Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §12a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der S GesmbH & Co KG in F, vertreten durch Dr. Felix Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 12. Mai 1997, Zl. LGSV/3/13113/1997, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schreiben vom 15. April 1996 beim Arbeitsmarktservice Feldkirch die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die bosnische Staatsangehörige M für die berufliche Tätigkeit als "Kassierin und stellvertretende Filialleiterin".
Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Feldkirch mit Bescheid vom 2. Mai 1996 gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG ab. In der Begründung dieses Bescheides wies die Behörde erster Instanz auf die Kundmachung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996, BGBl. Nr. 763/1995, und die Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung hin.
Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie brachte darin im wesentlichen vor, die beantragte Ausländerin sei im Besitze einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch, sie sei mit Ramid D. verehelicht, welcher ebenfalls im Besitze einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung sei. Sie bringe für die angestrebte Tätigkeit besondere Qualifikationen mit. Sie sei 1973 in Deutschland geboren worden, habe dort die Grundschule, Hauptschule und in der Folge die Berufsschule erfolgreich abgeschlossen. Sie bringe sowohl sprachlich als auch fachlich die erforderliche Qualifikation für die Besetzung des Arbeitsplatzes mit, was für die Aufrechterhaltung des Filialbetriebes der Antragstellerin im Geschäftslokal in Levis und damit der Erhaltung der insgesamt fünf Arbeitsplätze von entscheidender Bedeutung sei. Die Ausländerin sei im Besitz einer unbefristeten Arbeitserlaubnis für die BRD. Sie habe zumindest zum Zeitpunkt ihres Zuzuges im Dezember 1992 die Voraussetzungen für die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft erfüllt. Damit lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung "sehr wohl" vor. "Dies umso mehr", als die Beschäftigungsbewilligung "schon nach EU-rechtlichen Gesichtspunkten" zu erteilen wäre.
Nach Einräumung von Parteiengehör erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 4. Juni 1996.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher den Bescheid aufgrund der Anwendung der als gesetzwidrig aufgehobenen Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996, BGBl. Nr. 763/1995, aufhob.
Im fortgesetzten Verfahren gewährte die belangte Behörde mit Schreiben vom 5. Mai 1997 Parteiengehör. Im Rahmen dieses Vorhaltes wurde die Beschwerdeführerin von der Überschreitung der gemäß Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, BGBl. Nr. 646/1996, für das Kalenderjahr 1997 festgesetzten Bundeshöchstzahl, welche 262.246 betrage und auf welche alle unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer unter Einrechnung der aufrechten Sicherungsbescheinigungen angerechnet würden, in Kenntnis gesetzt. Mit Stichtag Ende April habe laut amtlicher Statistik die Zahl der auf die Bundeshöchstzahl anzurechnenden Ausländer in Österreich 265.348 betragen. Des weiteren hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die zur Anwendung kommenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 AuslBG und die im vorliegenden Fall als nicht erfüllt angesehenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren vor.
Die Beschwerdeführerin nahm hiegegen nur in der Weise Stellung, daß sie auf "ihr gesamtes bisheriges Vorbringen sowie die neueste Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes" verwies, woraus hervorgehe, "daß die Beschäftigungsbewilligung im gegenständlichen Fall zu erteilen" sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Mai 1997 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, BGBl. Nr. 763/1995, sowie § 4 Abs. 7 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) keine Folge gegeben. In der Begründung legte die belangte Behörde dar, daß sie sich auf § 4 Abs. 7 AuslBG, § 12a AuslBG, die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, BGBl. Nr. 646/1996, für das laufende Kalenderjahr 1997 und die darin genannte Bundeshöchstzahl von
262.246 Personen, § 12a Abs. 2 AuslBG und die Verordnung des Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 21. April 1995, BGBl. Nr. 278/1995 (Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung), stütze. Mit Stichtag Ende April 1997 betrage laut amtlicher Statistik die Zahl der auf die Bundeshöchstzahl anzurechnenden Ausländer in Österreich 266.485. Die Bundeshöchstzahl sei daher überschritten. Die angeführten Qualifikationen der Ausländerin erfüllten nicht die Anspruchsvoraussetzungen nach der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung. Die beantragte berufliche Tätigkeit erfordere keine solchen besonderen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen, die über die Qualifikation einer durchschnittlichen Fachkraft hinausgingen. Zudem stelle der von der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die betriebliche Situation dargestellte Arbeitskräftebedarf nur ein eigenwirtschaftliches und kein qualifiziertes gesamtwirtschaftliches Interesse dar. Mangels deutscher Staatsangehörigkeit der beantragten Ausländerin kämen "EU-rechtliche Gesichtspunkte" nicht zum Tragen.
