TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/17 W134 2214311-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.04.2019
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Entscheidungsdatum

17.04.2019

Norm

BVergG 2006 §125 Abs3 Z1
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §342
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W134 2214311-2/42E

W134 2214312-2/42E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas Gruber als Vorsitzender sowie Mag. Tanja Neubauer als fachkundige Laienrichterin der Auftraggeberseite und Mag. Hagen Pleile als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite betreffend das Vergabeverfahren "Reinigungsdienstleistungen Bundes- und Drittkunden; BBG-interne GZ 2601.03137"

1. der Auftraggeberinnen Pädagogische Hochschule Wien, Grenzackerstraße 18, 1100 Wien, sowie Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie Wien 17, Rosensteingasse 79, 1170 Wien, für Los 07 und der Auftraggeberin Universität für Bodenkultur Wien, Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien, für Los 15, alle vertreten durch die vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lassallestraße 9b, 1020 Wien, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages der Erstantragstellerin XXXX , vertreten durch die Brandstetter, Baurecht, Pritz & Partner Rechtsanwälte KG, Herrengasse 5, 1010 Wien, vom 08.02.2019

und

2. der Auftraggeberin Pädagogische Hochschule Steiermark, Hasnerplatz 12, 8010 Graz, für Los 8, vertreten durch die vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lassallestraße 9b, 1020 Wien, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages der Zweitantragstellerin XXXX , vertreten durch die Brandstetter, Baurecht, Pritz & Partner Rechtsanwälte KG, Herrengasse 5, 1010 Wien, vom 08.02.2019,

in den zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung verbundenen Rechtssachen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.03.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Antrag der Erstantragstellerin das BVwG möge "die angefochtene Auswahlentscheidung hinsichtlich des Loses 07 für nichtig erklären" wird gemäß § 342 BVergG 2018 abgewiesen.

II. Der Antrag der Erstantragstellerin das BVwG möge "die angefochtene Auswahlentscheidung hinsichtlich des Loses 15 für nichtig erklären" wird gemäß § 342 BVergG 2018 abgewiesen.

III. Der Antrag der Zweitantragstellerin das BVwG möge "die angefochtene Auswahlentscheidung hinsichtlich des Loses 8 für nichtig erklären" wird gemäß § 342 BVergG 2018 abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit Schreiben vom 08.02.2019, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Erstantragstellerin die Nichtigerklärung der Auswahlentscheidungen vom 28.01.2019 hinsichtlich der Lose 07 und 15, Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Mit Schreiben vom 08.02.2019, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Zweitantragstellerin die Nichtigerklärung der Auswahlentscheidung vom 28.01.2019 hinsichtlich des Loses 08, Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Begründend wurde von der Erst- und Zweitantragstellerin unter Bezugnahme auf das jeweils angefochtene Los im Wesentlichen gleichlautend Folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeberinnen hätten ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zum Abschluss der Rahmenvereinbarung "Reinigungsdienstleistungen für Bundes- und Drittkunden, BBG-GZ 2601.03137" über die Erbringung von Reinigungsdienstleistungen für diverse Auftraggeber, ausgeschrieben. Die Vergabe erfolge in 15 Losen für jeweils unterschiedliche Auftraggeber. Angefochtene Entscheidung seien die Auswahlentscheidungen zum Abschluss der Rahmenvereinbarungen in den Losen 07, 15 sowie 08 vom 28.01.2019. Zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidungen für die Lose 07, 15 sowie 08 gaben die Erst- und Zweitantragstellerin zusammengefasst Folgendes an:

1. Rechtswidrigkeiten: Sämtliche vor den Antragstellerinnen gereihten Angebote in den Losen 07, 15 sowie 08 vor allem jedoch die Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen seien auszuscheiden, da diese nicht den Erfordernissen der gegenständlichen Ausschreibung entsprechen würden.

2. Zu niedriger bewertungsrelevanter Gesamtpreis: Der von der jeweiligen präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Gesamtpreis in den Losen 07, 15 sowie 08 sei nicht kostendeckend kalkuliert (bzw. könne nicht kostendeckend kalkuliert sein), nicht betriebswirtschaftlich erklärbar und decke nicht die kollektivvertraglich einzuhaltende Mindestentlohnung oder bilde nicht alle zu erbringenden Leistungen ab.

