TE Lvwg Erkenntnis 2019/9/18 405-10/725/1/6-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.2019
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Entscheidungsdatum

18.09.2019

Index

L40015 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

LSicherheitsG Slbg 2009 §27
VStG §49 Abs2
AVG §13 Abs5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Richterin Dr. Edeltraud Stadlhofer über die Beschwerde des AB AA, AE, vertreten durch AG Rechtsanwälte GmbH, AJ, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 4.6.2019, Zahl XXX-2019,

zu Recht:

I.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.  Die ordentliche Revision nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.   Verfahrensgang

1.1

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 7.5.2019, Zahl XXX-2019, als verspätet eingebracht zurückgewiesen, weil der Einspruch am letzten Tag der Einspruchsfrist via E-Mail am 27.5.2019, 16:32 Uhr, bei der belangten Behörde einlangte, sohin nach Ende der Amtsstunden, welche mit 16:15 Uhr festgelegt worden waren.

1.2

Gegen diese Entscheidung erhob der Rechtsmittelwerber fristgerecht Beschwerde und führte begründend im Wesentlichen aus, dass der Einspruch tatsächlich am 27.5.2019 um 12:58 Uhr an die belangte Behörde versandt worden sei, sohin sei das Anbringen innerhalb der Amtsstunden bei der Behörde eingelangt.

1.3

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg führte am 10.9.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Zu dieser war der Vertreter des Beschwerdeführers sowie der Zeuge EE, Mitarbeiter des Landes Salzburg im Referat FF, geladen und gekommen.

Der Zeuge gab an wie folgt:

"Zum Schutz von Spam- und Virenmails haben wir einige Maßnahmen getroffen. Ein E-Mail durchläuft mehrere Server, zunächst einmal den Eingangsserver, dieser überprüft die E-Mails auf Protokollebene. Sofern die Mails entgegengenommen werden, werden sie weitergeleitet an einen weiteren Server, dieser überprüft die Mails inhaltlich auf Spams und Viren. Dieser Server gibt das Mail anschließend weiter an die Mailbox, wo der Empfänger auf das Mail zugreifen kann.

Es gibt im Internet diverse Blacklisten, wo „böse“ Mailserver aufgelistet sind. Darüber hinaus gibt es noch weitere Merkmale, aus denen man erkennen kann, ob es sich um Spam oder einen seriösen Absender handelt.

Im konkreten Fall geht es um Greylisting, bei diesem System wird temporär einmal grundsätzlich jedes E-Mail abgelehnt. Es ist dann in weiterer Folge Sache des sendenden Mailsystems, wann und wie oft die weiteren Zustellversuche erfolgen. Üblich sind in so einem Fall 5 bis 15 Minuten. Wenn das Mail schließlich ein zweites Mal kommt, wird es quasi durchgelassen.

Das Ganze richtet sich nach drei Merkmalen, nämlich der IP-Adresse des sendenden Servers, der Mailadresse des Absenders und der Mailadresse des Empfängers. Wenn diese drei Merkmale zusammenstimmen und das System erkennt, dass es so ein Mail bereits erhalten hat, lässt es dieses durch. Naturgemäß kann es bei größeren Providern der Fall sein, dass mehrere Server zur Verfügung stehen, die mit verschiedenen IP-Adressen die Mails wegsenden. Wir haben für so einen Fall definiert, dass das sogenannte Subnet erkannt wird, das bedeutet, dass unser Mailserver grundsätzlich erkennen soll, dass die Mails vom selben Server weggehen und lässt die Mails in so einem Fall durch.

In konkreten Fall war das Problem, dass Microsoft auf Seiten des Absenders installiert gewesen ist, dieses System verfügt offenbar über zahlreiche Server. Microsoft als Provider des Mailsystems hat viele Server mit unterschiedlichen Adressranges. Damit sind unterschiedliche Subnetze gemeint. Daher erkennt die Software nicht, dass das alles von der gleichen Adresse kommt und es beginnt das Spiel immer wieder und wieder von neuem. Im vorliegenden Fall wurde nach vier Stunden endlich ein Server verwendet, der bereits im Zeitraum zuvor verwendet worden war, aus diesem Grund konnte das E-Mail letztlich zugestellt werden.

