Entscheidungsdatum
10.05.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
L502 2119661-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2018, FZ. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe,
dass Spruchpunkt II zu lauten hat:
"Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 AsylG wird der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt".
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der - zu diesem Zeitpunkt noch minderjährige - Beschwerdeführer (BF) reiste gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern auf legale Weise im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 35 AsylG zu seinem seit 2012 als subsidiär Schutzberechtigter in Österreich aufhältigen Vater in das Bundesgebiet ein, wo seine Mutter als gesetzliche Vertreterin für ihn am 24.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
2. Am selben Tag fand dazu eine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, am 29.04.2014 und am 29.07.2015 fanden jeweils Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt.
3. Mit Bescheid des BFA vom 30.11.2015, FZ. XXXX , wurde sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.10.2016 erteilt (Spruchpunkt III.).
4. Mit Verfahrensanordnung vom 01.12.2015 wurde ihm gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
5. Gegen den Bescheid vom 30.11.2015 wurde im Rahmen des Familienverfahrens fristgerecht Beschwerde erhoben.
6. Am 18.01.2016 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das Beschwerdeverfahren der Gerichtsabteilung W268 zur Entscheidung zugewiesen.
7. Am 21.12.2016 langte beim BVwG eine Beschwerdeergänzung ein.
8. Am 29.09.2016 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG.
9. Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde der BF strafgerichtlich verurteilt.
10. Mit Erkenntnis des BVwG vom 12.04.2017, GZ. XXXX , wurde in Stattgebung der Beschwerde dem BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Im Rahmen des Familienverfahrens wurde unter einem auch der Mutter und den Geschwistern des BF der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
11. Am 22.02.2018 wurde gegen den BF die Untersuchungshaft verhängt.
12. Mit Mitteilung vom 05.03.2018 wurde der BF vom BFA von der Einleitung eines Asylaberkennungsverfahrens in Kenntnis gesetzt. Unter einem wurden ihm länderkundliche Informationen der belangten Behörde zur Lage im Irak übermittelt und wurde er aufgefordert dazu sowie zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Eine Stellungnahme ging beim BFA nicht ein.
13. Mit Urteil des XXXX vom XXXX wurde der BF erneut strafgerichtlich verurteilt.
14. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 26.09.2018 wurde dem BF gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AsylG der ihm zuerkannten Status des Asylberechtigten aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs.2 Z. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG und § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak unzulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
15. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 26.09.2016 wurde ihm gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
16. Gegen den dem BF durch Hinterlegung am 01.10.2018 zugestellten Bescheid erhob er mit Schriftsatz seiner zugleich bevollmächtigten Vertretung vom 24.10.2018 fristgerecht Beschwerde die Spruchpunkte I bis IV sowie VII des Bescheides betreffend, während die Spruchpunkte
V und VI nicht bekämpft wurden.
17. Die Beschwerdevorlage des BFA langte am 28.11.2018 beim BVwG ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren in der Folge der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichtes zur Entscheidung zugewiesen.
18. Am 28.02.2019 langte beim BVwG eine Mitteilung des BFA über eine neuerliche Anklageerhebung gegen den BF durch die Staatsanwaltschaft (StA) ein.
19. Am 12.03.2019 langte beim BVwG eine Mitteilung des BFA über polizeiliche Ermittlungen gegen den BF nach dem SMG sowie einen Abtretungsbericht der LPD OÖ an die StA ein.
20. Am 16.04.2019 langte beim BVwG eine Kopie des strafgerichtlichen Urteils gegen den BF vom 23.04.2018 ein.
21. Das BVwG erstellte aktuelle Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters den BF und seine Angehörigen betreffend.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Identität des BF steht fest. Er ist irakischer Staatsangehöriger, Araber und Christ der syrisch-katholischen Glaubensrichtung. Er wurde in XXXX geboren und hat dort von 2003 bis 2012 die Grund- und Mittelschule besucht. Er lebte bis 2010 mit seinen Eltern und Geschwistern zusammen in einem Haus in XXXX , dass einem Freund der Familie gehörte. 2010 wurde die Familie von der irakischen Polizei aus dem Haus vertrieben. Der Vater des BF verließ in der Folge den Irak. Der BF, seine Mutter und seine Geschwister lebten gemeinsam weiterhin im Irak und kehrten in das Wohnhaus zurück. Im Dezember 2012 verließ er gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern den Irak in die Türkei. Er lebte dort zunächst mehrere Monate mit seiner Mutter und seinen Geschwistern, ehe diese gemeinsam am 21.12.2013 auf legale Weise im Wege der Familienzusammenführung in das österreichische Bundesgebiet einreisten, wo sie am 24.12.2013 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz stellten und sich seither aufhalten. Mit Erkenntnis des BVwG vom 12.04.2017 wurde dem BF im Rahmen des Familienverfahrens der Status des Asylberechtigten zuerkannt, der ihm mit nicht rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 26.09.2018 wieder aberkannt wurde.