3. Fehler bei der Kalkulation "Grundreinigung": Die jeweilige präsumtive Zuschlagsempfängerin in den Losen 07, 15 sowie 08 sowie die übrigen vorgereihten Bieter in den genannten Losen hätten bei der Kalkulation der Grundreinigung zu niedrig kalkuliert, da diese nicht die je nach Belagsart der elastischen Böden zulässige Quadratmeterleistung beachtet bzw. nicht zwischen den einzelnen Kategorien der elastischen Böden differenziert hätten.

4. Fehler bei der Kalkulation der Reinigungsgeräte: Aufgrund des auffällig niedrigen Gesamtpreises in den Losen 07, 15 sowie 08 hätten die jeweiligen präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen für die Lose 07, 15 sowie 08 sowie die vorgereihten Bieter in den genannten Losen offenbar keine oder zu geringe Gerätekosten und somit spekulativ kalkuliert.

5. Keine vertiefte Angebotsprüfung: Offenbar hätten es die Auftraggeberinnen unterlassen, eine vertiefte Angebotsprüfung hinsichtlich der Lose 07, 15 sowie 08 durchzuführen oder eine solche ordnungsgemäß abzuschließen, obwohl sie zu einer solchen verpflichtet gewesen wären, da die von den jeweiliegen präsumtiven Zuschlagsempfängerinnnen angebotenen Stundensätze in den Losen 07, 15 sowie 08 ungewöhnlich niedrig seien bzw. die angegebene Quadratmeterleistung zu hoch bzw. unrealistisch angesetzt, die anzubietenden Aufwände nicht ausreichend kalkuliert, bzw vermutlich mit zu groß dimensionierten Maschinen kalkuliert worden sei und daher begründete Zweifel an der Angemessenheit dieser Preise bestehe.

Die Antragstellerinnen hätten ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihnen ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Auftraggeberinnen vom 12.02.2019 gaben diese bekannt, dass Auftraggeberinnen für Los 07 die Pädagogische Hochschule Wien und die Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie Wien 17, Auftraggeberin für Los 15 die Universität für Bodenkultur Wien und Auftraggeberin für Los 8 die Pädagogische Hochschule Steiermark, alle vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH, seien. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich der in einem offenen Verfahren mit EU-weiter Bekannmachung nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden solle. Die Vergabe erfolge in Losen. Die Bekanntmachung in der EU und in Österreich sei am 01.10.2018 erfolgt. Die Auswahlentscheidung sei am 30.01.2019 versendet worden.

Mit Schreiben vom 18.02.2019 erhob die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin für das Los 15 XXXX begründete Einwendungen.

Mit Schreiben vom 18.02.2019 erhob die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin für die Lose 07 und 08 XXXX begründete Einwendungen.

Mit Beschluss des BVwG vom 19.2.2019, W134 2214311-1/2E, W134 2214312-1/3E, wurde den Auftraggeberinnen für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, die Rahmenvereinbarung für die Lose 7, 8 und 15 abzuschließen.

Mit Schreiben der Auftraggeberinnen vom 21.02.2019 gaben diese bekannt, dass bei allen Losen der Preisvergleich zeige, dass es weder ungewöhnlich niedrige noch ungewöhnlich hohe Einheitspreise in einzelnen Positionen gegeben habe und keine groben Abweichungen im Sinne eine Überschreitung der 15% Grenze erkennbar gewesen sei, weshalb eine vertiefte Angebotsprüfung nicht indiziert gewesen sei. Vielmehr seien die Angebotspreise bei allen drei Losen relativ nahe beieinander gelegen. Bei allen drei Losen sei jeweils der bewertungsrelevante Gesamtpreis der Erstgereihten nicht als ungewöhnlich niedrig zu bewerten gewesen. Die Auftraggeberinnen hätten bei allen drei Losen eine tief gehende Prüfung der angebotenen Preise durchgeführt.

