TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/22 G307 2205491-1

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Veröffentlicht am 22.01.2019
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Entscheidungsdatum

22.01.2019

Norm

AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G307 2205491-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, StA.: Kosovo, vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER in 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2018,

Zl.: XXXX, zu Recht erkannt:

A) I. Der Beschwerde wird stattgegeben und gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG

festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

II. Der beschwerdeführenden Partei wird gemäß §§ 54, 55 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am 30.05.2017 den verfahrensgegenständlichen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" gemäß § 55 AsylG.

Dem Antrag war eine Vollmachtsbekanntgabe des Rechtsvertreters (im Folgenden: RV) des BF sowie ein Konvolut an Unterlagen beigelegt.

2. Jeweils am 07.11.2017 und 26.07.2018 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt.

3. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem RV des BF zugestellt am 10.08.2018, wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen, gegen den BF gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt II.), sowie diesem gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen gewährt (Spruchpunkt III.).

4. Mit per Telefax am 05.09.2018 beim BFA eingebrachtem Schreiben erhob der BF durch seinen RV gegen den zuvor genannten Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurden die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Behebung des angefochtenen Bescheides, die Zuerkennung des beantragten Aufenthaltstitels sowie die Unzulässigkeitserklärung einer Abschiebung des BF in den Kosovo, in eventu die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt vorgelegt und langten am 12.09.2018 beim BVwG ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo. Die Muttersprache des BF ist Albanisch.

Der BF hält sich seit Mai 2013 durchgehend im Bundesgebiet auf und war vom XXXX.2013 bis XXXX.2017 im Besitz eines Aufenthaltstitels "Studierender/Schüler". In Ermangelung eines hinreichenden Studien- bzw. Schulerfolges nahm der BF von der Stellung eines Verlängerungsantrages im Hinblick auf seinen einem Aufenthaltstitel Abstand und ist seither nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich.

Am 30.05.2017 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005.

Von XXXX.2013 bis XXXX.2014, XXXX.2016 bis XXXX.2017 und XXXX.2016 bis XXXX.2017 war der BF im Besitz von Arbeitsbewilligungen und ging von 07.08.2013 bis 08.10.2014, 04.11.2014 bis 22.12.2015, 29.01.2016 bis 30.09.2016 sowie 01.10.2016 bis 10.09.2017 überwiegend geringfügigen Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet nach. Der BF weist zudem von 24.05.2013 bis 22.12.2015 und 29.01.2016 bis 31.08.2016 Sozialversicherungszeiten auf. Der Bezug von Sozialleistungen konnte nicht festgestellt werden.

Der BF legte im Kosovo die Reifeprüfung ab und begann dort ein technisches Studium. In Österreich inskribierte der BF für das Bachelorstudium "Maschinenbau", welches er jedoch mangels Erfolges abbrach und besuchte anschließend von 2014 bis 2016 die XXXX in XXXX. Zudem schloss der BF am XXXX.2017 einen Lehrgang zum IFB-Bauwerksabdichter erfolgreich ab.

Der BF ist im Besitz mehrerer Einstellungszusagen und Arbeitsvorverträge, wobei der aktuellste das Datum 24.07.2018 trägt und die Vereinbarung enthält, dass der BF im Falle des Erhalts eines Aufenthaltstitels samt Arbeitsbewilligung, für einen monatlichen Bruttolohn von € 1.865,76 bei der XXXX, XXXX, in XXXX, eingestellt werde. Der BF lebt zudem von Zuwendungen seiner Geschwister und Eltern.

Am 15.09.2018 hat der BF die Integrationsprüfung des Österreichischen Integrationsfonds mit dem Deutschniveau B1 bestanden.

Der BF konnte im Verlauf des gesamten Verfahrens insgesamt 10 Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben zum Nachweis seiner Integration in die österreichische Gesellschaft vorlegen.

Der BF ist ledig, frei von Sorgepflichten, gesund und arbeitsfähig, führt jedoch mit der serbischen Staatsbürgerin XXXX, geb. XXXX, eine Lebensgemeinschaft in Österreich. Die Lebensgefährtin des BF hält sich seit 26.09.2016 im Bundesgebiet auf und war von 29.05.2016 bis 14.12.2017 im Besitz eines Aufenthaltstitels. Ein am 11.12.2017 gestellter Abänderungsantrag wurde am 29.05.2018 von der NAG-Behörde abgewiesen und verfügt sie seither über keinen Aufenthaltstitel mehr in Österreich. Die Lebensgefährtin des BF verfügt über einen Bezug zum Herkunftsstaat.

