Entscheidungsdatum
11.03.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W163 2215261-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel Leitner als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Sri Lanka, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.02.2019, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 und 57 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger Sri Lankas, stellte sich am 08.02.2019 der Einreisekontrolle am Flughafen Schwechat und wies sich mit einem Reisepass der Demokratischen Sozialistischen Republik Sri Lanka und einem italienischen Personalausweis aus. Nachdem der italienische Personalausweis als Totalfälschung durch die Grenzkontrollorgane (Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommandos Schwechat) erkannt wurde, stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.2. Im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung am 08.02.2019 gab der BF zusammengefasst an, er sei nach der Schule im Jahr 1999 nach Italien gekommen und hätte dort bis zum Jahr 2006 als Haushaltshilfe gearbeitet. im Jahr 2006 sei er nach Sri Lanka zurückgekehrt und hätte ein Lokal eröffnet. Dies sei nicht sehr ertragreich gewesen und er hätte in einem anderen Lokal als Küchenhelfer gearbeitet. Er hätte umgerechnet € 5.000,-- an Schulden angehäuft, weshalb er den Entschluss gefasst hätte, wieder nach Italien zu gehen, um Geld zu verdienen. Mit Verwandten in Italien hätte er Kontakt aufgenommen und Freunde hätten ihm den gefälschten italienischen Reisepass besorgt. Da er nun keine Möglichkeit mehr hätte, nach Italien zu kommen, suche er hier um Asyl an. Der BF gab an, er möchte nicht zurück nach Sri Lanka, er möchte hier bleiben und Geld verdienen.
1.3. In seiner Erstbefragung am 09.02.2019 durch Organe der Bundespolizei des Stadtpolizeikommandos Schwechat Flughafen gab der BF im Beisein eines Dolmetschers für Singhalesisch im Wesentlichen Folgendes an:
Er heiße XXXX , geboren am XXXX in XXXX (Sri Lanka) und habe zuletzt in XXXX in Sri Lanka gelebt. er sei Staatsangehöriger der Demokratischen Sozialistischen Republik Sri Lanka. Seine Muttersprache sei Singhalesisch und er bekenne sich zum römisch-katholischen Glauben. Er sei verheiratet und habe drei Töchter im Alter von 7 bis 13 Jahren. Seine Familie, seine Eltern und ein Bruder leben in Sri Lanka. Er hätte 11 Jahre lang die Grundschule besucht und 1 Jahr die Kochschule. Zuletzt habe er als Küchenhilfe gearbeitet.
Er sei am 07.02.2019 von seinem Wohnort zum Flughafen Colombo gefahren und über Dubai nach Wein geflogen und am 08.02.2019 angekommen.
Als Ausreisegrund gab der BF im Wesentlichen an, dass er sich entschlossen hätte Sri Lanka zu verlassen, weil er in seiner Heimat als Küchenhilfe zu wenig verdient hätte, um seine Familie zu ernähren. Seine Frau sei nicht berufstätig und er hätte monatlich etwa € 170,-- verdient. Von 1999 bis zum Jahr 2005 habe er in Italien als Haushaltshilfe gearbeitet und mit dem Verdienst sein Haus in Sri Lanka gebaut. Im Jahr 2005 oder 2006 sei er freiwillig nach Sri Lanka zurückgekehrt. Weitere Gründe für eine Asylantragstellung habe er nicht.
1.4. Bei seiner Einvernahme im Zulassungsverfahren am 13.02.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) in der Erstaufnahmestelle Flughafen, im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Singhalesisch und seines Rechtsberaters, bestätigte der BF nach erfolgter Rechtsberatung die Richtigkeit seiner bisher gemachten Angaben und wurde ausführlich und intensiv insbesondere zu seinen Lebensumständen und den Gründen für seine Ausreise befragt. Die belangte Behörde hat sich in weiterer Folge ausführlich in seiner Beweiswürdigung im gegenständlich angefochtenen Bescheid auseinandergesetzt (zusammengefasst wiedergegeben unten unter Punkt 1.6.).
1.5. Das Büro des Hohen Flüchtlingskommissärs der Vereinten Nationen in Österreich (UNHCR) teilte mit Schreiben vom 19.02.2019 mit, dass die Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG erteilt werde, da das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.
1.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit im Spruch angeführten Bescheid, zugestellt durch persönliche Übernahme am 19.02.2019, den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 08.02.2019 gemäß § 33 Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm auch keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.).
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Die Identität des BF stehe fest.
Der BF sei gesund und arbeitsfähig und hätte bis zu seiner Ausreise als Küchenhilfe gearbeitet.
Der BF hätte aus wirtschaftlichen Gründen seinen Herkunftsstaat verlassen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF jemals belangt, bedroht oder verfolgt wurde. Verfolgungshandlungen hat der BF nicht behauptet und es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF in seinem Herkunftsstaat in Zukunft Verfolgungshandlungen zu befürchten hätte.
Im Falle seiner Rückkehr könne nicht festgestellt werden, dass er in Sri Lanka einer realen Gefahr der Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK bzw. der maßgeblichen Zusatzprotokolle oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt wäre.
In Österreich habe er keine Familienangehörigen oder Verwandten. Er habe keine Anknüpfungspunkte zu Österreich und spreche nicht Deutsch. Im Herkunftsstaat würden beide Elternteile und auch seine Frau und Töchter leben. Die Identität des BF stehe fest.