Die Antragsgegnerin hätte eine mehrstufige Prüfung, bei der die Plausibilität der Flächenleistung zunächst anhand

1. der Kennzahlen der ÖNorm D 2050 überprüft worden sei,

2. in einem zweiten Schritt deren Nachvollziehbarkeit aufgrund des Einsatzes von Reinigungsmaschinen, wie Bodenwaschautomaten, überprüft worden sei, sowie

3. anhand der Ausschreibunq geprüft worden sei, ob in den Leistungsnutzungsdetails zu einem Objekt allenfalls Einschränkungen der Leistungsarten festgelegt worden seien.

Die drei Angebote der zwei präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerinnen seien anhand dieser Parameter überprüft worden und es sei an beide ein Aufklärungsersuchen gerichtet worden. Ergebnis der Aufklärung sei gewesen, dass sämtliche Positionspreise plausibilisiert worden seien und die Kalkulationen der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerinnen den geltenden kollektivvertraglichen Bestimmungen entsprechen würden. Die Preisgestaltung der drei Angebote der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerinnen seien erklär- und nachvollziehbar.

Mit Schreiben der Antragstellerinnen vom 11.3.2019, brachten diese im Wesentlichen vor, dass die von der Antragsgegnerin zitierte Literatur bzw. Judikatur, wonach erst bei groben Abweichungen über 15 % eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen sei überholt sei, da aufgrund detaillierter kollektivvertraglicher Vorgaben solche "Preisspreitzungen" gar nicht möglich seien. Vielmehr sei bereits bei Divergenzen ab 1% eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen. Die Auftraggeberinnen hätten die Frage, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar seien auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens zu beantworten gehabt. Auch das BVwG müsse diese Frage mit Hilfe eines Sachverständigen prüfen.

Bei der Kalkulation der unterschiedlichen Böden sei der jeweilige Materialeinsatz zu berücksichtigen, da dieser auch vom jeweiligen Bodenbelag abhänge, weil je nach zu reinigender Bodenbelagsart ein unterschiedlicher Stundensatz zu kalkulieren sei. Obwohl unterschiedliche Bodenbelagsarbeiten (Linol, PVC, Kautschuk etc.) in nahezu sämtlichen ausschreibungsgegenständlichen Objekten vorkomme, gingen die Ausschreibungsunterlagen darauf mit keinem Wort ein. Dadurch sei die Vergleichbarkeit der Angebote nicht gewährleistet, weshalb ein Wurzelmangel der Ausschreibungsunterlage vorliege.

Am 15.3.2019 fand darüber im BVwG eine mündliche Verhandlung statt.

Dabei wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

" XXXX : Ich verweise auf unsere Stellungnahme vom 21.02.2019. Darüber hinaus kann gesagt werden, dass jedenfalls eine ausreichende Angebotsprüfung stattgefunden hat. Hierbei wurden sämtliche Parameter der ÖNORM D2050 überprüft. Nach Ansicht der Auftraggeber (AG) war eine vertiefte Preisprüfung gemäß § 137 BVergG 2018 aufgrund der geringen preislichen Differenzen nicht indiziert. Nichts desto trotz hat die Auftraggeberin eine sehr tiefgehende, einer der vertieften Preisprüfung nahekommende Angebotsprüfung vorgenommen. Die ÖNORM D2050 bildet die untere Grenze preislicher Angebote und sagt diese nichts darüber aus, welche Preisspreizungen möglich sind, da es dem jeweiligen Unternehmer offenbleibt, seinen Preis auf Basis dieser ÖNORM der Höhe nach zu kalkulieren. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist den Materialien zu § 137 BVergG 2018 eindeutig zu entnehmen, dass es Sache des Auftraggebers ist, festzulegen, wie die Ungewöhnlichkeitsschwelle für ein ungewöhnlich niedriges Angebot zu errechnen bzw. wo sie wertmäßig anzusetzen ist.

Die präsumtiven Zuschlagsempfängerinnen verweisen auf ihre bisherigen Vorbringen.