Zudem leben mehrere - insgesamt vier - Geschwister des BF, welche teils bereits über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügen, im Bundesgebiet. Zu diesen besteht regelmäßiger Kontakt, sie leben mit dem BF aber nicht im gemeinsamen Haushalt. Darüberhinausgehende familiäre Bindungen im Bundesgebiet bestehen nicht. Beide Elternteile halten sich dauerhaft in Norwegen auf und leben Geschwister der Mutter des BF nach wie vor im Kosovo. Der BF wurde von seinen Eltern und Geschwistern immer finanziell unterstützt.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, durchgehendem Aufenthalt im Bundesgebiet, vormaligem Besitz eines Aufenthaltstitels, Nichtstellung eines Verlängerungsantrages, familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet, Aufenthalt der Eltern in Norwegen sowie finanzieller Unterstützung des BF durch seine Familie getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Der Familienstand des BF sowie dessen Obsorgefreiheit beruhen auf dessen Angaben bei der Antragstellung sowie dem fehlenden Vorbringen feststellungswidriger Sachverhalte, und folgen Unibesuch sowie die Ablegung der Reifeprüfung im Kosovo ebenfalls dem unwiderrufenen Vorbringen des BF.

Die Arbeitsfähigkeit des BF sowie dessen Gesundheitszustand erschließen sich aus den wiederholten Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet, der Vorlage mehrerer Einstellungszusagen bzw. Arbeitsvorverträgen sowie fehlender Anhaltspunkte für das Vorliegen von Krankheiten.

Dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters lässt sich entnehmen, dass der BF seit 27.05.2017 nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels ist und folgt dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich), dass er bis dato in Österreich strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist.

Die gegenständliche Antragstellung beruht auf dem vom BF ausgefüllten Antragsformular und vermochte der BF insgesamt drei Bescheide des AMS vom XXXX.2013, XXXX.2016 und XXXX.2016 in Vorlage zu bringen, mit welchen dem BF Arbeitsbewilligungen innerhalb den oben festgestellten Zeiträumen ausgestellt wurden.

Die Erwerbs- und Sozialversicherungszeiten des BF erschließen sich wiederum aus dem Inhalt des auf seinen Namen lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges. Die festgestellte Inskription in das Bachelorstudium in Österreich und dessen Abbruch ergeben sich aus dem Vorbringen des BF, einer von diesem in Vorlage gebrachte Inskriptionsbestätigung und einer Bescheinigung negativer Leistungserfolge.

Der Schulbesuch (XXXX) folgt den vom BF in Vorlage gebrachten Schulbesuchsbestätigungen und beruht der Abschluss des Lehrganges IFB-Bauwerksabdichter ebenfalls auf einer in Vorlage gebrachten entsprechenden Bestätigung.

Der Vorlage von mehreren Einstellungszusagen und Arbeitsvorverträgen durch den BF lassen auf die diesbezüglichen obigen Feststellungen samt näherer Angaben zum aktuellsten Arbeitsvorvertrag schließen. Ferner brachte der BF eine Bestätigung über das Bestehen der Integrationsprüfung und damit einhergehend von Deutschkenntnissen des Niveaus B1 in Vorlage.

Durch die Vorlage von 10 Unterstützungsschreiben werden die obigen einschlägigen Feststellungen gestützt und lassen diese sowie die bisherige Aufenthaltsdauer des BF im Bundesgebiet eine soziale Integration des BF in Österreich erkennen.

Dem durch die Nennung konkreter Personalien verifizierbaren Vorbringen des BF folgen die Feststellungen hinsichtlich der Kontakthaltung zu seinen Familienangehörigen sowie deren legaler Aufenthalt in Österreich. Dass der BF mit seiner LG nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, erschließt sich aus dem Datenbestand des Zentralen Melderegisters sowie dem fehlenden Vorbringen eines substantiierten Sachverhaltes, der derartiges nahegelegt hätte.