In Österreich besuchte er einen Deutschkurs und begann eine Ausbildung zum Automechaniker. Er war von 21.01.2017 bis 28.02.2017 und von 08.03.2017 bis 08.09.2017 als Arbeiter erwerbstätig. Danach bestritt er seinen Lebensunterhalt aus staatlichen Sozialleistungen.
Er teilt seinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet mit seinem Vater, seiner Mutter, zwei Schwestern und einem Bruder, denen der Status der Asylberechtigten zukommt. Der Vater ist erwerbstätig. Eine weitere Schwester lebt in der Türkei. In den Niederlanden leben drei Onkel, eine Tante lebt in Deutschland. Familiäre Anknüpfungspunkte im Irak waren aktuell nicht feststellbar.
1.2. Der BF wurde in Österreich bisher wie folgt strafgerichtlich verurteilt:
* Mit Urteil des XXXX vom XXXX gemäß §§ XXXX StGB zu einer XXXX ;
* Mit Urteil des XXXX vom XXXX gemäß §§ XXXX StGB zu einer XXXX .
Am XXXX wurde gegen ihn von der Staatsanwaltschaft Anklage wegen § XXXX StGB erhoben.
Am XXXX wurde er bei der Begehung eines Delikts nach § XXXX polizeilich betreten.
1.3. Der BF verließ seine Heimatstadt XXXX und in der Folge seinen Herkunftsstaat gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im Dezember 2012 zum einen wegen Drohungen Dritter gegen ihn in der Schule und auf der Straße im Zusammenhang mit seinem christlichen Glaubensbekenntnis und zum anderen zum Zwecke der Familienzusammenführung mit seinem bereits in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter aufhältigen Vater.
Eine aktuelle Verfolgungsgefahr für Angehörige christlicher Religionsgemeinschaften wegen ihres Glaubensbekenntnisses ausgehend von staatlichen Organen oder Dritten im Irak bzw. in XXXX war nicht festzustellen.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr dorthin aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wäre oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würde.
Es konnten auch keine gravierenden Erkrankungen des Beschwerdeführers festgestellt werden.
1.4. Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um XXXX sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer langfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit Dezember 2018 noch ca. 1,8 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 4,1 Mio. Zurückgekehrte gegenüber. Schwerpunkte für Rückkehrende sind die Provinzen Ninava, Anbar, Salah al-Din und Kirkuk. (IOM Iraq, DTM - Displacement Tracking Matrix, Round 107, Dezember 2018)
Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an XXXX anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in XXXX und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit. In der Region von Hawija und in Gebirgsgegenden der Provinzen Diyala, Salah al-Din und Kirkuk sollen sich aktuell noch vereinzelt Kämpfergruppen des IS versteckt halten.
Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Am 25.09.2017 hielt die kurdische Regionalregierung ein Referendum für eine mögliche Unabhängigkeitserklärung der Autonomieregion ab. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk. Am 15.10.2017 wurden die in Kirkuk stationierten kurdischen Sicherheitskräfte von Einheiten der irakischen Armee und der Polizei sowie der sogen. der Zentralregierung nahestehenden Volksmobilisierungseinheiten angegriffen, die sich in der Folge aus Kirkuk zurückzogen. In der Folge kam es zur Besetzung weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze sowie von Grenzübergängen an der irakisch-syrischen Grenze durch die irakische Armee und die Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Nachdem bis zu 200.000 Einwohner des Großraums von Kirkuk angesichts der Ereignisse in die autonome Kurdenregion des Nordiraks geflüchtet waren, kehrten viele von ihnen im Verlauf von 2018 wieder dorthin zurück. Die Volksmobilisierungseinheiten zogen auf Anordnung des irakischen Ministerpräsidenten wieder aus Kirkuk ab. Die Stadt steht offiziell unter der Kontrolle der staatlichen irakischen Sicherheitskräfte (Polizei, Antiterroreinheiten). (LANDINFO, Danish Immigration Service, Situation in Northern Iraq, November 2018)
Im gesamten Irak erreichte, nach einer Statistik der UN-Mission für den Irak (UNAMI) vom Jänner 2019, die Zahl der Todesopfer und Verletzten im Zusammenhang mit Terroraktivitäten und sonstigen gewaltsamen Konflikten im Dezember 2018 den niedrigsten Stand seit 2015 (vgl. Juli 2015: 844 Todesopfer; Dezember 2018: 32 Tote). Im Zeitraum von September 2016 bis September 2018 wurden für den Raum XXXX insgesamt 56 gewaltsame Konfliktvorfälle mit insgesamt 33 Todesopfern, für die Provinz Ninava 54 Vorfälle mit 153 Toten und für die Provinz Dohuk 22 Vorfälle mit 44 Toten registriert (ACCORD, 12.11.2018, ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie die Entscheidung des BVwG im Vorverfahren, die Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren eingelangten behördlichen Mitteilungen über zwischenzeitige polizeiliche und strafbehördliche sowie -gerichtliche Maßnahmen den BF betreffend und durch die amtswegige Einholung von aktuellen länderkundlichen Informationen zur allgemeinen Lage im Irak sowie von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems den BF und seine Angehörigen betreffend.
Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangte das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu den entscheidungswesentlichen Feststellungen.
2.2. Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie regionalen Herkunft des Beschwerdeführers, zu dessen Lebenswandel vor der Ausreise aus dem Irak sowie seinen aktuellen Lebensumständen sowie denen seiner Angehörigen und Verwandten stützen sich in unstrittiger Weise auf die Feststellungen im ersten Verfahrensgang sowie den Inhalt der og. Datenbanken.
Die festgestellte Straffälligkeit des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus dem in Kopie im Akt einliegenden strafgerichtlichen Urteil vom 23.04.2018 sowie aus dem Strafregister der Republik Österreich. Die Feststellungen zu den jüngsten polizeilichen und strafbehördlichen Maßnahmen gegen den BF stützen sich auf den unstrittigen Inhalt der dazu beim BVwG eingelangten Mitteilungen.
Die Feststellungen zum Verfahrensgang gründen sich auf den ebenso unstrittigen Akteninhalt.
2.3. Die Feststellungen zu den Ausreisegründen des BF und seiner Angehörigen stützt das erkennende Gericht auf das im Akt einliegende Erkenntnis des BVwG vom 12.04.2017.
2.4. Zur Feststellung fehlender Verfolgungsgefahr für Angehörige christlicher Religionsgemeinschaften im Irak zum Entscheidungszeitpunkt war mangels aktueller gegenteiliger länderkundlicher Informationen, die vom BF vorgetragen worden wären oder dem Gericht von Amts wegen bekannt gewesen wären, zu gelangen.
Die Feststellungen zur allgemeinen Lage ebendort stützte das Gericht auf die in dazu eingesehenen und oben genannten Informationsquellen sowie das Amtswissen des Gerichts um die notorischen Ereignisse im Irak, denen kein vom BF im erstinstanzlichen Verfahren behauptetes oder in der Beschwerde dargebotenes substantielles Vorbringen entgegenstand.
3. Rechtliche Beurteilung:
Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG.
Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.
Zu A)
1.1. Gemäß § 3 Abs. 3 Z. 2 AsylG ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
§ 7 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:
Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.
§ 7 Abs. 4 AsylG 2005 lautet:
Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Gemäß Abs. 2 kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden, wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt. § 8 gilt.
1.2. Für die Anwendung des (dem § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1997 entsprechenden) § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG müssen kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden darf: Er muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden und drittens gemeingefährlich sein, und schließlich müssen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen. Es genügt nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. (vgl. VwGH 23.9.2009, 2006/01/0626, mwN; 25.10.2018, Ra 2018/20/0360).
Nach der Rsp fallen unter den Begriff des "besonders schweren Verbrechens" iSd § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen (VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0360).
Bei einer auf § 13 Abs 2 zweiter Fall AsylG 1997 bzw. nunmehr auf § 6 Abs 1 Z. 4 AsylG gestützten Entscheidung ist eine entsprechende Zukunftsprognose (zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit des Straftäters) zu erstellen, wobei es auf das gesamte Verhalten des Täters ankommt. Demgemäß ist seine Einstellung während der Dauer seines Aufenthaltes gegenüber dem Staat bzw. der Gemeinschaft der in diesem Staat lebenden Bürger und seine in diesem Zeitraum gesetzten Handlungen maßgeblich, welche geeignet sind, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden (VwGH 06.10.1999, 99/01/0288).