Wir kommen nun zum Pkt. 5.1.b: Fehler bei der Kalkulation "Grundreinigung":

XXXX : Die Grundreinigung ist die Reinigung, die einmal jährlich stattfindet. Die im Wege des Kollektivvertrags als verbindlich erklärte ÖNORM D2050 sieht bei elastischen Böden unterschiedliche Bodenkategorien vor. Die im Nachprüfungsantrag auf Seite 10, 1. Abs. genannte ÖNORM D2040 ist irrtümlich genannt worden. Gemeint ist hier die ÖNORM D2050. Insbesondere unterscheidet die ÖNORM die Bodenbeläge PVC, Linoleum und Kautschuk und legt für diese unterschiedliche m² Höchstleistungswerte pro Stunde fest. So sind beispielsweise bei Linoleum 12 m²/h, bei Kautschuk 15 m²/h und bei PVC 18 m²/h zulässig. Um die Ausschreibungskonformität der Angebote prüfen zu können, ob diese Höchstleistungsgrenzen bei den drei oben genannten elastischen Böden nicht überschritten wurden, hätte dies daher je Bodenart bei den elastischen Böden bzw. im Angebot geprüft werden müssen. Tatsächlich lässt das Angebotsblatt in den Ausschreibungsunterlagen jedoch für elastische Böden nur die Angabe eines Preises zu, sodass eine Überprüfung durch die ausschreibende Stelle, ob der jeweilige Bieter richtig kalkuliert und diese Höchstleistungsgrenzen eingehalten wurden, nicht möglich ist.

J. XXXX : Dies wird bestritten. Die Angebote wurden anhand der Parameter der ÖNORM D2050 überprüft. Alles Weitere kann nur anhand der konkreten Angebote erörtert werden und zwar in Abwesenheit der Antragsteller.

VR: Dies sehe ich nicht so, bitte erläutern Sie allgemein, ohne auf konkrete Angebote einzugehen, zu dem Vorgebrachten.

XXXX : Die Angaben des Antragstellers, dass in den Ausschreibungsunterlagen keine Unterscheidung hinsichtlich der elastischen Bodenbelagsarten vorgenommen wird, ist richtig. In der Ausschreibung wird zB hinsichtlich Los 7, Zeile 1655 des Angebotsblattes festgelegt, dass es sich in dem zu reinigenden Objekt um einen elastischen Bodenbelag handelt und es sind die konkreten m² für den zu reinigenden Bodenbelag angegeben.

Der Senat lässt sich im, auf einem USB-Stick gespeicherten Akt, die oben genannte Zeile zeigen. Sie lautet wie folgt: [Bild]

XXXX : Ich verweise auf die Zeile 1655, welche oben abgebildet ist. Diese zeigt beispielhaft, dass es sich in dem Objekt Ettenreichgasse bei der Grundreinigung um 3.841,06 m² elastische Böden handelt, wobei nicht unterschieden wird, um welche Art elastische Böden es sich handelt. Der Bieter hat nun gemäß 6.3.4.3. der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen die Pflicht, eine Objektbesichtigung vorzunehmen. Anlässlich dieser Objektbesichtigung hat der Bieter Art und Qualität der Bodenbelagsarten, Reinigungsbedarf und Pflegebedürftigkeit, Bodenfreiheit von Verkabelungen festzustellen und der Angebotskalkulation diese Ergebnisse zugrunde zu legen.

XXXX : Woher weiß der Bieter, wenn es unterschiedliche elastische Bodenbelagsarten in dem Objekt gibt, welche Fläche die jeweilige Bodenart aufweist?

XXXX : Dies hat der Bieter im Zuge der Objektbesichtigung selbst festzustellen.

XXXX : Ich weise darauf hin, dass im Los 7 das Objekt etwa 25.000 m² Bodenfläche, und im Los 15 etwa 90.000 m² aufweist. Bei einer Besichtigungszeit von etwa ein bis zwei Stunden ist es nicht möglich, eine exakte Festlegung der in diesem Bereich befindlichen elastischen Böden zu treffen, sodass letztlich die Bieter bei ihren Angeboten Schätzungen, wenn auch nach bestem Wissen und Gewissen, vornehmen müssen und es der ausschreibenden Stelle nicht möglich ist, die jeweiligen Angebote auf die Übereinstimmung der Vorgaben des Kollektivvertrages und damit die Ausschreibungskonformität zu prüfen.