Es gibt aber durchaus Möglichkeiten und Maßnahmen für die Kanzlei, dass sie diesem Problem vorbeugt, nämlich indem sie einen SPF-Eintrag vornehmen lässt. Dieser ist im Domain-Name-System (DNS) vorzunehmen. Wenn letztlich dieser Eintrag bei uns existiert, dann fällt dieses Greylisting weg. Bei manchen Überprüfungen durch den Server bekommt der Empfänger eine Verständigung, bei manchen der Absender und bei manchen bekommt niemand eine Verständigung. Im konkreten Fall hat niemand, weder der Empfänger, noch der Absender eine entsprechende Verständigung erhalten, dass ein Mail im Umlauf sei bzw. zugestellt werden sollte. Es liegt grundsätzlich am Mailsystem des Absenders, wann bzw. ob man eine Verständigung bekommt, dass das Mail nicht zugestellt werden konnte.“

Über Befragen durch den Vertreter des Beschwerdeführers:

„Es gibt beim Mailsystem grundsätzlich die Möglichkeit, dass man eine Zustell- oder Lesebestätigung anfordert. Dieses System funktioniert auch beim Land Salzburg. Lesebestätigungen sind aber weniger geworden, aktuell wird nämlich der Empfänger gefragt, ob er überhaupt eine solche senden möchte, er kann dies somit auch verneinen. Manche Empfänger haben diese Möglichkeit überhaupt deaktiviert. Derzeit besteht für einen Absender wohl nur die Möglichkeit, in das Mail hineinzuschreiben, dass man um Antwort ersuche, dass das Mail eingelangt sei, oder dass man eben bei der Behörde anruft.

Es kommt bei uns öfter vor, ich kann aber nicht sagen, wie oft, dass wir nachforschen müssen, ob Mails angekommen sind oder nicht bzw. aus welchem Grund sie abgelehnt wurden. Das System hat weder „Mittagspause“ noch „Nachtruhe“. Wir haben auf jeden Fall auf der Homepage dokumentiert, welche Mails bzw. welche Anhänge angenommen werden. Ich weiß ad hoc nicht, ob auch auf Greylisting hingewiesen wird.2

Über Befragen durch das Gericht:

„Beim Greylisting weiß der Empfänger noch nicht einmal, was im Mail drinnen steht, er hat nur die Daten des Absenders und Empfängers sowie die IP-Adresse. Es handelt sich hierbei also quasi um die erste Schranke, wo bereits abgelehnt wird."

2.   Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu festgestellt und erwogen

2.1 Sachverhalt

Mit Strafverfügung vom 7.5.2019, Zahl XXX-2019, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe wegen einer Übertretung des Salzburger Landessicherheitsgesetzes verhängt (Spruchpunkt 2.).

Die Zustellung der Strafverfügung erfolgte mit Hinterlegung (Beginn der Abholfrist: 13.5.2019).

Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung im Wege seiner Rechtsvertretung Einspruch. Dieser wurde erstmalig am Montag, den 27.5.2019 um 12:58 Uhr von der E-Mail-Adresse einer Mitarbeiterin der Rechtsanwaltskanzlei an die hierfür zu verwendende Adresse der Bezirkshauptmannschaft Zell am See abgesendet.

Aufgrund der Verwendung von Greylisting auf Seiten der Behörde wurde dieser Zustellversuch zunächst zurückgewiesen, die weiteren vier Zustellversuche betreffend dieses E-Mail wurden stets über unterschiedliche IP-Adressen unternommen und sohin ebenfalls vorübergehend zurückgewiesen. Um 16:32:12 Uhr wurde letztlich eine dem Empfängerserver bereits bekannte IP-Adresse verwendet, sodass das E-Mail um 16:32:13 Uhr vom Server angenommen und an den Posteingang der Behörde weitergeleitet wurde.

