TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/21 W258 2111294-2

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Veröffentlicht am 21.05.2019
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Entscheidungsdatum

21.05.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
SDG §2 Abs2 Z1 lita
SDG §4 Abs2
SDG §4a Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W258 2111294-2/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , gegen den Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichts Wien vom 06.04.2017, XXXX , betreffend die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.11.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in Folge kurz "BF") beantragte am 16.05.2014 bei dem damaligen Präsidenten (nunmehr: Präsidentin) des Handelsgerichtes Wien (in Folge kurz "belangte Behörde") die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen ("SV-Liste") für die Fachgruppe 94 Immobilien (Bewertung, Verwaltung, Nutzung), Fachgebiete 94.15 Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Liegenschaften (Baugründe, Wohnungseigentumsobjekte), 94.17 Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser (Baugründe), 94.65 Baugründe und 94.70 Nutzwertfeststellung, Parifizierung. Mit E-Mail vom 02.09.2014 beantragte der BF ergänzend die Eintragung in das Fachgebiet 94.10 gewerblich oder industriell genutzte Liegenschaften (Baugründe).

2. Der BF wurde am 10.10.2014 für die beantragten Fachgebiete von der Begutachtungskommission geprüft, die daraufhin mit Gutachten vom 14.10.2014 die Eintragung des BF in die SV-Liste für das Fachgebiet 94.70, nicht hingegen für die übrigen Fachgebiete befürwortet hat.

3. Mit (Teil-)Bescheid vom 30.04.2015 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für die Fachgebiete 94.10, 94.15, 94.17 sowie 94.65 ab; mit Bescheid vom 28.05.2015 wurde der BF für das Fachgebiet 94.70 in die Gerichtssachverständigenliste eingetragen.

4. Auf Grund der erhobenen Beschwerde des BF wurde der (Teil-)Bescheid vom 30.04.2015 mit hg Beschluss vom 27.04.2016 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen: der BF sei als Ziviltechniker von der Prüfung aus Sachkunde befreit und das Gutachten der Begutachtungskommission sei nicht nachvollziehbar. Die belangte Behörde habe ein neues Gutachten von der Begutachtungskommission einzuholen.

5. Am 09.03.2016 stellte der BF den Antrag, seine Eintragung in der Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen um das Fachgebiet 72.01, Hochbau und Architektur, zu erweitern.

6. Mit Schreiben vom 31.05.2016 beauftragte die belangte Behörde die Kommission unter Verweis auf den aufhebenden hg Beschluss mit der Erstattung eines neuerlichen Gutachtens.

7. Der BF verweigerte trotz mehrfacher Ladungen eine weitere Prüfung durch die Kommission, weil er von der Prüfung aus Sachkunde befreit sei und die restlichen Eintragungsvoraussetzungen bereits auf Grund seiner Eintragung in die SV-Liste für das Fachgebiet 94.70 erfüllt habe. Am 17.10.2016 stellte der BF sowohl hinsichtlich der ursprünglich negativ beschiedenen Fachgebiete 94.10, 94.15, 95.17 und 94.65 als auch für das neu beantragte Fachgebiet 72.01 einen Antrag auf unmittelbare - dh ohne weitere Prüfung des BF - Eintragung des BF in die Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen.

8. Die Kommission teilte daraufhin der belangten Behörde mit, dass ihr die Erstellung einer begründeten Stellungnahme auf Grund der Weigerung des BF sich prüfen zu lassen nicht möglich sei, woraufhin die belangte Behörde die Anträge des BF auf Eintragung in die SV-Liste mit Bescheid vom 06.04.2017 abwies.

9. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde des BF vom 08.05.2017, in der er beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag des BF auf Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für die Fachgebiete 94.10, 94.15, 94.17, 94.65 und 72.01 vollinhaltlich stattgegeben, in eventu der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen wird.