XXXX : Das wird bestritten. Wenn die Antragstellerin vermeint, dass die Vorgaben zur Angebotserstellung als zu aufwändig anzusehen sind, so verkennt sie, dass sie die Ausschreibungsunterlagen anfechten hätte müssen. Zumal sie keine dahingehende Anfechtung vorgenommen hat, sind die dahingehenden Festlegungen in der Ausschreibungsunterlage bestandsfest.

XXXX : Weiters wird ergänzt, dass es nicht stimmt, dass die Besichtigungszeit begrenzt sei. Diesbezüglich gibt die Ausschreibungsunterlage keine Beschränkung vor. Ein sorgfältiger Bieter hätte die Pflicht gehabt, entsprechend den Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen so zu besichtigen, dass ihm eine entsprechende m²-Schätzung möglich gewesen wäre. Hätte das ein Bieter nicht gemacht, ist zu vermuten, dass er sich nicht an die Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen gehalten hat.

XXXX : Sind in den einzelnen Objekten wirklich unterschiedliche elastische Böden verlegt?

XXXX : In der Regel befindet sich eine elastische Bodenart in einem Objekt.

VR: Haben Sie aufgrund Ihrer diesbezüglichen Bedenken eine Mitteilung an den Auftraggeber gemäß § 125 Abs 6 BVergG 2018 gemacht?

XXXX : Nein, das haben wir nicht, weil diese Bedenken erst im Zuge der Erstellung des Nachprüfungsantrages aufgetreten sind.

VR: Wir kommen nun zum Pkt. 5.1.c: Fehler bei der Kalkulation der Reinigungsgeräte:

XXXX : Ich verweise auf den Pkt. im Nachprüfungsantrag.

XXXX : Wir haben in allen drei Losen die präsumtiven Zuschlagsempfänger jeweils um Aufklärung ersucht. Der genaue Inhalt dazu findet sich in den geschwärzten Ausführungen unserer Stellungnahme vom 21.02.2019. Generell kann gesagt werden, dass wir hier überprüft haben, welche Maschinen in Einsatz genommen werden sollen und welche Flächenleistungen diese Maschinen imstande sind zu leisten und auch, ob die kalkulierten Angaben plausibel sind und den Vorgaben des Kollektivvertrags entsprechen.

XXXX : Haben Sie auch geprüft, ob die genannten Maschinen mit den örtlichen Gegebenheiten in den Objekten in Einklang zu bringen sind?

XXXX : Ja, dies wurde geprüft.

VR: Wir kommen zum Pkt. 5.1.d: Keine vertiefte Angebotsprüfung:

XXXX : Ich verweise auf das schriftliche Vorbringen.

XXXX : Die Ausführungen der Antragstellerin gründen auf reinen Vermutungen. Die Antragstellerin hat bislang keine stichhaltigen Beweise vorgebracht, wonach die Angebote der ausgewählten Rahmenvereinbarungspartner nicht dem Kollektivvertrag entsprechend kalkuliert worden wären. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besteht jedoch in einem Nachprüfungsverfahren keine Pflicht, Erkundungsbeweise einzuholen, um allenfalls irgendwelche, von einem Einschreiter nicht definitiv behauptete Tatsachen, möglicherweise irgendwann ermitteln zu können. Im Allgemeinen wird hierzu verwiesen auf die Entscheidung des BVwG zu W131 2124054-2.

XXXX : Zu Los 15 bringe ich vor, dass hier in den Ausschreibungsunterlagen im Angebotsblatt Laboratorien genannt sind. Bei den Reinigungen der Laboratorien ist gemäß Kollektivvertrag ein gesonderter Zuschlag zu kalkulieren (Lohngruppe 5). Aufgrund des extrem günstigen Angebots, geht die XXXX davon aus, dass dieser Zuschlag nicht veranschlagt und kalkuliert wurde bzw. dies auch von der ausschreibenden Stelle nicht geprüft wurde.

XXXX : Es handelt sich bei der Lohngruppe 5 des Kollektivvertrages nicht um einen Zuschlag, sondern lediglich um eine andere Lohngruppe mit höheren Stundensätze. Diese wurden sehr wohl geprüft und zugrunde gelegt.

XXXX : Es handelt sich nicht um einen Zuschlag, sondern um eine andere Lohngruppe mit höherem Stundensatz.

