TE Lvwg Erkenntnis 2019/9/17 LVwG-2019/44/1770-2

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Veröffentlicht am 17.09.2019
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Entscheidungsdatum

17.09.2019

Index

80/02 Forstrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ForstG 1975 §19 Abs4 Z4
AVG §13 Abs8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, Adresse1, Z, vertreten durch die BB Rechtsanwälte GmbH, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.05.2019, Zahl *****, betreffend eines forstrechtlichen Rodungsantrages

zu Recht:

1.       Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Rodungsbewilligung abgewiesen. Mit Schreiben vom 31.05.2019 hat er dagegen fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und gleichzeitig eine geänderte Rodungsfläche beantragt. Am 27.08.2019 hat er eine erneute Antragsänderung eingebracht.

II.      Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Antrag auf Rodung einer 3.000 m2 großen Waldfläche auf dem Gst Nr **1, KG Z, abgewiesen. Die Antragsänderung vom 27.08.2019 sieht nunmehr eine gänzlich anders situierte 1.696,1 m2 große Rodungsfläche vor, die – anders als im angefochtenen Bescheid – unmittelbar an die Waldflächen der Gemeinde Z auf dem Gst Nr **2, KG Z, sowie – mit einer dazwischen liegenden unbewaldeten Fläche von weniger als 10 Metern – auf dem Gst Nr **3, KG Z, angrenzt.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Behörde und wurde im Rahmen des Parteiengehörs (Schreiben des Landesverwaltungsgerichts vom 06.09.2019) vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

IV.      Erwägungen:

Gemäß § 13 Abs 8 AVG kann ein verfahrenseinleitender Antrag in jeder Lage des Verfahrens bis zu einer allfälligen Schließung des Ermittlungsverfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

Nach stRsp ist eine Antragsänderung grundsätzlich auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zulässig. Da die Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes aber auf die „Sache“ des angefochtenen Bescheides beschränkt ist, sind für derartige Projektmodifikationen engere Grenzen zu ziehen als bei dem bloß auf das Wesen der Sache abstellenden § 13 Abs 8 AVG (vgl VwGH 28.05.2019, Ra 2016/22/0011).

Ob bei dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Projekt noch von derselben „Sache“ gesprochen werden kann, ist eine Rechtsfrage, die auf Grund eines Vergleichs der jeweiligen Vorhaben zu beurteilen ist (vgl VwGH 23.04.1987, 86/06/0253). Die „Sache“ des angefochtenen Bescheides wird nach stRsp im Mehrparteienverfahren jedenfalls dann verlassen, wenn die Antragsänderung zusätzliche subjektive Rechte mitbeteiligter Parteien – die dem Verfahren bisher vielleicht noch gar nicht beigezogen worden sind – berührt (vgl VwGH 20.06.2013, 2012/06/0092).

Parteistellung im Rodungsverfahren kommt nach § 19 Abs 4 Z 4 Forstgesetz 1975 dem Eigentümer und dem dinglich Berechtigten der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen zu. Entsprechend dem Sinn des Wortes "angrenzend" (eine gemeinsame Grenze haben) sind unter "angrenzenden Waldflächen" unmittelbar an die Rodungsfläche angrenzende Waldflächen zu verstehen. Daneben kommt zufolge des hiebei zu berücksichtigenden § 14 Abs 3 zweiter Halbsatz Forstgesetz 1975 auch dem Eigentümer und dem dinglich Berechtigten nicht unmittelbar angrenzender Waldflächen Parteistellung zu, dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die jeweils dazwischen liegende Fläche weniger als 10 m breit und nicht bestockt (unbestockte Waldfläche oder Nichtwaldfläche) ist (vgl VwGH 26.04.2010, 2004/10/0123). Parteien nach § 19 Abs 4 Z 4 Forstgesetz 1975 haben im Rodungsverfahren das subjektive Recht, die Erhaltung ihres Waldes bzw die Abwehr von diesen Waldbestand beeinträchtigenden Maßnahmen geltend zu machen (vgl VwGH 13.12.2010, 2010/10/0239).

Im vorliegenden Fall führt die Antragsänderung vom 27.08.2019 nicht nur zu einer gänzlich anders situierten Rodungsfläche, sondern auch dazu, dass die Gemeinde Z als Eigentümerin der Wälder auf den Gste Nr **2 und **3, beide KG Z, gemäß § 19 Abs 4 Z 4 Forstgesetz 1975 als neue Partei beizuziehen ist.

Mit der Antragsänderung vom 27.08.2019 wird somit die „Sache“ des angefochtenen Bescheides verlassen. Die Antragsänderung ist als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten. Erfolgt eine solche Änderung während des Rechtsmittelverfahrens, bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht hat den bekämpften Bescheid daher ersatzlos zu beheben und den neuen Antrag gemäß § 6 AVG an die dafür zuständige Forstbehörde weiterzuleiten (vgl VwGH 25.09.2018, Ra 2017/01/0210).

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Rodung;
Wesentliche Antragsänderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.44.1770.2

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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