen gibt und selbst bei "echten" Dokumenten nicht von der inhaltlichen Richtigkeit auszugehen sei. Schließlich wurde zusammen mit der Beschwerde einzig neuerlich eine Fotografie der Geburtsurkunde übermittelt, welche behaupteter Maßen die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers abbilde, welche als Geburtsdatum den XXXX aufweist. In Zusammenschau aller bereits angeführten Umstände und Widersprüche im gegenständlichen Fall ist jedenfalls dem Altersfeststellungsgutachten vom 01.07.2019 die höhere Beweiskraft zuzubilligen, zumal dieses Gutachten das Mindestalter bei Antragstellung von 18,94 Jahren feststellt. Es wurde somit die Volljährigkeit des Beschwerdeführers aufgrund dieses schlüssigen Gutachtens, dem nicht in substantiierter Weise und nicht mit tauglichen Beweismitteln widersprochen wurde, eindeutig festgestellt.

Insgesamt war somit festzustellen, dass die Echtheit bzw. Richtig

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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