VR: Ich möchte nunmehr die Einzelprüfung betreffend die Lose 7 und 8 in Abwesenheit der Antragstellerin durchführen und ersuche nun die Vertreter der Antragstellerin sowie der XXXX den Saal zu verlassen.

Die Vertreter der Antragstellerin sowie der XXXX verlassen den Saal um 12:25 Uhr.

VR: Die Auftraggebervertreter erläutern dem Senat anhand der Excel-Tabellen der Angebote der Lose 7 und 8, wie die Angebotsprüfung durchgeführt wurde, insbesondere wie und warum Aufklärung verlangt wurde und was das Ergebnis der Aufklärung war sowie wie die Einhaltung der kollektivvertraglichen Verpflichtungen geprüft wurden.

Die Vertreter der XXXX verlassen um 12:45 Uhr den Saal.

Die Vertreter der XXXX betreten um 12:46 Uhr den Saal.

VR: Die Auftraggebervertreter erläutern dem Senat anhand der Excel-Tabellen der Angebote des Loses 15, wie die Angebotsprüfung durchgeführt wurde, insbesondere wie und warum Aufklärung verlangt wurde und was das Ergebnis der Aufklärung war sowie wie die Einhaltung der kollektivvertraglichen Verpflichtungen geprüft wurden."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die Auftraggeberinnen Pädagogische Hochschule Wien sowie Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie Wien 17 für Los 07, Universität für Bodenkultur Wien für Los 15 sowie Pädagogische Hochschule Steiermark für Los 8 haben einen Dienstleistungsauftrag im Wege eines offenen Verfahrens im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Es ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung beabsichtigt. Die Bekanntmachung in Österreich und in der EU ist am 01.10.2018 erfolgt (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 12.02.2019).

Die Entscheidung mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll vom 28.01.2019 wurde am 30.01.2019 versendet. Diese Entscheidung erfolgte in den Losen 07 und 8 zugunsten der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin XXXX und im Los 15 zugunsten der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin XXXX (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 12.02.2019 und 18.02.2019).

2. Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die folgenden Ausführungen beziehen sich grundsätzlich auf das Vorbringen beider Antragstellerinnen sowie auf alle drei gegenständlichen Lose 7, 8 und 15, da die diesbezüglichen Vorbringen der Antragstellerinnen im Wesentlichen gleichlautend sind.

Die Ausschreibungsunterlagen, welche mangels rechtzeitiger Anfechtung bestandsfest wurden und an welche daher alle am Vergabeverfahren Beteiligten gebunden sind, sind nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen (VwGH 17. 6. 2014, 2013/04/0029; VwGH 14. 4. 2011, 2008/04/0065; VwGH 15. 3. 2017, Ra 2014/04/0052). Ein Wurzelmangel der Ausschreibungsunterlagen liegt entgegen dem Vorbringen der Antragstellerinnen nicht vor.

Die Antragstellerinnen haben vorgebracht, dass die Auftraggeberinnen verpflichtet gewesen wären, eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen.

§ 137 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 lauten:

(1) Die Angemessenheit der Preise ist in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen. Dabei ist von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen.

(2) Der öffentliche Auftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 3 vertieft prüfen, wenn

1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen, oder

2. Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen aufweisen, oder

3. nach der Prüfung gemäß Abs. 1 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.

Der VwGH hat zu § 125 Abs. 1 bis 3 BVerG 2006 (der hier anwendbare § 137 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 ist im Wesentlichen gleichlautend) Folgendes judiziert (VwGH 22.06.2011, 2011/04/0011):

"Die Voraussetzung des ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreises ist in § 125 Abs. 3 Z. 1 BVergG 2006 angeführt. Ob ein derartig ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis vorliegen kann, ergibt sich aus dem Vergleich mit der Kostenermittlung des Auftraggebers sowie aus dem Vergleich der Gesamtpreise aller Angebote. In der Literatur werden folgende Fälle unterschieden: Geringe Abweichung (bis etwa 5 %), tolerierbare Abweichung (bis etwa 15 %) und grobe Abweichung (ab etwa 15 %) (vgl. Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006- Kommentar (2009) Rz. 28 zu § 125)."