10. Der BF führte dabei im Wesentlichen aus, der Hauptverband der Gerichtssachverständigen ergänze den Gesetzestext des § 2 Abs 2 Z 1 lit a SDG "Kenntnisse über die Befundaufnahme sowie über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens" in unzulässiger Weise mit "im jeweiligen Fachbereich", um die in § 4a SDG normierte Prüfungsbefreiung bestimmter Berufsgruppen zu umgehen. Der Gesetzgeber habe intendiert, die Kenntnisse zu Befundaufnahme und Gutachten unabhängig vom Fachgebiet zu prüfen und es bestünden ohnehin keine diesbezüglichen Unterschiede zwischen den Fachgebieten. Der BF sei bereits in die Sachverständigenliste eingetragen, er habe folglich bereits sämtliche Prüfungsgebiete erfolgreich absolviert. Eine neuerliche Überprüfung könne nicht willkürlich erfolgen, weil sonst die in § 6 SDG normierte Befristungsregelung unterlaufen werden würde. Zudem gehe aus der Begründung des (Teil-)Bescheides vom 30.04.2015 hervor, dass der BF unter anderem die Gutachtenstechnik der jeweiligen gegenständlichen Fachbereiche erfolgreich bestanden habe, weil die Eintragung lediglich mangels Sachkunde verwehrt worden sei. Die Nachweise für die übrigen Voraussetzungen des § 2 SDG habe er bereits für die Prüfung am 10.10.2014 erbracht. Zusammenfassend sei der Hauptverband verpflichtet gewesen, ein Gutachten auszustellen, welches dem BF in sämtlichen der mündlichen Prüfung unterliegenden Gebieten positiv beurteile, zumal der BF anlässlich seiner Prüfung vom 10.10.2014 sämtliche Prüfungen erfolgreich absolviert habe. Es sei an der belangten Behörde gelegen, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift von der Kommission einzufordern. Zudem habe die Präsidentin des Handelsgerichtes Wien das Gutachten der Kommission auch auf dessen Gesetzmäßigkeit zu überprüfen. Nichts anderes habe zu gelten, wenn die Kommission rechtswidrig die Ausstellung eines Gutachtens verweigere. Es könne nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen, zunächst an gesetzwidrigen Vorgängen (ungerechtfertigte Prüfung) teilhaben zu müssen, um überhaupt in die Lage versetzt zu werden, diese erfolgreich bekämpfen zu können.

11. Am 26.09.2018 wurde der Sachverständige XXXX , zertifiziert für die Fachgebiete 94.70, 94.10, 94.15, 94.17, 94.65 sowie 72.01, informell befragt, inwiefern es bei der Befundaufnahme bzw Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens (Gutachtenmethodik) hinsichtlich des Fachgebietes 94.70 einerseits und der Fachgebiete 94.10, 94.15, 94.17, 94.65 bzw 72.01 andererseits Unterschiede gebe.

12. In der hg durchgeführten mündlichen Beschwerdeverhandlung am 21.11.2018 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert und einvernehmlich auf die Einholung eines weiterführenden Gutachtens hinsichtlich etwaiger fachlicher Unterschiede der Gutachtensmethodik zwischen den beantragten Fachgebieten verzichtet. In seiner Stellungnahme vom 12.12.2018 führte der BF ergänzend aus, warum ein solches Gutachten nicht erforderlich und vom Mitgliedern des Sachverständigenverbandes nicht erstattet werden könne.

Beweise wurden aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, die fernmündliche informelle Befragung des Sachverständigen XXXX und Einsichtnahme in die Prüfungsstandards des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen zu den Fachgebieten 72.01, Stand April 2013 und 94.10, 94.15, 94.17, 94.65 und 94.70, Stand Dezember 2017.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Der folgende Sachverhalt steht fest:

Der BF, ein Ziviltechniker, beantragte bei der belangte Behörde am 16.05.2014 die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für die Fachgruppe 94 Immobilien (Bewertung, Verwaltung, Nutzung) in den Fachgebieten 94.15, Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Liegenschaften (Baugründe, Wohnungseigentumsobjekte), 94.17, Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser (Baugründe), 94.65, Baugründe und 94.70, Nutzwertfeststellung, Parifizierung, und mit E-Mail vom 02.09.2014 die Eintragung in das Fachgebiet, 94.10, gewerblich oder industriell genutzte Liegenschaften (Baugründe).