Die Frage, ob ein Flüchtling, der wegen eines besonders schweren Verbrechens verurteilt wurde in Zukunft eine Gefahr für die Gemeinschaft des Aufenthaltslandes darstellt, ist auch unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung des Flüchtlings (nach § 46 Abs 1 StGB) gegeben waren, zu beurteilen. Dabei ist jedoch auch sein gesamtes Verhalten seit Begehung der strafbaren Handlung von Belang, also einschließlich seines Verhaltens während der Haft, auch wenn er mangels Freizügigkeit eine Änderung seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten noch nicht voll unter Beweis stellen konnte (VwGH 10.10.1996, 95/20/0247).
Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. B 22. Mai 2014, Ra 2014/21/0014).
In gravierenden Fällen schwerer Verbrechen ist bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose zulässig (VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0360).
1.3. Der BF wurde mit rechtskräftigem Urteil des XXXX vom XXXX wegen §§ XXXX StGB, sohin wegen eines Verbrechens, das per se als schwer zu qualifizieren ist, zu einer XXXX verurteilt, wobei davon XXXX bedingt nachgesehen wurden und eine XXXX festgesetzt wurde.
Die Verurteilung nach diesen Straftatbeständen des StGB resultierte aus dem gegen ihn gerichteten Vorwurf des schweren Raubes. Er hat den gerichtlichen Feststellungen folgend zusammen mit einem Mittäter versucht einem Opfer dessen Bargeld abzunehmen und diesem dabei Schläge und Fußtritte versetzt, während der Mittäter das Opfer mit einem Messer bedroht und in der Folge damit im Bereich der Brustwirbelsäule verletzt hat.
Entgegen der Darstellung in der Beschwerde lag diesem strafbaren Verhalten des BF auch aus Sicht des BVwG eine beachtliche kriminelle Energie zugrunde, bedenkt man jenseits der zu Tage getretenen Absicht einer nötigenfalls auch gewaltsamen Vermögensentziehung die schließlich tatsächlich ausgeübte Anwendung körperlicher Gewalt durch Schläge und Fußtritte gegen das Opfer durch den BF selbst wie auch sein Zusammenwirken mit dem zweiten Täter, der seinerseits eine Waffe gegen das Opfer einsetzte und es damit verletzte.
Zwar war die Beschwerde mit den Hinweisen auf das Geständnis des BF vor dem Strafgericht und die relativ niedrige Strafhöhe im gg. Urteil gemessen am höchstmöglichen Strafmaß im Recht.
Demgegenüber war in Betracht zu ziehen, dass der BF bereits einschlägig vorbestraft war, zumal er mit Urteil des XXXX vom XXXX rechtskräftig gemäß § XXXX StGB verurteilt worden war. Diese Verurteilung vor nicht allzu langer Zeit hielt ihn sohin nicht von der Begehung einer weiteren Straftat ab, wobei zudem darauf Bedacht zu nehmen war, dass er seine kriminelle Energie bei der zweiten Tatbegehung erheblich steigerte, indem sich diese in der Anwendung körperlicher Gewalt gegen das Opfer über die beabsichtigte Vermögensschädigung hinaus auch gegen das besonders geschützte Rechtsgut von Leib und Leben richtete. Der Umstand, dass es im Zuge der Tatbegehung letztlich beim erfolglosen Versuch geblieben war, vermochte die Verwerflichkeit der Tat nicht maßgeblich zu mildern, zumal dieser Misserfolg der Gegenwehr des Opfers und nicht einem freiwilligen Entschluss der Täter geschuldet war.
Der Einwand in der Beschwerde, dass das Strafgericht die Verhängung einer teilbedingten Freiheitsstrafe für ausreichend erachtete "um den Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten", ging zum Entscheidungszeitpunkt deshalb ins Leere, da der BF trotz erfolgter zweiter rechtskräftiger Verurteilung inzwischen erneut ins Visier der Strafverfolgungsbehörden geraten ist angesichts einer zuletzt im Februar 2019 gegen ihn von der Staatsanwaltschaft erhobenen Anklage wegen § XXXX StGB, sohin neuerlich wegen des Verdachts der Begehung einschlägiger strafbarer Handlungen.
