TE Lvwg Erkenntnis 2019/9/10 VGW-001/046/11139/2019

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Veröffentlicht am 10.09.2019
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Entscheidungsdatum

10.09.2019

Index

60 Gesundheits- und Sozialrecht (S)
60/20 Jugendschutz und Jugendwohlfahrt, Kindertagesheimwesen
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WFfG §1
WFfG §3 Abs1
WFfG §3 Abs2
WFfG §4 Abs1 Z6
WFfG §4 Abs2
WFfG §7
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Schmied über die Beschwerde der Frau A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 22.07.2019, Zl. …, betreffend eine Übertretung des Wiener Frühforderungsgesetzes (WFfG),

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe als Erziehungsberechtigte entgegen ihrer Verpflichtung gemäß § 3 Abs. 2 Wiener Frühförderungsgesetz – WFfG nicht dafür gesorgt, dass ihr Kind, C. B., geb. 2013, während des gesamten Kindergartenjahres 2018/2019 die Besuchspflicht im Kindergarten gemäß § 3 Abs. 1 WFfG erfüllt, zumal das mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldete Kind bisher keinen Betreuungsplatz in Anspruch genommen habe und der Magistratsabteilung 11 auch keine Bestätigung über den Besuch einer anderen Kinderbetreuungseinrichtung vorgelegt worden sei.

Wegen dieser Übertretung des § 3 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 7 WFfG wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 7 WFfG eine Geldstrafe von 100,-- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Stunden verhängt und ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 10,-- Euro vorgeschrieben.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wird der Tatvorwurf bestritten und begründend ausgeführt, das Kind besuche seit Februar 2018 den Niederösterreichischen Landeskindergarten in D., E. 2. Der Beschwerde ist eine vom Bürgermeister der Gemeinde D. unterfertigte Bestätigung über den Kindergartenbesuch der Tochter der Beschwerdeführerin seit Februar 2018 beigefügt.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 1 WFfG sollen Kinder im letzten Jahr vor der Schulpflicht – diese beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Schulpflichtgesetz mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September - zum Besuch von geeigneten elementaren Bildungseinrichtungen verpflichtet werden.

Gemäß § 3 Abs. 2 WFfG sind zum Besuch des Kindergartens jene Kinder verpflichtet, die vor dem 1. September des jeweiligen Kalenderjahres das 5. Lebensjahr vollendet und ihren Hauptwohnsitz in Wien haben. Die Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder die Besuchspflicht erfüllen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 6 WFfG sind Kinder, die eine elementare Bildungseinrichtung außerhalb Wiens besuchen, von der Besuchspflicht gemäß § 3 ausgenommen.

Gemäß § 4 Abs. 2 WFfG haben die Erziehungsberechtigten bei Vorliegen eines Ausnahmegrundes gemäß Abs. 1 Z 2 bis 6 diesen der Behörde bis spätestens 30. Juni vor Beginn des kommenden verpflichtenden Kindergartenjahres anzuzeigen.

Gemäß § 7 WFfG stellt die Nichterfüllung der in § 3 festgelegten Besuchspflicht eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit einer Geldstrafe bis zu 440 Euro zu bestrafen.

Unbestritten steht fest, dass die 2013 geborene Tochter der Beschwerdeführerin, C. B., mit 1.9.2019 schulpflichtig geworden ist. Das verpflichtende Kindergartenjahr begann für sie somit am 1.9.2018. Des Weiteren steht fest, dass C. B. mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet ist, hier aber keinen Betreuungsplatz in einem Kindergarten in Anspruch genommen hat. Das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands von der Kindergartenpflicht gemäß § 4 Abs. 1 WFfG wurde von der Beschwerdeführerin dem Magistrat der Stadt Wien nicht angezeigt, insbesondere hat die Beschwerdeführerin nicht bekannt gegeben, dass ihr Kind bereits einen Landeskindergarten in Niederösterreich, wo es mit Nebenwohnsitz gemeldet ist, besucht. Dieser Umstand ist erstmalig im Beschwerdeverfahren hervorgekommen und wurde von der Beschwerdeführerin durch die Vorlage einer vom Bürgermeister der niederösterreichischen Gemeinde D. unterfertigten Bestätigung nachgewiesen.

Das Gericht stellt somit als erwiesen fest, dass gegenständlich der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 6 WFfG (Besuch einer elementaren Bildungseinrichtung außerhalb Wiens) gegeben ist, sodass keine Verletzung der Kindergartenbesuchspflicht gemäß § 3 Abs. 2 WFfG vorliegt. Die Beschwerdeführerin hat zwar gegen ihre gesetzliche Verpflichtung gemäß § 4 Abs. 2 WFfG, das Vorliegen des Ausnahmetatbestands bis spätestens 30.6.2018 dem Magistrat der Stadt Wien anzuzeigen, verstoßen, doch steht ein Verstoß gegen diese Pflicht nicht unter Strafsanktion (Lex imperfecta).

Daher war der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren spruchgemäß einzustellen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal die sich stellenden Rechtsfragen unstrittig und klar aus den Gesetzestext zu beantworten sind.

Schlagworte

Besuchspflicht; Kindergarten; verpflichtendes Kindergartenjahr; objektiver Tatbestand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.001.046.11139.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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