Er wurde am 10.10.2014 für die beantragten Fachgebiete von der Begutachtungskommission geprüft. Die Prüfung aus Verfahrensrecht und Sachverständigenwesen hat der BF für alle beantragten Fachgebiete bestanden. In den über diese Prüfung erstellten Protokollen wird nicht zwischen den Prüfungsgebieten Sachkunde einerseits und Befundaufnahme und Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens andererseits unterschieden.

Auf Grund dieser Prüfung hat die Begutachtungskommission mit Gutachten vom 14.10.2014 die Eintragung des BF in die SV-Liste für das Fachgebiet 94.70, nicht hingegen für die übrigen Fachgebiete befürwortet.

Mit (Teil-)Bescheid vom 30.04.2015 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für die Fachgebiete 94.10, 94.15, 94.17 sowie 94.65 ab; mit Bescheid vom 28.05.2015 wurde der BF für das Fachgebiet 94.70 in die Gerichtssachverständigenliste eingetragen.

Auf Grund der erhobenen Beschwerde des BF wurde der (Teil-)Bescheid vom 30.04.2015 mit hg Beschluss vom 27.04.2016 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen: der BF sei als Ziviltechniker von der Prüfung aus Sachkunde befreit und das Gutachten der Begutachtungskommission sei nicht nachvollziehbar. Die belangte Behörde habe ein neues Gutachten von der Begutachtungskommission einzuholen.

Am 09.03.2016 stellte der BF den Antrag, seine Eintragung in der Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen um das Fachgebiet 72.01, Hochbau und Architektur, zu erweitern.

Mit Schreiben vom 31.05.2016 beauftragte die belangte Behörde die Kommission unter Verweis auf den aufhebenden hg Beschluss mit der Erstattung eines neuerlichen Gutachtens.

Der BF verweigerte trotz mehrfacher Ladungen eine weitere Prüfung durch die Kommission, weil er von der Prüfung aus Sachkunde befreit sei und die restlichen Eintragungsvoraussetzungen bereits auf Grund seiner Eintragung in die SV-Liste für das Fachgebiet 94.70 erfüllt habe. Am 17.10.2016 stellte der BF sowohl hinsichtlich der ursprünglich negativ beschiedenen Fachgebiete 94.10, 94.15, 95.17 und 94.65 als auch für das neu beantragte Fachgebiet 72.01 einen Antrag auf unmittelbare - dh ohne weitere Prüfung des BF - Eintragung des BF in die Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen.

Die Kommission teilte daraufhin der belangten Behörde mit, dass ihr die Erstellung einer begründeten Stellungnahme auf Grund der Weigerung des BF sich prüfen zu lassen nicht möglich sei, woraufhin die belangte Behörde die Anträge des BF auf Eintragung in die SV-Liste mit Bescheid vom 06.04.2017 abwies.

Die aktuellen Prüfungsstandards für die Fachgruppe 94 lauten (Auszug):

"3.2. Sachkunde [...]

a) 94.15 Mehrfamilienhäuser [...]: [...]

Bewertung:

-

Liegenschaftsbewertungsgesetz und andere bewertungsrelevante Normen

-

Einschlägige Fachliteratur zu Bewertungsfragen (auch auf internationalem Gebiet)

-

Bewertungsverfahren

-

Detaillierte Bewertungsvorgänge

-

Grundwissen zu Förderung, Sanierung etc. in ihrer Auswirkung auf Bewertungsfragen

-

Kapitalisierungszinsfuß

-

Finanzmathematik und statistische Methoden

-

Immobilienmarkt

-

Branchenspezifika - einschlägige Sonderimmobilien, beispielsweise Schlösser [...]