Die Lebensgemeinschaft des BF mit seiner oben genannten Lebensgefährtin folgt dem Vorbringen des BF, welches durch den Datenbestand des ZMR untermauert wird. Dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters sowie des ZMR lassen sich ferner auch der Besitz eines Aufenthaltstitels, die Abweisung eines Verlängerungs- bzw. Abänderungsantrages sowie - eine aufenthaltsbestätigende - Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet entnehmen. Die zum Herkunftsstaat bestehenden Anknüpfungspunkte ergeben sich zudem aus dem erst kurzen Aufenthalt der LG des BF in Österreich sowie dem Vorbringen des BF, wonach seine Lebensgefährtin aufgrund einer Fehlgeburt vorübergehend in den Herkunftsstaat zum Zwecke eines "Heimaturlaubes" zurückgekehrt sei.

Anhaltspunkte für den Bezug von Sozialleistungen konnten nicht festgestellt werden. Weder konnte dem Sozialversicherungsauszug deren Bezug entnommen werden, noch lässt der Umstand der finanziellen Unterstützung des BF durch seine Familie den Bezug solcher Leistungen nahelegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der BF ist aufgrund seiner kosovarischen Staatsangehörigkeit sohin Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1.2. Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Der BF ist als kosovarischer Staatsangehöriger gemäß Art. 1 Abs. 1 iVm Anlage I der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1, von der Visumpflicht nicht befreit sowie zudem seit 27.05.2017 nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich. Ferner vermittelt eine Antragstellung nach § 55 AsylG, gemäß § 58 Abs. 13 AsylG kein Aufenthaltsrecht in Österreich, sodass dessen aktueller Aufenthalt seit 28.05.2017 als unrechtmäßig anzusehen ist.

3.1.3. Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG lautet:

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Im gegenständlichen Fall leben vier Geschwister des BF, welche teils bereits über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügen, rechtmäßig im Bundesgebiet. Zu diesen besteht jedoch wie bereits ausgeführt kein gemeinsamer Haushalt, erhält der BF jedoch von diesen finanzielle Unterstützung. Der BF ist zudem nicht verheiratet und frei von Obsorgeverpflichtungen, führt jedoch mit seiner Lebensgefährtin eine Beziehung in Österreich. Der BF verfügt somit über ein Privat- und Familienleben iSd. Art. 8 EMRK.

Das Familienleben des BF in Österreich hat jedoch maßgeblich an Relevanz insofern einzubüßen, als die LG des BF aufgrund erfolgter Abweisung ihres Verlängerungs/Abänderungsantrages am 29.05.2018 über keinen aktuellen Aufenthaltstitel in Österreich mehr verfügt. Auch kann unter Beachtung ihres erst kurzen Aufenthaltes in Österreich und den bestehenden Bezügen zum Herkunftsstaat nicht per se gesagt werden, dass die Fortführung einer Lebensgemeinschaft im Herkunftsstaat des BF bzw. seiner LG unmöglich wäre, was wiederum die Beachtlichkeit des gegenständlichen Familienlebens schmälert.

Darüber hinaus wäre jedoch auch ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des BF zu prüfen. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007, 852 ff).

Der BF hat die überwiegende Zeit seines Lebens im Kosovo verbracht, wo er geboren und sozialisiert wurde. Albanisch ist seine Muttersprache, er hat dort bereits maturiert sowie die Universität besucht. Verwandte des BF halten sich weiterhin im Kosovo auf, wobei sich seine Eltern dauerhaft in Norwegen niedergelassen haben. Es kann sohin nicht davon gesprochen werden, dass der BF im Kosovo keinerlei Existenzgrundlage mehr hätte oder soziale Bezüge mehr vorfände und somit als völlig entwurzelt anzusehen wäre.

Wie bereits ausgeführt, hält sich der BF jedoch zumindest seit Mai 2013, und damit seit rund 5 Jahren und 7 Monaten durchgehend im Bundesgebiet auf. Sein Aufenthalt erwies sich von Beginn an bis zum Ablauf seines Aufenthaltstitels am 27.05.2017, somit für vier Jahre, als rechtmäßig.

Der BF verfügte bisher und auch aktuell noch über die finanzielle Unterstützung seiner in Norwegen und Österreich lebenden Familienangehörigen. Er hat bisher keine Leistung einer Gebietskörperschaft in Anspruch genommen und war zudem wiederholt erwerbstätig. In Ermangelung eines aufrechten Aufenthaltstitels konnte der BF keinen weiteren Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet mehr nachgehen und verfügt zudem über mehrere Einstellungszusagen wie Arbeitsvorverträge, insbesondere für eine Vollzeitbeschäftigung bei einer Bruttoentlohnung von € 1.865,76. Der BF erweist sich sohin als selbsterhaltungsfähig.