Zum Fluchtvorbringen führte das BFA beweiswürdigend (auszugsweise) aus:
"
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Betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes und betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:
Ihr Fluchtvorbringen bestand im Wesentlichen daraus, dass Sie erneut nach Italien reisen wollten, um dort eine Arbeit zu finden, weil man dort mehr verdienen würde.
Diese Gründe waren für glaubhaft zu befinden.
Festzuhalten ist, dass Sie angaben, bereits von 1999 bis 2005 oder 2006 in Italien als Küchengehilfe berufstätig gewesen zu sein und in Italien auch 5 bis 8 Cousins hätten.
Als Sie am Flughafen der Identitätskontrolle unterzogen wurden, stellten Sie laut Ihren Angaben einen Asylantrag, weil Sie befürchtet hätten, dass Sie nicht mehr in Italien einreisen können.
Insgesamt gaben Sie konkret und durchaus nachvollziehbar an, dass Sie aus wirtschaftlichen Gründen Ihre Heimat verlassen hätten.
Unmissverständlich gaben Sie bei Ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA zu
Protokoll, dass Sie niemals belangt, bedroht oder verfolgt worden wären.
Verfolgungshandlungen haben Sie nicht behauptet und es konnte weiters nicht festgestellt werden, dass Sie im Herkunftsstaat Verfolgungshandlungen in Zukunft zu befürchten hätten.
Auch andere asylrelevante Gründe konnte in Ihrem Verfahren nicht festgestellt werden.
Daher ist auch nicht davon auszugehen, dass Sie bei einer Rückkehr in die Heimat aus diesen Gründen mit Schwierigkeiten zu rechnen haben.
Sie sind zudem im Besitz eines Reisepasses, eine Identitätsfeststellung durch die Behörden in Sri Lanka ist demnach problemlos möglich.
Auch aus den Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsland ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass Sie im Falle einer Rückkehr nach Sri Lanka einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder als Zivilperson von einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt sind.
Sie sind ein gesunder Erwachsener und fanden sich im Verfahren keinerlei Hinweise dafür, dass Ihnen eine Teilnahme am Erwerbsleben etwa aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich wäre. Sie haben auch bisher bis zum Tag Ihrer Ausreise in einem Hotel gearbeitet und waren bereits selbstständig berufstätig. Sie verfügen über ein familiäres Netz in Sri Lanka und es ist Ihnen auch weiterhin eine Berufstätigkeit zumutbar.
Aufgrund der Lage in Ihrem Heimatland ist auch nicht anzunehmen, dass Sie bei Ihrer Rückkehr dort in eine wirtschaftliche Notlage geraten würden.
Aus diesen Gründen waren die entsprechenden Feststellungen bezüglich der Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates und zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr zu treffen.
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Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben ergaben sich aus Ihren Einlassungen und dem Akteninhalt.
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Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist gemäß § 60 Abs. 2 AsylG 2005 zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.
Die Feststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation in Ihrem Herkunftsland ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte "notorische" Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998
89) keines Beweises. "Offenkundig" ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder "allgemein bekannt" (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch "bei der Behörde notorisch" (amtsbekannt) geworden ist; "allgemein bekannt" sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen - ohne besondere Fachkenntnisse - hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen."
In der rechtlichen Beurteilung wurde unter anderem ausgeführt:
"Hinsichtlich der in Ihrem Fall festgestellten Gründe für den Antrag auf Zuerkennung der Asylberechtigung bedeutet dies:
Im gesamten Ermittlungsverfahren ist "kein begründeter Hinweis" im Sinne des § 33 Abs. 1 AsylG hervorgekommen, aus welchem Ihnen des Status des Asylberechtigten zuzuerkennen wäre.
Gemäß § 33 Abs. 1 Z 3. haben Sie keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht.
Ihre wirtschaftlichen Beweggründe für diese Asylantragstellung können mangels GFK-Relevanz nicht zu einer Asylgewährung führen.
Auch aus den Feststellungen zur aktuellen Lage in Ihrem Heimatland ergaben sich keine Hinweise auf eine Verfolgungsgefahr.
Weiters ist in Ihrem Fall auch § 33 Abs 1 Ziffer 4. AsylG erfüllt, da aus den Feststellungen klar hervorgeht, dass Sie Staatsangehöriger von Sri Lanka sind, somit aus einem sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 Abs. 5 Ziffer 2. BFA-VG (BGBl. I Nr. 87/2012, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 idgF, Herkunftsstaaten Verordnung - HStV, BGBl. II Nr. 177/2009) stammen und sich wie in der Beweiswürdigung ausgeführt kein begründeter Hinweis auftat, dass Ihnen der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre.
Im gesamten Ermittlungsverfahren ist somit "kein begründeter Hinweis" im Sinne des § 33 Abs. 1 AsylG hervorgekommen, aus welchem Ihnen der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen wäre.
Wie schon im Verfahrensablauf angeführt, wurde der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge am 14.02.2019 von der beabsichtigten Entscheidung des Bundesamtes verständigt und wurde am heutigen Tag die Zustimmung, den Antrag auf internationalen Schutz nach § 33 Abs. 1 AsylG abzuweisen, erteilt.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
[...]