Die Amtsstunden beginnen gemäß der Bekanntmachung auf der Homepage der Bezirkshauptmannschaft Zell am See im Zeitraum von Montag bis Donnerstag um 7:30 Uhr und enden um 16:15 Uhr. Im Zuge dieser Bekanntmachung wird weiters darauf hingewiesen, dass ein außerhalb der Amtsstunden übermitteltes Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt gilt.

Demzufolge langte das E-Mail des Beschwerdeführers am 28.5.2019 bei der Behörde ein.

Auf der Homepage der belangten Behörde wird unter dem Punkt „Elektronische Kommunikation mit dem Land Salzburg“ zu abgewiesenen E-Mails wegen Greylisting ausgeführt wie folgt:

„Greylisting

Das Land Salzburg weist E-Mails von unbekannten AbsenderInnen beim ersten Zustellversuch zurück. Davon sollten Sie nichts merken, da Ihr Mail-Server automatisch einen weiteren Zustellversuch unternehmen sollte, der dann sofort akzeptiert wird. Die Dauer bis zu einem weiteren Zustellversuch ist providerabhängig und beträgt erfahrungsgemäß ca. 10-60 Minuten. Da Ihre E-Mail-Adresse von nun an als bekannt gilt, ist Ihr weiterer E-Mail-Verkehr an diesem Tag von dieser Maßnahme nicht mehr betroffen. Spam-Server unternehmen im Gegensatz zu regulären Mail-Servern meistens keine weiteren Zustellversuche, weil sie auf Massensendungen mit hoher Fehlerrate abgestimmt sind. Dadurch trägt diese Maßnahme ebenfalls effektiv dazu bei, die Spam-Menge zu verringern.

Sollte Ihr Mail-Server die automatischen erneuten Zustellversuche nicht durchführen und Sie eine Mail mit der Fehlermeldung „you are temporarely rejected - try again later“ erhalten, schicken Sie die E-Mail bitte selbst erneut ab, und melden Sie das Problem Ihrem Provider."

2.2 Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt konnte auf Basis des Aktes der belangten Behörde, der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie aufgrund einer Einsichtnahme auf die Homepage der Bezirkshauptmannschaft AJ getroffen werden.

Der Verfahrensgang, insbesondere auch zur Zustellung der Strafverfügung, ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der Behörde, dem auch der Beschwerdeführer auf Tatsachenebene nicht entgegengetreten ist.

Die Feststellungen zu den Uhrzeiten des Absendens und Empfangens des in Rede stehenden E-Mails basieren auf der im Akt der belangten Behörde erliegenden Dokumentation der Landesinformatik und dem Vorbringen des Beschwerdeführers.

Die Funktion von Greylisting wurde vom Zeugen EE im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung schlüssig und nachvollziehbar dargelegt und es decken sich seine Ausführungen auch mit der Information auf der Homepage der Bezirkshauptmannschaft AJ, wo auf der Startseite darüber hinaus auch Beginn und Ende der Amtsstunden kundgemacht worden sind.

2.3 Rechtliche Erwägungen zum festgestellten Sachverhalt

Gemäß § 49 Abs 2 VStG beträgt die Frist für die Erhebung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung zwei Wochen. Diese Frist ist gewahrt, wenn der Einspruch am letzten Tag dieser Frist zur Post gegeben wird, oder - bei Übermittlung via E-Mail oder Telefax - an diesem Tag bei der Behörde einlangt. Bei dieser Einbringungsform hat die Behörde die Möglichkeit, die Entgegennahme von Schriftstücken gemäß § 13 Abs 5 AVG auf die im Internet und an der Amtstafel kundgemachten Amtsstunden zu beschränken. Hiervon hat die belangte Behörde Gebrauch gemacht und das Ende der Amtsstunden für 16:15 Uhr (Montag bis Donnerstag, Freitag bis 12:00 Uhr) festgelegt.

Im vorliegenden Fall wurde am Montag, dem 27.5.2019 erstmals um 12:58 Uhr ein Zustellversuch an die E-Mail-Adresse der belangten Behörde unternommen, bei dieser war das E-Mail schließlich um 16:32 Uhr (somit nach Ende der Amtsstunden am letzten Tag der Einspruchsfrist) im Posteingang abrufbar.