Auch der VfGH sieht eine Preisdifferenz von 6,7 % als eine relativ geringfügige Differenz an, bei welcher eine vertiefte Angebotsprüfung nicht geboten ist (VfGH 22.09.2003, B 1211/01).

In den gegenständlichen Fällen wurden relativ viele Angebote je Los abgegeben. Um einen Überblick über die relevanten Marktverhältnisse zu erlangen, werden jeweils die Preise des erstgereihten Angebotes mit den Preisen des zweitgereihten sowie (wenn vorhanden) zehntgereihten Angebotes verglichen und jeweils die Preisdifferenz in Prozent ermittelt.

Dabei ergibt sich Folgendes:

Los

Preisdifferenz des erstgereihten zum zweitgereihten Angebot

Preisdifferenz des erstgereihten zum zehntgereihten Angebot (wenn vorhanden)

7

3,36%

8,76%

8

4,98%

9,75%

15

0,65%

5,29% (siebentgereihtes Angebot von insgesamt 7 gereihten Angeboten)

Der Vollständigkeit halber ist zu sagen, dass es bei Angeboten zu Los 8 auch Preisabweichungen von mehr als 15 % gegeben hat, diese jedoch als nicht die relevanten Marktverhältnisse wiederspiegelnd anzusehen sind.

Da es somit bei allen 3 gegenständlichen Losen - soweit relevant - lediglich zu geringen Abweichungen (bis 5%) bei der Preisdifferenz des erstgereihten zum zweitgereihten Angebot und zu tolerierbaren Abweichungen (bis 15%) bei der Preisdifferenz des erstgereihten zum siebent- bzw. zehntgereihten Angebot gekommen ist, enthalten die Angebote der beiden präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerinnen keine ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreise.

Die Auftraggeberinnen haben eine detaillierte Angebotsprüfung unter Zugrundelegung der Ergebnisse einer Aufklärung bei jeder der beiden präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerinnen durchgeführt. Der Senat hat diese Prüfung in der mündlichen Verhandlung in einer groben Plausibilitätsprüfung nachvollzogen. Dabei wurden von den Auftraggeberinnen bei den Angeboten der beiden präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerinnen die Plausibilität der Flächenleistung zunächst anhand

1. der Kennzahlen der Ö-NORM D2050 überprüft,

2. in einem zweiten Schritt deren Nachvollziehbarkeit aufgrund des Einsatzes von Reinigungsmaschinen, wie Bodenwaschautomaten, überprüft, sowie

3. anhand der Ausschreibung geprüft, ob in den Leistungsnutzungsdetails zu einem Objekt allenfalls Einschränkungen der Leistungsarten festgelegt wurden. Weiters wurde von den Auftraggeberinnen bei den Angeboten der beiden präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerinnen eine Überprüfung der Stundensatzkalkulation durchgeführt und festgestellt, dass sämtliche Lohnnebenkosten der kollektivvertraglichen Höhe entsprechen sowie dass die Stundensatzkalkulation plausibel ist.

Das Ergebnis dieser detaillierten schlüssigen und nachvollziehbaren Prüfung durch die Auftraggeberinnen (welche den in der Judikatur geforderten Maßstab der groben Plausibilitätsprüfung jedenfalls erreichte, vgl. VwGH 17.09.2014, 2012/04/00 16) einerseits und der groben Plausibilitätsprüfung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung andererseits ist, dass keine Rechtswidrigkeiten oder Ausschreibungswidrigkeiten bei den Angeboten betreffend die Lose 07, 15 und 08 der beiden präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerinnen vorliegen. Die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung gemäß § 137 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 war nicht erforderlich. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war ebenfalls nicht erforderlich.

4) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die im Erkenntnis zitierten Erkenntnisse des VwGH) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausschreibung, Auswahlentscheidung, bestandfeste Ausschreibung,
Bietergemeinschaft, Dienstleistungsauftrag, Kalkulation, mündliche
Verhandlung, Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren,
Nachvollziehbarkeit, Nichtigerklärung, objektiver Erklärungswert,
Plausibilität, Rahmenvereinbarung, Vergabeverfahren,
Vergleichbarkeit der Angebote, vertiefte Angebotsprüfung,
(vertiefte) Preisprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W134.2214311.2.00

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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