Auch der jüngste polizeiliche Erhebungsbericht an die Staatsanwaltschaft vom März 2019 wegen der Betretung des BF auf frischer Tat bei einem Delikt nach § XXXX stellte sich für die gg. Abwägung nicht als unerheblich dar. Zwar lag dieser Tatbegehung der Aussage des BF zufolge (bloß) seine Absicht des Eigenkonsums zugrunde, jedoch gab er bei seiner Einvernahme auch an, schon seit längerer Zeit regelmäßig Suchtmittel zu konsumieren, woraus wiederum auf die Gefahr weiteren kriminellen Handelns des BF pro futuro zu schließen war, weil er auf kein regelmäßiges Einkommen aus legaler Erwerbstätigkeit zur Finanzierung seines Konsums zurückgreifen kann.
In Anbetracht all dieser Aspekte war daher eine negative Zukunftsprognose im Sinne einer vom BF ausgehenden weiteren Gefahr für die Gemeinschaft angezeigt und insoweit ein wesentliches Element des Asylausschlusstatbestandes des § 6 Abs. 1 Z. 4 iVm § 3 Abs. 3 Z. 2 AsylG erfüllt.
1.4. Mit Blick auf das bisherige strafbare Verhalten des BF in Österreich bzw. die daraus resultierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Inland durch ihn war schließlich noch eine Interessenabwägung vorzunehmen, was die Schwere der von ihm in Österreich begangenen Straftaten im Verhältnis zu einem etwaigen individuellen Schutzinteresse bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat angeht.
Diesbezüglich gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass diese Interessenabwägung jedenfalls nicht zu Gunsten des BF ausfalle, ohne dies über allgemeine rechtliche Ausführungen hinaus auch fallbezogen nachvollziehbar zu begründen.
Die belangte Behörde hat an anderer Stelle ihrer Entscheidung (vgl. S. 6 des Bescheides "zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr") festgestellt, dass der BF "aufgrund der derzeitigen Lage im Irak" und wegen des Umstands, dass er "im wehrfähigen Alter ist", (hier sinngemäß wiedergegeben) einer Gefährdung durch staatliche Organe oder Milizen ausgesetzt sein könnte. Auch diese Feststellungen entbehrten allerdings einer Begründung unter Bezugnahme auf konkrete Sachverhalte, die in der Person des BF oder in den länderkundlichen Informationen gelegen gewesen wären.
Im Hinblick auf die allgemeine Lage im Irak ist an dieser Stelle auf die Ausführungen des BVwG weiter unten zu verweisen.
Was die Feststellung des "wehrfähigen Alters" des BF angeht, war für das Gericht nicht erkennbar, ob es sich hierbei um einen Redaktionsfehler im Bescheid in der Form handelt, dass diese Feststellung aus einem anderen Bescheidmuster ungewollt übernommen wurde, oder um eine beabsichtigte, wenn auch sachverhaltsfremde Feststellung. Jedenfalls spielte weder im Vorverfahren des BF, das letztlich zur Asylgewährung führte, die Frage der "Wehrfähigkeit" eine Rolle noch fand sich in den gg. umfangreichen länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde irgendeine Bezugnahme auf diese Thematik oder in der Beschwerde diesbezüglich ein konkretes individuelles Vorbringen. Auch von Amts wegen ist dem BVwG diese Thematik unbekannt, zumal im Irak notorischer Weise keine Wehrpflicht besteht. Selbst wenn man hypothetisch eine allfällige Rekrutierung des BF durch andere bewaffnete Verbände jenseits der irakischen Armee in Betracht ziehen würde, war ein solches Szenario nie Inhalt eines ihn bis dato betreffenden Verfahrens gewesen. Für das gg. Beschwerdeverfahren war daraus sohin nichts zu gewinnen, was im Rahmen einer Abwägung zwischen jenen Aspekten, die für einen Asylausschluss relevant waren, und einem allfälligen weiterhin bestehenden individuellen Schutzbedürfnis des BF seinen Herkunftsstaat betreffend zum Ergebnis führen hätte können, dass ein Asylausschluss nicht zulässig wäre.