Für die Beurteilung der Frage der Rechtzeitigkeit ist jedoch nicht allein auf diesen Zeitpunkt abzustellen, sondern darauf, wann sich das E-Mail im elektronischen Verfügungsbereich der Behörde befindet (VwGH 2010/10/0258). In der Regel handelt es sich hierbei aufgrund der kurzen Übertragungszeiten ohnedies häufig um den Zeitpunkt des Einlangens im elektronischen Posteingang der Behörde. Allerdings bestehen technische Möglichkeiten auf Seiten des Empfängers, dass gewisse elektronische Posteingangsstücke nicht in den Posteingang transferiert werden, sondern beispielsweise in einen anderen Ordner (Spam), oder dass das E-Mail aufgrund des Anhangs/fehlenden Betreffs oder einer bis dato unbekannten IP-Adresse zunächst nicht angenommen wird.

Zur Abgrenzung, wann ein Anbringen auf diesem Wege bei der Behörde eingelangt ist, gilt der Grundsatz, dass die Daten vollständig in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde gelangen müssen. Die Partei trägt in diesem Fall die Gefahr des Verlustes (VwGH 30.4.2013, 2012/05/0090). Für ein rechtsgültiges Einlangen des Schriftstücks ist es bereits ausreichend, wenn die E-Mail-Sendung von einem Server der Behörde empfangen wurde (VwGH 18.4.2012, 2010/10/0258).

Im vorliegenden Fall bedient sich die belangte Behörde - worauf auch auf ihrer Homepage hingewiesen wird - dem „Greylisting“. Dabei werden E-Mails von unbekannten AbsenderInnen beim ersten Zustellversuch zurückgewiesen. Als Grundlage für diese Zurückweisung im technischen Sinn dienen dem Empfängerserver ausschließlich drei Parameter: die IP-Adresse des sendenden Servers, die Mail-Adresse des Absenders und die Mailadresse des Empfängers. Weitere Informationen bzw. Daten, insbesondere der Inhalt des Mails oder eine Geschäftszahl werden vom Server des Empfängers zu diesem Zeitpunkt nicht entgegengenommen. Diese Zurückweisung erfolgt bereits auf der Ebene des Eingangsservers, ein erster Zustellversuch scheitert sohin - bildlich gesprochen - bereits an der bzw. sogar vor der ersten Hürde.

Demzufolge ist im konkreten Fall das E-Mail erst nach dem zweiten Zustellversuch durch einen bereits zuvor verwendeten Server in den elektronischen Verfügungsbereich der belangten Behörde gelangt, weil es erst zu diesem Zeitpunkt vom Eingangsserver angenommen und weitertransferiert wurde. Diese hat den Einspruch daher, nachdem er formell erst am 28.5.2019 eingelangt ist, zu Recht wegen Verspätung zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid erweist sich sohin als unbegründet und war abzuweisen (Spruchpunkt I.).

Inwieweit den Absender an dieser verspäteten Einbringung ein Verschulden trifft (auf der Homepage wird eine Dauer des Zustellversuchs zwischen ca. 10 und 60 Minuten angeführt), ist nicht im Rahmen der Frage der Rechtzeitigkeit der Einbringung des Einspruchs zu beurteilen, sondern allenfalls Gegenstand eines Wiedereinsetzungsverfahrens.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision (Spruchpunkt II.)

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision beruht auf dem Umstand, dass in der vorliegenden Entscheidung keine Rechtsfrage von der in Art 133 Abs 4 B-VG geforderten Qualität zu beurteilen war, weil auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Zusammenhang mit dem Einlangen von E-Mails in den elektronischen Verfügungsbereich der Behörde zurückgegriffen werden konnte und sich diese Rechtsprechung auch auf „Greylisting“ übertragen lässt.

Schlagworte

Landessicherheitsgesetz, "Greylisting", Zustellversuch an Amt, Amtsstunden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2019:405.10.725.1.6.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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