c) 94.10 Gewerblich oder industriell genutzte Liegenschaften (Baugründe):

• Grundwissen wie Fachgebiet 94.15

• gewerbliche oder industrielle Bauweisen, Betriebsanlagengenehmigungsverfahren

• Bewertungsfragen hinsichtlich einschlägiger Sonderimmobilien, beispielsweise Kraftwerke

• Umweltrecht [...]

d) 94.17 Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser (Baugründe):

Grundwissen wie Fachgebiet 94.15 [...]

j) 94.65 Baugründe: Grundwissen wie Fachgebiet 94.15 mit Schwerpunkt auf unbebaute Grundstücke, die einer Bebauung zugänglich sind [...]

k) 94.70 Nutzwertfeststellung, Parifizierung:

• Grundwissen wie Fachgebiet 94.20 mit Schwerpunkt Bestimmungen des WEG 2002, WEG 1975 und WEG 1948

• Erstmalige Festsetzung von Nutzwerten

• Änderung von Nutzwerten aufgrund der Bestimmungen des WEG 1975 und des WEG 2002

• Änderungen von Parifikaten aufgrund der Bestimmungen des WEG 1948

[...]

3.3. Befundaufnahme und Gutachtensmethodik

Eine umfassende und exakte Befundaufnahme gehört zu den wesentlichen Voraussetzungen für ein Gutachten. Dabei können Bilder, Skizzen, Pläne etc. mithelfen, das Gutachten auch für Laien verständlich und anschaulich zu machen.

Für die Sachverständigentätigkeit muss man über die entsprechenden Kenntnisse hinsichtlich Befundaufnahme und Gutachtensmethodik verfügen und in der Lage sein, das Gutachten richtig aufzubauen.

Bei der Darstellung des Befundes sind insbesondere folgende Merkmale zu berücksichtigen:

• Lage und Topographie

• Flächenwidmungs- und Bebauungsbestimmungen

• Grundbuchstand

• Beschreibung von Gebäuden und Außenanlagen

• Reparaturbedarf

• Kontaminierung

• Immissionen

• Vermietung

• Bewilligungen

• Bauaufträge, Abbruchaufträge [...]"

Die aktuellen Prüfungsstandards für das Fachgebiet 72.01, Hochbau und Architektur, lauten (zum Teil Format- und Tippfehler bereinigter Auszug):

"[...] 2. Voraussetzungen allgemein [...]

Der Sachverständige hat im Rahmen seiner praktischen Tätigkeit auf dem vorliegenden Gebiet vor allem Mängel in der Bauvorbereitung (Planung, Vergabe etc.) sowie Schadensfälle und Mängel der Baudurchführung zu begutachten. [...]

3.2. Sachkunde [...]

Themenkatalog (beispielsweise):

• Abbruch

• Abdichtung gegen Feuchtigkeit

• Abschrankungen und Gerüstungen

• Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung, Preisumrechnung

• Bauanschlussfugen

• Baugrund

• Baulücke

• Bauordnungs- und Normenwesen

• Bauphysik

• Baurestmassen

• Baustoffe

• Bundesvergabegesetz

• Dämmungen

• Umwelteinflüsse

• Feuchtigkeitsschäden

• Fugen

• Garagen

• Gefahrenevaluierung

• Generalunternehmerwesen

• facheinschlägige Gesetze und ÖNORMEN

• Hauskanal

• Hochhaus-Spezifika

• Kamine, Fänge, Lüftungen

• Kleinkläranlagen

• Kontaminierung

• Planung

• Professionisten

• Putztechniken

• Risse

• Sanierungstechniken

• Setzungsschäden

• Sicherheitsglas

• Sicherung der Baustellen im Allgemeinen

• Trockenlegung

• Unterfangungen

• Wärmebrücken"

2. Die Feststellungen ergeben sich aus der folgenden Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich grundsätzlich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt (OZ 1) und den jeweils zitierten unbedenklichen Prüfungsstandards.

