TE Lvwg Erkenntnis 2019/10/7 LVwG-2018/15/2508-7

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Veröffentlicht am 07.10.2019
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Entscheidungsdatum

07.10.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §4
VVG §10

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Herrn AA, Adresse 1, Z, vertreten durch BB, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 08.10.2018, Zl *****, betreffend Vorauszahlen der Kosten für die Ersatzvornahme im Umfang von Euro 207.371,90,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer dazu verpflichtet, als Vorauszahlung für eine Ersatzvornahme binnen 4 Wochen € 207.371,90 an die belangte Behörde zu überweisen. Dies wurde von der belangten Behörde damit begründet, dass der Beschwerdeführer den rechtskräftigen Behandlungsauftrag, aufgetragen mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.07.2016, *****, zur Entfernung von Bodenaushubmaterial im Ausmaß von ca 4.500 m³, welches Abfall iSd § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 darstelle, nicht erfüllt habe. Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel.

Dem Landesverwaltungsgericht Tirol wurde in weiterer Folge mitgeteilt, dass zwischenzeitlich die nachträgliche Genehmigung der Schüttung aus Bodenaushubdeponie bei der belangten Behörde beantragt worden sei.

Die belangte Behörde hat dem Landesverwaltungsgericht Tirol daraufhin den Bescheid vom 30.07.2019, Zl ***** übermittelt, mit welchem besagte Schüttung nachträglich als Bodenaushubdeponie genehmigt wurde. Dieser Bescheid ist am 05.09.2019 rechtkräftig geworden. Eine Rückfrage der belangten Behörde hat außerdem ergeben, dass mit diesem Bescheid die gesamte Schüttung nachträglich genehmigte wurde.

II.      Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall wurde von der belangten Behörde ein Bescheid betreffend Vorauszahlung der Kosten für die Ersatzvornahme erlassen, zumal der Beschwerdeführer einen Entfernungsauftrag nach dem AWG 2002 zuvor nicht erfüllt hat.

In weiterer Folge hat die belangte Behörde mittlerweile allerdings die Schüttung nachträglich als Bodenaushubdeponie genehmigt.

III.     Beweiswürdigung:

Die maßgeblichen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus den entsprechenden Mitteilungen der belangten Behörde an das Landesverwaltungsgericht und sind diese nicht strittig.

IV.      Rechtslage:

§ 4 VVG

Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen

a) Ersatzvornahme

(1)  Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2)  Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

§ 10

Verfahren

(1)  Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

(2)  Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung.“

V.       Erwägungen:

Die Vorschreibung der Kosten für die Ersatzvornahme ist ein verfahrensrechtlicher Bescheid im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens und keine Vollstreckungsverfügung im Sinn des § 10 VVG. Die Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages setzt lediglich das Vorliegen einer Androhung der Ersatzvornahme und den Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Frist (Paritionsfrist) voraus [Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 1319 mit Hinweisen auf die Judikatur; VwGH 06.06.1989, Zahl 84/05/0035].

Auch wenn ein Kostenvorauszahlungsauftrag nach § 4 Abs 2 VVG keine Vollstreckungs-verfügung im Sinn des § 10 Abs 2 VVG darstellt, teilen die im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens ergangenen Bescheide, auch wenn sie keine Vollstreckungsverfügungen sind, wegen des notwendigen Zusammenhanges auch das rechtliche Schicksal der Vollstreckung, die durch die Akzessorietät gegenüber dem Titelbescheid geprägt wird (vgl VwGH 21.05.2007, Zahl 2004/05/0225 mit Hinweis auf VwGH 06.06.1989, Zahl 84/05/0035).

Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens kann zwar die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides (des Titelbescheides) nicht mehr aufgerollt werden. Allerdings kann gegen eine Vollstreckung im Verfahren Beschwerde ergriffen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig ist. In einem solchen Fall darf auch kein Kostenvorauszahlungs-auftrag erteilt werden, weil dieser das rechtliche Schicksal der Vollstreckung teilt. Eine nach Erlassen des Titelbescheides eingetretene wesentliche Änderung des Sachverhaltes kann eine Vollstreckung unzulässig machen, wenn bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleichlautender Bescheid erlassen werden könnte (vgl VwGH 28.02.2017, Zahl Ro 2014/06/0029; ebenso VwGH 26.09.2017, Zahl Fe 2016/05/0001). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nunmehr selbst bei Vollstreckungsverfügungen aufgrund des § 10 Abs 1 VVG in der nunmehr geltenden Fassung entgegen der früheren Rechtslage die Beschwerdegründe nicht mehr beschränkt sind (vgl VwGH 26.09.2017, Zahl Fe 2016/05/0001).

Zumal durch die nachträgliche Genehmigung der Schüttung ein Behandlungsauftrag nach dem AWG 2002 nicht mehr erlassen werden könnte ist auch ein Vollstreckungsverfahren in diesem Zusammenhang nicht mehr zulässig. Aus diesem Grund war der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Eine mündliche Verhandlung konnte nach dem eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dazu wird auf die in der Begründung zitierte Judikatur verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

Behandlungsauftrag;
Vorauszahlungsbescheid;
Nachträgliche Genehmigung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.15.2508.7

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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