Das BVwG hatte in seinem Erkenntnis vom 12.04.2017 in der Sache des BF und seiner Angehörigen festgestellt, dass der BF wegen Drohungen Dritter gegen ihn im Alltag wegen seines christlichen Religionsbekenntnisses aus seinem Herkunftsstaat ausgereist war, was in Kumulation mit anderen Feststellungen insbesondere seine Mutter betreffend schließlich zur Asylgewährung an alle Familienangehörigen führte.
Im Hinblick darauf verkannte das BVwG im gg. Verfahren nicht, dass es in den Jahren zwischen 2010 und 2014 gerade in XXXX zu allgemein bekannten Terroranschlägen auf christliche Gemeinden gekommen war, was einen Exodus von Christen in die kurdischen Provinzen des Nordiraks und ins Ausland zur Folge hatte, wie es insbesondere nach der Invasion des Zentraliraks durch Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in den Jahren 2013 und 2014 zur Vertreibung bzw. Verfolgung von Angehörigen religiöser und ethnischer Minderheiten im Machtbereich des IS gekommen war, worauf ebenso eine Massenflucht dieser Personen in die genannten Provinzen folgte. Darauf wiesen auch die länderkundlichen Informationen des BFA im bekämpften Bescheid, die sich insgesamt nur auf Zeiträume vor 2017 bezogen, hin.
Aktuell liegen demgegenüber - vor dem Hintergrund einer mit Dezember 2017 abgeschlossenen Befreiung der ehemals vom IS besetzten Regionen durch irakische Regierungskräfte und paramilitärische Verbände und Vertreibung sowie Zerschlagung der Milizen des IS - keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür, dass Angehörige christlicher Religionsgemeinschaften in irgendeiner Region des Iraks einem als Gruppenverfolgung zu qualifizierenden Bedrohungsszenario unterliegen. Auch der BF selbst hat im Zuge des gg. Verfahrens kein Vorbringen dahingehend erstattet und wurde zuletzt in der Beschwerde ebenfalls nicht darauf Bezug genommen.
Auch dahingehend stand sohin einem Asylausschluss kein maßgebliches Schutzbedürfnis des BF entgegen.
1.5. Vor diesem Hintergrund war daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
2.2. Im gg. Fall hat die belangte Behörde ihre Nicht-Zuerkennung von subsidiärem Schutz an den BF auf die Bestimmungen des § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG gestützt, zumal dieser zwar im Herkunftsstaat "aufgrund der derzeitigen Lage" und wegen seines "wehrfähigen Alters" der Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt wäre, jedoch im Lichte seiner strafgerichtlichen Verurteilung wegen eines Verbrechens durch die genannten Bestimmungen von der Schutzgewährung ausgeschlossen sei.
2.3. Entgegen seiner früheren ständigen Judikatur zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz, wo der Verwaltungsgerichtshof (insbesondere) auf den Maßstab des Art. 3 EMRK abgestellt hat, bezieht sich dieser in seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. Ra 2018/01/0106-12 vom 6. November 2018) vielmehr auf die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Statusrichtlinie) und die dort für die Gewährung von subsidiärem Schutz normierten Voraussetzungen, weist dabei auf das Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung des Asylgesetzes vor dem Hintergrund der Statusrichtlinie hin und hält dazu fest, dass zu den vom Unionsrecht vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz alleine die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des EuGH maßgeblich ist.
Nach dieser Rechtsprechung hat ein Drittstaatsangehöriger "nur dann Anspruch auf subsidiären Schutz ..., wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Richtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens zu erleiden" (vgl. zuletzt EuGH 24.4.2018, C-353/16, MP, Rn. 28, mwN).
Art. 15 der Statusrichtlinie definiert als "ernsthaften Schaden" die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland (lit. b) und "eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" (lit. c).
Zum Vorliegen eines ernsthaften Schadens nach Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie nahm der EuGH im Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Stellung und führte dazu aus, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, nicht bedeutet, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH dagegen, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten, also von Akteuren iSd Art. 6 Statusrichtlinie, verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist.
Diesen Unterschied zwischen der Gewährung von subsidiärem Schutz einerseits und der Non-refoulement-Entscheidung andererseits hat der EuGH im zeitgleichen Urteil C-562/13, Abdida, nochmals klargestellt (vgl. Rn. 33).