Die Feststellungen zum Bestehen der Prüfung aus Verfahrensrecht und Sachverständigenwesen gründen im Prüfungsprotokoll des Vorsitzenden der Prüfungskommission (OZ 1 S 69) und seiner diesbezüglichen Stellungnahme vom 16.01.2015 (OZ 1 S 111), wonach der BF die von ihm geprüften Gebiete bestanden hätte.

Dass in den über diese Prüfung erstellten Protokollen nicht zwischen den Prüfungsgebieten Sachkunde einerseits und Befundaufnahme und Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens andererseits unterschieden wird, gründet in den Prüfungsprotokollen (OZ 1 S 59 ff) und den diesbezüglichen Stellungnahmen der Fachprüfer, die ebenfalls keine derartige Unterscheidung vornehmen (OZ 1 S 113 ff).

3. Rechtlich folgt daraus:

Zu A)

Die zulässige Beschwerde ist nicht berechtigt.

3.1. Zu den maßgeblichen Gesetzen, Materialien und einschlägiger Judikatur:

Die Voraussetzungen für die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste sind in den §§ 2 f, das Eintragungsverfahren ist in den §§ 4 f SDG geregelt.

§ 2 Abs 2 SDG lautet:

"Für die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste für ein bestimmtes Fachgebiet müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

1. in der Person des Bewerbers

a) Sachkunde und Kenntnisse über die wichtigsten Vorschriften des Verfahrensrechts, über das Sachverständigenwesen, über die Befundaufnahme sowie über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens,

b) zehnjährige, möglichst berufliche Tätigkeit in verantwortlicher Stellung auf dem bestimmten oder einem verwandten Fachgebiet unmittelbar vor der Eintragung; eine fünfjährige Tätigkeit solcher Art genügt, wenn der Bewerber als Berufsvorbildung ein entsprechendes Hochschulstudium oder Studium an einer berufsbildenden höheren Schule erfolgreich abgeschlossen hat,

c) Geschäftsfähigkeit in allen Belangen und Nichtbestehen einer aufrechten gesetzlichen Vertretung im Sinn des § 1034 ABGB,

d) persönliche Eignung für die mit der Ausübung der Tätigkeit des Sachverständigen verbundenen Aufgaben,

e) Vertrauenswürdigkeit,

f) österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

g) gewöhnlicher Aufenthalt oder Ort der beruflichen Tätigkeit im Sprengel des Landesgerichts, bei dessen Präsidenten der Bewerber die Eintragung beantragt, und

h) geordnete wirtschaftliche Verhältnisse,

i) der Abschluss einer Haftpflichtversicherung nach § 2a;1a. die ausreichende Ausstattung mit der für eine Gutachtenserstattung im betreffenden Fachgebiet erforderlichen Ausrüstung;

1a. die ausreichende Ausstattung mit der für eine Gutachtenserstattung im betreffenden Fachgebiet erforderlichen Ausrüstung;

2. der Bedarf an allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Fachgebiet des Bewerbers."

Gemäß § 4 SDG hat der Bewerber die Voraussetzungen nach § 2 Abs 2 Z 1 lit a, b, f, g und i sowie Z 1a SDG nachzuweisen, wobei sämtliche vorhandene schriftliche Nachweise bereits dem Antrag anzuschließen sind. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Abs 2 Z 1 lit a und b sowie Z 1a SDG hat der entscheidende Präsident eine begründete Stellungnahme (eingeführt durch BGBl Nr 10/2017, vormals: "Gutachten") einer Kommission einzuholen. Darüber hinaus hat er alle ihm erforderlich scheinenden Ermittlungen anzustellen.

