TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/23 I421 2103329-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.05.2019
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Entscheidungsdatum

23.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG 2005 §58 Abs13
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I421 2103329-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch: RA Mag. Manuel DIETRICH, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Vorarlberg vom XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Dem Verfahren geht eine gegen den seit 2014 durchgehend in Österreich aufhältigen Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung voraus, die das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 27.02.2015 erlassen und das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 08.06.2017 bestätigt hatte.

Bereits am 02.11.2017 beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 Abs. 2 AsylG.

Mit Bescheid vom 11.08.2018, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurück (Spruchpunkt I.) erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht und die belangte Behörde aberkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt IV). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.). Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde vom 30.08.2018 erhoben, worüber das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.9.2018 zu I408 2103329-2 rechtskräftig entschieden hat, wobei die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I, II und III als unbegründet abgewiesen wurde, hingegen Spruchpunkte IV und V ersatzlos behoben wurden.

Mit rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8.6.2017, I405 2103329-1, wurde die negative Entscheidung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Zuerkennung von internationalen Schutz und auch die erlassene Rückkehrentscheidung gem. Bescheid vom 27.2.2015 bestätig.

Neuerlich am 02.10.2018 beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 Abs. 2 AsylG.

Mit Bescheid vom 06.04.2019, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurück (Spruchpunkt I.) erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht und die belangte Behörde aberkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt IV). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.). Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde vom 10.05.2019 erhoben. Mit Schriftsatz vom 10.05.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 15.05.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor. In der Außenstelle Innsbruck des Bundesverwaltungsgerichtes lange der Akt am 16.05.2019 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte in Österreich zwei Anträge auf internationalen Schutz den ersten am 14.05.2013, der mit einer Zurückweisung sowie seiner Abschiebung nach Ungarn endete, und den zweiten, nach einer neuerlichen illegalen Einreise, am 14.08.2014.

Beide Anträge sind abgelehnt worden und seit 12.06.2017 liegt gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor (Bescheid der belangen Behörde vom 27.02.2015 iVm ho. Erkenntnis vom 08.06.2017, I405 2103329-1/29E).

Dieser Rückkehrentscheidung leistete der Beschwerdeführer keine Folge, verblieb im Bundesgebiet und beantragte 5 Monate später, am 02.11.2017, einen Aufenthaltstitel. Unmittelbar zuvor wurde über ihn im Oktober 2017 wegen seines nunmehr unrechtmäßigen Aufenthaltes seitens der LPD Vorarlberg eine Verwaltungsstrafe in Höhe von € 600 verhängt.

Neuerlich wurde im Dezember 2018 über den Beschwerdeführer eine Verwaltungsstrafe in Höhe von € 2500, -- wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes von der LPD Vorarlberg verhängt (Auskunft Verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen AS 207).

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Da von ihm bisher keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt wurden, steht seine Identität nicht fest. Seine ersten Anträge auf internationalen Schutz stellte er in Ungarn sowie in Österreich noch unter der Identität XXXX, geb. am XXXX, und war damit um 10 Jahre älter als im gegenständlichen Verfahren.

Seit Rechtskraft der ergangenen Rückkehrentscheidung hat es keine entscheidungsrelevanten Änderungen seines Privat- und Familienlebens in Österreich gegeben.

Der Beschwerdeführer ist gesund, abgesehen von seiner Sehleistungsbeeinträchtigung auf einem Auge, und arbeitsfähig, er ist in Österreich nicht straffällig geworden und verfügt über keine familiären Bindungen. Er ist alleinstehend und lebt weiterhin in einer von der Caritas betreuten Flüchtlingsunterkunft. Bereits seit Februar 2015 ist er auf Werkvertragsbasis als Zeitungszusteller tätig und bezieht aufgrund seines laufenden Einkommens aus dieser Tätigkeit ab Juni 2017 keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr. Er ist weiterhin in einer Flüchtlingsunterkunft der Caritas untergebracht und leistet dafür - ebenfalls aufgrund seiner nunmehrigen Einkünfte - seit 01.01.2018 einen Betrag von € 228,17 monatlich.