In seinem Urteil vom 24. April 2018, C-353/16, MP, Rn. 45 und 46, hat der EuGH diese Sichtweise bestätigt. Er führte nochmals aus, dass der Schutz vor Ausweisung nach Art. 3 EMRK auch unter Berücksichtigung von Art. 4 der GRC (Non-refoulement) von der Gewährung von subsidiärem Schutz nach der Statusrichtlinie zu unterscheiden ist:
"Zu den Auswirkungen, die es haben kann, dass im Herkunftsland des Betroffenen eine geeignete Infrastruktur zur Behandlung physischer oder psychischer Folgeschäden der von den Behörden dieses Landes verübten Folterhandlungen fehlt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der in Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83 genannte ernsthafte Schaden nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslandes sein darf. Die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen angemessener Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung vorsätzlich verweigert würde, kann keine ausreichende Rechtfertigung dafür sein, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, M-Bodj, C-542/13, EU:C:2014:2452, Rn. 35 und 36)".
Zur Voraussetzung des Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie hat der EuGH festgehalten, dass das "Vorliegen einer solchen Bedrohung ... ausnahmsweise als gegeben angesehen werden" kann, "wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt [...] ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein" (vgl. EuGH 17.2.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn. 35).
Auch wenn der EuGH in dieser Rechtsprechung davon spricht, dass es sich hierbei um "eine Schadensgefahr allgemeinerer Art" handelt (Rn. 33), so betont er den "Ausnahmecharakter einer solchen Situation" (Rn. 38), "die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die fragliche Person dieser Gefahr individuell ausgesetzt wäre" (Rn. 37).
Diesen Ausnahmecharakter hob der EuGH nochmals im Urteil vom 30. Jänner 2014, C-285/12, Diakité, Rn. 30, wie folgt hervor:
"Außerdem wird das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nur zur Gewährung subsidiären Schutzes führen können, sofern die Auseinandersetzungen zwischen den regulären Streitkräften eines Staates und einer oder mehreren bewaffneten Gruppen oder zwischen zwei oder mehreren bewaffneten Gruppen ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person, die die Gewährung des subsidiären Schutzes beantragt, im Sinne von Art. 15 Buchst. c der Richtlinie angesehen werden, weil der Grad willkürlicher Gewalt bei diesen Konflikten ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein".
Die spezifische Betroffenheit eines Antragstellers kann aber nach dieser Rechtsprechung (vgl. EuGH 30.1.2014, C-285/12, Diakité, Rn. 31) insoweit eine Rolle spielen, als "der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist".
2.4. Bereits in seinem Urteil vom 9. November 2010, C-57/09 und C-101/09, B und D, Rn. 118ff, hat der EuGH dargelegt, dass den Mitgliedstaaten die Gewährung einer anderen Form des nationalen Schutzes aus anderen Gründen als jenen, aus denen internationaler Schutz im Sinne des Art. 2 lit. a der Statusrichtlinie gewährt werden muss, wie etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen gemäß Art. 3 der Statusrichtlinie nur dann möglich ist, wenn diese andere Form des Schutzes nicht die Gefahr der Verwechslung mit der Rechtsstellung des Flüchtlings oder der Person mit Anspruch auf subsidiärem Schutz im Sinne der Statusrichtlinie birgt. Damit stellte der EuGH klar, dass die Schutzgewährung aus familiären oder humanitären Gründen nicht in den Anwendungsbereich der Statusrichtlinie fällt und es für die Gewährung nationalen Schutzes aus solchen Gründen einer Form bedarf, die die Gefahr der Verwechslung mit der Schutzgewährung im Sinne der Statusrichtlinie ausschließt.
Die Erlassung oder Beibehaltung günstigerer Bestimmungen durch einen Mitgliedstaat, die - unter Berufung auf Art. 3 der Statusrichtlinie - über den oben dargelegten Maßstab für die Gewährung von subsidiären Schutz hinausgehen, hat der EuGH in seinem Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Rn. 43 bis 46, ausdrücklich als unionsrechts- bzw. richtlinienwidrig angesehen.
Nach dieser Rechtsprechung widerspricht es der Statusrichtlinie und ist es unionsrechtlich unzulässig, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Art. 3 EMRK gestützt sind.
Jüngst hat der EuGH dies nochmals verdeutlicht, wenn er ausführt, "dass die in Art. 3 enthaltene Klarstellung, dass jede günstigere Norm mit der Richtlinie 2011/95 vereinbar sein muss, bedeutet, dass diese Norm die allgemeine Systematik oder die Ziele der Richtlinie nicht gefährden darf. Insbesondere sind Normen verboten, die die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zuerkennen sollen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen" (vgl. EuGH 4.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova, Rn. 71f, mit Verweis auf EuGH 18.12.2014, M'Bodj, C-542/13, vgl. dazu bereits auch VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040-0044, in Bezug auf das Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005).