Aufgrund der weiteren Feststellung, daß die beantragte Ausländerin noch nicht in Österreich beschäftigt gewesen sei, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe und somit nicht die Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterliege, kam die belangte Behörde zum Ergebnis, daß die beantragte Ausländerin keinen der in der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung genannten Personengruppen zugeordnet werden können, weshalb der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung die Bestimmungen des § 4 Abs. 7 AuslBG entgegenstünden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 23. Februar 1998, B 1573/97-3, ihre Behandlung ab und trat sie sodann dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die teilweise unrichtige Zitierung der angewendeten Gesetzesbestimmung für sich allein betrachtet belastet den Bescheid noch nicht mit Rechtswidrigkeit. Die Verletzung des § 59 Abs. 1 AVG hinsichtlich der dort geforderten Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen steht nicht schlechthin unter der Sanktion der Rechtswidrigkeit, sondern nur unter der weiteren Voraussetzung, daß auch die Begründung des Bescheides Zweifel über die angewendeten Vorschriften nicht beseitigt. Läßt der Inhalt des Berufungsbescheides eindeutig erkennen, daß sich der Bescheid neben der Anführung unzutreffender Bestimmungen auch auf die zutreffende Bestimmung gründet, so kann der Bescheid als in Vollziehung dieser Bestimmung ergangen angesehen werden, auch wenn die Behörden andere Bestimmungen im Spruch angeführt haben (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I/2 (1998), Seite 1011 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides zwar - neben der richtigen Zitierung des § 4 Abs. 7 AuslBG - die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, BGBl. Nr. 763/1995, genannt. Aufgrund der ausdrücklichen und in sich widerspruchsfreien Begründung und dem genannten Vorhalt vom 5. Mai 1997 ist aber eindeutig erkennbar, daß sich die belangte Behörde in Wahrheit auf die Verordnung BGBl. Nr. 646/1996 für das Kalenderjahr 1997 stützte und die Zitierung der vorher in Geltung gestandenen, vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Verordnung BGBl. Nr. 763/1995 auf einem offenkundigen Versehen beruht. Die Beschwerdeführerin war dadurch nicht an der zweckmäßigen Verfolgung ihrer Rechte gehindert, ebenso hindert das Fehlzitat den Verwaltungsgerichtshof nicht an der Wahrnehmung seiner Kontrollbefugnis.
Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, daß die belangte Behörde trotz der Bestreitung der Überschreitung der Bundeshöchstzahl zum Stichtag Ende April 1997 weder die Quellen bekanntgegeben habe, aus der das statistische Material stamme, noch dieses Material zur Verfügung gestellt habe. Weiters gehe aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor, welche Beschäftigungsverhältnisse auf die bekanntgegebenen Bundeshöchstzahlen angerechnet worden seien. Die Beschwerdeführerin übersieht, daß die belangte Behörde im Vorhalt vom 5. Mai 1997 darauf hingewiesen hat, daß auf die Bundeshöchstzahl "alle unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer unter Einrechnung der aufrechten Sicherungsbescheinigungen angerechnet" würden. Dies wiederholte sie auch im angefochtenen Bescheid. Daß die belangte Behörde sowohl im Vorhalt als auch im angefochtenen Bescheid nicht im unmittelbaren Anschluß an die genannte Ausführung die Zahl der "auf die Bundeshöchstzahl anzurechnenden Ausländer" genannt hat, tut dem Verständnis keinen Abbruch, daß mit "anzurechnenden" unzweifelhaft jene in den vorherigen Ausführungen näher beschriebenen Ausländer gemeint sind. Des weiteren übersieht die Beschwerdeführerin, daß sie in ihrer Stellungnahme vom 9. Mai 1997 auf den Vorhalt der belangten Behörde vom 5. Mai 1997 nur auf ihr "bisheriges Vorbringen" verwiesen hat, somit de facto zur Bekanntgabe der Überschreitung der Bundeshöchstzahl per Stichtag Ende April 1997 keine Ausführungen erstattet hat. Daher unterliegt die - ohnehin keine konkreten Angaben enthaltende - bloße Bestreitung der Tatsache der Überschreitung der Bundeshöchstzahl in der Beschwerde dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbot. Indem die Beschwerdeführerin vorbringt, daß nach Aufhebung der Kundmachung BGBl. Nr. 763/1995 dem Erfordernis der jährlichen Kundmachung der Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer "bislang nicht entsprochen" worden sei, so übersieht sie die ihr bereits im Vorhalt vom 5. Mai 1997 bekanntgegebene Verordnung BGBl. Nr. 646/1996. Die Beschwerdeführerin rügt des weiteren, daß die belangte Behörde die Bundeshöchstzahl vom April 1997 zugrundegelegt habe, obwohl sie auf den Zeitpunkt der Antragstellung hätte abstellen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits früher in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1995, Zl. 94/09/0315) darauf hingewiesen, daß auf das jeweils im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorhandene statistische Material zurückzugreifen ist. Das war im Beschwerdefall, in dem die Erlassung des angefochtenen Bescheides durch Zustellung an die Beschwerdeführerin am 14. Mai 1997 erfolgt ist, die zuletzt per Ende April 1997 statistisch ermittelte Zahl.
Insoweit die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe sich nicht mit der Überschreitung der Landeshöchstzahl und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in Richtung Vorliegen der Voraussetzungen "nach § 4 Abs. 6 Z. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz" befaßt, verkennt sie, daß im Falle der Überschreitung der Bundeshöchstzahl nicht zusätzlich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 geprüft werden müssen, weil gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG Beschäftigungsbewilligungen grundsätzlich nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden dürfen, daß die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Hingegen tritt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde der Begründung im angefochtenen Bescheid, warum die beantragte Ausländerin nicht zum Personenkreis des § 1 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung zu zählen sei bzw. warum an ihrer Beschäftigung kein qualifiziertes Interesse bestehe, nicht entgegen. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkennen.
Nicht nachvollziehbar ist das Argument der Beschwerdeführerin, sie werde "gegenüber ausländischen Arbeitgebern", die "im österreichischen Inland Personen wie die beantragte Ausländerin beschäftigen" wollen, diskriminiert, was sie mit dem Hinweis auf Art. F des Vertrages über die Europäische Union begründet. Denn einerseits ist die beantragte Ausländerin bosnische Staatsangehörige, und auch nicht Angehörige eines EU-Staatsbürgers, weshalb ausgehend von ihrer Person Gemeinschaftsrecht nicht zur Anwendung gelangen kann. Andererseits gelten für ausländische Arbeitgeber, die im österreichischen Inland Drittstaatsangehörige beschäftigen wollen, die gleichen Regelungen des AuslBG wie für inländische Arbeitgeber.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. Oktober 1998
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998090103.X00Im RIS seit
20.11.2000