Darüber hinaus hat der BF in Österreich die Universität, die XXXX sowie einen berufsbildenden Lehrgang besucht, sich Deutschkenntnisse des Niveaus B1 angeeignet und einen Integrationskurs erfolgreich absolviert. Außerdem konnte der BF zahlreiche Unterstützungs- und Empfehlungsschreiben zum Nachweis seiner zwischenzeitig erfolgten Integration in Österreich vorlegen und pflegt zu seinen im Bundesgebiet lebenden Geschwistern regelmäßigen Kontakt. Auch in strafrechtlicher Hinsicht erweist sich der BF als unbescholten.

Auch wenn der belangten Behörde zugestimmt werden muss, dass sich der BF aufgrund der - wegen Nichterfüllung der speziellen Aufenthaltstitelvoraussetzungen erfolgten - Nichtstellung eines Verlängerungsantrages nach Ablauf seines Aufenthaltstitels rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält, so versuchte der BF durch das Einbringen des gegenständlichen Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 seinen Aufenthalt zu legitimieren.

Einem solchen Aspekt kommt zwar unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG 2014 ("Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren") Bedeutung zu. Dies hat jedoch schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während unsicheren Aufenthalts erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung (bzw. Rückkehrentscheidung) führen kann (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325 mwN).

Nachdem sich darüber hinaus der überwiegende Aufenthalt des BF im Bundesgebiet als rechtmäßig darstellt und er sich "nur" das letzte Jahr ohne eine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche erlangte Integration des BF unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG zu relativieren wäre.

Dem Umstand des nunmehr unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet, welcher von der belangten Behörde bei der Begründung der Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidung in den Vordergrund gerückt wurde, kommt angesichts seines davor vierjährigen rechtmäßigen Aufenthalts, der absolvierten Uni-, Schul-, und Berufsausbildungen, der in weiterer Folge begonnenen legalen (und neuerlich in Aussicht gestellten) Erwerbstätigkeit, der zwischenzeitig absolvierten Integrationsprüfung sowie seiner gesellschaftlichen Integration keine wesentliche Bedeutung mehr zu. Bei der Beurteilung des "Grades der Integration" (§ 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG) schenkt die belangte Behörde all jenen für den BF sprechenden Punkten nicht die gehörige Beachtung (vgl. dazu auch VwGH vom 20.10.2016, Zl. Ra 2016/21/0224 mwN).

Der BF ist zudem unbescholten. Er hat sich - abgesehen von seinem rechtswidrigen Aufenthalt in Österreich im letzten Jahr - wohlverhalten.

Es wird vom erkennenden Gericht nicht verkannt, dass die einzelnen Umstände für sich genommen keine außergewöhnlichen Integrationsschritte darstellen, doch führen die Zusammenschau der dargestellten Umstände und der Aufbau sozialer Bindungen im Bundesgebiet zum Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall in einer Abwägung aller Faktoren das private Interesse an der - nicht nur vorübergehenden - Fortführung des Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich dennoch höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung.

Demzufolge erwiese sich verfahrensgegenständlich eine Rückkehrentscheidung allein schon aus Sicht des Privatlebens des BF gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG als auf Dauer unzulässig und liegen - sohin - auch die Aufenthaltstitelerteilungsvoraussetzungen iSd. § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG - Gebotenheit zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd. Art 8 EMRK - vor.

3.1.4. Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 werden Drittstaatsangehörigen folgende Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt:

1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt;

2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt;

3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind diese Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG kumulativ vorliegen müssen und ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob der Beschwerdeführer das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitelt "Rot-Weiß-Rot Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

§ 11 Abs. 2 Integrationsgesetz lautet:

"Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolgt ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig."

Der BF hat am 15.09.2018 die Integrationsprüfung des Österreichischen Integrationsfonds im Sinne der soeben angeführten §§ 9 und 11 Abs. 2 IntG sowie des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 bestanden.

Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG im Fall des Beschwerdeführers gegeben sind und darüber hinaus der Beschwerdeführer Modul 1 der Integrationsvereinbarung nach § 9 IntG durch die Vorlage seines Zeugnisses des Integrationsfonds nachweisen konnte, war daher, in Ermanglung der Feststellbarkeit von Ausschlussgründen iSd. § 58 Abs. 9 und 10 AsylG sowie § 60 AsylG, spruchgemäß zu entscheiden und die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus, Deutschkenntnisse, Integration,
Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G307.2205491.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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