Wie schon in der Begründung zur Entscheidung über Ihren Asylantrag ausgeführt, haben Sie keine asylrelevante Verfolgung geltend gemacht, weshalb auf keinen Fall aus den behaupteten Gründen bei einer Rückkehr nach Sri Lanka von einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgegangen werden kann oder für Sie als Zivilperson von einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgegangen werden kann.
Weiter lässt sich auch aus der allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Sri Lanka keine Ihre Person betreffende Gefahr im Sinne der Art. 2 u. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ableiten.
Es ist auch unter Zugrundelegung Ihrer Angaben nicht davon auszugehen, dass Sie sich bei einer Rückkehr nach Sri Lanka in einer massiven wirtschaftlichen Notlage befinden würden.
Sie sind gesund, arbeitsfähig und verfügen über reichhaltige Berufserfahrungen und können bei Ihrer Rückkehr nach Sri Lanka dort Ihren Lebensunterhalt bestreiten, wie Sie dies bereits in den vergangenen Jahren getan haben.
Zudem verfügen Sie in Sri Lanka in Ihrem Heimatort über viele verwandtschaftliche Bezugspunkte und leben dort Ihre Eltern und Ihre Familie. Diese haben Sie auch bisher finanziell unterstützt.
Sie sind demnach arbeits- bzw. selbsterhaltungsfähig und ist Ihnen zumutbar, sich durch Arbeitsaufnahme oder mit anfänglicher Unterstützung von Angehörigen selbst zu erhalten.
Es ist Ihnen bei der Rückkehr nach Sri Lanka daher zuzumuten, auch unter durchaus schwierigen Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Aufgrund der vorgelegten Berichte ist davon auszugehen, dass die Grundversorgung in Sri Lanka ebenso gewährleistet ist, wie eine Grundversorgung in medizinischer Hinsicht.
Im gesamten Ermittlungsverfahren ist "kein begründeter Hinweis" im Sinne des § 33 Abs. 1 AsylG hervorgekommen, aus welchem Ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre.
Der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge wurde am 14.02.2019 von der beabsichtigten Entscheidung des Bundesamtes verständigt und erteilte am heutigen Tag die Zustimmung, den Antrag auf internationalen Schutz nach § 33 Abs. 1 AsylG abzuweisen."
Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG schon deshalb nicht Betracht käme, da sich der BF nicht im Bundesgebiet aufhalte. Auch die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG komme aus diesem Grund - zumal im Flughafenverfahren über eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht abzusprechen sei - nicht in Betracht.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wurde dem BF mit Verfahrensanordnung der Verein Menschenrechte Österreich gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.
1.7. Gegen diesen Bescheid richtet sich das mit Schreiben vom 25.02.2019 fristgerecht eingebrachte, von seiner Rechtsberatung unterstützte erstellte Rechtsmittel der Beschwerde, mit dem der Bescheid gesamtinhaltlich angefochten wurde.
Der BF beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge
* Den angefochtenen Bescheid abändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 08.02.2019 Folge gegeben und ihm gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten, in eventu der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, zuerkannt wird;
* in eventu dem Beschwerdefrüher den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen;
* in eventu gem. § 57 AsylG einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen.
* eine mündliche Verhandlung durchführen.
Begründend wird in der Beschwerde zusammengefasst ausgeführt, der BF hätte aufgrund seiner Nervosität für die Entscheidung wichtige Tatsachen vergessen zu erwähnen, nämlich seine politischen Aktivitäten in Sri Lanka. Er sei im Jahr 2015 für den Expräsidenten im Zuge der Präsidentschaftswahl aktiv gewesen, habe Flyer und Broschüren für dessen Wahl verteilt und Unterschriften für ihn gesammelt. Am 15. Und 16. Februar hätten mehrere Anhänger des neuen Präsidenten bei der Frau der BF zu Hause nach dem BF gefragt und gedroht, dem Bf den Kopf abzuschlagen, falls sie den ihn erwischen sollten. Zwei Tage später wären die Männer beim Bruder des BF aufgetaucht und hätten sich nach dem Aufenthaltsort des BF erkundigt. Der BF befürchte im Falle der Rückkehr verhaftet und gefoltert zu werden.
1.8. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 28.02.2019 beim BVwG ein.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Beschuldigtenvernehmung am 08.02.2019, der Erstbefragung am 09.02.2019 und der Einvernahme vor dem BFA am 13.02.2019, die Zustimmung des UNHCR zur Abweisung des Antrages vom 19.02.2019 sowie die Beschwerde vom 25.02.2019;
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im Verfahren vor dem BFA (Aktenseiten 153 bis 173;
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Sri Lanka vom 24.05.2018).
Der BF hat keinerlei Beweismittel oder sonstige Belege für sein Vorbringen vorgelegt.
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die unter Punkt 2. erwähnten Beweismittel.
3.1. Zur Person des BF:
3.1.1. Der BF heißt XXXX , geboren am XXXX in XXXX (Sri Lanka). Der BF ist Staatsangehöriger der Demokratischen Sozialistischen Republik Sri Lanka. Der BF gehört der Volkgruppe der Singhalesen an und bekennt sich zum römisch-katholischen Glauben. Der BF hat 11 Jahre die Grundschule besucht und eine einjährige Ausbildung an einer Kochschule absolviert. Der BF lebte zusetzt mit seiner Familie in XXXX (Sri Lanka) und war als Küchenhilfe erwerbstätig. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Seine Frau und seine drei Töchter sowie seine Eltern leben in Sri Lanka. Seine Familie wird von Vater des BF unterstützt.