Er ist bemüht, die deutsche Sprache zu erlernen und hat zuletzt am 29.05.2018 eine Deutschprüfung auf Niveau B1 abgelegt und hat über die Mitarbeit an Projekten der Caritas, an denen er seit 2015 teilnimmt, regelmäßig Kontakte zu österreichischen Staatsbürgern. Er ist seit 3.7.2018 Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr XXXX (AS 151) und besucht beim bfi Vorarlberg seit 5.11.2018 den Vorbereitungslehrgang zum Pflichtschulabschluss (AS 141).

In Nigeria bestehen für den Beschwerdeführer familiäre Anknüpfungspunkte und er ist mit den kulturellen und sozialen Gegebenheiten in diesem Land vertraut.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 06.04.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria herangezogen und die wesentlichen Quellen zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos. Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt. Zur Frage der allgemeinen Grundversorgung und zur Situation von Rückkehrern in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, werden die folgenden Ausführungen aus dem aktuellen Länderbericht übernommen und unter Hinweis auf die dazu genannten Quellen zu Feststellungen erhoben.

"Grundversorgung

Die nigerianische Wirtschaft hat sich 2017 allmählich aus der schlimmsten Rezession seit 25 Jahren erholt, das BIP ist um 0,55 Prozent gestiegen. Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass sich die nigerianische Wirtschaft seit Ende 2017 allmählich wieder erholt, unter anderem eine Steigerung der Erdölförderleistung, die Erholung des Erdölpreises und eine verbesserte Leistung von Landwirtschaft und Dienstleistungssektor (GIZ 4.2019c).

Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung (AA 10.12.2018). Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat - gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung (GIZ 4.2019c). Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten (AA 10.12.2018). Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert (GIZ 4.2019c).

Über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt, in ländlichen Gebieten über 90 Prozent (AA 9.2018c). Der Agrarsektor wird durch die Regierung Buhari stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen (GIZ 4.2019c; vgl. AA 9.2018c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde dadurch kräftig ausgeweitet. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 9.2018c) und das Land ist nicht autark, sondern auf Importe - v.a. von Reis - angewiesen (ÖB 10.2018; vgl. AA 9.2018c). Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt aus Subsistenzbetrieben (AA 9.2018c). Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. In Ernährungszentren nahe der nördlichen Grenze werden bis zu 25 Prozent der unter fünfjährigen Kinder wegen starker Unterernährung behandelt (ÖB 10.2018).

Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2018; vgl. GIZ 4.2019b). Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut (BS 2018; vgl. ÖB 10.2018), fast 50 Prozent unter der Armutsgrenze (GIZ 4.2019b).

Die Arbeitslosigkeit ist hoch, bei Jugendlichen wird sie auf über 20 Prozent geschätzt (GIZ 4.2019b). Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Geschätzt wird sie auf 20 bis 45 Prozent - in erster Linie unter 30-jährige - mit großen regionalen Unterschieden (ÖB 10.2018). Der Staat und die Bundesstaaten haben damit begonnen, Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit umzusetzen. Die Resultate sind dürftig (BS 2018). Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 4.2019b).

Die Großfamilie unterstützt in der Regel beschäftigungslose Angehörige (ÖB 10.2018). Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen (BS 2018). Allgemein kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Nur eine geringe Anzahl von Nigerianern (2016 ca. fünf Millionen) ist im Pensionssystem (Contributory Pension Scheme) registriert (BS 2018).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene als auch auf lokaler Ebene. Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 4.2019c).

Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "mini-farming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und "grasscutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖB 10.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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AA - Auswärtiges Amt (9.2018c): Nigeria - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205790 , Zugriff 22.11.2018

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019c): Nigeria - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/nigeria/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 11.4.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

Rückkehr

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria"

Im Wesentlichen hat sich an der Lage in Nigeria seit der letzten gegen den Beschwerdeführer ergangenen Rückkehrentscheidung nichts geändert und eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und Stellungnahmen, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, das nicht schon im vorausgegangenen erstinstanzlichen Verfahren Eingang gefunden hätte. Das Bundesverwaltungsgericht sieht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt an und schließt sich der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung an.

Die belangte Behörde hat ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in seinem verfahrensgegenständlichen Antrag und in seinen beiden Asylverfahren. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Seine Identität steht aber aufgrund des Fehlens identitätsbezeugenden Dokumente nicht zweifelsfrei fest. Die vom Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren verwendete Aliasidentität, insbesondere das Geburtsdatum XXXX ist dem im Behördenakt sowie dem ho. Erkenntnis vom 08.06.2017 zu entnehmen.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus seinen Stellungnahmen in diesem Verfahren.

Der Beschwerdeführer begründet seine Integration über die laufende Verbesserung seiner Deutschkenntnisse (Zertifikat A2 vom 14.11.2016 sowie Zertifikat B1 vom 29.05.2018), seiner Tätigkeit als Zusteller bei der XXXX seit Februar 2015 und seiner Mitarbeit bei Projekten der Caritas (Bestätigung vom 22.10.2015), sowie mit dem Umstand, dass er seit 5.11.2018 den Vorbereitungslehrgang zum Pflichtschulabschluss besuche, wobei dazu die Bestätigung des bfi der AK Vorarlberg vom 23.10.2018 (AS 141) vorliegt. Unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind die integrativen Bemühungen des Beschwerdeführers aber zu relativieren, da der Verwaltungsgerichtshof sogar die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, als keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale qualifiziert (Hinweis E 26.01.2009, 2008/18/0720). Auch in der Beschwerde wurden keine neuen, nach der rechtskräftig gewordenen Rückkehrentscheidung mit 10.09.2018 entstandenen Sachverhalte in Bezug auf sein Privat- und Familienleben in Österreich vorgebracht.

Die seitens der LPD verhängten fremdenpolizeiliche Geldstrafen ergeben sich unmittelbar aus dem Behördenakt (AS 207) und werden in der Beschwerde auch nicht bestritten.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 04.09.2018.

Sein gegenwärtiger Wohnsitz und seine Tätigkeit als Zusteller auf Werkvertragsbasis sowie die daraus erlangten Einkünfte ergeben sich aus den diesbezüglichen Unterlagen des Beschwerdeführers, die über den am 15.05.2019 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem und dem Zentralenmelderegister (ZMR) bestätigt werden.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich zwei Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat und gegen ihn eine seit 12.06.2017 rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt und wiederum seit 10.09.2018 (I408 2103329-2), ergibt aus den genannten Entscheidungen und einer Abfrage aus dem IZR und wurden in der Beschwerde nicht moniert.

Die Feststellungen zu den familiären Anknüpfungspunkten in Nigeria beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in seinem zweiten Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Die in der Beschwerde angeführten Integrationsmaßnahmen stellt nur eine Fortführung der vom Beschwerdeführer seit 2015 gesetzten Bemühungen dar, die er nur fortsetzen konnte, weil er den rechtskräftig ergangenen Rückkehrentscheidungen beharrlich keine Folge leistete. Darüberhinausgehende Integrationsmaßnahmen sind nicht vorgebracht worden und haben sich im Verfahren auch nicht ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A 1) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK

Lt. § 58 Abs 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, haben sich im gegenständlichen Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die eine ergänzende oder neue Abwägung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich erforderlich machen würden. Im Wesentlichen hat der Beschwerdeführer sein bisher in Österreich geführte Leben (Wohnen in einer Flüchtlingsunterkunft, Beschäftigung als Zeitungszusteller, Mitarbeit bei Projekten der Caritas, Erlernen der deutschen Sprache) auch nach Rechtskraft der ergangenen Rückkehrentscheidung weiter fortgesetzt.

Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zu der durch das VwGVG neu geschaffenen Rechtslage ausgesprochen (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002-0003; 26.02.2015, Ra 2014/22/0152- 0153;

23.06.2015, Ra 2015/22/0040; 16.09.2015, Ra 2015/22/0082-0083;

12.10.2015, Ra 2015/22/0115), dass - wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat - das Verwaltungsgericht lediglich befugt ist, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist, dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Aus diesem Grund war auf den in der Beschwerde gestellten Antrag des Beschwerdeführers, "in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK stattgegeben wird" nicht einzugehen, weil ein solcher Ausspruch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde.

Gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 leg. cit. kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen daher der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. § 16 Abs. 5 BFA-VG macht die Bestimmung des § 58 Abs. 13 AsylG 2005 auch für das Beschwerdeverfahren anwendbar und erklärt zudem: Eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag begründet kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Es ist daher gesetzlich normiert, dass eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegensteht.

Wie bereits in der Beweiswürdigung aufgezeigt wurde, kann die Verlängerung des Inlandsaufenthaltes seit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung nicht als wesentliche Änderung angesehen werden, da damit weder die nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung relevante "Zehn-Jahres-Grenze" erreicht wird noch dieser Aufenthalt rechtmäßig war. Im Beschwerdefall ist auch in Betracht zu ziehen, dass die vorgebrachten Integrationsbemühungen letztlich nur darin bestehen, dass der Beschwerdeführer seine bereits in der rechtskräftigen Entscheidung berücksichtigten Schritte zur Integration in Österreich einfach fortgesetzt hat (Einstellungszusage, Straßenzeitungsverkauf, Deutschprüfung), dies obwohl ihm gegenüber nunmehr eine rechtskräftige Ausreiseverpflichtung besteht; diese Schritte erfolgten insofern daher weiterhin vor dem Hintergrund eines unsicheren Aufenthaltsstatus. Bei dieser Sachlage wirkt auch das in der getroffenen Entscheidung festgestellte öffentliche Interesse mit zumindest gleichem Gewicht unverändert fort und steht dem fortgesetzten Ausleben der im Wesentlichen bereits bisher berücksichtigten Interessenslage des Beschwerdeführers auch weiterhin entsprechend entgegen. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das BFA den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung zurückweist, dass "nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich der Sachverhalt seit der letzten Rückkehrentscheidung derart wesentlich geändert hätte, dass eine erneute Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich wäre".

Die Zurückweisung des gemäß § 55 AsylG vom Beschwerdeführer gestellten Antrags erfolgte daher zu Recht.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II - III)

Gemäß § 52 Abs. 3 FPG hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55, 56 und 57 AsylG 2055 zurück- oder abgewiesen wird.

Wie unter Pkt. 3.1. dargelegt, liegt kein schützenswertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich vor, welches gegen eine Rückkehrentscheidung sprechen würde. Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit Mai 2014 nach einer neuerlichen illegalen Einreise wieder durchgehend im Bundesgebiet auf und hat den verfahrensgegenständlichen Antrag nach Abweisung seines zweiten Asylantrages und einer damit verbundenen Rückkehrentscheidung gestellt. Sein unsicherer Aufenthaltsstatus musste ihm zudem aufgrund der fremdenpolizeilichen Verwaltungsstrafen bekannt und bewusst sein.

So wird das Gewicht der privaten Interessen eines Beschwerdeführers dadurch gemindert, wenn diese in einem Zeitpunkt entstanden sind, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war bzw. sein musste (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Zu beachten ist, dass sich der legale Aufenthalt des Beschwerdeführers einzig und allein auf einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz gründete, welches Verfahren mit Erkenntnis vom 8.6.2017 rechtskräftig erledigt wurde.

Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessensabwägung zukommt (siehe etwa VwGH 15.03.2016, Ra 2016/19/0031-0034).