Die Kommission hat den Bewerber grundsätzlich mündlich zu prüfen. Wenn dies zweckmäßig ist, ist der Bewerber auch schriftlich zu prüfen, wobei ihm insbesondere die Erstattung eines Probegutachtens aufgetragen werden kann. Hat eine Bewerberin oder ein Bewerber ua die Befugnis, einen Beruf auszuüben, dessen Zugangs- und Ausübungsvoraussetzungen in einer österreichischen Berufsordnung umfassend gesetzlich festgelegt sind und zu dem auch die Erstattung von Gutachten gehört, so ist die Sachkunde nach § 2 Abs 2 Z 1 lit. a SDG nicht zu prüfen. (§ 4a Abs 2 SDG)

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle des SDG 1998, in der die Befreiungstatbestände zur Prüfung aus Sachkunde eingeführt worden sind, zu § 4a Abs 2 SDG lauten auszugsweise (1384 BlgNR 20. GP 11 f):

"Der Abs. 2 regelt den grundsätzlichen Ablauf der Prüfung des Bewerbers durch die Kommission und gewährleistet die Nachvollziehbarkeit der vorgenommenen Prüfungsschritte. Bei jenen Bewerbern, die eine Lehrbefugnis für das die Eintragung betreffende wissenschaftliche Fach an einer inländischen Hochschule haben, und bei jenen, die schon nach ihrer gesetzlichen Berufsordnung auch zur Erstattung von Gutachten berechtigt sind (zB § 1 Abs. 3 Ärztegesetz 1984), ist die erforderliche Sachkunde bereits hinreichend nachgewiesen, sodaß die Kommission das Vorliegen der Voraussetzung der Sachkunde nicht mehr zu prüfen hat. Die sonstigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstabe a (Kenntnisse über die wichtigsten Vorschriften des Verfahrensrechts, über das Sachverständigenwesen, über die Befundaufnahme sowie über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens) sowie die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstabe b sind aber auch hier zu prüfen bzw. zu begutachten."

Verweigert ein Eintragungswerber die Prüfung, verletzt er seine Mitwirkungspflicht, woraus für ihn negative Schlüsse gezogen werden können und ihm mangels Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen eine Eintragung verweigert werden kann (siehe für den Fall der neuerlichen Prüfung der Sachkunde wg Verdachts des Nichtvorliegens nach erfolgter Eintragung VwGH 23.02.2018, Ro 2017/03/0025).

3.2. Angewendet auf den gegenständlichen Fall bedeutet das:

Der BF bringt im Wesentlichen vor, er sei auch ohne (erneute) Prüfung durch die Zertifizierungskommission für die Fachgebiete 94.15, 94.17, 94.65, 94.70 und 94.10 in die SV-Liste einzutragen, weil er als Ziviltechniker von der Prüfung aus Sachkunde befreit sei und er die übrigen von der Kommission zu prüfenden Eintragungsvoraussetzungen iSd § 2 Abs 2 SDG bereits durch die Prüfung vom 10.10.2014 erfolgreich nachgewiesen habe; andernfalls wäre er nicht für das Fachgebiet 94.70 in die SV-Liste eingetragen worden. Lediglich das Vorliegen der ausreichenden Ausstattung mit der für eine Gutachtenserstattung im betreffenden Fachgebiet erforderlichen Ausrüstung hätte er allenfalls gesondert zu belegen. Dem ist nicht zu Folgen.

3.2.1.Der BF geht bei seinem Vorbringen davon aus, dass der Gesetzgeber mit der Befreiung von der Prüfung aus Sachkunde gemäß § 4a Abs 2 SDG auch etwaige fachliche Aspekte der anderen Prüfungsgebiete iSd § 2 Abs 2 SDG umfassen wollte.

Dies steht aber im Widerspruch zu den Gesetzesmaterialien: Sie weisen nicht darauf hin, dass sich die Befreiung von der Prüfung aus Sachkunde auch auf etwaige fachliche Aspekte der anderen Prüfungsgebiete beziehen soll; im Gegenteil wird ausdrücklich erläutert, dass die Befreiung der Sachkunde die Prüfung aus Verfahrensrecht, Sachverständigenwesen und Befundaufnahme sowie über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens nicht umfassen soll und Kenntnisse aus diesen Gebieten weiter zu prüfen sind (1384 BlgNR 20. GP 12).