3.1.2. Der BF ist nach eigenen Angaben in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft und hatte auch sonst keine über das Antragsvorbringen hinausgehenden Probleme in seinem Herkunftsstaat.
Er reiste am 08.02.2019 auf den Luftweg von Colombo kommend via Dubai am Flughafen Schwechat ein und stellte dort, nachdem der von ihm vorgewiesene italienische Personalausweis als Totalfälschung erkannt wurde, am gleichen Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
3.1.3. Der BF hat im Verfahren vor dem BFA eine ihm drohende Verfolgung in seinem Herkunftsstaat nicht behauptet und als Grund für seine Ausreise angegeben, in Italien - wie bereits bei einem Aufenthalt in den Jahr 1999 bis 2006 - arbeiten zu wollen. Es haben sich auch sonst im Verfahren vor dem BFA keine Hinweise darauf ergeben, dass der BF im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.
Die Beurteilung seitens des BFA, dass die Ausreise aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte und Verfolgungshandlungen weder behauptet wurden, noch sonst hervorgekommen sind, ist - wie auch die Stellungnahme des UNHCR, dass die Antragstellung als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne - zutreffend.
3.1.4. Der BF hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm im Falle seiner Verbringung in den Herkunftsstaat aufgrund seiner individuellen Situation (Lebensumstände wie soziales Netz und Familie, Gesundheit und anderes mehr) im Zusammenhang mit der Lage in seiner Herkunftsregion ein reales Risiko einer Verletzung des Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), droht, und ist dies auch nicht von Amts wegen hervorgekommen.
Der BF ist im erwerbsfähigen Alter und männlich. Er hat elf Jahre die Schule und dann ein Jahr lang eine Kochschule besucht und zuletzt als Küchenhilfe gearbeitet. Er verfügt durch Familie und Freunde über Anknüpfungspunkte in Sri Lanka. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat er im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonstwie bekannt geworden. Es ist daher anzunehmen, dass der BF im Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Auskommen für sich und seine Familie zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen, zumal er über Schulbildung und Berufserfahrung (als Koch und Küchenhilfe) verfügt. Darüber hinaus kann der BF eine Unterstützung durch seinen Vater erwarten, da der BF angegeben hat, auch bisher von seinem Vater unterstützt worden zu sein und kein Grund vorgebracht wurde, warum diese Unterstützung nicht mehr zu erwarten sei.
3.1.5. Es besteht kein reales Risiko, dass der BF im Herkunftsstaat einer dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen wird, und hat dies der BF auch nicht behauptet.
3.2. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:
3.2.1. Die im angefochtenen Bescheid getroffenen und in Punkt 2. dieses Erkenntnisses angeführten Feststellungen zur Lage in Sri Lanka decken sich mit dem Amtswissen des BVwG und werden im Folgenden diesem Erkenntnis zugrunde gelegt.
3.2.2. Zur allgemeinen Lage in Sri Lanka (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 24.05.2018):
1. Politische Lage
Sri Lanka ist eine konstitutionelle Mehrparteienrepublik mit einer frei und direkt gewählten Regierung (USDOS 20.4.2018). Der direkt vom Volk gewählte Präsident hat eine große Machtfülle und ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef. Der von ihm ernannte Ministerpräsident führt ein eigenes Ressort neben den zahlreichen Fachministerien. Das Einkammerparlament mit 225 Sitzen geht mittels eines modifizierten Verhältniswahlrechts aus allgemeinen, gleichen Wahlen hervor. Die unitarische Staatsverfassung weist seit Verabschiedung des 13. Verfassungszusatzes 1987 begrenzt dezentralisierende Elemente auf. Es wurden neun Provinzen geschaffen, die gewählte Provinzräte und -regierungen haben mit einem leitenden Minister (Chief Minister) an der Spitze, dem ein vom Präsidenten ernannter Gouverneur an die Seite gestellt ist. Unterhalb der Provinzebene existieren die Ebenen der Distrikte und der Kommunalverwaltung mit ebenfalls gewählten Stadt- und Gemeinderäten (AA 3.2018a).
In seiner zweiten Amtszeit ab 2009 besaß der damalige Präsident Rajapaksa eine umfassende Machtfülle und erhielt Zugriff auf die Besetzung von Positionen in eigentlich unabhängig angelegten Institutionen, im öffentlichen Dienst, bei Justiz und Polizei. Die demokratischen Strukturen des Landes waren zunehmend Belastungsproben ausgesetzt. Obwohl unter Präsident Rajapaksa die weitgehend zerstörte Infrastruktur im Norden und Osten wiederhergestellt wurde, bemühte er sich nicht, die Wiederversöhnung weiter voranzutreiben. Mit dem im April 2015 verabschiedeten 19. Verfassungszusatz wurden einzelne Vollmachten des Präsidenten gestrichen und im Gegenzug wurde die Rolle des Parlaments gestärkt. 2016 lief auch ein neuer Verfassungsreformprozess an, dessen Kernelemente eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen Zentralregierung und Provinzen (Dezentralisierung), ein neues Wahlrecht und die Abschaffung der exekutiven Präsidentschaft sind. Ziel der Regierung ist es, die Reform 2018 abzuschließen. Präsident und Ministerpräsident haben im September 2017 angekündigt, dass künftig bei allen Wahlen ein System gelten soll, das eine Mischung von Mehrheits- und Verhältniswahl vorsieht (AA 3.2018a).