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, kennt die sozialen und kulturellen Gegebenheiten in Nigeria und verfügt in seinem Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte. Ebenso haben sich keine Änderung ergeben, die eine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG unzulässig machen würden.

Die Entscheidungen der belangten Behörde zu Spruchpunkt II und III waren daher zu bestätigen.

3.3. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 06.04.2019 die aufschiebende Wirkung unten Hinweis auf § 55 Abs. 4 FPG und § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Faktum ist, dass der Beschwerdeführer seiner Rückkehrverpflichtung beharrlich nicht nachgekommen ist. Der Beschwerdeführer stellt wiederholt unbegründete Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, damit die rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen nicht effektuiert werden können. Das beharrlichen Ignorieren rechtskräftiger Entscheidungen stellt einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, der die Durchführung eines Verfahrens nach § 18 BFA-VG und eine unverzügliche Vollstreckung des bekämpften Bescheides begründet.

3.4. Verhängung eines Einreiseverbots (Spruchpunkt V.)

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Nach § 53 Abs. 2 leg.cit. hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Die belangte Behörde führt völlig zurecht aus, dass die beharrliche Weigerung des Beschwerdeführers auszureisen und der lange Zeitraum, in dem der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhältig war, einen Erschwerungsgrund darstellt (VwGH vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0299). Es trifft auch zu, dass dieses beharrliche illegale Verbleiben des Beschwerdeführers nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt. Aus dem beharrlichen Missachten der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung durch den Beschwerdeführer, kann nur die Prognoseentscheidung geschlussfolgert werden, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, die in Österreich geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen einzuhalten, weshalb das befristete Einreiseverbot in der Dauer von vier Jahren gerechtfertigt ist.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

In der Beschwerde wurde zwar ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, das Bundesverwaltungsgericht konnte sich aber auf vom Beschwerdeführer unbestrittene Annahmen stützen. Die Beschwerde läuft letztlich darauf hinaus, dass die -unstrittige - Sachlage vom Verwaltungsgericht rechtlich anders gewürdigt werden soll als vom BFA. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ("Die Verhandlung kann

entfallen, wenn ... der das vorangegangene Verwaltungsverfahren

einleitende Antrag der Partei ... zurückzuweisen ist") kann das

Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Diese Bestimmung ist auch in den vom Anwendungsbereich des BFA-VG erfassten Verfahren anwendbar, weil § 21 Abs. 7 BFA-VG nur hinsichtlich von § 24 Abs. 4 VwGVG eine Spezialregelung trifft, im Übrigen aber die Anwendung von § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG unberührt lässt (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017; VwSlg. 18.966 A/2014).

Daran vermag auch das Faktum nichts zu ändern, dass sich die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführer nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung durch den (illegalen) Verbleib im Bundesgebiet um etwas mehr als ein Jahr verlängert hat, während ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung im Hinblick auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden nicht festzustellen war. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht substantiiert behauptet. Daran vermag die vorgelegte Bestätigung der B1-Prüfung nichts zu ändern (vgl. VwGH, 13.10.2011, 2011/22/0065; vgl. dazu auch, dass ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag und auch der bloße Besuch eines Deutschkurses keine umfassende Neubeurteilung iSd Art. 8 EMRK nach sich ziehen [VwGH, 10.12.2013, 2013/22/0362; VwGH 29. 05.2013, 2011/22/0013]).

Das BFA ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war und die Beschwerde war demnach spruchgemäß vom Bundesverwaltungsgericht abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltstitel, aufrechte
Rückkehrentscheidung, aufschiebende Wirkung - Entfall,
Ausreiseverpflichtung, Einreiseverbot, freiwillige Ausreise, Frist,
Gefährdung der Sicherheit, Gesamtbetrachtung, illegaler Aufenthalt,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung,
öffentliche Sicherheit, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Prognoseentscheidung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I421.2103329.3.00

Zuletzt aktualisiert am

17.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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