Dies, obwohl der Befundaufnahme, dh der Feststellung beweiserheblicher Tatsachen (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG - GebAG4 (2018) § 1 Anm 7), eine fachliche Komponente inhärent ist. Es ist im Zuge einer Befundaufnahme zu fragen, welche Daten für einen Befund benötigt und wie sie ermittelt werden. Würde die Befreiung aus Sachkunde tatsächlich auch die fachliche Komponente der Befundaufnahme umfassen, bliebe vom Prüfungsgebiet Befundaufnahme kein nennenswerter Rest mehr über, der geprüft werden könnte; dies käme einer Befreiung (auch) von diesem Prüfungsgebiet gleich, die vom Gesetz und den Materialien nicht gedeckt ist.

Hinzu kommt, dass dem Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren eine große Bedeutung zukommt und der Zertifizierungsprozess eine ausgezeichnete Qualität der Sachverständigen sicherstellen soll (siehe dazu den allgemeinen Teil der Erläuterungen der Regierungsvorlage, 1384 BlgNR 20. GP 8), weshalb Bestimmungen, die den Zertifizierungsprozess für den Eintragungswerber erleichtern, im Zweifel einschränkend zu interpretieren sind.

Im Zuge des Zertifizierungsprozesses ist es daher zulässig und geboten, etwaige fachliche Anforderungen zur Befundaufnahme auch bei Eintragungswerbern zu prüfen, die von der Prüfung aus Sachkunde befreit sind.

3.2.2. Der BF kann sich hinsichtlich einer etwaigen Befreiung von der Prüfung aus Befundaufnahme auch nicht darauf berufen, dass er die Prüfung für ein Fachgebiet aus derselben Fachgruppe, nämlich 94.70, bereits bestanden hat:

Zwischen dem Fachgebiet 94.70, Nutzwertfeststellung, Parifizierung, für das der BF die kommissionelle Prüfung bestanden hat, einerseits und den nicht bestandenen Fachgebieten 94.10, 94.15, 94.17 und 94.65 andererseits bestehen nämlich (zumindest) hinsichtlich der Befundaufnahme fachgebietsspezifische Unterschiede:

Während im Fachgebiet 94.70, Nutzwertfeststellung, Parifizierung, die Verhältnisse von Eigentumsanteilen der einzelnen Miteigentümer zueinander zu bestimmen sind, steht bei den anderen Fachgebieten,

94.10 gewerblich oder industriell genutzte Liegenschaften (Baugründe), 94.15 Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Liegenschaften (Baugründe, Wohnungseigentumsobjekte), 94.17, Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser (Baugründe) und 94.65, Baugründe, die Bewertung der Liegenschaft im Vordergrund.

Wie die belangte Behörde in der Begründung des bekämpften Bescheids zutreffend ausführt, bestehen zwischen der Befundaufnahme für ein Nutzwertgutachten und für ein Verkehrswertgutachten deutliche Unterschiede.

Daran können auch die Prüfungsstandards zur Fachgruppe 94 nichts ändern, die hinsichtlich der Gutachtensmethodik nicht zwischen den einzelnen Fachgebieten unterscheiden. Für Nutzwert- und Verkehrsgutachten sind nämlich unterschiedliche Facetten der selben Prüfungsinhalte, die Standards nennen beispielsweise Lage und Grundbucht, relevant: Während für die Nutzwertfeststellung die Stockwerkslage zu berücksichtigen ist, ist es im Verkehrswertgutachten die Ortslage. Während für die Nutzwertfeststellungen grundbücherlich eingetragene Veräußerungsverbote nicht relevant sind, sind sie im Verkehrswertgutachten wesentlich.

Auf Grund dieser tatsächlichen Unterschiede kann sich der BF die Prüfung für das Fachgebiet 94.70 auf die anderen Fachgebiete der Fachgruppe 94 nicht anrechnen lassen.