Wahlen werden regelmäßig auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts und eines Mehrparteienwettbewerbs durchgeführt (BTI 2018). Am 8.1.2015 wählten die Wähler bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl den Oppositionskandidaten Maithripala Sirisena für fünf Jahre zum Präsidenten (AA 3.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018). Er erhielt die Unterstützung von 51,28% der Wähler, während für den bisherigen Amtsinhaber 47,58% stimmten. Die Wahlbeteiligung war mit 81,5% sehr hoch. Sirisena wurde bereits am 9.1.2015 vereidigt (AA 3.2018a).
Bei der Parlamentswahl am 17. August 2015 erzielte eine Allianz der liberalen United National Party (UNP) mit anderen Parteien im Rahmen der United National Front for Good Governance 45,66%. Die UPFA, ein Parteienbündnis, dessen Mehrheit eine Rückkehr Rajapaksas in die Politik als Premierminister angestrebt hatte, unterlag mit 42,38%. Die Wahlbeteiligung war mit rund 77% für eine Parlamentswahl sehr hoch. Die Sri Lanka Freedom Party (SLFP) des Präsidenten und die UNP des Premierministers unterzeichneten am 21. August 2016 eine Vereinbarung, mit der sie sich auf eine Zusammenarbeit zunächst für zwei Jahre verständigten. Im August 2016 wurde entschieden, die Zusammenarbeit auf die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren auszudehnen. Oppositionsführer ist mit R. Sampanthan von der Tamil National Alliance (Bündnis gemäßigter tamilischer Parteien) erstmals seit 1977 wieder ein Vertreter der Tamilen (AA 3.2018a).
Die neue Regierung unter Premierminister Wickremeshinghe konnte zahlreiche Versprechen des "100-Tage-Programmes" umzusetzen. Unter anderem wurden mit dem 19. Verfassungszusatz Verfassungsänderungen von Präsident Rajapaksa rückgängig gemacht und die Machtfülle des Präsidenten beschnitten (AA 3.2018a).
Bei den Lokalwahlen am 10. Februar 2018 mussten die Regierungsparteien einen Rückschlag hinnehmen. Die neue Partei, Sri Lanka People's Front (Sri Lanka Podujana Peramuna, SLPP), die den Ex-Präsidenten Rajapaksa unterstützt, erzielte 44.65% der Stimmen, die UNP 32,63% und die SLFP (mit Verbündeten) 13,38%. Gründe dafür waren die Unzufriedenheit über steigende Preise für Grundnahrungsmittel sowie mangelnde Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung (AA 3.2018a).
Am 1.10.2015 hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Konsens mit Sri Lanka die Resolution "Promoting reconciliation, accountability and human rights in Sri Lanka" (A/HRC/30/L.29) und im März 2017 eine Folgeresolution beschlossen. Sri Lanka hat sich damit bereit erklärt, die mutmaßlichen im Bürgerkrieg begangenen (Kriegs-)Verbrechen in einem glaubwürdigen Prozess aufzuarbeiten (AA 16.12.2017).
Die Regierung möchte die nationale Wiederversöhnung vorantreiben. Gegenüber dem Menschenrechtsrat erklärte sich die Regierung bereit, zahlreiche Maßnahmen umzusetzen. Im August 2016 wurde ein Gesetz zur Einrichtung eines Büros für Vermisste ("Office of Missing Persons") beschlossen, die des leitenden Beauftragten (Commissioners) jedoch erst im Februar 2018 ernannt. Auch eine Wahrheitskommission ("Truth and Reconciliation Commission") soll eingerichtet werden. Weitere wichtige Schritte hat die Regierung noch vor sich, darunter auch die Verfassungsreform, deren Prozess 2017 ins Stocken geraten ist (AA 3.2018a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (AA 3.2018a): Sri Lanka - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/srilanka-node/-/212314#content_0, Zugriff 20.4.2018
-
AA - Auswärtiges Amt (16.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Sri Lanka
-
BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Sri Lanka, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427480/488326_en.pdf, Zugriff 15.5.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sri Lanka, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430115.html, Zugriff 23.4.2018
2. Sicherheitslage
Das staatliche Gewaltmonopol ist unangefochten. Allerdings gibt es in Teilen des Nordens und Ostens ein erhöhtes Sicherheitsrisiko mit einigen gewalttätigen Zwischenfällen. Im April 2014 erschoss das sri-lankische Militär drei mutmaßliche tamilische Nationalisten in Nedunkerni (Distrikt Vavuniya). Im Oktober 2016 wurden zwei tamilische Studenten von der Polizei an einem Kontrollpunkt in Kokuvil (Bezirk Jaffna) erschossen. Im Zusammenhang mit dem zweiten Vorfall wurden fünf Polizisten verhaftet (BTI 2018).
Seit Ende des Bürgerkriegs im Mai 2009 haben in Sri Lanka keine Terroranschläge mehr stattgefunden. Militär und Polizei sind weiterhin sichtbar präsent (AA 8.5.2018).