Mit dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wollte der Gesetzgeber - wie in den Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP, 5) ausdrücklich angeführt wird - die Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004), insbesondere mit dem neu geregelten "Antrag auf internationalen Schutz" deren gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (vgl. RV 952 BlgNR 22. GP, 30f) umsetzen (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten unter anderem dann zuzuerkennen ist, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Heimatstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK" bedeuten würde, ist dagegen (im Sinne der bisherigen Non-refoulement-Prüfung) ableitbar, dass für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art. 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.
Insofern hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der dargelegten Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Art. 3 Statusrichtlinie entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umgesetzt.
Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden (vgl. etwa VwGH 22.6.2015, 2015/04/0002, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH obliegt die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in der Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie deren Pflicht, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt der Mitgliedstaaten, einschließlich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den Gerichten (vgl. etwa jüngst EuGH 7.8.2018, C-122/17, David Smith, Rn. 38, 39, mwN). Zur Erfüllung dieser Verpflichtung verlangt der Grundsatz der unionskonformen Auslegung von den mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichten, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht. Allerdings findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl. jüngst EuGH 4.10.2018, C-384/17, Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic N&N, Rn. 57, 58, mwN). Das Erfordernis einer unionsrechtskonformen Auslegung umfasst jedoch auch die Verpflichtung der nationalen Gerichte, eine gefestigte Rechtsprechung gegebenenfalls abzuändern, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie unvereinbar ist (vgl. jüngst EuGH 11.9.2018, C-68/17, IR, Rn. 64, mwN).
Zu einer derartigen richtlinienkonformen Auslegung hat der EuGH festgehalten, "auch wenn dieses Erfordernis der richtlinienkonformen Auslegung nicht so weit reichen kann, dass eine Richtlinie selbst und unabhängig von einem nationalen Umsetzungsakt Einzelnen Verpflichtungen auferlegt oder die strafrechtliche Verantwortlichkeit der ihren Bestimmungen Zuwiderhandelnden bestimmt oder verschärft, so ist doch anerkannt, dass der Staat grundsätzlich Einzelnen eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts entgegenhalten kann" (vgl. EuGH 5.7.2007 Kofoed, C-321/05, Rn. 45 mit Verweis auf seine Urteile Kolpinghuis Nijmegen, Rn. 12 bis 14, und Arcaro, Rn. 41 und 42).
2.5. Wie schon oben ausgeführt wurde, war den BF betreffend weder in Anbetracht seiner Zugehörigkeit zu einer christlichen Religionsgemeinschaft noch aus anderen in seiner Person gelegenen Gründen, etwa wegen des - wie oben schon festgestellt wurde - sachverhaltsfremden Aspektes einer sogen. "Wehrfähigkeit", das Vorliegen der Gefahr des Erleidens eines ernsthaften Schadens iSd Art. 15 lit b der Statusrichtlinie durch in der Richtlinie genannte Akteure feststellbar.
Auch "eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit" des BF als "Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" iSd lit. c war nicht feststellbar. Zwar ist das Vorkommen von Terroranschlägen aktuell in XXXX wie auch in anderen Landesteilen des Iraks nicht gänzlich auszuschließen, jedoch erreicht diese Gefahr nicht jenes Niveau, dass überhaupt von "willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" auszugehen wäre.
Im Lichte dessen war schon nicht von der Notwendigkeit einer Gewährung von subsidiärem Schutz an den BF auszugehen, wie auch in der Beschwerde nichts in diesem Sinne vorgebracht wurde, weshalb eine Subsumierung des gg. Sachverhalts unter die von der belangten Behörde zu Spruchpunkt II herangezogenen Bestimmungen obsolet war.
Nur der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass zutreffendenfalls auch im Falle der Nicht-Zuerkennung von subsidiärem Schutz unter Anwendung von § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 Z. 3 AsylG der jüngeren Judikatur des VwGH folgend eine über die bloße Feststellung der rechtskräftigen Verurteilung eines Antragstellers wegen eines Verbrechens hinaus gehende Einzelfallabwägung im Hinblick auf die konkreten Umstände des strafbaren Verhaltens, das zur Verurteilung führte, vorzunehmen wäre (vgl. VwGH v. 06.11.2018, Ra 2018/18/0295-15).