3.2.3. Letztlich stellt sich die Frage, ob auf Grund der bereits durch den BF abgeleisteten Prüfung und unter Berücksichtigung, dass die Sachkunde nicht zu prüfen war, der BF die im ersten Rechtsgang negativ beurteilten Fachgebiete tatsächlich positiv absolviert hat.

Auch das ist zu verneinen:

Während sich ua aus den Prüfungsprotokollen ergibt, dass der BF die Prüfungen aus Verfahrensrecht und Sachverständigenwesen für alle Fachgebiete bestanden hat, kann das für die Prüfung aus Gutachtensmethodik nicht abgeleitet werden, weil weder im Gutachten vom 14.10.2014, den zu Grunde liegenden Prüfungsprotokollen noch aus den Stellungnahmen der Fachprüfer zwischen Fragen aus Sachkunde und auf Gutachtensmethodik unterschieden wird (AS 59 ff des Verwaltungsakts).

Daran kann auch die Meinung des BF nichts ändern, dass er die Prüfung für die anderen Fachgebiete als Sachkunde bestanden haben müsse, weil sich der (Teil-)bescheid vom 30.04.2015, mit dem im ersten Rechtsgang der Antrag auf Eintragung in die SV-Liste für die Fachgebiete 94.10, 94.15, 94.17 und 94.65 abgewiesen wurde, lediglich tragend auf die Wissenslücken des BF im Bereich der Sachkunde gestützt hätte. Der Bescheid wurde nämlich mit hg Beschluss vom 27.04.2016, GZ W213 2111294-1/2E, ua mangels Nachvollziehbarkeit des dem Bescheid zu Grunde liegenden Gutachtens behoben.

3.2.4. Bereits auf Grund der Überlegungen zu 3.2.1. und 3.2.2. ist die vom BF beantragte unmittelbare Eintragung - dh ohne Abhaltung einer Prüfung - für das Fachgebiet 72.01, Hochbau und Architektur, ausgeschlossen; die Befundaufnahme für dieses Technik lastige Fachgebiet unterscheidet sich von den Fachgebieten der Fachgruppe 94 deutlich (beispielsweise die Befundung von Setzungsschäden, wie sie in den Prüfungsstandards zum Fachgebiet 72.01, Fassung April 2013, auf Seite 6 genannt werden).

Hinzu kommt, dass der BF für das Fachgebiet 72.01 - im Gegensatz zu den anderen beantragten Fachgebieten - noch überhaupt keine Prüfung abgelegt hat, eine solche aber zwingend von der Kommission durchzuführen ist (siehe dazu § 4a Abs 2 SDG, wonach grundsätzlich eine mündliche, allenfalls eine schriftliche Prüfung durchzuführen ist).

3.2.5. Die belangte Behörde war somit gemäß § 4 Abs 2 SDG berechtigt, die Kommission um Einholung einer begründeten Stellungnahme über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Abs 2 Z 1 lit a in Hinblick auf die Fachgebiete 94.10, 94.15, 94.17 und

94.65 sowie 72.01 zu ersuchen, die den BF in Folge zu prüfen hatte. Indem der BF erklärt hat, sich keiner weiteren Prüfung zu unterziehen, verstieß er gegen seine Mitwirkungspflicht, weshalb die belangte Behörde den Antrag des BF auf Eintragung in die SV-Liste hinsichtlich der weiteren Fachgebiete zu Recht abgewiesen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So fehlt es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Befreiung für das Prüfungsgebiet Sachkunde nach § 4a Abs 2 SDG auch etwaige fachliche Aspekte umfasst, die in einem der weiteren Prüfungsgebieten nach § 2 Abs 2 Z 1 SDG, insbesondere Gutachtensmethodik, enthalten sind.

Schlagworte

Eintragungsvoraussetzungen, Mitwirkungspflicht, Prüfungsbefreiung,
Prüfungsgegenstand, Sachkunde, Sachverständigenliste,
Zertifizierungskommission, Zertifizierungsprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W258.2111294.2.00

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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