Die Landrückgabe wird fortgesetzt - nach dem aktuellen Zeitplan der Regierung (Oktober 2017) soll Ende 2018 noch eine Fläche von etwa 145 km2 bei den Sicherheitskräften verbleiben, bei der es sich vor allem um staatliches Land handeln soll. Der umfassende Sicherheits- und Überwachungsapparat dürfte insbesondere im Norden und Osten noch intakt sein, tritt aber nach außen nicht mehr so häufig wie früher in Erscheinung (AA 16.12.2017).
Am 1.3.2018 ist Sri Lanka der Konvention über Streumunition von 2008 beigetreten, weniger als drei Monate nachdem das Land dem Minenverbotsvertrag von 1997 beigetreten ist (HRW 14.3.2018). Bis auf kleine noch nicht entminte Gebiete im Nordosten und einzelne "Hochsicherheitszonen" um Militäreinrichtungen in der Nord- und der Ostprovinz können sich Sri Lanker im ganzen Land frei bewegen und niederlassen (AA 16.12.2017). Im Juni 2017 betrug die verbliebene verminte Gesamtfläche 25,5km2, die sich über zehn Distrikte verteilt, was eine deutliche Reduktion gegenüber 68km2 im Jahr 2014 darstellt. Bei der derzeitigen Rate könnte Sri Lanka bis Ende 2021 frei von Landminen sein (MAG 2.4.2018).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (8.5.2018): Sri Lanka: Reise- und Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/srilankasicherheit/212254, Zugriff 8.5.2018
-
AA - Auswärtiges Amt (16.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Sri Lanka
-
BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Sri Lanka, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427480/488326_en.pdf, Zugriff 15.5.2018
-
HRW - Human Rights Watch (14.3.2018): Sri Lanka Bans Cluster Munitions, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426882.html, Zugriff 20.4.2018
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MAG - Mines advisory group (2.4.2018): State of Play: The Landmine Free 2025 Commitment,
https://www.maginternational.org/download/5a3d229948984/, Zugriff 24.5.2018)
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sri Lanka, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430115.html, Zugriff 23.4.2018
3. Rechtsschutz / Justizwesen
Die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis diskriminiert nicht nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung. Die neue Regierung muss aber noch eine Lösung für die zahlreichen "Altfälle", also bereits Inhaftierte, finden. Darunter sind auch politische Gefangene, die auf Grundlage des Prevention of Terrorism Act (PTA) inhaftiert wurden. Die Regierung hat zugesagt, diese Fälle zu überprüfen. Sippenhaft wird nicht praktiziert. Keiner Person oder Personengruppen wird kategorisch der Rechtsschutz verweigert (AA 16.12.2017).
Der 2015 verabschiedete 19. Verfassungszusatz hat die Macht des Präsidenten in mehrfacher Hinsicht begrenzt. Sie verringerte etwa den Einfluss des Präsidenten auf die Justiz und die Verwaltung, indem sie die bisher praktisch uneingeschränkte Befugnis des Präsidenten einschränkte, eine Reihe öffentlicher Amtsträger direkt zu ernennen, darunter Richter des Obersten Gerichtshofs und des Berufungsgerichts, den Generalstaatsanwalt, den Generalprüfer und den Generalinspekteurs der Polizei. Diese Ernennungen sowie Ernennungen in die Wahlkommission, die Kommission für den öffentlichen Dienst, die nationale Polizeikommission, die Menschenrechtskommission, die Kommission zur Untersuchung von Korruptions- und Bestechungsvorwürfen und die Abgrenzungskommission können nun vom Präsidenten nur noch auf Empfehlung des Verfassungsrates vorgenommen werden, dem sowohl Vertreter der Regierung als auch der Opposition angehören (BTI 2018).
Unter der neuen Regierung haben Ermittlungsbehörden und Justiz begonnen, mutmaßliches Unrecht in der Vergangenheit - z.B. das Verschwinden von Journalisten, ungewöhnliche Todesfälle, Korruption, Geldabflüsse ins Ausland - zu untersuchen. Zahlreiche Kommissionen sind tätig. In manchen Bereichen, wie z.B. bei der Aufklärung von Todesfällen, gibt es Fortschritte. Auch gegen Militärangehörige wird ermittelt. Die Kommissionen laden regelmäßig hochrangige Vertreter der Rajapaksa-Zeit - auch Mahinda Rajapaksa und seine Familienmitglieder - zu Verhören vor, haben aber noch keine Verurteilung erreicht (AA 16.12.2017).
Kritisch diskutiert wird momentan ein Reformentwurf des Strafprozessrechts, welcher Untersuchungsgefangenen den Zugang zu einem Rechtsbeistand erst nach Abgabe ihrer ersten Aussage gewähren würde. Auch der neueste (noch inoffizielle) Entwurf der Strafprozessordnung (Oktober 2017) beinhaltet keinen unbedingten Zugang von Untersuchungsgefangenen zu ihren Anwälten (AA 16.12.2017).
Die Untersuchungshaftzeiten sind lang; es dauert oftmals mehr als ein Jahr, bis überhaupt entschieden wird, ob eine Anklage erhoben wird. Ausländer und Sri Lanker sind davon gleichermaßen betroffen. Die zulässige reguläre Haftdauer bis zur Anklageerhebung beträgt zwölf Monate - verlängerbar in drei-monatigen Etappen bis maximal 24 Monate, falls die Staatsanwaltschaft eine Erklärung zur Notwendigkeit abgibt. Insbesondere bei Inhaftierungen nach dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) kam es oft zu sehr langen, in einzelnen Fällen bis zu fast zwanzigjährigen Gefängnisaufenthalten ohne Urteil oder richterliche Entscheidung. Nach Angaben der Opposition waren Ende 2015 noch immer 217 von ehemals ca. 12.000 LTTE-Mitgliedern oder - Sympathisanten, die sich bei Kriegsende gestellt hatten, ohne Gerichtsurteil inhaftiert. Derzeit (31.5.2017) sollen aufgrund des PTA noch 56 Tamilen inhaftiert sein (AA 16.12.2017).
Im Rule of Law Index 2017-18 des World Justice Project (WJP) rangiert Sri Lanka auf Platz 59 von 113 Ländern, was eine Verbesserung um neun Plätze im Vergleich zu 2016 bedeutet. In der Subskala Ziviljustiz nimmt das Land den Rang 91 und in der Subskala Strafjustiz den Platz 53 von 113 Staaten ein (WJP 31.1.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (16.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Sri Lanka
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BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Sri Lanka, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427480/488326_en.pdf, Zugriff 15.5.2018
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WJP - World Justice Projekt (31.1.2018): Rule of Law Index 2017-2018 - Sri Lanka,
http://data.worldjusticeproject.org/#groups/LKA, Zugriff 25.4.2018
4. Sicherheitsbehörden
Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständig und untersteht dem Ministerium für Recht und Ordnung. Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die äußere Sicherheit zuständig. Nach der Strafprozessordnung kann das Militär aufgefordert werden, speziell abgegrenzte Aufgaben der inneren Sicherheit zu übernehmen. Die fast 6.000 Mitglieder zählende paramilitärische Special Task Force fällt in die Verantwortung das Ministerium für Recht und Ordnung, koordiniert aber gelegentlich auch Operationen der inneren Sicherheit mit dem Militär. Der Präsident dient als Verteidigungsminister, aber der zivile Verteidigungssekretär hat die tägliche operative Verantwortung für das Heer (USDOS 20.4.2018).
Der sri-lankische Regierung hat noch nicht die vollständige Kontrolle über den gesamten Verwaltungs- und Sicherheitsapparat (Militär, Polizei, Geheimdienste) gewonnen. Alte Verhaltensmuster bestehen teilweise noch fort: Auch 2017 berichten einzelne Menschenrechtsaktivisten vor allem in Norden und Osten von gelegentlichen Schikanen durch staatliche Sicherheitskräfte. Insbesondere im Militär und bei den Geheimdiensten gibt es Elemente, die den Kurs der neuen Regierung nicht unterstützen, sich einer Kontrolle entziehen und ex-Präsident Rajapaksa loyal gesinnt sind. Der Widerstand bei Teilen der Sicherheitskräfte lässt sich auch aus dem Umstand erklären, dass sie unter dem vormaligen Premierminister Rajapaksa eine tragende Rolle mit weitgehenden Kompetenzen bei gleichzeitiger Straflosigkeit hatten. Die neue Regierung hingegen drängt den Einfluss des Militärs zurück und unterwirft sein Handeln der geltenden Rechtsordnung (AA 16.12.2017).
Polizei- und Sicherheitskräfte wenden gelegentlich missbräuchliche Praktiken, wie willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Hinrichtungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Vergewaltigung, Folter und lange andauernde Inhaftierung ohne Prozess an (FH 2017). Während eine Quelle davon berichtet, dass Tamilen unverhältnismäßig oft betroffen sind (FH 2017), berichtet eine andere, dass unverhältnismäßiger Zwang nicht gegen eine bestimmte Gruppe als solche gerichtet ist (AA 16.12.2017).
Die Sicherheitskräfte hatten nur begrenzte interne Mechanismen, um Missbrauchsfälle zu untersuchen. Opfer können Fälle direkt vor den Obersten Gerichtshof bringen, aber auch das HRCSL und die Strafgerichte können Fälle untersuchen. Die Regierung hat in mehreren hochkarätigen Fällen gegen Mitglieder der Sicherheitsdienste Anklage erhoben und Verurteilungen erwirkt. Das Ministerium für Recht und Ordnung ist für die Feststellung zuständig, ob eine Tötung durch Sicherheitskräfte gerechtfertigt war (USDOS 20.4.2018). Bedingt durch einen Arbeitsrückstand und Ressourcenmangel waren unabhängige Kommissionen langsam bei Untersuchungen zu behauptetem Fehlverhalten von Polizei und Militär (FH 2017).
Zivilgesellschaftliche Organisationen behaupteten, dass die Regierung und die Gerichte weitgehend zögern, gegen Sicherheitskräfte vorzugehen, obwohl sich die Situation im Vergleich zu 2016 gebessert hat. Strafverfolgungen wegen Missbrauchs durch Sicherheitskräfte und die Polizei sind selten, nehmen aber, ebenso wie Verfolgungen wegen Korruption und Ordnungswidrigkeiten, zu. Für Straftaten aus den Konfliktjahren bestand jedoch weiterhin weitgehend Straffreiheit für Beamte des Sicherheitsapparats, die in Fälle angeblicher gezielter Tötungen von Parlamentariern, mutmaßliche Entführungen und Tötungen von Journalisten und Privatpersonen verwickelt waren. Am 4.4.2017 erklärte die Polizei jedoch, dass Polizei- und Militärbeamte nicht von polizeilichen Ermittlungen ausgenommen werden können. Im Lauf des Jahres wurden 26 Offiziere wegen krimineller Handlungen strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.4.2018).
Die Regierung führte in der Verteidigungsakademie eine Menschenrechtsausbildung ein, um die Achtung der Menschenrechte zu verbessern, und unterstützte interne Ausbildung durch das IKRK (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (16.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Sri Lanka
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FH - Freedom House (2017): Freedom in the World 2017 - Sri Lanka, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/sri-lanka, Zugriff 23.4.2018
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sri Lanka, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430115.html, Zugriff 23.4.2018
5. Allgemeine Menschenrechtslage
Die Menschenrechte sind in der sri-lankischen Verfassung geschützt. Sri Lanka hat zudem zahlreiche internationale Menschenrechtsabkommen ratifiziert, darunter den Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte, den Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Anti-Folter-Konvention (jedoch nicht das Zusatzprotokoll CAT-OP) und die Kinderrechtskonvention (AA 16.12.2017).
Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehörten unrechtmäßige Tötungen, Folter, sexueller Missbrauch, willkürliche Verhaftungen, langwierige Inhaftierungen, fehlende Rückgabe von Eigentum durch das Militär sowie Überwachung und Belästigung von zivilgesellschaftlichen Aktivisten und Journalisten. Die Diskriminierung von Tamilen und nichtkonfessionellen christlichen Gruppen durch die Regierung und die Sicherheitskräfte hielt an. Gleichgeschlechtliches Sexualverhalten ist gesetzlich verboten, wird aber selten strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.4.2018).
Zahlreiche NGOs engagieren sich aktiv für ärmere Bevölkerungsschichten und die neue Regierung ist viel offener für ihre Aktivitäten als die frühere Regierung, die eine restriktive Politik verfolgte. Prominente Akteure, die mit zivilgesellschaftlichen Organisationen verbunden sind, sind heute in Regierungskommissionen tätig (z.B. Bestechungs-, Polizei- und Justizkommissionen). Das gesamte zivilgesellschaftliche Umfeld unterscheidet sich stark von dem, was Gruppen während der Mahinda-Rajapaksa-Jahre erlebten. Auch internationale NGOs werden nun von der neuen sri-lankischen Regierung, die internationale Organisationen zur Lösung von Menschenrechtsproblemen verpflichtet hat, als Entwicklungspartner gesehen. Auch die Einstellung des Staates gegenüber extern finanzierten Institutionen innerhalb des Landes hat sich verändert und unterliegt nicht mehr der Verunglimpfung durch staatliche Akteure (BTI 2018).
Die Human Rights Commission of Sri Lanka (HRCSL) hat das Recht, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die HRCSL nimmt Beschwerden entgegen, kann aber auch selbständig Untersuchungen einleiten. Nachdem eine Anschuldigung vorgebracht wurde, macht die HRCSL einen Vorschlag zur finanziellen Entschädigung des Opfers und leitet den Fall zur Vollziehung disziplinärer Maßnahmen weiter und/oder übergibt ihn an den Generalstaatsanwalt zur weiteren Strafverfolgung. Wenn die Regierung einem HRCSL-Antrag nicht nachkommt, kann die HRCSL den Fall an den Obersten Gerichtshof verweisen. Die HRCSL hat per Gesetz weitreichende Befugnisse und Ressourcen und kann nicht als Zeuge vor Gericht geladen oder wegen seiner Amtspflichten verklagt werden. Die HRCSL arbeitete in der Regel unabhängig und ohne Einmischung der Regierung (USDOS 20.4.2018)
Das Center for Human Rights Development (CHRD) berichtet, dass die Behörden mehr als 130 politische Gefangene im Land festhalten und weitere 24 gegen Kaution freigelassen haben. Die Regierung hat keine politischen Gefangenen anerkannt und darauf bestanden, dass diese Personen wegen krimineller Handlungen inhaftiert wurden. Die Regierung erlaubte der HRCSL, Richtern und der Prison Welfare Society regelmäßig Zugang zu den Gefangenen und erlaubte dem IKRK, die Haftbedingungen zu überwachen. Die Behörden gewährten Rechtsberatern nur unregelmäßigen Zugang (USDOS 20.4.2018).
Als Folge dess Bürgerkrieges mit den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) gelten schätzungsweise noch 20.000 Menschen als verschwunden, einschließlich derer, die in den ersten Jahren des Konflikts verschwunden waren, sowie jener, die erst 2016 und 2017 entführt wurden. Im Jahr 2016 verabschiedete das Parlament einen Gesetzentwurf zur Einrichtung einer Behörde für vermisste Personen (Office of Missing Persons, OMP), die mit der Untersuchung der Fälle von vermissten Personen beauftragt ist. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International äußerten jedoch Bedenken bezüglich des Gesetzes, einschließlich der Tatsache, dass die Regierung die betroffenen Familien während des gesamten Prozesses nicht konsultiert hat. Im vergangenen März verabschiedete die Regierung ein Gesetz, das zum ersten Mal in der Geschichte des Landes das Verschwindenlassen von Personen kriminalisiert (IPS 30.4.2018). Vor, während und nach dem bewaffneten Konflikt zwischen den Regierungstruppen und den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), der 2009 endete, waren Menschenrechtsverletzungen wie das Verschwindenlassen, außergerichtliche Tötungen, Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen und -verletzungen straflos